Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage Ihnen eines, Herr Jüttner: Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit auch im Haushaltsplan 2004 die Zahl 69 046 Lehrer steht. Das sage ich Ihnen hier zu.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin aber schon verwundert - Herr Gabriel ist ja peinlich berührt abgefahren, nachdem er den Antrag der SPD-Fraktion unterschrieben hat -, dass nun, drei Monate, nachdem er das Schulbausanierungsprogramm versprochen hatte - vor der Wahl! -, in Ihrem dicken Antrag nicht ein einziger Cent dafür wieder eingebaut worden ist. So geht es natürlich auch nicht! Man kann nicht vor der Wahl sagen, wir investieren 50 Millionen Euro in das Schulbausanierungsprogramm, und nach der Wahl Anträge stellen, in denen das überhaupt nicht mehr erscheint.

(Beifall bei der CDU)

Damit haben wir jetzt endlich schwarz auf weiß, dass das Versprechungen waren, die von vornherein nicht ernst gemeint waren.

Wir haben mit dem Zweiten Nachtragshaushalt 2003 einen Kurswechsel unter ausgesprochen erschwerten Bedingungen begonnen. Das Aufstellungsverfahren fand unter ausgesprochen schwieri

gen Rahmenbedingungen statt. Wir hatten von Ihnen nämlich eine Unterdeckung von fast 750 Millionen Euro übernommen, die wir dann aber nach und nach abgearbeitet haben. Trotzdem - das gebe ich zu - haben wir nicht ganz darauf verzichten können, die Nettokreditaufnahme zu erhöhen. Wir sind aber deutlich unter der Nettokreditaufnahme des letzten Jahres geblieben. Diese hatte allerdings, obwohl Sie sie am 15. Dezember 2002 beschlossen hatten, nicht gereicht, um den Haushalt auszugleichen, sodass wir im Jahr 2002 ein Defizit in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags hatten, das uns die Haushaltsplanberatungen für 2004 erheblich vorbelastet.

In den Jahren von 1999 bis 2003, also Ihrem letzten Nachtragshaushalt, erhöhte sich die Verschuldung des Landes um 9,4 Milliarden Euro. Dies belastet uns in diesem Jahr mit zusätzlichen Zinsausgaben in Höhe von 346 Millionen Euro. Die sind in den 750 Millionen Euro Vorbelastung noch gar nicht drin. Rechne ich sie dazu, haben wir mit einem von Ihnen verschuldeten und von Ihnen hinterlassenen Defizit von 1 Milliarde Euro zu kämpfen gehabt. Wir haben dieses Defizit auf 185 Millionen Euro reduzieren können, und das in dieser kurzen Zeit. Ich glaube, damit können wir uns sehen lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir wollen aber nicht immer nur mit Blick nach hinten kämpfen, sondern haben auch eine Perspektive: Wir werden die Ausgaben begrenzen. Wir werden einen Personalabbau mit tabufreier Aufgabenkritik durchführen. Wir haben sofort einen Einstellungsstopp verhängt. Der wird auch aufrecht erhalten. Er soll nämlich dazu dienen, mit dem vorhandenen Personal auszukommen und Vakanzen grundsätzlich mit eigenen Kräften zu besetzen. Hinzu kommt allerdings noch die Umsetzung der Stelleneinsparmaßnahmen. Die aufgrund Ihrer Zielvereinbarung abzubauenden 5 527 Stellen sind erst zur Hälfte abgebaut. Die andere Hälfte belastet uns noch; die müssen wir auch noch finanzieren. Hinzu kommen die 6 000 Stellen, bei denen wir uns vorgenommen haben, sie durch die Verwaltungsreform in dieser Legislaturperiode überflüssig zu machen.

Wir haben das Beschäftigungsvolumen der IstEntwicklung, also dem tatsächlichen Bedarf, angepasst. Dabei blieben die für die Abwicklung der Altersteilzeit erforderlichen Vollzeiteinheiten na

türlich unangetastet. Durch diese Maßnahmen konnten die Personalkostenbudgets unter Berücksichtigung der globalen Minderausgabe für die Altersteilzeitsperrung um insgesamt 66 Millionen Euro abgesenkt werden.

Wir müssen angesichts der dramatischen Haushaltslage auch Eingriffe in die Bezahlung der Landesbediensteten vornehmen. Sie wissen, wir wollen das Weihnachtsgeld, die Sondergratifikation, um 20 Prozentpunkte kürzen. Das Urlaubsgeld wollen wir und haben wir unangetastet gelassen. Wir haben in der Tarifkommission der Länder beschlossen, dass wir auch im Angestelltenbereich die entsprechenden Tarifverträge - 22 an der Zahl kündigen werden, um hier Anpassungen zu bekommen, damit wir wieder gerechte Entlohnungsverhältnisse zwischen Angestellten und Beamten haben. Ich darf mich bei Herrn Möhrmann ausdrücklich dafür bedanken, dass er das nicht reflexartig kritisiert hat, sondern über seinen Schatten gesprungen ist und gesagt hat: Jawohl, da stehen wir an der Seite der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD])

- Also, Herr Jüttner, wenn Sie es für eine Ohrfeige halten, wenn man einmal die Opposition lobt: Was haben Sie denn für ein Demokratieverständnis?

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Die Ohrfei- ge ist, dass Sie unterstellen, dass er erst über seinen Schatten springen muss, ehe er Sie lobt!)

- Ach so; da haben Sie Recht. Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht, Herr Jüttner. Er braucht nicht über seinen Schatten zu springen, um mich zu loben, sondern das geht ihm einfach flott von der Zunge.

Ich möchte noch ganz kurz zu den beiden Oppositionsanträgen kommen. Bei dem Antrag der Grünen merkt man: Das ist die gleiche Mitarbeiterin wie bei Herrn Golibrzuch, es ist der gleiche Stil. Das ist zum Teil ja auch durchaus sympathisch. Aber es sind auch einige Positionen darin enthalten, die nun wirklich nicht gehen, Herr Wenzel. Die Wirtschaftsförderung und den Straßenbau zu kürzen, und das in der heutigen Zeit, in der die Bundesrepublik an der Grenze zur Rezession steht, wäre völlig falsch. Beim Wirtschaftsförderfonds geht es darüber hinaus gar nicht, weil die Vorgängerregierung schon alles ausgegeben hatte und man nur dort etwas kürzen kann, wo noch etwas da ist.

Und zum Straßenbau: Da müssen Sie einmal mit Ihrer Kollegin aus Nordenham sprechen, die gesagt hat, ich soll doch erst einmal die Straßenmeisterei zu Ende bauen, bevor ich neue Lehrer einstelle. Also offensichtlich sind die Grünen inzwischen auch für den Straßenbau.

Herr Wenzel, Sie haben vorgeschlagen, den Ansatz für die CASTOR-Transporte von 20 Millionen Euro wieder auf 8 Millionen Euro zu kürzen. Das geht nun leider nicht, da ich von den Grünen noch nicht gehört habe, dass sie sich vor die Demonstranten stellen und die Demonstrationen verhindern werden. Wenn Sie mir zusagen, dass es in Gorleben keine Demonstrationen mehr gibt, dann schließe ich mit Ihnen einen Vertrag. Dann nehmen wir von den 20 Millionen Euro einen Betrag von 5 Millionen Euro und stecken ihn in Naturschutzprojekte. Dadurch würden wir 15 Millionen Euro sparen, und Sie hätten viel für dieses Land getan.

(Beifall bei der CDU - Rebecca Harms [GRÜNE]: Früher gab es aber mehr Gorleben-Geld, Herr Kollege!)

- Frau Harms, auf der einen Seite weinen Sie dicke Tränen, weil überall gekürzt werden muss, und auf der anderen Seite müssen wir 20 Millionen Euro ausgeben, nur damit Sie Ihr jährliches folkloristisches Gorleben-Festival und ihren Auftritt dort haben.

(Beifall bei der CDU - Rebecca Harms [GRÜNE]: Wollten Sie nicht scherzen?)

Irgendwann, Frau Harms, ist auch eine fortschrittliche Politik von gestern. Ihre Politik ist von gestern; das haben wir heute Morgen gehört. Die Leute sind weit darüber hinaus, und kein Mensch außer Ihnen will das noch haben. Ich wäre Ihnen wirklich sehr verbunden, wenn Sie nicht bei jeder Kürzung Tränen in den Augen hätten. Aber hier werden 20 Millionen Euro völlig unnötig herausgeschmissen. Ich wollte, wir könnten endlich einmal den Rechtsstaat ohne Demonstrationen und ohne Polizeieinsatz durchsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Einige Sätze noch zu dem Antrag der Grünen, wonach wir umgehend ein Konzept zur Haushaltskonsolidierung vorlegen sollen. Herr Wenzel, das haben wir getan. In seiner Regierungserklärung hat der Ministerpräsident die ersten Ansätze vorgelegt, in meiner Regierungserklärung waren ein entsprechender Kassensturz und ein Sanierungsfahrplan enthalten. Wir haben sofort einen Staatssekretär für Verwaltungsmodernisierung benannt. Wir haben den Zweiten Nachtragshaushalts aufgestellt, der Ihnen heute zur Beschlussfassung vorliegt. Wir haben eine Haushaltsstrukturkommission eingesetzt. Der Haushaltsplan 2004 ist voll im Zeitplan. Wir sind dabei, die Mipla zu erarbeiten, die wir Ihnen in diesem Jahr noch vorlegen werden. In der Mipla wird genau das gemacht, was Sie beantragen.

