Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Gemeindehaushaltsrechts und zur Änderung gemeindewirtschaftsrechtlicher Vorschriften - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/1680 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/2324
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport lautet auf Annahme mit Änderungen. Berichterstatterin ist Frau Leuschner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres und Sport empfiehlt Ihnen mit den Stimmen der Vertreter der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Vertreter der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dem Gesetzentwurf mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen zuzustimmen. Dies entspricht auch der Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse für Rechts- und Verfassungsfragen, für Haushalt und Finanzen sowie für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, wobei sich der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rechtsausschuss der Stimme enthalten hat.
Lassen Sie mich kurz auf die wesentlichen Änderungsempfehlungen und Diskussionsschwerpunkte eingehen.
Mit der Neuregelung des Gemeindehaushaltsrechts soll die Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung für die Kommunen verbindlich werden. Damit soll die gegenwärtige und zukünftige finanzielle Leistungs
Der Gesetzentwurf sieht hierzu u. a. vor, dass die Gemeinden bei der Bewertung ihres Vermögens und dessen Darstellung in der Bilanz von den kaufmännischen Gebräuchen teilweise abweichen dürfen. So muss dasjenige Vermögen, das die Gemeinden für ihre Aufgabenerfüllung nicht oder nicht mehr benötigen, danach nicht zwangsläufig mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten ausgewiesen werden, sondern wahlweise stattdessen mit dem jeweils aktuellen Zeitwert.
Die Mehrheit der Mitglieder im Ausschuss war aber der Auffassung, dass dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Vermögensbewertung in der Bilanz der Vorrang vor der im Entwurf vorgesehenen so genannten Vermögenstrennung eingeräumt werden soll. Der Ausschuss schlägt Ihnen daher mit den Stimmen der Vertreter der Regierungsfraktionen zu § 96 Abs. 4 der Niedersächsischen Gemeindeordnung vor, die Option zur Vermögenstrennung nicht als Regelmöglichkeit einzuführen.
Der Ausschuss war in diesem Zusammenhang in seiner Mehrheit der Ansicht, dass diejenigen Kommunen, die in Erwartung der Einführung dieser Vermögenstrennung ihre Rechnungslegung für die Zukunft bereits entsprechend vorbereitet haben, in dieser Erwartung geschützt werden sollen. Der Ausschuss schlägt Ihnen deshalb vor, in § 142 Abs. 1 Nr. 8 NGO eine Verordnungsermächtigung für das Innenministerium aufzunehmen, nach der ein solcher Bestandsschutz im Verordnungswege gewährt werden kann. Die Vertreter der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben gegen die Aufgabe der Vermögenstrennung und die damit zusammenhängende Verordnungsermächtigung gestimmt.
Breiten Raum hat in den Ausschussberatungen die Neufassung des § 108 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 NGO eingenommen. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Voraussetzungen enger zu fassen, unter denen die Kommunen ein Unternehmen errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern dürfen. Bisher müssen die Kommunen prüfen, ob der öffentliche Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder werden kann. In Zukunft sollen neue kommunale Unternehmen bereits dann unzulässig sein, wenn private Dritte das nicht ebenso gut und wirtschaftlich können. Die Regelung soll die Position der mittelständischen Wirt
Die Vertreter der Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen haben sich in den Beratungen gegen diese Gesetzesänderung ausgesprochen und eine finanzielle Kompensation für die Kommunen eingefordert, um die möglicherweise entstehenden finanziellen Belastungen auszugleichen. Die Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben hierzu einen Änderungsantrag eingebracht, nach dem § 108 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 seine bisher geltende Fassung behalten sollte. Diesen Antrag haben auch die Vertreter der Fraktion der SPD unterstützt; sie haben bei der abschließenden Beratung im Innenausschuss auch darauf hingewiesen, dass diese Rechtsänderung der Grund dafür ist, dass sie insgesamt gegen die Beschlussempfehlung stimmen werden. Die Ausschussmehrheit hat den Antrag aber abgelehnt.
