Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 28: Zweite Beratung: Schulinspektion rechtlich verankern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1911 Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 15/1992

Tagesordnungspunkt 44: Einzige (abschließende) Beratung: Qualität an niedersächsischen Schulen weiterentwickeln und sichern! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1131 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 15/2046

Die beiden Tagesordnungspunkte werden vereinbarungsgemäß gemeinsam behandelt. Der Kultusausschuss empfiehlt zu Tagesordnungspunkt 28, den Antrag abzulehnen. Zu Tagesordnungs

punkt 44 empfiehlt dieser Ausschuss die Annahme in geänderter Fassung.

Frau Korter hat das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Mai-Plenum für meine Fraktion den Antrag eingebracht, die neue niedersächsische Schulinspektion im Schulgesetz des Landes zu verankern. Erstaunlicherweise scheinen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, und insbesondere Sie, Herr Kultusminister Busemann, diesem konstruktiven Vorschlag, der nur die große Bedeutung der Inspektion unterstreicht, nicht folgen zu wollen.

Ich muss Ihnen sagen, ich finde dies in hohem Maße unglaubwürdig. Ist die Inspektion denn nun ein Herzstück Ihrer Schulreform oder nicht, oder klappern Sie damit nur eine Idee der Vorgängerregierung und aus den Niederlanden nach, die Sie, Herr Minister, noch gar nicht richtig verstanden haben?

Die Schulinspektion hat eine grundsätzliche Bedeutung für die Weiterentwicklung unseres Schulwesens in Niedersachsen. Sie soll - das habe ich das letzte Mal schon betont - entscheidendes Instrument der Qualifizierung unseres Schulwesens werden. Darin haben Sie mir zugestimmt.

Herr Minister Busemann, wenn es aber um eine Institution von derart grundsätzlicher Bedeutung für das niedersächsische Schulwesen geht, muss sie mit ihren Aufgaben, mit ihren Kompetenzen und mit der Einordnung in das Organisationsgefüge der Einrichtungen im Geschäftsbereich des Kultusministeriums im Schulgesetz ihren Platz finden.

Herr Busemann, ich habe im letzten Plenum eine Reihe von Fragen zur Inspektion gestellt. Sie haben davon fast nichts beantworten können, Ihre schulpolitischen Fachleute von CDU und FDP - soweit sie im Kultusausschuss zu diesem Thema überhaupt anwesend waren - ebenfalls nicht.

Was ist mit einer Rechenschaftspflicht der Inspektion gegenüber dem Parlament? Trauen Sie sich da nicht ran, Herr Busemann, ist Ihnen das zu heikel? Wird es eine regelmäßige Bildungsberichterstattung wie in den Niederlanden geben, oder werden die Ergebnisse nur dem Kultusminister zur Verfügung gestellt? Was passiert mit den Ergebnissen der Inspektion? Werden sie, wie die FDP es

will, gleich in öffentlichen Rankings ins Internet gestellt? Gilt das, was die FDP sagt, oder das, was die CDU sagt? Was will die CDU in dieser Frage überhaupt?

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, entscheidend für die Akzeptanz der uns sehr wichtigen Inspektion ist die Frage, woher die Schulen Unterstützung bekommen, wenn sie unter Qualität abgeschnitten haben. Eine Nachinspektion drei oder vier Jahre danach löst ja keine Probleme. Dafür haben Sie noch kein Konzept vorgelegt.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie waren doch bei der Anhörung, oder?)

Herr Minister, meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich glaube, Sie vertun heute eine große Chance. Sie hätten das ganze Haus hinter die Einrichtung der Schulinspektion bekommen können und ihre große Bedeutung durch eine schulgesetzliche Verankerung klarstellen können, z. B. in den §§ 119 bis 121, über die Schulbehörden, die Aufgaben und Zuständigkeiten und die Fachaufsicht, denn da gehört es eigentlich hin. Wir hätten gemeinsam die Aufgaben der Inspektion formuliert.

