Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, kann ich nur auffordern, endlich aufzuhören, nur Stimmung zu machen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Die Be- schäftigten sind schon in Stimmung!)

Beteiligen Sie sich lieber kritisch und konstruktiv an den Ausschussdiskussionen! Wir wollen und werden die großen Herausforderungen bewältigen. Sie sollten sich dem nicht versperren. Wir wollen etwas für unser Land, für die Beschäftigten und für die Patienten erreichen. Das ist unser Ziel, und das ist ein gutes Ziel.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Das sehen wir aber ganz anders!)

Jetzt hat Frau Meißner von der FDP-Fraktion das Wort.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

- Wir hatten gestern verabredet, dass nicht solche Unmutsbezeugungen gemacht werden, wenn jemand zum Rednerpult geht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit das Kabinett den Entwurf für den Landeshaushalt 2006 vorgestellt hat, bewegt das Thema der Privatisierung der Landeskrankenhäuser die Menschen in unserem Land und, wie wir heute gemerkt haben, auch die Abgeordneten im Landtag. Ich habe ebenso wie Sie zahlreiche Briefe und E-Mails bekommen und vor Ort mit vielen Betroffenen gesprochen. Das setze ich auch fort. Ich nehme die Sorgen der qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern sehr ernst.

Ich muss kurz unterbrechen: Auf der Anzeige steht, dass ich nur drei Minuten Redezeit habe. Aber ich habe doch fünf Minuten.

Sie haben dreieinhalb Minuten Redezeit.

Wirklich? Okay, alles klar. - Für uns Liberale gilt der Grundsatz, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben konzentrieren und darüber hinaus nur die Aufgaben wahrnehmen soll, die von Privaten nicht mindestens ebenso gut erfüllt werden können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD)

- Ja, warten Sie einmal. - Daher hatte ich bereits im April 2003 im Landtagsplenum vorgeschlagen, eine Privatisierung der Landeskrankenhäuser zu prüfen, wenn dabei die Qualität der Patientenversorgung gewährleistet bleibt und die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden. Damals

stand ich damit ganz allein, jetzt bin ich in großer Gesellschaft. Ich bin, wie viele andere auch, vom Kabinett mit dem Vorschlag überrascht worden. Jetzt müssen wir das überprüfen - wir sind dabei.

Frau Meißner, ich muss mich korrigieren. Sie haben eine halbe Minute länger Redezeit. Das hat mir eben der GBD gesagt.

Ich war der Meinung, ich habe fünf Minuten.

Offensichtlich sind es vier Minuten. Es ist zuerst bei Herrn Bode die Zeit mitgestoppt worden. Sie haben also insgesamt vier Minuten, eine halbe Minute mehr als das, was Ihnen angezeigt wurde.

Die Uhr läuft während der Erklärungen weiter. Das ist bedauerlich. Ich bitte darum, dass die Zeit verlängert wird. Frau Helmhold hat bestimmt um zwei Minuten überzogen. Ich möchte auch länger reden können.

(Zurufe)

- Nein, zwei Minuten. Ich rede jetzt weiter.

Ich möchte zunächst einmal - Frau Helmhold, das geht in Ihre Richtung - eine Frau zitieren, die sicherlich unverdächtig ist, Positionen der FDP vorzutragen, nämlich die ehemalige grüne Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer. Vielleicht können sich nicht mehr alle an sie erinnern.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Oh doch!)

Sie hat sich in der Financial Times Deutschland vom 1. September 2005 zur Diskussion in Niedersachsen folgendermaßen geäußert:

„Darüber hinaus steht die Frage im Raum, warum eigentlich gerade die Psychiatrie nicht privatisierungsfähig ist. Menschen mit körperlichen Erkrankungen können ordentlich und gut in privaten Krankenhäusern versorgt werden - warum geht das prinzipiell nicht für Menschen mit seelischen Störungen?... Diese und viele

andere Aufgaben der Psychiatrie sind groß - sie stellen sich unabhängig von der Rechtsform des Trägers.“

So weit Frau Fischer.

Meine Damen und Herren, eines ist klar: Die derzeitige Rechtsform der Landeskrankenhäuser als Landesbetrieb wird den sich verändernden Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen nicht mehr gerecht. Mehr Flexibilität und Wirtschaftlichkeit, wie z. B. vom Landesrechnungshof eingefordert, könnten sicherlich auch eine Anstalt öffentlichen Rechts oder eine landeseigene GmbH bieten.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Für den Bereich der psychiatrischen Krankenversorgung sehen wir aber - wie auch Andrea Fischer - keine zwingende Notwendigkeit, dass sie als öffentliches Unternehmen geführt wird. Vielmehr könnte eine Beteiligung privater Träger auch eine Chance für die Entwicklung des jeweiligen Krankenhauses bedeuten. Der Gewerkschaftsbericht ist schon angesprochen worden. Die ver.diDemonstration ist das eine, die Berichte und die entsprechenden Erkenntnisse daraus sind das andere.

