Frau Präsidentin! Herr Kollege Briese, wenn es zu Produktionsausfällen kommen sollte - man muss wissen, dass wir bei Geflügelfleisch eine Eigenversorgungsquote von 35 bis 37 % haben -, werden sicherlich andere Regionen der Erde in der Lage sein - ich möchte es ruhig so global sehen -, den Bedarf an Geflügelfleisch in Deutschland zu decken. - Das ist das eine.
Das andere ist: Wenn ein Landwirt betroffen und eine gewisse Zeit lang von der Produktion ausgeschlossen ist, weil sein Geflügelbestand gekeult wurde und er bestimmte Wartezeiten einhalten muss, bis er wieder aufstallen und den nächsten Durchgang zu Geld machen kann, werden wir ihm - ähnlich wie schon früher bei anderen Tierseuchen, wie etwa der Schweinepest - finanzielle Überbrückungshilfen zur Verfügung zu stellen. Das heißt zum Beispiel: günstige Kredite der Landwirtschaftlichen Rentenbank oder Zurücknahme von Steuervorauszahlungen.
Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst auf den letzten Punkt zurückkommen. Herr Minister Ehlen, bei der BSE-Krise haben Sie seinerzeit
Meine Frage geht jedoch in eine andere Richtung und bezieht sich auf den landwirtschaftlichen Teil. Ich glaube, niemand ist sich über die Dimension unseres Geflügelbestandes so richtig im Klaren. Allein im Landkreis Emsland gibt es 20 Millionen Hühner. Ich frage deshalb noch einmal nach den Laborkapazitäten. Meine Frage vorhin stützte sich übrigens auf die Aussage des Landkreises, dass es bis zum endgültigen Befund 14 Tage dauert. Hinsichtlich der Tötungskapazitäten haben Sie gesagt: 500 000 bis 1,2 Millionen pro Tag. Man kann selbst ausrechnen, wie weit man damit im Grunde genommen kommt. Sie haben aber noch keine Zahlen bezüglich der Beseitigungskapazitäten genannt. Es wäre ja wichtig zu wissen, wie groß unsere Beseitigungskapazitäten sind, damit wir die Beseitigung zeitnah vornehmen können und die toten Tiere nicht noch lange lagern müssen.
(Bernd Althusmann [CDU]: Sie haben einen der besten Landräte! Wie kön- nen Sie dann noch solche Fragen stellen?)
Frau Präsidentin! Frau Kollegin Stief-Kreihe, ich habe vorhin schon gesagt, dass wir sehr schnell 20 000 Untersuchungen durchführen können und dass im Ernstfall auch Kapazitäten in anderen Bundesländern mit genutzt werden können. Das haben wir auf der Bundesebene bezüglich der Tierseuchenbekämpfung vereinbart und hat bei früheren Seuchen auch schon funktioniert; das ist ja nichts Neues.
Wir gehen davon aus, dass ein sicheres Ergebnis nach acht Stunden vorliegt. Der Schnelltest geht noch schneller. Aber nach acht Stunden liegt ein sicheres Ergebnis vor. Wenn das FriedrichLoeffler-Institut auf der Insel Riems mit einbezogen wird, wird es vielleicht etwas länger dauern. Es kommt hier aber darauf an - ich habe es vorhin
Was Ihre Frage nach den Tötungskapazitäten angeht, möchte ich darauf hinweisen, dass die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim eine GmbH gegründet haben, die letztendlich auch solche Dinge regelt. Sie wissen das. Ich gehe davon aus, dass die Tötungskapazitäten, die dort vor Ort geschaffen worden sind, zuerst in Anspruch genommen werden. Wenn aber festgestellt werden sollte, dass wir noch weitere Tötungskapazitäten benötigen, werden auch die anderen einbezogen. Ich habe vorhin die Zahl 1,4 Millionen genannt. Das ist die oberste Kapazitätsgrenze, die wir heute haben.
Hinsichtlich der Beseitigung der Kadaver - auch das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Sache, die Sie eben angesprochen haben - müssen wir vor Ort noch Wege finden. Zunächst einmal haben wir die Tierkörperbeseitigungsanstalten. Es ist geplant, diejenigen Tierkörperbeseitigungsanstalten, die in der Nähe eines Infektionsortes angesiedelt sind, voll zu nutzen. Darüber hinaus ist es möglich, die normalen Tierkörper, die dort sonst beseitigt werden, in andere Regionen zu fahren, die nichts mit Geflügel zu tun haben. Es kann aber nicht sein, dass wir infiziertes Geflügel durchs Land oder gar in andere Bundesländer fahren. Deshalb: So nah wie möglich dran!