(Zuruf von der CDU: Sie wollen es nicht! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wol- len Sie für die Schulleiter auch ein Gesetz?)

Das alles wäre wichtig für die landesweite Akzeptanz und für die juristische Klarheit, was z. B. die Inspektion bei den Schulen in freier Trägerschaft betrifft. Aber in Ihrer unglaublichen Borniertheit, Herr Klare, glauben Sie, darauf verzichten zu können.

(Oh! bei der CDU - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP - Karl- Heinz Klare [CDU]: Was hat sie ge- sagt?)

- In einer unglaublichen Borniertheit, Herr Klare, glauben Sie, darauf verzichten zu können, und reden sich mit Bürokratieabbau heraus.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das geht zu weit! - David McAllister [CDU]: Ord- nungsruf!)

Meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zu dem Antrag der SPD, der in diesem Zusammenhang mit beraten wird. Meine Fraktion unterstützt

den SPD-Antrag. Wir unterstützen den Vorschlag, regionale Bildungsbüros einzurichten. Es gibt dazu gute Ansätze aus Nordrhein-Westfalen, die wir beobachten und sehr genau auswerten sollten.

Besonders interessant ist daran der Ansatz, dass in den regionalen Bildungsbüros Landes- und kommunale Aufgaben sowie Ressourcen gebündelt und zusammengeführt werden sollen.

Neben der neuen Inspektion und den regionalen Bildungsbüros bleibt noch die Kernaufsicht. Die bisher von der Arbeitsgruppe des Kultusministers vorgelegten Vorschläge zur Neuorganisation der Schulaufsicht sind aber aus meiner Sicht alles andere als der große Wurf. Dabei geht es in keiner Weise um eine Neudefinition der Aufgaben der Schulaufsicht oder um die nötige Qualitätsverbesserung. Denn an den PISA-Ergebnissen ist ja auch die Schulaufsicht beteiligt, nicht nur die Schülerinnen und die Lehrkräfte. Nein, im Konzept des Kultusministeriums ist bis jetzt nur von Stelleneinsparungen und Haushaltsvorgaben die Rede. Das dürfte für eine Qualitätsverbesserung nicht ausreichen, Herr Minister. Ich glaube, da müssen Sie kreativer werden.

Die Mehrheitsfraktionen haben einen Änderungsvorschlag zu dem SPD-Antrag vorgelegt, der größtenteils aus inhaltsleeren warmen Worten und Absichtserklärungen besteht.

Auf jeden Fall, meine Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, werden wir Ihrem Antrag, der lediglich die Schulstrukturreform der CDU abfeiert und ansonsten zur Neuordnung der Schulaufsicht nichts zu sagen hat, als dass man vom Ministerium laufend informiert werden möchte, nicht unsere Zustimmung geben. Das ist keine inhaltliche Arbeit, sondern Beschäftigungstherapie. Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber sonst wollen Sie immer nicht, dass wir etwas tun! Jetzt wollen Sie alles auf einmal!)

Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock hat das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem SPD-Antrag vom Juni 2004 wird ein ganz hervor

ragender Anspruch formuliert, nämlich, die Qualität an niedersächsischen Schulen weiterzuentwickeln und zu sichern. Das will die neue - inzwischen gar nicht mehr so neue - Landesregierung ebenfalls. Sie tut etwas, wie Sie wörtlich schreiben, sie gibt damit eine „Antwort auf die PISA-Befunde“, und sie hat bereits, wie Sie ebenfalls wörtlich sagen, den „Umbau unseres Schulsystems eingeleitet.“ Soweit d’accord, wobei - die Kollegin Korter hat es richtig festgestellt - weitere Gemeinsamkeiten auch nicht gegeben sind.

Der Reformumbau ist also eingeleitet, zugegebenermaßen völlig anders, als Sie sich das in Ihrem Antrag vorgestellt haben, dafür aber - ich möchte sagen: gerade deshalb - mit vollem Erfolg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das musste einmal gesagt werden!)

