Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal ganz kurz auf den Beitrag von Herrn Schwarz eingehen - nicht auf den strittigen Beitrag, über den wir gleich im Ältestenrat sprechen werden. Im Allgemeinen ist es so, dass man die Anträge der verschiedenen Fraktionen im Plenum miteinander diskutiert. Herr Schwarz, es fällt mir schwer, zu dem, was Sie gesagt haben,
eine sachliche Äußerung zu finden; denn Sie haben ein Feindbild gezeichnet. Das bin ich von Ihnen gewohnt. Das erinnert mich immer daran, dass ich im Medizinstudium - ich glaube, im ersten oder zweiten Semester Psychologie gelernt habe, dass die Bildung eines Feindbildes oft dazu da ist, Frustrationen zu kompensieren. Bei Ihrem Feindbild kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen.
Der zweite Punkt ist eine Nebensächlichkeit, aber wir sollten sie doch festhalten. Die Präsidentin hat zu Recht gesagt, wir haben uns hier geeinigt, die Abgeordneten mit „Herr“ anzusprechen. Sie haben mich mit „diese Dame“ angesprochen. Auch Sie dürfen mich mit „Frau von der Leyen“ ansprechen!
Zum dritten Punkt. Sie haben aus einem Landtagsprotokoll zitiert. Auch da, Herr Schwarz, bitte ich Sie, dann doch das ganze Zitat zu nennen. Sie haben zitiert, dass für mich kein Anlass bestünde, die öffentliche Trägerschaft infrage zu stellen; dritte Plenarsitzung am 2. April 2003. Der ganze Satz heißt: „Zum jetzigen Zeitpunkt
Das, was in der Zwischenzeit passiert ist, werde ich im Zusammenhang mit dem Antrag der Grünen mit Ihnen, Frau Helmhold, diskutieren; denn damit hat sich die Rede von Herrn Schwarz auch schon erschöpft.
Ich möchte zunächst einmal eine Gemeinsamkeit zu dem Antrag der Grünen ansprechen. Es geht Ihnen wie uns darum, dass die psychisch kranken Menschen in Niedersachsen auch in Zukunft leistungsstarke Krankenhäuser haben, eine wohnortnahe Versorgung. Das ist in der Psychiatrie, Frau Helmhold, genauso selbstverständlich, wie sich das für die innere Medizin gehört, wie das für die Chirurgie zutrifft, wie das für die Kinderheilkunde zutrifft. Alle diese Gebiete sind durchaus wohl in kommunalen Krankenhäusern vertreten, aber auch in privaten Krankenhäusern, kirchlich getragenen Krankenhäusern, von der AWO oder vom DRK getragenen Krankenhäusern.
Ich frage mich also, ob Sie die Anwürfe, die Sie in der Psychiatrie gegenüber den Privaten erheben, auch gleichlautend auf alle anderen Krankenhäuser in Niedersachsen in privater Trägerschaft, die gute Arbeit leisten, übertragen würden.
Nächster Punkt. Über die Verweildauer der Patienten entscheidet nicht das Land, sondern das Gericht.
Der Unterschied zwischen Ihnen und uns scheint darin zu liegen, dass Sie der Auffassung sind, dass eine wohnortnahe, qualitativ hochwertige Versorgung - die es in Niedersachsen im Übrigen auch heute schon in nichtöffentlicher Trägerschaft gibt - nur in öffentlicher Trägerschaft möglich sei. Dazu noch einmal der Hinweis, dass es eine rotgrüne Koalition in Schleswig-Holstein gewesen ist, die zu der Überzeugung gekommen ist, dass die Kliniken in privater Trägerschaft besser für die Zukunft gerüstet sind. Genau darüber wollen wir diskutieren.
Sie haben hier die Finanzsituation der Landeskrankenhäuser angesprochen. Sie haben gesagt, es habe einen Bilanzgewinn von über 5 Millionen Euro im Jahre 2004 gegeben. - Das ist richtig. Aber, Frau Helmhold, Sie hätten dann auch sagen müssen, dass der Bilanzgewinn ein kumulierter Gewinn über mehrere Jahre ist. Verschwiegen haben Sie, dass der Jahresüberschuss im Jahre 2004 bei 218 000 Euro lag. Das ist eine andere Summe als „über 5 Millionen Euro“. Der Jahresfehlbetrag im Jahre 2003 lag sogar bei minus 1 783 000 Euro.
