Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

„Doch Bund und Länder lassen uns finanziell zu häufig allein.“

- Auch damit hat er Recht. Weiter heißt es:

„Wir können es uns angesichts des demografischen Wandels gar nicht erlauben, Jugendliche mit Migrationshintergrund schlecht auszubilden und links liegen zu lassen.“

Die Integrationsoffensive der Landesregierung besteht bisher nur aus den im Juli angekündigten 15 kommunalen Integrationsleitstellen, von denen meines Wissens bis November nur eine einzige besetzt war.

Meine Damen und Herren, zur Integrationspolitik gehören die Wahrnehmung und die Anerkennung der kulturellen Vielfalt in unserer Gesellschaft. Das sind die entscheidenden Voraussetzungen für die Verbesserung der Partizipationschancen von Menschen mit Migrationshintergrund.

Wie wenig Ihnen die Anerkennung von kultureller Vielfalt wert ist, zeigt sich in der Geschäftsordnung der Ausländerkommission. Wie lange noch, meine Damen und Herren, wollen Sie den Migrantenselbstorganisationen mittels des undemokratischen Einstimmigkeitsgebots eine Alibifunktion zumuten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie setzen damit Ihre Politik der Ausgrenzung und Isolierung von Migranten fort.

(David McAllister [CDU]: Was soll denn das?)

Ministerpräsident Wulff hat noch Anfang dieses Jahres den interreligiösen Dialog mit Muslimen gefordert. Innenminister Schünemann rühmt sich der verdachtsunabhängigen regelmäßigen Kontrolle von Muslimen; mein Kollege ist darauf schon eingegangen. Ich frage Sie: Wie soll unter solchen Bedingungen ein interreligiöser Dialog geführt werden?

Meine Damen und Herren, Kontrolle und stärkerer Polizeieinsatz helfen auf Dauer wenig, wenn es um eine bessere Integration geht. Wir setzen auf Fähigkeiten und Stärken bereits gut integrierter Migranten, die sich sicher zwischen den Kulturen bewegen und die zwischen Zugewanderten und der hiesigen Gesellschaft vermittelnd tätig werden können. Dafür müssen sie qualifiziert werden, und das kostet zweifellos Geld. Aber eine Weiterqualifizierung erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, im Gesundheitsbereich, im Bildungsbereich und nicht zuletzt in der Wirtschaft. Auch kleine mittelständische Unternehmen werden angesichts fortschreitender Globalisierung nicht mehr auf Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz ihrer Mitarbeiter verzichten können.

Ein Integrationsmodell, das ausschließlich auf Ehrenamtlichkeit setzt, greift zu kurz und wird dem Anspruch eines für eine erfolgreiche Integration unerlässlichen Zugangs zum Arbeitsmarkt nicht gerecht.

(David McAllister [CDU]: Haben Sie einen Deckungsvorschlag?)

Meine Damen und Herren, mangelnde Erfahrung und Anerkennung können auch der Nährboden für Gewaltbereitschaft sein. Die Kommunen fordern zu Recht eine Integrationsoffensive. Lassen Sie sie nicht länger im Regen stehen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat sich zu Wort gemeldet Frau Ministerin Ross-Luttmann. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einzelplan 03 stellt auch nach Auflösung der Bezirksregierungen einen der ausgabenstärksten Ressorthaushalte in Niedersachsen dar. Es ist daher keine Frage, dass der Bereich Innen und Sport auch das übergeordnete Ziel der Konsolidierung des Landeshaushalts berücksichtigt und unterstützt. Es ist aber auch festzustellen, dass mit dem vorliegenden Haushalt gleichwohl eine solide finanzielle Grundlage für die innenpolitischen Aufgaben des nächsten Jahres gelegt sind. Ich möchte dies in fünf Bemerkungen zusammenfassen und verdeutlichen.

Erstens. Der Sparkurs gilt auch für den Bereich Inneres und Sport. Die einmal vorgenommenen Kürzungen und Einsparungen werden beibehalten. Etwas anderes lässt die unverändert ernste Haushaltssituation leider nicht zu. Die im letzten Haushalt vorgenommenen Konsolidierungsmaßnahmen wirken daher fort und müssen verkraftet werden.

Zweitens. Die durch Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung ermöglichten Einsparungen werden fortgeschrieben, der Stellenabbau wird weiter umgesetzt. Die haushaltsmäßigen Umstrukturierungen im Zusammenhang mit dem Modernisierungsprozess und insbesondere im Zuge der Abschaffung der Bezirksregierungen sind vollzogen. Die Nachhaltigkeit der erzielten Einspareffekte ist gesichert. Der Wegfall der Stellen und die damit verbundene monetäre Einsparung werden durch das vom Finanzministerium organisierte Controlling nachgewiesen. Exakte Zahlen liegen noch nicht vor. Es lässt sich aber feststellen, dass sich der Personalabbau zügiger vollzieht, als zunächst in der Gesetzesfolgenabschätzung angenommen wurde. So werden etwa 560 Bedienstete - gegenüber ursprünglich angenommene 250 Personen - bis Ende 2005 nach § 109 NBG aus dem Dienst ausgeschieden sein.

Im Einzelplan 03 wirkt sich der fortschreitende Stellenabbau im Haushalt 2006 mit einem Rückgang der Personalausgaben um rund 20 Millionen Euro aus. Von den insgesamt im Innenbereich

entbehrlichen 1 510 Stellen sind bereits mehr als 30 % abgebaut. Im Haushalt 2006 sind noch 1 044 kw-Vermerke verblieben. Die Personalausgaben verringern sich im Einzelplan insgesamt um 1,9%.

