Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Was Sie haben, sind Monsanto und Co. Das sind weltweit agierende Konzerne, die mit dubiosen bis, sage ich, kriminellen Methoden ihre Vorstellungen von Planungs- und Profitsicherheit umzusetzen versuchen,

(Friedhelm Biestmann [CDU]: 50 000 ha in Europa!)

nämlich die landwirtschaftliche Produktion vom Saatgut bis zur Ernte und den Landwirt selbst von der Wiege bis zur Bahre in Ihre Abhängigkeit zu bringen. Das ist doch das Geschäft, das diese Unternehmen betreiben. Das verdient nun wahrlich keine Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Friedhelm Biestmann [CDU]: Sie wollen doch nur alles aufhalten!)

Sie sind bei Ihrer Geisterfahrt offensichtlich auch noch mit einer Augenbinde unterwegs. Sonst müssten Sie doch sehen, wie es wirtschaftlich aussieht. Die Situation ist durch Milliardenverluste, durch Betriebspleiten gekennzeichnet. Ein Flop jagt den nächsten. So sieht es auf diesem Markt aus, Herr Kollege Oetjen.

Auch die Arbeitsplatzbilanz ist negativ. Wenigen Neugründungen stehen wiederholt Großpleiten gegenüber. Ich erinnere an die 4 000 Freisetzungen bei Aventis. Es gibt keine seriöse Untersuchung, die in dieser Technik auch nur nennenswerte Arbeitsplatzeffekte sieht.

Dem stehen aber - das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben - 150 000 Arbeitsplätze in der Bioproduktion und ein Mehrfaches an Arbeitsplätzen in der konventionellen Qualitätsproduktion gegenüber, die Sie offenbar überhaupt nicht mehr im Auge haben. Der Umsatz der Bioindustrie in unserem Land ist fast fünfmal so hoch wie der Umsatz der Agro-Gentechnik in unserem Land. All das würden Sie gefährden, wenn Sie Ihren Crashkurs beibehalten würden.

(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, auch die neueste Technikfolgenabschätzung für Gentechnikpflanzen der zweiten und dritten Generation - lesen Sie sich das durch - prognostiziert keinen wirtschaftlichen Erfolg. Aber den wachsenden Markt für gentechnikfreie Qualitätsprodukte hätten Sie bis dahin ruiniert.

Was den Hinweis auf Koexistenz angeht, muss man endlich einmal Fraktur reden. Das ist doch keine realistische Option. Raps z. B. ist aufgrund seiner kilometerweiten Auskreuzungen nicht koexistenzfähig. Die neuesten Untersuchungen ergeben, dass auch beim Mais die Abschottung wesentlich schwieriger ist als erwartet.

Gesetzesänderungen, wie sie Minister Sander jüngst im Bundesrat beantragt hat, bedeuten letztlich das Aus für die gentechnikfreie Landwirtschaft und für die Wahlfreiheit der Landwirte und der Verbraucher. Ich spreche noch einmal Sie an, meine Damen und Herren von der FDP:

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sie wollen doch gar keine Wahlfreiheit!)

Wo ist denn diese Freiheit? Wo ist denn meine persönliche Freiheit zu entscheiden, was ich im Topf und was ich auf dem Teller haben möchte? Die wollen Sie mir nehmen!

(Beifall bei den GRÜNEN - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

Wenn Sie realistisch sind, müssen Sie zugeben: Ein bisschen Gentechnik ist ebenso unmöglich, wie ein bisschen schwanger zu sein.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

Deswegen gibt es nur eine Lösung, meine Damen und Herren: Niedersachsen muss gentechnikfreie Region werden.

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Mein letzter Rat: Wenn Sie immer noch glauben, dass alle anderen auf der falschen Spur sind, dass nur Sie in die richtige Richtung fahren und dass Sie die besseren Argumente haben, dann lassen Sie uns doch einmal wie in der Schweiz das Volk befragen. Ich bin sicher: Wie in der Schweiz würden Sie mit weniger als fünf Jahren Fahrverbot nicht davonkommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Ehlen das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das wir heute behandeln, ist fast deckungsgleich mit dem Entschließungsantrag, über den wir unter Tagesordnungspunkt 44 beraten werden. Die dafür vorgelegte Liste beinhaltet all die Themen, die uns in der Vergangenheit von den Grünen immer wieder vorgehalten worden sind.