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur an den Wechsel von etwa 250 000 Schülern vor einem Jahr in die fünften, sechsten und siebten Klassen erinnern. Da haben Sie vorher ein mordsmäßiges Lamento veranstaltet, aber sechs Wochen später hat niemand mehr davon gesprochen.

(Beifall bei der CDU)

Um dem von ihr formulierten Anspruch der Qualitätssteigerung gerecht zu werden, hat die Landesregierung, voran der Kultusminister, ein Gesamtsystem von Reformmaßnahmen entwickelt, in dem jeder einzelne Schritt - Frau Korter, wir dürfen die einzelnen Schritte aber auch nicht überfordern seine eigene Funktion hat und in dem die einzelnen Maßnahmen ineinander greifen. Damit ist das System effektiver als die Summe seiner Teile.

(Ina Korter [GRÜNE]: Das müssen Sie einmal erklären!)

- Ich hoffe, das wird noch deutlich. Ein paar Minuten Redezeit habe ich ja noch.

Die erste Phase war die Schulstrukturreform mit der Verabschiedung des Schulgesetzes. Dabei wurde - das ist uns wichtig gewesen - die Bedeutung der kleinen Schulen für die Bildung gerade im Flächenland Niedersachsen betont,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

im Gegensatz zu den von Ihnen geplanten Großeinheiten wie etwa den Förderstufen.

(Ursula Körtner [CDU]: Genau! - Karl- Heinz Klare [CDU]: Genau so ist es!)

Dadurch wurden - erinnern Sie sich bitte daran; das ist für uns jetzt alles selbstverständlich, und deshalb spricht niemand mehr davon - viele Neugründungen und Außenstellen aller Schulformen überhaupt erst möglich. Ich stelle fest: CDU und FDP haben für die Bildung im ländlichen Raum, gemessen an der Vergangenheit, mehr getan und sie in einem nie gekannten Ausmaß gesichert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In der zweiten Phase, der Schulverwaltungsreform, wurde im Wesentlichen - so wie bei der Verwaltungsreform auf der Landesebene - gestrafft und konzentriert. Es wurden die Landesschulbehörde eingerichtet und das Landesprüfungsamt und das NLI zum NiLS zusammengelegt. Gleichzeitig wurde begonnen, die Schulinspektion aufzubauen, und zwar als eigenständige, dem Kultusministerium nachgeordnete Behörde.

Die Schulinspektion ist insofern eigenständig, als sie eine Beratungsinstanz ist und von daher ihren eigenen Wert hat. Sie handelt aber nicht völlig losgelöst und unabhängig vom Staat, der sich ihrer im Rahmen seiner Pflicht zur Fachaufsicht, hier etwa zur Qualitätssicherung, auch bedient. Dazu ist - ich konnte das im letzten Plenum nachvollziehen - eine gesetzliche Verankerung, wie es der Kultusminister ausgeführt hat, nicht nötig. Deshalb lehnen wir den Antrag der Grünen schlichtweg ab.

(Beifall bei der CDU - Karl-Heinz Klare [CDU]: Jawohl!)

Mit der Schulstrukturreform und der Schulverwaltungsreform ist ein Rahmen geschaffen worden, der nun von der inneren Schulreform ausgefüllt wird. Dabei läuft zwar einiges parallel, aber dieser Rahmen war zunächst einmal unabdingbar, weil man für die Qualitätsverbesserung, wie wir sie sehen, einen einheitlichen längeren Bildungsprozess braucht und nicht etwa drei Schulen in drei Jahren im Extremfall, zwischen dem vierten und siebten Schuljahr, wie es bei Ihnen der Fall war. Also musste zuerst die OS weg. Insofern hat diese Landesregierung das Dringlichste auch zuallererst getan.

(Beifall bei der CDU)