Ferner haben wir uns von den Müllverbrennungsanlagen vertraglich zusichern lassen, dass wir auch deren Kapazitäten so weit wie möglich mit nutzen können. Schließlich - das ist aber wirklich die allerletzte Variante, die wir in Betracht ziehen können, aber auch in Betracht ziehen müssen könnten die Kadaver auch vergraben werden. Nach den einschlägigen europäischen Vorgaben wäre dies zulässig. Wir glauben aber, dass wir der Sache mit den vorhandenen Verbrennungskapazitäten und den Kapazitäten der Tierkörperbeseitigungsanlagen Herr werden können, wenn es denn so weit kommen sollte.
Die Tiere, die getötet werden müssen, werden wir auch zeitnah entsorgen können. Da bin ich mir sicher. Wir haben drei Säulen: Tierkörperbeseitigungsanlagen, Müllverbrennungsanlagen und vergraben. Vergraben werden könnten die Kadaver noch am gleichen Tag. Ich habe keine Bedenken, dass irgendwo ein Engpass auftreten könnte.
Die Landesregierung hatte im Sozialausschuss im November für Ende Januar die Vorlage eines Pandemieplans angekündigt. Da ein solcher Plan vier Wochen später noch nicht vorliegt, Frau Ministerin, frage ich: Wie sieht der Pandemieplan, der zwischenzeitlich sicherlich fertig gestellt worden, aus?
Gestatten Sie mir eine Anmerkung: Die beiden ersten großen Pandemien in der Welt sind 1918 und 1968 durch Vogelgrippeviren ausgelöst worden. Angesichts dieser Tatsache halte ich es für fahrlässig, dass sich die Landesregierung bei der Bevorratung von Grippemitteln weder an die Vorgaben der WHO noch an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, noch an die Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums hält. Ich denke, dies sollten Sie dringend überdenken.
Herr Kollege Schwarz, im Blick auf unsere Geschäftsordnung wäre es ratsam, beim nächsten Mal die Vorbemerkung voranzustellen. Dann brächten Sie mich nicht in einen Konflikt. - Wir üben alle noch; deswegen sage ich es Ihnen.
Frau Präsidentin! Herr Schwarz, Sie wissen auch, dass die damaligen schweren Grippeinfektionen, die leider sehr viele Todesfälle verursacht haben, in Wellen verlaufen sind.
Bei dem jetzigen Vogelgrippevirus, von dem wir nicht wissen, wann und in welcher Schwere es mutieren wird, sind wir aber gut gerüstet - wie wir es damals nicht waren, weil wir seinerzeit weder über die Labordiagnostik noch das Überwachungssystem verfügten, die wir heute haben.
Auch sollten Sie in Ihre Betrachtung einbeziehen, wie SARS vor drei Jahren erfolgreich bekämpft worden ist. Diese Bekämpfung erfolgte in erster Linie mit den Mitteln einer guten Überwachung. Daher glaube ich, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind.
Was die Bevorratung mit antiviralen Mitteln anbelangt, habe ich mehrfach gesagt, dass wir uns heute auf der Gesundheitsministerkonferenz austauschen werden. Im Rahmen des Kabinetts habe ich sehr wohl einen Handlungsspielraum; wir werden zielführende Entscheidungen im Kabinett treffen. Es gibt keinen Grund, in Hysterie zu verfallen. Vielmehr werden wir ausgewogene Entscheidungen in Ruhe treffen.
Der Pandemieplan liegt inzwischen vor. Zurzeit wird er mit den kommunalen Spitzenverbänden, der Apothekerkammer und den Ärztekammern abgestimmt. Anschließend werden wir ihn selbstverständlich auch dem Sozialausschuss, dem zuständigen Fachausschuss, vorlegen und ihn dort ausgiebig erörtern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Umweltminister Sander hat einen „Müllnotstand“ in Niedersachsen ausgemacht, der es seiner Ansicht nach notwendig macht, das Abfallrecht zu ändern und für eine Übergangszeit von drei Jahren die Deponierung von unbehandeltem Abfall zuzulassen.