Weitere Änderungen des Gesetzentwurfs empfiehlt Ihnen der Ausschuss u. a. zu § 109 NGO. In dessen Absatz 1 sieht der Gesetzentwurf die Anfügung der Nrn. 8 bis 11 vor, die die kommunale Beteiligung an einem Unternehmen in privater Rechtsform an eine Reihe zusätzlicher Voraussetzungen knüpft. Damit sollten die Kontrollrechte der Kommunen gegenüber ihren Beteiligungsgesellschaften gestärkt werden.
Die Vertreter der Fraktionen von CDU und FDP im Innenausschuss sind der Ansicht, dass die Anfügung dieser Vorschrift nicht in diesem Umfang erforderlich ist. Sie haben deshalb einen Änderungsantrag, der sich auf die Anfügung einer neu formulierten Nr. 8 in § 109 Abs. 1 Satz 2 NGO beschränkt, in die Beratungen eingebracht. Der Ausschuss hat gegen die Stimmen der Oppositionsvertreter beschlossen, Ihnen die darin enthaltene Abweichung vom Gesetzentwurf zu § 109 Abs. 1 Satz 2 NGO zu empfehlen.
Im § 109 Abs. 2 sieht der Gesetzentwurf eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der in Absatz 1 enthaltenen Vorschriften über die Beteiligung der Gemeinden an Unternehmen in privater Rechtsform vor. Nach dem Entwurf sollten hiervon auch mittelbare Beteiligungen solcher Unternehmen erfasst werden. Die Vertreter der Fraktionen von CDU und FDP im Innenausschuss sind aber der Ansicht, dass die Änderung dieser Vorschrift nicht erforderlich ist. Der Ausschuss schlägt Ihnen deshalb mit den Stimmen der Vertreter der Regie
Schließlich schlägt Ihnen der Ausschuss in Artikel 1 Nr. 0/1 und in Artikel 4/1 Änderungen vor, die auf einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zurückgehen und die mit dem Gemeindehaushalts- und -wirtschaftsrecht nicht im Zusammenhang stehen. Die Streichung des § 9 NGO und die Änderung der Verweisung in § 11 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes hängen vielmehr mit der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens im Rahmen der Verwaltungsreform zusammen. Bisher sollen die Gemeinden ihren anfechtbaren Verwaltungsakten eine Rechtsbehelfsbelehrung beifügen, beim Erlass von Kommunalabgabenbescheiden müssen sie dies tun. Die Aufnahme einer Rechtsbehelfsbelehrung hat nach der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens zur Folge, dass die Adressaten solcher Verwaltungsakte innerhalb eines Monats entscheiden müssen, ob sie dagegen beim Verwaltungsgericht Klage erheben oder nicht. Ist dem Bescheid aber keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, so beträgt diese Frist ein Jahr.
Durch die Rechtsänderung sollen die Betroffenen und die Verwaltung die Möglichkeit erhalten, zunächst außergerichtlich zu klären, ob die Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ist. Der Ausschuss hat deshalb mit den Stimmen der Vertreter der Regierungsfraktionen beschlossen, Ihnen diese Ergänzung des Gesetzentwurfs zu empfehlen. Die Vertreter der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben gegen diesen Vorschlag gestimmt, weil sie die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens insgesamt ablehnen.
Damit möchte ich meinen Bericht über die Ausschussberatungen beenden. Die weiteren in der Beschlussempfehlung vorgesehenen Abweichungen von dem Gesetzentwurf sind im schriftlichen Bericht erläutert.
Namens und im Auftrag des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung mit den aus der Beschlussempfehlung hervorgehenden Änderungen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Gesetzentwurf geht es um zwei zentrale Komponenten. Die erste ist die Einführung der kaufmännischen Buchführung bei den Kommunen. Die zweite ist die Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen für die Zukunft.