Entscheidend ist - und das haben die Landeskrankenhäuser, die diese Entwicklung sehr wach verfolgen, schon frühzeitig gesehen -, dass wir schon im Jahre 2003 Hinweise über die Finanzentwicklung der Krankenhäuser bekommen haben. Ich darf Ihnen aus einem an uns gerichteten Brief der Verwaltungsdirektoren aller Landeskrankenhäuser vom 6. November 2003 zitieren. Das Thema war die Finanzentwicklung.
„Durch die vorgegebene Verminderung der Erlöse und die allgemeine Erhöhung der Kosten wird die Scherenentwicklung (Unterfinanzierung) zwischen Einnahmen und Ausgaben im KHG-Bereich weiter intensiviert.“
„Aus unserer Sicht sollte aktuell beurteilt werden, ob die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen in den niedersächsischen Landeskrankenhäusern in der gegebenen Rechtsform zeitnah und inhaltlich möglich sind.“
Das heißt, die Landeskrankenhäuser haben längst verstanden, dass zunehmender Wettbewerbsdruck da ist, dass zunehmende Kostensteigerung sie auch zum Reagieren zwingen. Hier zu sagen „Bewegung wollen wir nicht haben“ entspricht nicht der Höhe der Probleme, die wir haben.
Denn wir haben von Ihnen eine Lücke von 200 Plätzen im Maßregelvollzug übernommen. Das ist der Punkt, über den ich - wo ist Herr Schwarz denn jetzt hin? - da ist er - in dem Zitat „zum jetzigen Zeitpunkt“ gesprochen habe, Herr Schwarz. Wir haben zu dem Zeitpunkte ein Minus von 200 Plätzen im Maßregelvollzug übernommen.
Die Zahl der Patienten ist gestiegen. Wir haben uns in der Zwischenzeit sehr bemüht, mit den Investitionen hinterherzukommen. Wir haben 149 Plätze geschaffen. Aber es reicht nicht, weil in der Zwischenzeit auch die Zahl der benötigten Plätze im Maßregelvollzug gestiegen ist.
Dann will ich Ihnen einmal vorlesen, wie die Landeskrankenhäuser - zu Recht - auf die Überbelegung im Maßregelvollzug hinweisen. Wir haben einen Brief aus dem Landeskrankenhaus Lüneburg bekommen, von der Krankenhausverwaltung, am 14. September 2004, in dem steht:
„Diese Patientenzahl konnte schon in den vorhandenen Räumlichkeiten kaum untergebracht werden. Die oben genannte Belegung führt uns an die Grenze, unserem gesetzlichen Auftrag nicht mehr nachkommen zu können. Wir sind gezwungen, die überzähligen Patienten durch Zustellen von Betten in den belegten Zweibettzimmern unterzubringen. Die Abteilungen sind überbelegt. Es herrscht drangvolle Enge.“
Meine Damen und Herren, das ist der Grund, warum die Landesregierung jetzt gesagt hat: Wir müssen handeln. Wir haben die Investitionsmittel nicht. Deshalb brauchen wir einen starken Partner. Deshalb gehen wir an den Markt und sagen, wir brauchen jemanden, der die Investitionen leisten kann. Wir gehen die Public Private Partnership ein. Denn wir sehen auch darin, dass die Qualität der Behandlung für die Patienten verbessert werden muss, dass es eine Frage ist für die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dass es auch eine Frage ist für die Sicherheit der Bevölkerung, die notwendigen Investitionsmittel zur Verfügung zu stellen.
Ich möchte eine Sache aufklären, Frau Helmhold; ich glaube, Sie haben es angesprochen. Die Landesregierung denkt nicht daran, alle zehn niedersächsischen Landeskrankenhäuser einem Träger zu übertragen. Es spricht vieles dafür, dass eine solche Übertragung schon aus kartellrechtlichen Gründen auf mindestens zwei Träger erfolgen muss. Damit ich an dieser Stelle nicht wieder missverstanden werde: Auch eine höhere Zahl von Trägern ist damit nicht ausgeschlossen.