In der Presse ist zum einen der Eindruck entstanden, dass dieser so genannte Müllnotstand darauf zurückzuführen ist, dass die zehn mechanischbiologischen Abfallbehandlungsanlagen (MBAs) in Niedersachsen nicht funktionieren und deshalb inzwischen zehn Zwischenlager eingerichtet werden mussten. Zum anderen wird den Müll-Verantwortlichen in den Kommunen unterstellt, sie hätten „offenbar den seit fünf Jahren bekannten Termin mehr oder weniger bewusst verschlafen“ (Weser-Kurier, vom 17. Februar 2006).
Abfallexperten weisen im Gegensatz zum niedersächsischen Umweltminister darauf hin, dass Engpässe dadurch entstanden seien, dass über Jahre Gewerbemüll nicht mehr durch die kommunalen Abfallbetriebe, sondern durch Private entsorgt wurde. Die Verwertung durch diese bestand jedoch überwiegend in einer billigen Deponierung. Während kommunale Anlagen nicht ausgelastet waren, was teilweise zu höheren Gebühren für die Bürger geführt hat, ist Gewerbemüll zu Billigpreisen von einigen Großdeponien angezogen worden. Seit Juni 2005 ist dieser Weg versperrt, und die Abfälle wurden wieder bei den kommunalen Betrieben abgeliefert. Die so entstandenen Engpässe sind eindeutig nicht den Kommunen, sondern einer gescheiterten Teilprivatisierung des Abfallsektors anzulasten. In dieser Situation von „Müllnotstand“ zu sprechen, ist jedoch eine völlige Verkennung der Wirklichkeit.
1. Welche besondere Abfallentsorgungssituation liegt in Niedersachsen vor, die im Gegensatz zu anderen Ländern die Ausrufung eines „Müllnotstandes“ durch den Umweltminister erforderlich macht?
2. Was hat die Landesregierung in den letzten Jahren unternommen, um die Kommunen dabei zu unterstützen, einen „Müllnotstand“, wie er nach Ansicht des Umweltministers jetzt vorliegt, zu vermeiden?
3. Welches eigene abfallpolitische Konzept verfolgt die Landesregierung außer der vom Umweltminister angekündigten Bundesratsinitiative?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsache ist, dass es in Niedersachsen erhebliche Kapazitätsengpässe bei der Abfallentsorgung gibt. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Umweltministeriums. Die Ursache ist die unzureichende Umsetzung der Abfallablagerungsverordnung des Bundes, wonach seit dem 1. Juni 2005 Siedlungsabfälle nicht mehr ohne Behandlung auf Deponien abgelagert werden dürfen.
Die Landkreise und Städte hatten sich zwischen zwei Entsorgungswegen zu entscheiden: der Müllverbrennung und der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung.
Die Müllverbrennungsanlagen laufen mit nahezu 100 % Auslastung. Insgesamt fehlen aber noch Verbrennungskapazitäten. Das gilt insbesondere für die Gewerbeabfallentsorgung. Hier hat sich herausgestellt, dass sich die Abfallgesellschaften, die öffentlich-rechtlichen Entsorger und die Entsorgungsunternehmen, zum 1. Juni 2005 offensichtlich keine ausreichenden Verbrennungskapazitäten gesichert hatten. Neue Verbrennungskapazitäten stehen aber nach den uns vorliegenden Prognosen erst Ende 2008 zur Verfügung.
Bei den mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen, kurz „MBA“, haben auch acht Monate nach dem 1. Juni 2005 vier der zehn Anlagen in Niedersachsen noch nicht den geplanten Durchsatz erreicht. Aus all den von mir genannten Gründen mussten an zehn Standorten Zwischenlager eingerichtet werden. In Niedersachsen werden mittlerweile 170 000 t zum Teil sortierter Restabfall zwischengelagert.
Die Zwischenlagerung von Abfall ist mit Risiken und Problemen verbunden. Ich nenne hier besonders die Brandgefahr, aber auch die Geruchs- und Ungezieferproblematik.
In Niedersachsen hat es bereits Brände erheblichen Ausmaßes in den Zwischenlagern gegeben. Beim Brand des Lagers in Wilsum im Landkreis Grafschaft Bentheim wurde von einem massiven Auftreten von Küchenschaben berichtet.
Hinzu kommt, dass die spätere Entsorgung der zwischengelagerten Abfälle angesichts der Kapazitätsengpässe nicht mehr ohne weiteres sichergestellt werden kann. Dabei ist auch ein Problem, dass sich der Abfall bei längerer Lagerung durch Umsetzungsprozesse für die weitere Entsorgung nachteilig verändert.