Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

(Beifall bei der SPD)

Sie suchen sich immer das heraus, was gerade passt. Bei meiner Debatte über Nachtund Schichtarbeit

(Lachen bei der CDU)

haben wir seinerzeit mit Gewerkschaften diskutiert. Am Ende der Debatte haben wir uns gesagt, wir können das nicht durchsetzen und machen das nicht. Aber bei uns ist nie einer auf die Idee gekommen, die Gewerkschaften kurz und klein zu schlagen, sodass sie keine Chance mehr haben, und gleichzeitig zu fordern, sie sollten sich 17 % Lohnerhöhung holen. Das sind ein paar Unterschiede bei uns.

Aber eigentlich hatte ich mich wegen des Kollegen Rösler gemeldet. Ich finde, nicht nur Angst, sondern auch Feigheit ist eine große Feindin der Freiheit. Sie waren in Ihrer Regierungszeit zu feige zu verhindern, dass die Sozialversicherungsbeiträge von 34 % auf 43 % gestiegen sind. Heute beschimpfen Sie uns, dass wir die Sozialbeiträge nicht genug gesenkt haben. Wir haben sie wenigstens gesenkt, Sie haben sie gesteigert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie waren zu feige, den Menschen die Wahrheit zu sagen, dass die deutsche Einheit nicht aus der Portokasse zu bezahlen ist. Sie haben mithilfe der FDP und mit Frau Merkel im Kabinett innerhalb von sechs Jahren 395 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gemacht. Sie werfen uns vor, dass wir in sieben Jahren 130 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gemacht haben. Ich sage Ihnen, das ist immer noch zu viel; aber das sind zwei Drittel weniger Schulden, als Sie zu verantworten hatten. Dass jemand, der sozusagen die Täter von gestern repräsentiert, sich uns als Retter von Morgen darstellen will, ist, wie ich finde, eine außerordentlich betrübliche Veranstaltung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Sie sind diejenigen, die die Sozialbeiträge so hoch gezogen haben, dass sich die Handwerksbetriebe das heute nicht mehr leisten können.

(Lachen bei der CDU)

Sie sind diejenigen, die den Leuten versprochen haben: Wir brauchen die neuen Straßen, die neuen Krankenhäuser, die neuen Schulen; das alles können wir aus der Portokasse bezahlen. Sie sind

diejenigen gewesen, die vor dem Bundesverfassungsgesicht verklagt werden mussten, damit sie endlich bereit waren, mehr Kindergeld herauszurücken. Wir haben das realisiert. Sie haben sich gegen Ganztagsschulen geäußert. Sie haben im Lande sogar gegen Kindertagesstätten gestimmt. Sie sind die Letzten, die eine Chance hätten, uns etwas vorzuwerfen. Sie wollen das Land nicht ins 20. Jahrhundert - Herr Kirchhof hat gesagt, welches Familienbild er hat -, nein, ins 19. Jahrhundert zurückbringen, meine Damen und Herren.

Erzählen Sie uns nichts über die Feinde der Freiheit! Feigheit, Herr Rösler, war das, was Sie in Ihrer Regierungszeit abgeliefert haben. Wir hatten den Mut, das endlich zu verändern.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Hirche, Sie haben sich noch einmal für die Landesregierung zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, wenn man bei solchen Debatten die Dokumente dabeihat, um die es geht, und wenn man auf falsche Feststellungen, die vorher getroffen worden sind, unmittelbar antworten kann. Ich will das behutsam machen, weil ich glaube, dass die Art und Weise des Umgangs miteinander auch draußen prägt.

In der Studie der Bertelsmann-Stiftung heißt es unter der Überschrift „Kritische Ausgangslage 2003“ und dann unter der Zwischenüberschrift „Abwärtsbewegung konnte umgekehrt werden“:

„Die neu gebildete Regierung legte gleich ein forsches Reformtempo vor. In der kurzen Zeit seit dem Amtsantritt konnte das Land mit dem springenden Pferd im Wappen einen deutlichen Satz nach vorn machen. Gegen den Bundestrend steigt Niedersachsens Punktwert im Erfolgsindex an, von 5,35 Punkten auf 5,1 Punkte im aktuellen Beobachtungszeitraum bis 2004. Nur zwei der elf alten Bundesländer erzielten einen höheren Punktezuwachs.“

(Aha! bei der CDU - Bernd Althus- mann [CDU]: So viel zur Wahrheit!)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Herr Gabriel offenbar den Landtag mit dem Marktplatz verwechselt hat. Dort kann man solche Dinge nicht nachprüfen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich füge hinzu, um die aktuelle Lage im Lande zu kennzeichnen: Nach den ersten Hochrechnungen von Creditreform - dieses Unternehmen ist Ihnen wohl bekannt liegt Niedersachsen im ersten Halbjahr 2005 beim Saldo der Unternehmensneueintragungen und -löschungen nach Bayern und Nordrhein-Westfalen an dritter Stelle.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, hier werden falsche Zahlen genannt; dann werden nur die Löschungen und nicht die Neueintragungen genannt und anderes mehr.

