Protokoll der Sitzung vom 07.10.2005

Ein Punkt muss hier aber auch noch erwähnt werden, und insofern wäre ich dankbar gewesen, wenn meine Vorredner von den Fraktionen noch einiges angesprochen hätten, was nicht rückwärts gewandt ist, sondern nach vorne in Richtung der künftigen Gestaltung Europas zielt. Wir sind mit den Abgeordneten ja in Brüssel und in Straßburg gewesen. Es gibt wirklich Dinge, die uns hier im Lande unruhig machen müssen, weil sie zurzeit nicht geklärt sind. Das gilt z. B. im Hinblick auf die Unklarheit bezüglich der finanziellen Vorausschau. Denn wir diskutieren über Entwicklungen, die im Zeitfenster 2007 bis 2013 umgesetzt werden können. Es besteht noch keine Klarheit. Ich persönlich glaube auch nicht, dass dies im Rahmen der britischen Präsidentschaft bis Ende Dezember erreicht werden kann. Das hat dann die Folge, dass frühestens im ersten Halbjahr Klarheit darüber herrscht, welche Finanzmittel ab 2007 bis 2013 zur Verfügung stehen. Das heißt aber auch konkret, meine Damen und Herren: Wenn Mitte/Ende März nicht klar ist, wie die Programme vorbereitet werden können und sollen und welche Finanzmassen zur Verfügung stehen, heißt das konkret, dass ab Beginn 2007 auch keine Mittel fließen. Das wäre fatal. Insofern ist hier erheblicher Druck, der hoffentlich zu einem guten Ende führt. Ich bin dabei noch sehr skeptisch.

Ein anderer Punkt - da bin ich der Landesregierung auch dankbar, dass es so klar dargelegt worden ist -: Wenn wir über Projekte diskutieren, wenn wir über Forschung und Entwicklung, auch über die Umsetzung bestimmter innovativer Produkte und Vorhaben hier im Lande reden, dann muss uns schon die Frage bewegen, wie das künftig finanziert werden kann. Das ist der entscheidende Punkt der privaten Kofinanzierung von EU-Mitteln. Das, was wir in der letzten Woche auch in Brüssel gehört haben, klang wenig verheißungsvoll. Bei dem ersten Bericht von Kommissar Barnier hat es eine sehr offene Haltung gegenüber privater Kofinanzierung gegeben. Hier sind die Schrauben erheblich zurückgedreht worden. Nach meiner Wahrnehmung war es in der letzten Woche so, dass dies eher sehr restriktiv gehandhabt werden soll. Insofern ist, glaube ich, noch erheblicher Druck auf die Bundesregierung erforderlich, um zu erreichen, dass künftig mehr als bislang auch alternative Finanzierungsinstrumente eingesetzt werden können, mehr als bislang private Kofinanzierung über PPP und andere Lösungen umgesetzt werden kann. Denn sonst stoßen wir echt an Grenzen und wissen wir angesichts der engen finanziellen Ressourcen auf vielen Ebenen - ob Land oder Kommunen; das ist ja nicht anders nicht, wie wir künftig sinnvolle Projekte kofinanzieren können.

Meine letzte Bemerkung, meine Damen und Herren - auch das muss uns gerade in Niedersachsen unruhig machen -: Es gibt große Unsicherheiten für die Zukunft der neuen Ziel 3-Programme, d. h. für die grenzüberschreitenden Kooperationen, die uns hier in Niedersachsen gemeinsam mit den Niederlanden bewegen. In der Ems-Dollart-Region/ EUREGIO besteht zurzeit wenig Aussicht, dass dies fortgeführt werden kann. Dies wäre sehr schwierig und auch sehr schade, weil es viele sehr hervorragende Projekte gegeben hat, die in den letzten Jahrzehnten umgesetzt werden konnten. Bislang haben wir eine merkwürdige Situation: Die Europäische Union unterstützt auch die Position Niedersachsens. Aber der Bund hat bislang eine Haltung eingenommen, die gegen unsere Interessen, gegen niedersächsische Interessen im Hinblick auf das neue Ziel 3 ausgerichtet ist. Das halte ich für eine etwas skurrile Situation. Aber das macht deutlich, dass auch die Landesregierung hier gemeinsam mit anderen Ländern noch erheblich Einfluss nehmen muss, um den Bund dazu zu bewegen, dass wir auch weiterhin eine Fördermöglichkeit für

grenzübergreifende Kooperation und Zusammenarbeit in Niedersachsen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Dinkla, Sie müssen zum Schluss kommen.