Diese Frage bedarf einer genauen Prüfung. Wir werden sie vor allem mit externem Fachverstand intensiv erörtern müssen.
Deshalb haben wir auch am Anfang dieser Woche, am 12. September, eine Projektgruppe aus Ärztlichen Direktoren, Pflegedirektoren, Verwaltungsdirektoren und den Personalräten der Landeskrankenhäuser eingesetzt. Diese Projektgruppe wird die Fragen der Sicherung der Qualität in den
Leistungsangeboten der Landeskrankenhäuser, aber eben auch die Fragen der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten beraten. Uns ist sehr wichtig, dass darüber hinaus sowohl die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di als auch die Fachgewerkschaft des Deutschen Beamtenbundes vertreten sind; denn wir wollen ganz klar - das sieht der Zeitplan auch vor -, dass ein Abschlussbericht Einfluss nimmt und einfließt in die Bedingungen, die formuliert werden, wenn ein europaweites Bieterverfahren ausgeschrieben wird.
Meine Damen und Herren, ich kann nicht auf jeden einzelnen Aspekt des Entschließungsantrages eingehen. Lassen Sie uns offen diskutieren. Ich danke den Grünen, dass sie diese Offenheit gezeigt haben.
Noch einmal der Hinweis auf die Fallstudie, die Untersuchungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die gerne die Ergebnisse von Privatisierungsprozessen im Krankenhausbereich untersucht haben wollte. Was war das Ergebnis? - Positive Effekte durch die Privatisierung im Management, in der Entscheidungsgeschwindigkeit, in der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, in der Vornahme notwendiger Investitionen, in der Kostensenkung, in der strategischen Ausrichtung, in der Optimierung von Aufbau- und Ablauforganisation, in der besseren Transparenz über Ziele und Leistungen.
Also, die privaten Anbieter als Feindbild hinzustellen, ist der Sache absolut nicht angemessen. Wir brauchen starke Partner, und wir gucken uns im Lande auch um, um das zu erreichen.
Es erschwert auch den Diskussionsprozess mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wenn solche Ergebnisse nicht offen diskutiert werden können. Ich verstehe die Sorgen und Ängste und die Unruhe, die durch Veränderung aufkommen. Aber man muss zumindest einmal die Diskussion zulassen, dass die Arbeitsbedingungen - wie das Gutachten von ver.di zeigt - tendenziell sogar besser geworden sind. Man muss darüber reden können, wie wir einen Trägerwechsel umsetzen, und nicht wie ich es auf der linken Seite des Hauses erlebt habe, die Haltung haben: grundsätzlich nein. Denn Stillstand bedeutet Rückschritt, und den können wir uns nicht mehr leisten.
Es ist richtig, dass es unterschiedliche Auffassungen dazu gibt, inwieweit die Durchführung der Aufgaben im Maßregelvollzug rechtlich privatisierbar ist bzw. an einen beliehenen Unternehmer übertragen werden kann.
Interessant ist es auch, einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass in anderen Ländern wie Thüringen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg Lösungen gefunden worden sind. Die schlafen eben auch nicht auf den Bäumen; man kann also durchaus einmal über den Tellerrand gucken. Die dort gefundenen Lösungen unterscheiden sich durchaus. Für uns ist interessant, dass wir schauen können, welche Wege die anderen gegangen sind, welche Lösungen sie gefunden haben und welche Ergebnisse sie erzielt haben.
Tatsache ist, dass es in der Frage nach der verfassungsrechtlichen Grenze auf die konkrete Ausgestaltung der Beleihung und die damit verbundene Aufgabenund Verantwortungsteilung ankommt. Die gerichtliche Entscheidung aus Schleswig-Holstein ist deshalb auch nicht einfach auf andere Bundesländer übertragbar, weil diese gerichtliche Entscheidung explizit die in SchleswigHolstein gefundene Lösung zum Gegenstand hat.