Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

Wiefelspütz.“

Wie Recht hat doch Herr Wiefelspütz, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Herr Minister Schüneberg,

(David McAllister [CDU]: Was? Schü- nemann! - Weitere Zurufe von der CDU)

als Verfassungsminister gehörten Sie dringend abgelöst, als Innenminister sowieso.

Aber meine Damen und Herren, weil das noch nicht genug ist, bemüht der Minister in seiner Rede hier im Parlament auch noch die Innenministerkollegen und sagt wörtlich:

„Dies ist ein Vorschlag, der abgewogen ist und im Kreise der Innenminister gerade ernsthaft diskutiert wird.“

Dann wartet man auf die ernsthafte Diskussion der Innenminister, die ja immerhin auf dem höchsten Gipfel Deutschlands, der Zugspitze, tagen. Da ist die Luft rein, der Kopf bleibt klar, eine strahlende Maisonne erleuchtet die Geister. Und dann kommen das allen zugängliche Protokoll und die berühmte Pressekonferenz - wie immer. Das Ergebnis von der Geschicht′: Da war nichts mit Ernsthaftigkeit des Vorschlags Schünemann. Nein, es blieb um ihn und mit ihm seither recht ruhig, ja verdächtig still. Denn es war wie so oft eine der peinlichen Populismusarien - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nun könnte man ja glauben, dass die Regierungsfraktionen, insbesondere die FDP, die den Vorschlag des Ministers noch im Dezember zur Lachnummer erklärte, jetzt dem Antrag der Grünen zustimmen könnten, diesen Vorschlag schnell zu beerdigen, um sich weitere Peinlichkeiten und um sich vielleicht später auch noch Verfassungsklagen zu ersparen. Aber wieder wird es nichts.

Und die Moral von der Geschicht′, meine Damen und Herren: Lieber beißen wir als FDP und CDU die Zähne zusammen und schweigen uns aus, als einem Minister, der auf die Verfassung den Eid geschworen hat, einmal klar die Zähne zu zeigen. Ich und meine Fraktion bedauern Ihre Schwäche, liebe CDU und FDP.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Merk. Beide Schriftführer bestätigen mir, dass Sie einem Kollegen in unserem Hause etwas unterstellt haben. Ich möchte es nicht wiederholen. Ich erteile Ihnen dafür aber einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Ahlers das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim vorherigen Tagesordnungspunkt haben wir etwas über niedersächsische Produkte gehört. Meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die niedersächsischen Produkte, die soeben auf der Innenministerkonferenz von unserem Innenminister verkauft worden sind, ermuntern mich zu sagen: Unsere CDU-Fraktion ermuntert den Innenminister ausdrücklich, so weiterzumachen, wie er es gerade bei der letzten Innenministerkonferenz in Garmisch-Partenkirchen getan hat.

(Beifall bei der CDU)

Sehr verehrter Herr Innenminister, für Ihre mutigen Vorschläge zur Verbesserung der inneren Sicherheit im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes danke ich Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auch wenn sich verschiedene im Niedersächsischen Landtag vertretene Parteien technischen Neuerungen grundsätzlich verschließen, so ist dies bei unserer Fraktion nicht der Fall.

Herr Kollege Ahlers, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, wir wollen im Anschluss ja schnell zum Beamtenbund. Wir sollten diesen Tagesordnungspunkt deshalb durchgängig abhandeln.

(Beifall bei der CDU - Ursula Helm- hold [GRÜNE]: Haben Sie Hunger, Herr Ahlers?)

Der Vorstoß unseres Innenministers Uwe Schünemann im aktuellen Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes, den rechtlichen Rahmen für den Einsatz einer elektronischen Fußfessel zu prüfen, halten wir deshalb für sehr hilfreich.

Meine Damen und Herren, nach dem Aufenthaltsgesetz werden bereits jetzt und auch zukünftig immer wieder Regelungen getroffen, die die Bewegungsfreiheit dieser Menschen aus bestimmten Gründen einschränken. Unser Rechtsstaat muss natürlich auch die Möglichkeit haben, diese Einschränkungen zu überwachen, um bei Verstößen gegen räumliche Beschränkungen zeitnah weitere Maßnahmen durchzuführen. Gerade der hinreichend bekannte Fall Kaplan hat gezeigt, dass eine lückenlose Observation nicht immer den gewünschten Erfolg verspricht und zudem sehr personalintensiv ist. Mit der elektronischen Fußfessel hätten unsere Behörden ein technisches Instrument in der Hand, das geeignet ist, Personen, die ausgewiesen werden sollen, aber noch nicht abgeschoben werden können, zu überwachen.

Meine Damen und Herren, auch wenn in der Begründung zu dem Entschließungsantrag zu Recht darauf hingewiesen wird, dass die Freiheit eines Menschen nur nach richterlicher Anordnung eingeschränkt werden darf, so gilt hier selbstverständlich auch für uns der rechtsstaatliche Grundsatz des Richtervorbehalts. Deshalb lautet der neue Vorschlag zu § 58 a Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes wie folgt:

„Kann die Abschiebungsanordnung wegen eines Abschiebungsverbotes oder wegen tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nicht vollzogen werden, ist der Ausländer auf richterliche Anordnung zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichtet.“

Meine Damen und Herren, daran sehen Sie: Die elektronische Fußfessel ist als alternatives Mittel zur Sicherungshaft anzusehen, das geringer in das Recht der Betroffenen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit eingreift. Die Anordnung der elektronischen Fußfessel als neues technisches Mittel zur Überwachung von Auflagen soll dabei auf gravierende Fälle beschränkt bleiben.