Drittens. Von dem eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung wird nicht abgewichen. Auch in Zukunft sind weitere spürbare Einschnitte erforderlich. An erster Stelle ist hier die Verlängerung der Lebensarbeitszeit für Beamtinnen und Beamte im Polizeivollzugsdienst zu nennen, die ab 2009 zu erheblichen Entlastungen im Landeshaushalt führen wird. Dieser Schritt ist, wie bereits mehrfach dargelegt, vertretbar und auch angemessen.

Sowohl die verbesserten Rahmenbedingungen als auch das aktuell angestrebte Ziel, den Beginn des Ruhestandes für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hinauszuschieben, rechtfertigen die vorgesehene Änderung, zumal diese sehr behutsam eingeführt wird. Sie erfolgt in zwei Stufen und wird mit einem Nachteilsausgleich durch Stellenhebungen abgemildert. Um entgangene Beförderungsmöglichkeiten wenigstens in den unteren Besoldungsgruppen teilweise zu kompensieren, sind im Haushaltsjahr 2009 insgesamt 350 Hebungen von A 9 nach A 10 bzw. A 11 geplant. Hierauf, Herr Professor Dr. Lennartz, hätten Sie vielleicht auch eingehen können.

Im Rahmen der parlamentarischen Ausschussberatungen sind darüber hinaus für 2006 weitere 50 Stellenhebungen von A 9 nach A 10 beschlossen worden - eine große Kraftanstrengung bei der Haushaltslage des Landes!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schließlich soll nach dem Vorschlag des Haushaltsausschusses für Bedienstete in besonders belasteten Verwendungen wie z. B. langjährigem Wechselschichtdienst die neue Altersgrenze unter bestimmten Voraussetzungen um ein Jahr verringert werden. Wichtig dabei ist, dass für jede früher frei werdende Stelle rechtzeitig eine Nachbesetzung vorgenommen wird.

Viertens. Wichtige Politikfelder im Innenbereich bleiben finanziell abgesichert. Sie sind im vorliegenden Haushalt keinen weiteren Kürzungen unterworfen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Zuweisungen und Zuschüsse an Dritte, bei denen wir uns um Kontinuität bemüht haben. Hiervon profitieren u. a. die Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz, der Landessportbund, die mit

der Ausländerbetreuung befassten Verbände, die DLRG mit ihren Rettungsstationen, der Landesfeuerwehrverband und die Vertriebenenorganisationen. Für die Empfänger von Zuschüssen und Unterstützungsleistungen ergibt sich somit eine gewisse Stetigkeit und vor allem Planungssicherheit für ihre Tätigkeit.

Fünftens. Die Gewährleistung der inneren Sicherheit und insbesondere der Polizeibereich haben für diese Landesregierung einen herausragenden Stellenwert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dies spiegelt sich auch in den Haushaltsdaten wider. Bei generell sinkenden oder gleich bleibenden Ausgaben wird das Ausgabenvolumen im Polizeihaushalt erhöht. Während die Gesamtausgaben des Einzelplans 03 im Jahre 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 % abnehmen, steigen sie im Polizeibereich um denselben Prozentsatz.

Trotz der angespannten Haushaltslage halten wir an der Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn fest und werden dies im kommenden Jahr auch zum Abschluss bringen - übrigens ein Projekt, das die Vorgängerregierung nur durch gleichzeitige Personalreduzierungen auf den Weg gebracht hat.

Mit der Schaffung der insgesamt 1 000 zusätzlichen Stellen für den Polizeivollzugsdienst werden die Aufgaben in den kommenden Jahren auf mehr Schultern verteilt als bisher. Dies wirkt sich entlastend für die einzelnen Beschäftigten aus. Bereits im Herbst des nächsten Jahres beenden die ersten 250 zusätzlich eingestellten Beamtinnen und Beamten ihre Ausbildung.

Um den Anschluss des Landes an ein bundeseinheitlich Digitalfunksystem sicherzustellen, ist eine gewaltige Summe erforderlich: 280 Millionen Euro bis zum Jahre 2019. Diese Summe muss aufgebracht werden, und sie wird auch aufgebracht.

(Beifall bei der CDU)

26,9 Millionen Euro hiervon sind hierfür für 2006 bereits veranschlagt.

Ganz wichtig: Durch Umschichtungen werden Mittel für Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 und für die Haltung von Polizeikraftfahrzeugen mobilisiert.

(David McAllister [CDU]: Von uns be- schlossen!)

Fazit: Die Polizei ist für ihre Aufgaben gut gerüstet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Durch die strategisch ausgerichtete Sicherheitsund Kriminalpolitik und ihre finanzielle Absicherung sorgen wir dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land sicher leben können.

Im Übrigen freue ich mich, dass es gelungen ist, auch im sonstigen Geschäftsbereich des Innenministeriums die notwendige finanzielle Ausstattung für 2006 zu schaffen. Die vielfältigen Aufgaben des Innenministeriums haben mit dem vorliegenden Haushalt eine insgesamt zwar knappe, aber hinreichend finanzielle Grundlage für das nächste Jahr erreicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Wir kommen gleich zum nächsten Themenblock.

Da einige schon wegen der Redezeit bzw. der Anzeige auf der Uhr hier vorne nachgefragt haben, will ich nur darauf aufmerksam machen, dass die Uhr die Gesamtredezeiten der Fraktionen angibt. Ich bitte die parlamentarischen Geschäftsführer, die auf die Einhaltung der Redezeiten achten, sie entsprechend herunterzurechnen.

Justiz

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Bockmann zu Wort gemeldet. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was uns die Landesregierung zum Thema Justiz in Form des Einzelplans 11 vorgelegt hat, ist kein Haushaltsplan, sondern ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der SPD)

Die Justizministerin hat die Hälfte ihrer Amtszeit schon hinter sich,

(David McAllister [CDU]: Erfolgreich!)