Mein letzter Satz, Frau Präsidentin. - Ein herzlicher Dank an die beteiligten Mitarbeiter in den Häusern; das ist eine großartige Leistung. Ich finde, liebe Frau Tinius, Sie sollten damit auch zufrieden sein; denn es macht deutlich, dass das Land Niedersachsen einen hervorragenden Beitrag zur Erreichung der Lissabon-Ziele leisten will. Aber es hat mich nicht überrascht, dass Sie diese Antworten so negativ gesehen haben; wie könnte es auch anders sein, denn man muss auch über den Schatten springen, wenn man bestimmte positive Dinge wirklich mal anerkennen will. Mir ist aber nicht neu, dass Ihnen das schwer fällt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Statt eines letzten Satzes waren es vier Sätze.

Meine Damen und Herren, ich werde jetzt vier Feststellungen treffen.

Erstens. Die Besprechung der Großen Anfrage ist abgeschlossen.

Zweitens. Der nächste, der 26. Tagungsabschnitt wird vom 9. bis 11. November 2005 sein.

Drittens. Der Präsident wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und auch die Tagesordnung der Sitzungen bestimmen.

Viertens. Sie haben phantastisch durchgehalten. Ich wünsche Ihnen ein schönes - hoffentlich freies - Wochenende oder zumindest einige freie Stunden. Bis dann!

(Beifall)

Schluss der Sitzung: 13.35 Uhr.

Anlagen zum Stenografischen Bericht

noch:

Tagesordnungspunkt 20:

Mündliche Anfragen - Drs. 15/2245

Anlage 1

Antwort

des Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf die Frage 5 des Abg. Hans-Jürgen Klein (GRÜNE

Kartoffelsorte Linda: Wie positioniert sich die Landesregierung im Konflikt zwischen Pflanzenzüchtern und Allgemeininteresse?

Mit dem Auslaufen der 30-jährigen Sortenschutzfrist zog EUROPLANT, der bedeutendste deutsche Kartoffelzüchter und Sortenschutzinhaber der Kartoffelsorte „Linda“, Ende 2004 die Sorte Linda zurück und meldete sie beim Bundessortenamt ab. Das von EUROPLANT verkündete Aus für ein Nahrungsmittel, das sich bei Verbrauchern und Landwirten größter Beliebtheit erfreut, war der Startschuss für eine bisher einmalige Medienöffentlichkeit zur Rettung einer Kartoffelsorte. In der Angelegenheit sind bereits Ämter, Schiedsgerichte und Gerichte tätig geworden.

Die fest kochende Kartoffel wird wegen ihres intensiven, sehr guten cremigen Geschmacks und ihrer idealen Verarbeitungseigenschaften sowohl von Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch von Gourmets und in der Gemeinschaftsverpflegung geschätzt. Sie hat seit Jahren auf Wochenmärkten genauso wie im Einzelhandel und auf Biohöfen hohe Absatzmengen zu verzeichnen.

Für den biologischen Anbau in Norddeutschland ist Linda die wichtigste Sorte, da sie aufgrund ihres Alters Eigenschaften besitzt, die gut für die im Ökolandbau geltenden Produktionsbedingungen geeignet sind.

Zumindest vorerst ist die Sorte Linda gerettet, denn das Bundessortenamt hat die Auslauffrist gemäß § 52 Abs. 6 des Saatgutverkehrsgesetzes voll ausgeschöpft und auf den 30. Juni 2007 festgelegt. Dagegen hatte EUROPLANT zwar Klage erhoben, die aber das Verwaltungsgericht Hannover ablehnte.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung misst sie dem Grundsatz des Sortenschutzrechtes zu, wonach mit Ende des auf 30 Jahre befristeten Sortenschutzes die Sorte zur Nutzung der Allgemeinheit zur Verfügung steht?

2. Wie bewertet sie das Vorgehen der Firma EUROPLANT, diesem Grundsatz des Sortenschutzrechts bei der Kartoffelsorte Linda nicht gefolgt zu sein und kurz vor Ende des auf 30 Jahre befristeten Sortenschutzes die Sortenzulassung zurückzuziehen und somit die Sorte der Allgemeinheit nicht zur Nutzung zur Verfügung zu stellen?

3. Was gedenkt sie zu tun, um zukünftig die Interessen der Allgemeinheit an Saatzuchtsorten zu sichern?

Die Landesregierung ist sich bewusst, dass die Kartoffel für den Verbraucher eine hohe Bedeutung hat und die Sorten einer hohen Sensibilität beim Konsumenten unterliegen, schließlich ist Niedersachsen das „Kartoffelland“ in Deutschland.

Linda ist eine Sorte, die mit ca. 1,4 % an der Speisekartoffelerzeugung insgesamt im letzten Jahr einen relativ geringen Anteil ausmachte. Der Anteil von ca. 6,8 % (2002) an den Frischkartoffeleinkäufen zeigt allerdings die Beliebtheit in diesem speziellen Segment. Linda lag hier bei den Einkäufen an dritter Stelle hinter den Sorten Cilena mit 16,8 % und Solara mit 8 %.

