Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Die nächste Frage stellt Herr Kollege Meyer.

Ich erinnere zunächst daran, dass die zweite Frage der Kollegin Korter nicht beantwortet wurde, und bitte den Minister, diese jetzt zu beantworten.

Ich schließe meine Frage an: Der Herr Minister hat uns ja gestern mit der erstaunlichen Erkenntnis überrascht, dass überall in Niedersachsen, wo nicht privat entsorgt wird, Ratten und Ungeziefer das Problem seien. Ich frage den Minister, ob er diese Aussage von gestern auch in dem heutigen Zusammenhang wiederholen würde.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Er hat nichts verstanden!)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zunächst davon gesprochen, dass Küchenschaben in den Zwischenlägern auftreten.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Nein, von Ungeziefer und Ratten!)

- Ich komme noch dazu. - Dieses Problem tritt nur in den Zwischenlägern auf, weil der Müll dort nicht in der Form von der Atmosphäre abgeschlossen gelagert wird wie bei der Endlagerung.

Zum nächsten Punkt: Ich brauche nur die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 22. Februar zu zitieren. Dort heißt es, dass sich die Bürger nicht

nur darum sorgen, dass ihr Müll liegen gelassen wird, sondern auch darum, dass durch den Schimmel Ratten angelockt werden. - Diese Befürchtungen der Bürger nehme ich sehr ernst. Wir können nur von Glück reden, dass wir bei dem Streik diese niedrigen Temperaturen haben. Hätten wir höhere Temperaturen, die wir Ende Februar in den vergangenen Jahren bereits hatten, dann wäre die Problematik des Streiks aus hygienischen Gründen noch erheblich schwieriger.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Klaus-Peter Dehde [SPD]: Er hat im- mer noch nicht die Frage von Frau Korter beantwortet!)

Die nächste Frage stellt Herr Kollege Hagenah.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister begründet den Müllnotstand in der Liste, die mir jetzt vorliegt, mit den 170 000 t Müll, die derzeit in Niedersachsen gelagert werden. Ein genauerer Blick auf diese Liste macht deutlich, dass allein 50 000 t dem bedauerlichen Zwischenfall in Deiderode, einer Havarie, geschuldet sind. Diese Havarie bedeutet - so meine ich - zunächst einmal keinen Notstand, sondern ist ein lokales Problem, das behoben werden muss.

Weiter fallen vor allem die großen Lagerbestände ins Auge, die die BKB zwischenlagert, allein 18 000 t in Helmstedt und 35 000 t in Salzgitter. Dem Minister ist sicherlich bekannt, dass diese Bestände als Bevorratung für die dritte Müllverbrennungsanlage in Helmstedt, die im Herbst anlaufen soll, gelagert werden. Zwei Firmen in Papenburg lagern zusammen 35 000 t. Das sind auch private Entsorger, die mit dem Müll Geld verdienen. Insgesamt sind das also 138 000 t, die entweder aus privatwirtschaftlichem Profitinteresse oder wegen der Havarie gelagert werden und die auf Ihrer Liste stehen.

Herr Minister, kann man wirklich von einem Müllnotstand sprechen, der den Kommunen anzulasten ist, wenn nur der geringere Teil - nämlich 37 000 t - auf kommunalen Deponien lagert und in Wirklichkeit offensichtlich die Privaten das Geschäft mit dem Müll machen wollen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. Sie haben exakt die Zeit von einer Minute für die Vorbemerkung eingehalten. - Herr Minister Sander, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um noch einmal auf die Frage von Herrn Meyer zurückzukommen - Ihre Frage geht ja in die gleiche Richtung, Herr Hagenah -: Welche Dinge haben zu dieser verschärften Situation geführt? Dazu muss ich sagen: In Südniedersachsen besteht ein absoluter Notstand. Wir haben dort im Augenblick eine Restabfallentsorgung, die nach der TA Siedlungsabfall nicht genehmigungsfähig ist. Wir dürften sie dementsprechend nicht dulden.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie wei- chen aus! - Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

- Herr Hagenah, warten Sie doch ab, seien Sie ganz ruhig, ich erkläre Ihnen das. - Natürlich haben auch die öffentlich-rechtlichen Entsorger diese Situation nicht vorhergeahnt. Insbesondere auch die Privaten haben nicht dafür gesorgt, dass zum 1. Juni genügend Verbrennungskapazitäten zur Verfügung stehen. Dabei spielen zwei Dinge eine Rolle: Zum einen sind die MBAs noch nicht im vollen Einsatz, u. a. weil der Output noch nicht den gesetzlichen Regelungen entspricht. Zum anderen gibt es den Anfall von Gewerbemüll.