Ich bin der Auffassung, dass wir heute und in Zukunft gesunde und qualitativ hochwertige Nahrungsmittel benötigen und dass es in Niedersachsen auch künftig möglich sein muss, Landwirtschaft ohne den Einsatz von Gentechnik zu betreiben, sowohl biologisch als auch konventionell. Herr Klein, das sollten wir ganz vorn hinschreiben. Sie tun jetzt so, als wenn die Landesregierung nur noch Gentechnik machen wollte. Das ist eben nicht der Fall.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was hat Herr Sander denn da erzählt? Ist alles Quatsch, was er erzählt? Wollen Sie damit sagen, dass er nur noch Quatsch erzählt? - Gegenruf von Friedhelm Biestmann [CDU]: Regen Sie sich doch nicht so auf! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Ich glaube, Sie sollten wieder auf den Teppich zurückkommen.

Meine Damen und Herren, wir müssen sehen, dass wir den Anbau von Pflanzen ermöglichen, die gentechnisch verändert wurden, wenn diese Vorteile bieten und auch die Risiken eingeschätzt werden können.

(Beifall bei der FDP)

Wir können uns langfristig den Potenzialen, die diese neuen Techniken bringen, nicht verschließen. Wir müssen uns dafür öffnen. Herr Kollege Biestmann hat es schon gesagt.

Meine Damen und Herren, wir haben uns - das scheinen Sie von den Grünen total auszublenden auch den Gegebenheiten und Anforderungen in der Europäischen Union zu stellen und haben diese Dinge umzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dies ist die Politik der Landesregierung. Ich kann in keiner Weise erkennen, dass das eine einseitige Politik wäre. Sie ist nicht einseitig. Zurzeit stehen die beiden Säulen konventioneller und biologischer Anbau nebeneinander. Laut EU müssen wir das Nebeneinander mit gentechnisch veränderten Pflanzen ermöglichen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der erste Teil dieses Gesetzes, das die im letzten Jahr abgewählte Bundesregierung vorgelegt hat, ist von der Europäischen Union kritisiert worden. Wir sind im Moment dabei, die Dinge EU-konform zu regeln. Sonst laufen wir Gefahr, dass uns große Anlastungen ins Haus stehen. Dies scheinen Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, total auszublenden.

Wir wollen keine Einseitigkeit. Deshalb haben wir folgende Ziele:

Erstens. Das Nebeneinander, also die Koexistenz, der verschiedenen Anbauformen muss durch strenge, aber auch praktikable Regelungen - jetzt

kommt das Entscheidende - der guten fachlichen Praxis ermöglicht werden.

Frau Kollegin Stief-Kreihe, Sie sollten sich besser informieren. Es gibt Vorgaben darüber, wie dies zu regeln ist. In anderen Ländern ist es bereits geregelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Keiner Anbauform dürfen irgendwelche Nachteile zugerechnet werden.

Drittens. Das Gentechnikgesetz muss den Anforderungen der Europäischen Union gerecht werden und darf keine verschuldensunabhängige Haftung beinhalten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, genau da liegt der Punkt, an dem die EU ansetzt und sagt: Hier muss sich Deutschland anders positionieren. - Es muss geklärt werden, dass auftretende Schäden in jedem Fall reguliert werden; das ist völlig klar. Deshalb ist eine weitere Anpassung des Gentechnikgesetzes erforderlich. Die Biotechnologie im Allgemeinen und die Gentechnik im Besonderen sind unbestritten zukunftsträchtige Technologien.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Klein, wir haben auf der Ebene der nachwachsenden Rohstoffe und der Pflanzenzüchtung sicherlich sehr viele Möglichkeiten, um zu forschen und voranzukommen. Ich meine, dass Sie mit der Angst, die Sie hier schüren, gerade diesem hoffnungsvollen, neuen Zweig der Erwerbsmöglichkeiten der Landwirtschaft einen Bärendienst erweisen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat den Weg gewählt, dass Kontrollen in den verschiedensten Bereichen - beim Saatgut und bei Lebens- und Futtermitteln - durchgeführt werden und dass dem Standard, der sich auf Bundes- und auch auf europäischer Ebene dauernd weiterentwickelt, gefolgt und er mitgetragen wird. An vielen Stellen geht die Landesregierung voran, wenn es um die Kontrolle und die Sicherheit geht. Deshalb ist es wichtig, dass wir seitens der Landesregierung den Unternehmen, die in der Lage sind, in Niedersachsen zu forschen, zu entwickeln und zu

züchten, über Forschungsmittel unsere Unterstützung zukommen lassen.

Meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass wir die nüchterne Betrachtung und nicht das Geschäft mit der Angst in den Vordergrund stellen. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich stelle fest, dass zum Tagesordnungspunkt 1 c) keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen.

Ich rufe nun auf: