Nein, ich habe einen bestimmten Gedankengang, den ich zunächst darlegen will. Danach bin ich gerne zur Beantwortung von Zwischenfragen bereit.
Ich kann Ihnen sagen: Wir tun dies aus Sorge, weil wir nämlich wissen, dass auch der jetzige Vorschlag noch immer Konfliktstoff enthält, da er nicht ausreichend ist. Das ist genau das, was ich mit Salamitaktik meine: Ein Scheibchen, noch ein Scheibchen, und dann geben wir noch ein Scheibchen, vielleicht wird es dann reichen. Stattdessen sollte man vernünftig und, nebenbei bemerkt, professionell mit so einem Thema umgehen.
Es wäre - das sind fachlich abgesicherte Daten die Meldung von rund 80 000 bis 90 000 ha in bis zu 45 Gebieten notwendig gewesen, um die fachlichen Anforderungen zu berücksichtigen. Es geht zum Teil um Gebietszuschnitte. Da werden Gebiete völlig willkürlich verkleinert, durch Straßen zerschnitten etc. Genau das hat die EU-Kommission moniert und speziell wegen der niedersächsischen Meldung einen Vorbehalt formuliert. Das heißt, sie wird sich die Gebietsgrenzen ganz genau ansehen. Es kann ja niemand verstehen, wenn z. B. auf der hessischen Seite ein FFHGebiet ausgewiesen wird, sich die Landschaft mit dem Fluss fortsetzt, das Flusstal ebenfalls, der Lebensraum auch, das Ganze auf niedersächsischer Seite aber kein FFH-Gebiet ist. Dafür könnte man viele Beispiele finden. Das ist doch seltsam!
Die EU-Kommission hat Niedersachsen aufgefordert, die Meldungsdefizite vollständig zu beheben. Mit der am Dienstag vorgelegten Meldung werden Sie diesem Anspruch jedoch nicht gerecht. Genau das ist das Problem. Ich habe gerade beispielsweise auf die Gebietszuschnitte hingewiesen. So etwas hat immer seine Gründe. Häufig haben die Einschränkungen und die seltsamen Gebietsabgrenzungen bei vorgeschlagenen FFH-Flächen als Ursache, dass Kommunen und Gebietskörperschaften meinten, ihre regionalen Entwicklungsinteressen würden durch die FFH-Meldung eingeschränkt. Dazu kann ich Ihnen nur Folgendes sagen: Genau das ist das Problem des Umgangs mit all diesen Meldevorschriften und den Richtlinien. Man gibt in der ersten Phase den Gemeinden keine Planungssicherheit. Sie wissen nicht, ob ein Gebiet vielleicht später, nachdem man sich mit der
EU auseinander gesetzt hat, noch gemeldet wird oder nicht. Sie haben eine hochgradige Planungsunsicherheit. Nebenbei bemerkt, dies bedeutet auch eine Rechtsunsicherheit für geplante Vorhaben. Aus diesem Grunde hätten es viele Kommunen lieber, dass diese Gebiete zunächst einmal gemeldet werden, selbst wenn sie da bestimmte andere Vorstellungen haben.
Dann kann man nämlich in der zweiten Stufe zu der Abwägung kommen, was nach Abwägung wirtschaftlicher Belange geht und was nicht.
Wir möchten, dass Sie durch fachlich korrekte Meldung genau diese Planungsunsicherheiten ausräumen, sodass wir in der zweiten Stufe damit entsprechend umgehen können.
Dazu muss ich Ihnen wirklich sagen: Machen Sie das endlich! Werden Sie diesem Vorbehalt durch Korrekturen gerecht, bevor Sie diese Meldung an die EU weiterleiten! Wir wissen genau, dass das noch nicht der Fall ist. Das wollen Sie erst in der ersten Februarhälfte machen.
Um eines bitte ich Sie noch: Rufen Sie sich öfter ins Gedächtnis, was das Ziel dieser FFH-Richtlinie ist: Naturschutzgebiete in ganz Europa zu erhalten und zu vernetzen, damit wir unser Naturerbe auch noch für unsere Enkel und deren Enkel erhalten können. Diesem Ziel dient die FFH-Richtlinie, und von diesem Ziel sollten wir alle uns nicht verabschieden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte um die Nachmeldungen der FFH-Gebiete in Niedersachsen hat nun wirklich schon Tradition. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern: Vor genau einem Jahr haben wir hier auch eine lebhafte Debatte geführt.
Ich möchte aus der Rede des Herrn Ministerpräsidenten Wulff, die er als Entgegnung auf den Beitrag von Herrn Gabriel hielt, zitieren:
„Wenn ich es richtig sehe, dann wollen jedenfalls die FDP, die CDU und die SPD hier mehrere Dinge miteinander in Einklang bringen, nämlich die ökologischen Fragen, um die Umweltqualität und die Naturschutzqualität zu schützen, die Möglichkeiten maritimer Wirtschaft - das sind Werften, das sind Hafenbetriebe, das ist Hafenumschlag -, ein gemeinsames Vorgehen mit Bremen, was die Weser betrifft, und mit den Niederlanden, was die Ems betrifft, und ein einigermaßen partnerschaftliches Vorgehen mit der EU-Kommission in Brüssel und der Bundesregierung, die eine andere Position vertritt.“
Herr Gabriel und Herr Wulff haben vor einem Jahr mit Recht darauf hingewiesen, dass der Ausgang des Verfahrens der Kommission gegen Frankreich offen ist und dass wir das Ergebnis abwarten sollten. Sie erinnern sich. Darauf haben wir uns eingelassen - das wissen Sie auch -, obwohl wir das erhebliche Risiko gesehen haben, das damit zusammenhängt.
Doch wie ging es nun weiter? - Selbst nachdem der EuGH im Sommer im Verfahren gegen Frankreich entschieden hat, wurde uns im Umweltausschuss vom Umweltstaatssekretär nur lapidar verkündet, es gebe für Niedersachsen keinen Handlungsbedarf, und man habe die eigene Rechtsposition trotz gegenteiliger Meinung des GBD nicht geändert.
Nicht vom Umweltminister oder von seinem Staatssekretär, sondern zumindest von Herrn Wulff, der leider nicht anwesend ist,
hätten wir spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Eingreifen erwartet. Der ICE in Sachen Strafzahlungen fuhr weiter Richtung Abgrund.
Am 19. Januar 2006 haben wir dann ein wenig informatives Schreiben von Herrn Dr. Eberl zu den FFH-Nachmeldungen bekommen. Der Ärger ist in der Tat noch nicht verraucht. Ich zitiere:
„Der enge Zeitplan, der insbesondere durch die von der EU-Kommission gesetzte Frist vom 19.02.2006 bedingt ist, macht es leider nicht möglich, in ein von uns an sich gewünschtes Anhörungs- und Beteiligungsverfahren mit den Betroffenen einzutreten, wie wir es bei den Nachmeldungen im Jahre 2004 getan haben.“
Kreise, Gemeinden, alle Betroffenen waren zu Recht mehr als entrüstet. So geht man nicht mit den Betroffenen um!
Sander, wieder einmal zu versuchen, den schwarzen Peter Richtung Brüssel zu schieben; denn seit Januar 2004 ist dem Niedersächsischen Umweltministerium von verschiedenen Seiten immer wieder unmissverständlich deutlich gemacht worden, was zur Defizitbeseitigung erwartet wird und über welche Zeiträume wir reden. Endlich schienen Herr Sander und Herr Dr. Eberl aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht zu sein. Ich nehme an, ein Machtwort des Ministerpräsidenten war nötig, um sie wach zu küssen. Kurz vor Toresschluss, aber glücklicherweise noch nicht ganz zu spät, ist die Meldung erfolgt.
Meine Damen und Herren, nun hören wir von Herrn Sander, was die SPD schon immer versucht hat, deutlich zu machen. O-Ton Sander - überlegen Sie sich das einmal -: Die FFH-Richtlinie ist gar nichts Schlimmes. - Vorher war es die Inkarnation des Bösen. Auf einmal ist alles harmlos? Herr Sander, ich finde das schon bemerkenswert.
Aber zurück zu den Fakten. Mittlerweile lässt sich eine natürlich sehr umfangreiche Chronologie der Uneinsichtigkeit dieser Landesregierung beim Umgang mit der FFH-Richtlinie feststellen.
Wir erinnern uns auch noch an die Debatte im Dezember 2003, Herr McAllister, über die bilateralen Gespräche mit der EU-Kommission, die ausschließlich dem Zweck dienten, das drohende Bußgeldverfahren von Deutschland abzuwenden, dazu einen abgestimmten Zeitplan zur Abarbeitung des Defizits aufzustellen und eben diese Defizite zu benennen und entsprechend zu beseitigen.
Herr Haase, stimmen Sie mit dem Umweltminister darin überein, dass die FFH-Richtlinie nichts Schlimmes ist?
Ich stimme mit dem Umweltminister in dieser Äußerung in der Tat insofern überein, als ich keine Bedrohung durch die FFH-Richtlinie sehe, sondern ich halte die FFH-Richtlinie - seinerzeit 1992 von Herrn Dr. Kohl unterzeichnet, in der Amtszeit von Frau Merkel umgesetzt - für etwas, das in unserer Natur einen ganz wichtigen Zweck erfüllt.