- Ich kann es ja nicht ändern; ich registriere es nur. Wir aber haben uns dafür entschieden - Herr McAllister hat das heute an anderer Stelle gesagt -, dass Sorgfalt vor Eile geht. Deswegen werden wir über dieses Thema sorgfältig beraten.
Nun sage ich Ihnen noch etwas zum Inhaltlichen: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht festgestellt, dass die präventive Telefonüberwachung oder die akustische Raumüberwachung insgesamt unzulässig seien, sondern es hat von bestimmten, genau festzulegenden Voraussetzungen gesprochen. In diesem Punkt unterscheiden wir uns wahrscheinlich von den Grünen, jedenfalls nach dem, was in dem Gesetzentwurf steht. Sie wollen eigentlich gar nichts, weil Sie glauben, es gehe generell nicht. Wir erwarten demgegenüber von unserem Innenminister, dass er die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ausschöpft. Dies werden wir einvernehmlich mit der FDP besprechen; auch darauf können Sie sich verlassen.
Weil es in den vergangenen Monaten unterschiedlich zu bewertende Äußerungen aus den Reihen der Opposition gegeben hat, was die Bestandskraft von niedersächsischen Gesetzeswerken vor dem Bundesverfassungsgericht angeht, mache ich noch eine letzte Bemerkung: Ich kann mich daran erinnern, dass es mit einer gewissen Häme gefeiert worden ist, wenn das Bundesverfassungsgericht diese oder jene Bestimmung, wie Sie sagen, einkassiert hat. Sie benutzen dieses Wort wahrscheinlich, weil Sie ein besonderes Verhältnis zum Einnehmen von Geld haben.
Andere sagen, Sie können mit Geld nicht umgehen. Wären wir ähnlich wie Sie gestrickt, hätten wir natürlich dasselbe machen können, als das Bundesverfassungsgericht das Luftsicherheitsgesetz der rot-grünen Bundesregierung „einkassiert“ hat.
Da wir aber der Meinung sind, dass es einer vernünftigen Regelung bedarf, sind wir nicht so vermessen, uns darüber zu freuen, dass Sie da auf den Bauch oder die Nase oder welches Körperteil auch immer gefallen sind. Vielmehr sind wir daran interessiert, in einer vernünftigen Gesetzesberatung etwas Vernünftiges zu erreichen, was den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung Rechnung trägt und in diesem Haus eine Mehrheit findet. Diese Mehrheit, Herr Dr. Lennartz, organisieren wir selbst. Wenn Sie dem noch Ihre Zustimmung geben wollen, sind Sie herzlich dazu eingeladen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Biallas hat hier in seiner ihm eigenen Art sehr ausführlich über die Frage gesprochen, was Geschäftsgrundlage im Innenausschuss war und zwischen den Fraktionen zum Beratungsgang abgesprochen war. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir im Innenausschuss im völligen Konsens aller Fraktionen zu der Änderung des Polizeigesetzes und des Verfassungsschutzgesetzes gesagt: Es gibt die Gesetzentwürfe der Grünen und der SPD. Die Landesregierung hat angekündigt, für die Beratung einen umfassenden Ansatz vorzulegen. Das hat sie für das Frühjahr dieses Jahres versprochen. Kollege Biallas hat, wenn ich mich recht erinnere, sogar mit Repressalien für den Fall gedroht, dass dies nicht rechtzeitig kommen sollte. Insoweit waren wir einig und haben wir ein vernünftiges und geordnetes Verfahren vereinbart.
Vor diesem Hintergrund wundern wir uns, dass Sie jetzt auf einmal mit einem neuen Gesetzentwurf kommen. Mich würde interessieren, über welchen wir weiter beraten sollen. Aber dieses Problem müssen Sie in Ihrer eigenen Fraktion lösen.
Wir werden an diesem Verfahren und natürlich auch an dem vorgesehenen Zeitplan festhalten. Daran ändert sich durch den neuen Gesetzentwurf gar nichts.