Ich beginne mit dem aus unserer Sicht wichtigsten und problematischsten Punkt. Es geht um den § 108 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Niedersächsischen Gemeindeordnung, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen. In der jetzt geltenden Bestimmung heißt es, dass sich die Kommunen dann wirtschaftlich betätigen können, „wenn der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“ Die Änderungsabsicht der Fraktionen der CDU und der FDP besteht darin, dass sich Kommunen in Zukunft nur dann wirtschaftlich betätigen können, wenn „der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“
Unser Antrag, in den Gesetzentwurf die bislang geltende Rechtsfassung aufzunehmen, wurde im Innenausschuss abgelehnt. Die Notwendigkeit dieser Änderung wurde in der Begründung zum Gesetzentwurf nur kursorisch dargelegt. Es handelt sich nach unserer Auffassung um einen gravierenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum Kommunen bei der Auswahl der geeigneten Form zur Erfüllung öffentlicher Zwecke einen Vorrang privater Dritter beachten sollen müssen. Würde es die beabsichtigte Regelung schon geben, so wäre die Bildung der landesweit als Erfolgsmodell zur starken Reduzierung von Arbeitslosigkeit bekannt gewordenen Wolfsburg AG nicht möglich gewesen.
Ich nenne einige Beispiele für wirtschaftliche Betätigungen von Kommunen, die in Zukunft durch diese Regelung erschwert bzw. verhindert werden.
Es geht um Stadtwerke, Erschließungs- und Baugesellschaften, Verkehrsbetriebe, Rechenzentren, es geht aber auch um die Führung von Krankenhäusern, Abfallwirtschaftsbetrieben, also solchen Unternehmen, die Eigenbetriebe sind oder in einer Rechtsform des privaten Rechts geführt werden. Klarzustellen ist: Es geht nicht mehr darum - wie ursprünglich überlegt worden war -, die jetzt geltende Eigenbetriebs- und Unternehmensführung der Kommunen zu korrigieren. Es geht darum, die Zukunft zu verändern. Aber schlimm genug ist es gleichwohl.
Meine Damen und Herren, ich verstehe die CDU hier nicht. Sie unterwerfen sich der Private-firstIdeologie der FDP. Ihre Landräte und Oberbürgermeister knirschen mit den Zähnen. Die aus wirtschaftlicher Betätigung möglichen Gewinne sind in Zukunft, wenn überhaupt, nur noch unter erschwerten Bedingungen zu generieren und damit auch die Zuführungen an die Haushalte der entsprechenden Kommunen durchzusetzen. Von daher ist diese Entscheidung für eine Fraktion wie die CDU für mich völlig unverständlich. Wie Sie das angesichts der Verschuldung der niedersächsischen Kommunen vertreten wollen - dazu werden wir ja morgen bei der Dringlichen Anfrage meiner Fraktion noch kommen -, ist uns rätselhaft.
Ja, ich komme zum Schluss. - Sie handeln aus unserer Sicht mit dieser Regelung unverantwortlich. Sie haben einen Deal mit der FDP gemacht. Das ist kein new deal, das war ein bad deal. Das ist bizarr. Ihre neue Vertrauenskultur gegenüber den Kommunen ist damit aufs brutalste konterkariert. Diesem Gesetzentwurf werden wir unsere Zustimmung nicht geben.
Frau Präsidentin! Meine Herren, meine Damen! Das vorgelegte Gesetz hat zwei Schwerpunkte: Gemeindehaushaltsrecht und Gemeindewirtschaftsrecht. Zunächst zum Haushaltsrecht.
Bereits im Juni 2000 hat der damalige Innenminister Bartling das Modellprojekt bei der Stadt Uelzen initiiert. Im September 2004 war die Anhörung abgeschlossen, und im Februar dieses Jahres wurde der Gesetzentwurf eingebracht. Heute sind wir fast neun Monate weiter. Darum dachte ich, diesmal macht es die Landesregierung nicht schnell, sondern gut - gut deshalb, weil wir davon ausgegangen sind, in diesen neun Monaten wird erst über die Verankerung des strikten Konnexitätsprinzips in der Niedersächsischen Verfassung entschieden. Aber weit gefehlt! Auch nach 1 000 Tagen will das Land immer noch nicht bezahlen, was es bestellt.
10 mal 100 Tage ist der Ministerpräsident wortbrüchig; denn die Konnexität sollte nach 100 Tagen verankert sein. Vor Anker ist der Ministerpräsident gegangen, aber auch bei diesem Wahlversprechen ist er schiffbrüchig geworden.
(Bernd Althusmann [CDU]: Sie hätten ja mitstimmen können! Wir brauchen dazu eine Zweidrittelmehrheit!)