Wir können Ihnen nicht für das, was 13 Jahre lang falsch gelaufen ist, in 100 Tagen ein Sanierungskonzept hinlegen. Das muss ordentlich und fair sein, und deshalb werden wir es Ende des Jahres vorlegen. Die Haushaltsplanberatungen sind schwierig genug, die Konsolidierung ebenfalls. Aber nehmen wir es mit Hiob. Es steht alles unter dem einen Satz: Prüfen will dich der Herr, nicht strafen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Kollegen Möhrmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, auch charmant vorgetragene Reden zum Nachtragshaushalt können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man feststellen muss: Sie haben kein Konzept.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Das muss ich Ihnen bescheinigen, Herr Finanzminister.

(Karsten Behr [CDU]: Jetzt müssen Sie aber rot werden!)

Herzlich willkommen in der Realität! Das habe ich Ihnen schon in der Antwort auf Ihre Regierungserklärung gesagt. Gestatten Sie mir einen kurzen

Rückblick. Fünf Jahre lang haben Sie, Herr Möllring, sich hier dadurch ausgezeichnet, dass Sie die finanzielle Lage des Landes schwarz und schwärzer gemalt haben, noch schwärzer, als sie tatsächlich war.

(Ursula Körtner [CDU]: Das kann gar nicht schwarz genug sein!)

Gleichzeitig haben Sie, Herr Kollege Möllring, und Ihre Fraktion hier Anträge gestellt mit einem Volumen, das finanztechnisch im niedersächsischen Haushalt überhaupt nicht zu finanzieren war.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb noch einmal die Wiederholung: Herzlich willkommen in der Realität! Sie merken jetzt, dass alles doch sehr viel schwieriger ist, wenn man regieren muss. Auch die Medien merken es; wir lesen es ja inzwischen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Der Abgeord- nete von gestern spricht!)

Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem kleinen Zitat beginnen. Im November 2002 war im „rundblick“ Folgendes zu lesen:

„‘Wir machen es besser‘, so hieß der Wahlslogan der CDU. Aber was tun sie wirklich? Viele Wahlprospekte müssen in einer Zeit entstanden sein, als man noch meinte, gegen die SPD ohnehin nichts ausrichten zu können. Wie ist es sonst zu erklären, dass manche Landespolitiker der Union nicht nur kaum erfüllbare Versprechen auf ihre Wahlwerbung schreiben, sondern sogar Garantien abgeben? Hundertprozentige Unterrichtsgarantie, keine Elternbeiträge in den Kindergärten im letzten Jahr vor der Einschulung. Sollte die CDU die Wahl gewinnen, müsste ein Untersuchungsausschuss auf Landesebene die zwangsläufige Folge sein.“

Meine Damen und Herren, an dem Punkt sind wir jetzt, dass wir überprüfen müssen, was Sie sich alles vorgenommen und zur Wahl am 2. Februar versprochen haben.

(Ursula Körtner [CDU]: Macht das doch! - Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt hole ich Gabriel raus!)

Meine Damen und Herren, wir fordern heute keinen Untersuchungsausschuss, aber wir haben die Garantien aus dem Wahlkampf nicht vergessen. Ich nehme an, Sie kennen diese Broschüre noch.

(Der Redner hält eine Broschüre hoch - Ursula Körtner [CDU]: Wir kennen eure auch!)

Überall dort, wo ich ein kleines rotes Zettelchen eingeklebt habe,

(David McAllister [CDU]: Ein schö- nes Programm!)

gibt es ein Versprechen, das Geld kostet. Welches von diesen Versprechen können Sie heute noch einlösen? Sie gaukeln den Leuten vor, Sie könnten 2 500 zusätzliche Lehrer und 1 000 zusätzliche Polizisten bezahlen,