Ich habe mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass die Kollegin Wörmer-Zimmermann der Meinung ist, die FDP entfalte zu wenige Aktivitäten im Bereich der Innen-, Rechts- und Gesellschaftspolitik. Ich war deshalb so überrascht, Frau WörmerZimmermann, weil mir der Innenminister in einem Gespräch in der letzten Woche noch das Gegenteil gesagt hat. Sie müssen da eine ziemlich einseitige Wahrnehmung haben. Der Innenminister ist der Meinung, wir machten viel zu viel, und wünscht sich viel weniger. Von daher wird das alles in Ordnung sein, wie es die FDP macht. So hat es auch der Landesparteitag gesehen und mit einem entsprechenden Votum gewürdigt.
Ich möchte allerdings mit einer Legendenbildung aufräumen, die hier wieder betrieben wird. Sie sagen wider besseren Wissens, dass wir in Niedersachsen einen permanenten Verfassungsbruch erleben, weil die Regelung in § 33 a Abs. 2 und 3 noch im Gesetz stehe. Hier würde Ihnen ein Blick ins Gesetzbuch helfen. Wenn das Bundesverfassungsgericht eine Regelung für nichtig erklärt, dann ist sie nicht mehr Bestandteil des Gesetzes und darf auch nicht angewandt werden. Daher gibt es auch bei den Anwendern des Gesetzes kein Problem; denn sie wissen, dass sie diese Regelung nicht anwenden dürfen. Die Rechtslage ist also absolut einwandfrei. So soll es auch bleiben. Wir werden dafür sorgen, dass wir ein neues SOG und ein neues Verfassungsschutzgesetz bekommen, und zwar auf Grundlage der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dies tun wir im gleichen Tempo wie alle anderen Länder. Das ist eine vernünftige Gesetzgebung. Nicht Eile, sondern Sorgfalt sollten wir walten lassen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn die Zeit schon etwas vorgerückt ist, muss man diese etwas unwürdige Debatte kommentieren. Herr Minister Schünemann, der in
den letzten Tagen nicht viel Grund zur Freude hatte, hat sich bei der Rede, die Herr Kollege Biallas hier zum Besten gegeben hat, köstlich amüsiert und damit versucht, zu kaschieren, was er ansonsten an Gesetzespannen zu verantworten hat, weil es ihm nicht schnell genug gehen konnte und er noch nicht einmal die normalen Abläufe einhalten konnte. Jetzt sind Sie seit Monaten und Jahren im Verzug, ein Urteil umzusetzen. Es ist selbstverständlich, dass man einem Urteil möglichst rasch nachkommt und eine Korrektur vornimmt.
Wir müssen an dieser Stelle noch einmal feststellen, Herr Rösler: Die FDP ist komplett abgetaucht. Das ist ein Zustand von Amnesie, der hier vorliegt, den man auch nicht mehr anders bezeichnen kann. Das ist in der Sache wirklich eklatant. Sie versuchen seit längerem, sich als Bürgerrechtspartei zu profilieren.
In dieser Frage haben Sie in der Regierungskoalition, an der Sie beteiligt sind, offenbar überhaupt nichts zu melden, auch nicht am Kabinettstisch.
Sie haben hier ein Gesetz beschlossen. Gleichzeitig haben Sie es begrüßt, dass Ihr Gesetz vom Gericht einkassiert worden ist. Herr Rösler, auch das ist eine rhetorische Meisterleistung. Sie haben in der Zwischenzeit aber auch nicht die Spur von Engagement an den Tag gelegt, um das wieder in ein vernünftiges Gesetz zu gießen. Ich kann nur sagen: FDP und Bürgerrechte - eine Nullnummer! Herzlichen Dank.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport tätig werden, mitberatend - das stand schon auf
meinem Zettel, das ist vorhin vom Kollegen Lennartz beantragt worden der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen.
- Herr Kollege Lennartz, Sie haben für die Mitberatung zusätzlich den Ausschuss für Verfassungsschutzangelegenheiten gemeint? - Gut. Dann wiederhole ich es noch einmal, damit keine Missverständnisse bestehen: Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport tätig werden, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und der letztgenannte. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Beides sehe ich nicht. Damit ist das so beschlossen worden.