Lassen Sie uns doch gemeinsam froh darüber sein, wenn es einer Landesregierung gelingt, für die Menschen im Land etwas Gutes zu erreichen, und wenn wir aufgrund dessen den Anspruch anmelden: Dieses Beispiel, das wir in Niedersachsen gesetzt haben, wollen wir auch auf Bundesebene umsetzen, weil wir dann unsere Erfolge in Deutschland im Interesse der Menschen und im Interesse der Zukunft unserer Jugend verzehnfachen können.

Meine Damen und Herren, das ist der Mut, den wir haben. Das ist der Mut, von dem der Kollege Rösler gesprochen hat. Wenn Sie in den alten Dingen verharren, ist das Ihre Feigheit und nicht die Feigheit von anderen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege McAllister, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Gabriel, vieles von dem, was Sie gerade gesagt haben, fand ich von der Art und Weise des Vortrags sehr lebendig. Das werden wir vermissen, falls Sie über die Liste in den Deutschen Bundestag einziehen

werden. Aber leider fehlt die Zeit, alles das richtig zu stellen, was Sie gerade falsch vorgetragen haben. Deshalb will ich mich auf drei Zitate beschränken, sozusagen als Denkanstoß für die letzten Tage im Wahlkampf. Dann werden Sie sicherlich zu neuen Erkenntnissen kommen.

Sie haben aus dem Economist und der BildZeitung zitiert. Ich möchte diesem hohen Hause gerne drei Zitate vortragen:

Erstens. Ich zitiere den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, vom 13. Mai 2003:

„Die Steuerfreiheit auf die Zuschläge kann eingeschränkt werden, wenn im Gegenzug Steuertarife gesenkt werden und Schichtarbeiter am Ende dadurch sogar eine Entlastung erfahren.“

(Beifall bei der CDU)

- Es kommt noch besser. - Das zweite Zitat stammt von Sigmar Gabriel aus dem „ZDF-Morgenmagazin“ und der Bild-Zeitung vom selben Tag:

„Es ist nicht Aufgabe des Steuerzahlers, Nacht- und Schichtarbeit zu subventionieren.“

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Das dritte, bemerkenswert und auch nachdenklich stimmende Zitat, das ich vortragen möchte, lautet:

„Insgesamt glaube ich, wird mit einer Sache wirklich unehrlich umgegangen. Alle Menschen wissen, die Mehrwertsteuererhöhung wird kommen. Aber keiner traut sich, das öffentlich zu sagen.“

Wissen Sie, wer das in der Sendung „Kontraste“ in der ARD am 26. Mai 2005 gesagt hat?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich ahne es! Nur den Anfangsbuchstaben!)

Sigmar Gabriel aus Goslar.

(Heiterkeit und starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind uns ganz sicher: Ehrlichkeit vor der Wahl wird sich am 18. September auszahlen.

Herr Gabriel, das waren ja zwei Zitate von Ihnen. Ich habe mir in den Monaten als Fraktionsvorsitzender einen Zitatenschatz von Ihnen angeeignet, weil Sie so unglaublich viel reden und zu nahezu jedem Thema schon mindestens einmal Ihre Meinung geändert haben. Es sind mehrere hundert Zitate. Diese Zitate werden Sie verfolgen - ob in Hannover, in Goslar oder in Berlin. Darauf können Sie sich verlassen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Ich stelle fest, dass wir den Tagesordnungspunkt 2 c) erledigt haben. Ich rufe auf

d) Für das eigene Land werben - Klassenfahrten in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/2200

(Unruhe)

- Wenn sich alle beruhigt haben und sich dieses Themas widmen wollen, können wir weitermachen. - Das gilt auch für die Mitarbeiter der CDUFraktion. Sie können die Besprechung gerne draußen fortsetzen, dann haben wir es hier drinnen etwas ruhiger.

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Schwarz. Sie haben das Wort. Bitte schön!