Für mich ist Folgendes wichtig - ich habe schon frühzeitig darauf hingewiesen, schon vor Ihnen, Frau Helmhold -: Falls privatisiert wird, muss es auf jeden Fall mehrere Investoren geben, damit die Qualität im Wettbewerb gesichert wird und damit eine Abhängigkeit des Landes von nur einem Betreiber, der ein Monopol hat, ausgeschlossen werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt zur besonderen Situation des Maßregelvollzugs. Laut Uhr habe ich nur noch wenig Redezeit, aber ich nehme für mich in Anspruch, etwas länger zu reden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Der Maßregelvollzug stellt wirklich eine besondere Situation dar. Hier geht es um eine hoheitliche Aufgabe mit der Einschränkung von Grundrechten.

(Anhaltende Unruhe - Glocke der Prä- sidentin)

Meine Damen und Herren, es muss im Saal ruhiger werden. Man kann die Rednerin kaum verstehen. Das gilt für alle Fraktionen. Die nötigen Besprechungen werden bitte draußen geführt. - Das gilt auch für Herrn Aller.

Zur Gesetzesgrundlage: Wir haben in Niedersachsen ein Maßregelvollzugsgesetz, das in § 3 Abs. 1 ausdrücklich die Aufgabenübertragung des Maßregelvollzuges an andere Träger in Form der Beleihung vorsieht. In Schleswig-Holstein ist das übrigens anders geregelt; Landesgesetze sind unterschiedlich. Es stellt sich aber die Frage, ob eine Beleihung privater Träger rechtlich zulässig ist. Dem könnte Artikel 33 Abs. 4 des Grundgesetzes entgegenstehen.

(Glocke der Präsidentin)

Insbesondere Aufgaben aus dem Kernbereich hoheitlicher Eingriffsverwaltung können nach der herrschenden Interpretation nicht durch eine private Kapitalgesellschaft wahrgenommen werden. Das Landgericht Flensburg hat sich ja geweigert, die Registereintragung für die Fachklinik Schleswig vorzunehmen. In der Urteilsbegründung wird darauf hingewiesen, dass eine nachträgliche Kontrolle hoheitlicher Gewaltausübung des beliehenen Unternehmens durch die Fachaufsicht nicht ausreichend sei und dass theoretisch eine zeitnahe, also sozusagen mitschreitende Kontrolle erforderlich wäre. Andererseits geht Herr Heinz Kammeier - auch einer der juristischen Experten - davon aus, dass das sehr wohl möglich wäre, da sich der Vollzug von Maßregeln deutlich von der unter absolutem Staatsvorbehalt stehenden Vollstreckung unterscheidet und damit eine Beleihung Privater zulässig sei.

Es gibt widersprüchliche Rechtsauslegungen.

Frau Meißner, jetzt müssen Sie bitte zum Schluss kommen.

Ich bin wirklich gleich am Schluss. - Wir als FDPFraktion werden einer Privatisierung des Maßregelvollzugs sicherlich nur zustimmen, wenn auch

ein verfassungsrechtlich unbedenklicher Weg beschritten werden kann.

Zuletzt richte ich mich an die Opposition - ich bitte darum, das noch sagen zu dürfen -: Gestern in der Demonstration ist wörtlich folgender Satz gefallen: Die Landesregierung verkauft die psychiatrischen Patienten wie Schweinehälften an das Großkapital. - Das ist natürlich Demonstrationsrhetorik gewesen. Heute kam aber einiges an Unsachlichkeit aus einer ähnlichen Richtung - übrigens, Frau Helmhold, auch Ihre Bemerkung über die „klebrigen Finger“ des Finanzministers.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich wünsche mir eine sachliche und faire Diskussion.

In Richtung der SPD-Fraktion kann ich sagen: Ihnen stimmen wir natürlich überhaupt nicht zu. Sie wollen ebenso wie ver.di, dass alles genauso bleibt, wie es ist.

Frau Meißner, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss!

Die Grünen sind flexibler in ihrem Antrag. Das kam hier gar nicht richtig heraus.

Frau Meißner, jetzt habe ich das Mikrofon abgestellt. Sie müssen sich bitte setzen.