Meine Damen und Herren, auch öffentlichrechtliche Entsorger haben immer zu entscheiden gehabt, ob sie eine Deponierung - pro Tonne 50 Euro - vornehmen oder ob sie unter Umständen die Verbrennung bevorzugen. Es gibt Landkreise, die vorbildlich gehandelt haben. Man muss auch einmal die positiven Seiten nennen. Es gibt doch im Grunde genommen nur wenige, die der falschen weltanschaulichen Linie gefolgt sind und jetzt dieses Problem haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie sprechen gerne das Thema Müllnotstand an. Ich möchte auf eine dpa-Meldung vom 22. Februar verweisen, in der steht, dass Müll aus Sachsen, aber auch aus Sachsen-Anhalt - nämlich aus Halle - in Böhmen aufgetaucht ist. Ich halte es für

unverantwortlich, dass wir dann insbesondere die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsunternehmen alleine lassen und sie deswegen irgendwelche Wege beschreiten, die nicht unserem Recht entsprechen. Ich hoffe, dass Sie uns in dieser Sache unterstützen werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Kollege Nahrstedt.

Minister Sander hat eben für die Landesregierung erklärt, dass auf allen zehn mechanisch-biologischen Anlagen Abfälle zwischengelagert werden. Ich frage die Landesregierung, ob sie diese Aussage aufrechterhält und, wenn ja, wie sie zu der Stellungnahme der MBA Lüneburg steht, dass dort keine Abfälle zwischengelagert werden.

Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander.

Herr Kollege Nahrstedt, es gibt in Niedersachsen insgesamt zehn Zwischenläger. Ich habe bereits bei der Antwort auf die Frage von Frau JanssenKucz gesagt: Wir haben z. B. in Leer speziell für den Fall Borkum, für die Inseln, ein Zwischenlager mit genehmigt. Daran sehen Sie: Einige MBAs haben es, andere nicht.

Ich verstehe ja, dass Sie das Problem in eine bestimmte Richtung schieben wollen. Ich nehme Ihnen auch gar nicht übel, dass Sie das versuchen. Aber ich hätte eigentlich von Ihnen erwartet, gerade von Herrn Wenzel aus Göttingen, dass Sie in sich gehen und sagen: Was wir in den 90erJahren mit diesen Anlagen vorhatten, ist bisher nicht umsetzungsfähig.

(Zurufe von der SPD: Lüneburg!)

Diesen Nachweis müssen Sie bringen. Das sind weiterhin die Hauptprobleme.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Lüneburg! Nun müssen Sie mal antworten und nicht drum herumreden!)

Herr Kollege Dehde, wenn Sie still sind, dann kann der Minister sicherlich auch antworten.

Herr Kollege Dehde, ich habe eben versucht, das zu erklären, und ich versuche es weiter. Die zehn Zwischenläger sind insbesondere bei den mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen. Die machen uns diese Probleme.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Man muss die Realitäten zur Kenntnis nehmen, auch wenn man ideologisch geprägt ist!)

- Wir nehmen die Realitäten zur Kenntnis, Herr Kollege Jüttner, die Sie geschaffen haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Unruhe - Glocke der Präsiden- tin)

Soll ich Ihnen einmal vorlesen, wie die Landesregierung damals die Frage der Abfallentsorgungswege geregelt haben wollte? - Es gab im Umweltministerium ein Strategiepapier, in dem den Landkreisen klar und deutlich empfohlen wurde, unter welchen Bedingungen sie sich für eine mechanisch-biologische Abfallbehandlung aussprechen sollten.

Ich will Ihnen ein Weiteres sagen: Ihre Vorgängerin war in dieser Frage ja besonders sensibel. Sie hat damals - Frau Präsidentin, Sie erlauben das Zitat in der 87. Sitzung des Landtags am 8. September 1993

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist zehn oder fünfzehn Jahre her!)

zu unserem verehrten Kollegen Grill gesagt:

„Ihnen, Herr Grill, würde ich empfehlen, in die katholische Kirche einzutreten, damit Sie durchs Fegefeuer gehen und vielleicht die reinigende Kraft des Feuers selbst genießen können und nicht mehr wertvolle Rohstoffe ins Feuer jagen müssen.“

Meine Damen und Herren, das ist Ihre sehr pragmatische Haltung gewesen. Das ist Ihre Lösung gewesen. Wenn man angesichts dessen nicht von Weltanschauung sprechen darf, weiß ich nicht,

was man sonst vorbringen soll. Ich halte das für menschenverachtend.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD: Lüneburg!)

Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Steiner.

(Uwe Harden [SPD]: Es gibt eine Verfassung, und daran muss er sich halten! - Weitere Zurufe von der SPD: Die Frage ist nicht beantwortet wor- den! - Märchen hat er erzählt! - An- haltende Zurufe von der SPD)

- Herr Harden, meine Kolleginnen und Kollegen! Frau Steiner, warten Sie bitte einen Augenblick. Die Unruhe ist extrem heftig.

Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen: Sie stellen Fragen. Nach Artikel 24 Abs. 1 unserer Verfassung antwortet die Landesregierung. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, haben Sie hier im Hause keine weitere Möglichkeit, das zu bewerten oder zu monieren. Das müssen Sie an anderer Stelle tun.

Frau Kollegin Steiner, Sie haben das Wort.