Meine Damen und Herren, unsere CDU-Fraktion ist sich darüber im Klaren, dass die gesetzlich bereits vorgesehenen Meldeauflagen und Maß

nahmen der räumlichen Beschränkung des Aufenthaltes nicht ausreichen. Das hat der Fall Kaplan deutlich gezeigt. Deshalb wird der Vorschlag unseres Innenministers und zusammen mit weiteren Bundesländern, Gesetzesänderungen auf Bundesebene anzuregen, um die Sicherheitslage insgesamt zu verbessern, von uns uneingeschränkt unterstützt. Aus diesen Gründen, Herr Prof. Dr. Lennartz, lehnen wir den Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen ab. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Bode das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Merk, wenn Ihre Fraktion Sie bei den Beratungen in den Innenausschuss gelassen hätte, dann hätten Sie heute hier im Plenum wahrscheinlich nicht eine derartige Rede halten müssen.

(Beifall bei der CDU)

Denn in den Beratungen im Innenausschuss - insofern muss man den Grünen ja dafür dankbar sein, dass sie diesen Antrag eingebracht haben ist ja ein bisschen Licht in das Dunkel der Diskussion gebracht worden bzw. hat sich der Nebel gelichtet. Das Innenministerium hat im Innenausschuss eindeutig erklärt, welchen Hintergrund der Vorschlag hatte und wie er gemeint war. Auslöser war nämlich das Bundesinnenministerium mit dem damaligen Innenminister Schily, Herr Bartling. Herr Schily hat einen Vorschlag in die Debatte gebracht, der darauf hinauslief, im Ausländerrecht eine präventive Sicherungshaft einzuführen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Weshalb ist Schily schuld, wenn Schünemann Quatsch redet?)

Selbstverständlich ist dieser Vorschlag sowohl von der FDP als auch von anderen kritisiert und verworfen worden. Innenminister Schünemann hat daraufhin dem Bundesinnenministerium vorgeschlagen, vor Einführung einer präventiven Sicherungshaft zu prüfen, ob es eine präventive Fußfessel geben könnte. Genau so war dieser Vorschlag gemeint. Er beinhaltet auch keine Bundesratsinitiative oder einen entsprechenden IMK-Beschluss.

Im kommenden Jahr wird der betreffende Teil des Zuwanderungsgesetzes evaluiert. Ich bin darauf gespannt, lieber Herr Bartling, was die große Koalition in Berlin dann machen wird. Ich bin gespannt darauf, was Sie Ihren Parteifreunden in Berlin empfehlen werden.

Eines hat die Debatte auch gezeigt: Für eine präventive Sicherungshaft gibt es ebenso wenig eine rechtsstaatliche Begründung wie für eine präventive Sicherungsfußfessel. Außerdem wäre sie in der Praxis - bei allem Respekt vor technischen Neuerungen - auch technisch nicht wirklich umsetzbar. Das heißt, dass beide Varianten nicht vernünftig sind.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Heiner Bartling [SPD])

Hinsichtlich der anderen Einschränkung, nämlich derartige Maßnahmen auf Topgefährder oder andere zu beschränken, muss ich in der Tat einmal die Frage stellen, ob es dann, wenn ein deutsches Gericht tatsächlich der Meinung ist, dass es in Deutschland derart gefährliche Menschen gibt, die mit Bomben und anderen Dingen Attentate verüben wollen, nicht besser wäre, jemanden, statt ihn mit einer elektronischen Fußfessel in Deutschland herumlaufen zu lassen, gleich aus dem Verkehr zu ziehen. Ich gehe aber davon aus, dass es diese Leute in Deutschland gar nicht gibt, zumindest nicht in der Anzahl, von der der eine oder andere hier ausgeht.

Von daher können wir diesen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ablehnen. Wenn Sie ihn sich genau angucken, Herr Dr. Lennartz, dann werden Sie sehen, dass im ersten Absatz gefordert wird, dass sich die Innenministerkonferenz im Mai nicht damit beschäftigen soll. In diesem Punkt kann man sagen, dass Ihr Antrag tatsächlich Erfolg hatte; denn sie hat das nicht getan. Mit dem zweiten Absatz wollen Sie die Landesregierung auffordern, keine rechtsstaatswidrigen Gesetze auf den Tisch des Hauses zu legen. - Das ist klar. Das macht die Landesregierung auch nicht. Deshalb können wir Ihren Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Heiner Bartling [SPD])

Herr Bartling, melden Sie sich zu einer Kurzintervention?

(Heiner Bartling [SPD]: Nein, das muss nicht sein!)

- Das ist in Ordnung. Dann erteile ich jetzt dem Herrn Innenminister Schünemann für die Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Merk, es ist immer wieder eine Freude, zu erleben, wie Sie sich gerade im Bereich der Innen- und Ausländerpolitik echauffieren können. Ich schätze, dass das auch morgen wieder so sein wird.

Meiner Meinung nach ist es aber wichtig, einmal die Fakten auf den Tisch zu legen. Ich bin Herrn Bode zumindest für den ersten Teil seiner Rede sehr dankbar, weil er in Erinnerung gerufen hat, wie es wirklich gewesen ist.

(Heiner Bartling [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Wenn Herr Bartling eine Zwischenfrage stellen möchte, dann würde ich ihm gern das Wort geben wollen.