Tagesordnungspunkt 13: Zweite Beratung: Handlungsfolgen aus dem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz 2003/2004 - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2387 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/2654
Ich eröffne die Beratung. Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Leuschner zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir diesen gemeinsamen Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Januar-Plenum zum ersten Mal debattiert haben, hatte ich gehofft, dass er die Zustimmung aller Fraktionen im Landtag finden würde. Die Debatte in den Fachausschüssen hat jedoch gezeigt, dass das nicht der Fall ist und dass Sie von den Regierungsfraktionen unseren Argumenten nicht zugänglich sind. Ich bitte Sie noch einmal, dass Sie im Interesse des Datenschutzes zu einer anderen Überlegung kommen, weil ich glaube, dass der
Der Antrag stellt deutlich dar, dass der Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten auch hier im Plenum öffentlich erörtert werden sollte, damit man daraus Konsequenzen ziehen und rechtzeitig eingreifen kann.
Wir halten es auch für wichtig, dass bei der Ausarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die Regelungen zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung zum Gegenstand haben, die Anhörung des Landesbeauftragten für den Datenschutz rechtzeitig stattfindet. Ich denke, dagegen ist nichts einzuwenden, meine Damen und Herren.
Wir bitten ferner - über Ihre zeitliche Verzögerung haben wir eben schon debattiert -, einen Gesetzentwurf mit den aus Anlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2005 erforderlichen Änderungen im Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung sehr, sehr schnell vorzulegen. Das haben Sie bisher nicht gemacht. Die Debatte eben hat das gezeigt.
Wir halten es auch für wichtig, dass bei automationsgestützten Verfahren der Personal- und Haushaltsbewirtschaftung Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der dabei zu bearbeitenden personenbezogenen Daten vorhanden sein müssen.
Wir begrüßen weiterhin die vom Landesbeauftragten für den Datenschutz gemeinsam mit dem Sozialministerium, den Standesorganisationen der Ärzte und den Berufs- und Patientenverbänden initiierte Aktion „Datenschutz in der Arztpraxis“. Dazu bestand im Ausschuss eine große Übereinstimmung, dass man das gut fand. Darum frage ich mich, warum Sie dem nicht zustimmen.
Wir begrüßen auch die Bemühungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz, die Aktivitäten der Landesverwaltung und der Kommunen im Bereich des E-Governments durch die Entwicklung datenschutzgerechter Lösungen und Anwendungen zu unterstützen.
Unter Nr. 7 bitten wir die Landesregierung, unter Einbeziehung der in den Ländern Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewonnenen Praxiserfahrung zu prüfen, ob nach der kürzlich erfolgten Verabschiedung des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes nunmehr auch für den Bereich der niedersächsischen
Landesverwaltung und Kommunen eine vergleichbare Regelung getroffen werden kann. Meine Damen und Herren, das ist ein Prüfauftrag. Ich denke, dass die Regierungsfraktionen dies eigentlich auch nicht verwehren können.
Um es kurz zu machen: Wir wollen eine Stärkung des Datenschutzes. Herr Innenminister, Sie wollen den Datenschutz offenbar demontieren. Sie haben den nichtöffentlichen Bereich an sich gezogen.
Angesichts der zahlreichen juristischen Pannen in der Landesregierung bestehen wir darauf, zunächst die offenen Rechtsfragen beim Datenschutz zu klären und erst dann einen neuen Landesbeauftragten zu wählen. Wir wollen damit verhindern, dass das Amt des Datenschutzbeauftragten in Niedersachsen schon vor der Wahl einer neuen Person beschädigt wird. Das hat unser Fraktionsvorsitzender Wolfgang Jüttner in einem Brief an Innenminister Schünemann deutlich gemacht. Er hat ihm deutlich gesagt: Bevor wir über eine Neubesetzung entscheiden, müssen die massiven rechtlichen Bedenken gegen den seit dem 1. Januar geltenden Zuschnitt der Zuständigkeit ausgeräumt werden. Ich erinnere noch einmal daran, dass es dagegen massiven Protest von allen Datenschützern aus ganz Deutschland gegeben hat. Herr Innenminister Schünemann, Sie wachen seit Beginn dieses Jahres über den nichtöffentlichen Datenschutz. Wir meinen, dass das nicht gut gehen kann.
In der Vergangenheit haben Sie sich eher den Ruf eines Datensammlers erworben. Ich glaube, dass mittlerweile klar ist, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in einem sensiblen Bereich einen besseren Umgang mit ihren Daten fordern. Herr Schünemann, kommen Sie endlich zur Vernunft! Wir erwarten auch noch die Entscheidung der EU-Kommission, die wegen des Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik ansteht. Ändern Sie auf jeden Fall Ihre starre Haltung!