Die Entscheidung der Firma EUROPLANT, die Sortenzulassung der Sorte Linda zurückzuziehen und damit den Vertrieb von Pflanzgut der Sorte zu unterbinden, haben wir bedauert, hatten sie aber als freie unternehmerische Entscheidung zu akzeptieren. Mit unseren, in diesem Fall begrenzten Möglichkeiten haben wir z. B. durch Gespräche mit allen Beteiligten versucht, Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Verbraucher zu finden.

Nach den jüngsten gerichtlichen Entscheidungen, wonach die vom Bundessortenamt nach Ende der eigentlichen Sortenzulassung erteilten mehrjährigen Genehmigungen, die so genannten Auslauffristen, zur Erzeugung von Pflanzmaterial der Sorte Linda rechtens sind, sind die darauf aufbauende Erzeugung von Speiseware dieser Sorte und die Versorgung für den Verbraucher mittelfristig für die nächsten Jahre ermöglicht.

Und im Falle einer Zulassung der neuen „alten“ Linda durch das Bundessortenamt nach der bereits erfolgten Beantragung durch den neuen Antragsteller wäre auch langfristig die Versorgung gesichert.

Damit haben sich unserer Ansicht nach die rechtlichen Regelungen im Bereich der Sortenzulassung und des Saatgutverkehrs bewährt und auch den notwendigen Grad von Flexibilität bewiesen.

Nun zu den Fragen im Einzelnen:

Zu 1: Die Landesregierung misst dem Sortenschutz eine hohe Bedeutung zu, die Züchtung neuer Pflanzensorten basiert auf einer geistigen und wirtschaftlichen Leistung, die einen entsprechenden Schutz verdient. Die Schutzdauer von 30 Jahren für Kartoffeln ist angemessen als notwendiger Ausgleich zwischen dem Interesse des Sortenschutzinhabers und dem der Allgemeinheit.

Zu 2: Die Regelung des Sortenschutzrechtes, dass mit Ende der Schutzdauer Pflanzgut der Sorte zur lizenzfreien Nutzung der Allgemeinheit zur Verfügung steht, sollten wir wegen dieses Einzelfalls nicht infrage stellen. Der Verzicht auf die gebührenpflichtige Sortenzulassung - als Grundlage für den Vertrieb von Saat- und Pflanzgut - nach Ende des Sortenschutzes ist eine unternehmerische Entscheidung mit in der Regel wirtschaftlichen Aspekten und Erwägungen. Ein Rechtsanspruch auf Teilhabe durch Dritte besteht nicht - diese rechtliche Regelung ist unserer Ansicht eine ausgewogene Lösung.

Auch wenn auf der einen Seite die Schutzdauer für das geistige Eigentum und der Anspruch der Allgemeinheit damit in einem gewissen Widerspruch stehen mögen, ist dieses dennoch als gangbarer Kompromiss zu betrachten.

Die Landesregierung begrüßt insofern, dass im vorliegenden Fall eine außergerichtliche Regelung gefunden werden soll.

Zu 3: Der in der Anfrage geschilderte Fall mit Linda ist ein Einzelfall; es wäre wegen dieser Einmaligkeit übereilt, nach gesetzgeberischen Maßnahmen zu suchen. Vielmehr sind die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten ausreichend, um die Interessen der Allgemeinheit an Pflanzensorten zu sichern. Diese Möglichkeiten wurden und werden im vorliegenden Fall genutzt.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 6 der Abg. Enno Hagenah und Andreas Meihsies (GRÜNE)

Wird zur Durchsetzung der A 39 die Straßenbauverwaltung mit politischen Varianten beauftragt?

Die Planungen zur A 39 stehen unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit und werden nicht

nur regional, sondern auch im Landtag noch immer grundsätzlich kontrovers diskutiert. Ein transparentes Planungsverfahren, das insbesondere die ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte objektiv und umfassend abarbeitet, ist unter diesen Umständen ganz besonders wichtig.

Unter Ausschluss und ohne Kenntnis der Grünen-Fraktion im Landtag und ihrer Vertreter in den Regionen, durch die die Planungstrasse geführt wird, hat es ein Treffen von Bundestags- und Landtagsabgeordneten der anderen Fraktionen mit Kommunal- und Landesverwaltungsmitarbeitern gegeben. Dabei soll dem Vernehmen nach die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr gegen die eigenen fachlichen Empfehlungen zu der Untersuchung von weiteren Trassenvarianten gedrängt worden sein.