(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Wer hat hier denn 13 Jahre regiert?)
Sie wollen gemeinsam mit den anderen konservativen Bundesländern ein gegliedertes System mit scharfer Selektion. Machen Sie uns hier nicht vor, das sei fachlich begründet. Sie wollen weiter alles Geld und allen Aufwand an die Gymnasien geben. Sie wollen dort mehr Unterricht und ein schnelles Abitur. Sie wollen die Trennung der Gymnasien
Realschülerinnen und -schüler und Schülerinnen und Schüler von Gesamtschulen müssen die 10. Klasse zweimal machen, wenn sie ein Abitur nach Klasse 12 ablegen wollen. Das wollen Sie so.
Hauptschülerinnen und -schüler haben angeblich eher nur praktische Fähigkeiten; deshalb sollen sie gar nicht erst mit fundiertem Allgemeinwissen belastet werden.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf von Walter Meinhold [SPD], an Dr. Philipp Rösler [FDP] gerichtet – David McAllister [CDU]: Quatsch! Das kann man nicht ernst nehmen!)
Sie stellen zwar neue Lehrkräfte ein, aber Sie können nicht benennen, wo diese 2 500 neuen Lehrkräfte für zusätzliche Förderung eingesetzt werden, weder an Grundschulen noch an Hauptschulen, weil ein Großteil im System verschwindet.
Sie nehmen außerdem in Kauf, dass Hauptschülerinnen und Hauptschüler die Verlierer Ihrer Schulreform sind, weil sie weiter systematisch demotiviert werden, wenn sie schon in der 4. Klasse bescheinigt bekommen, dass sie nicht gut genug sind.
Meine Damen und Herren, kein anderes europäisches Land sortiert Kinder so früh und so endgültig in unterschiedliche Schulformen aus. Unser Schulsystem hat zahlreiche Schwächen. Die schlimmste wollen Sie heute hier wieder festschreiben: ein selektives System, welches die Schulen aus der Verantwortung entlässt, sich um schwierige Schülerinnen und Schüler zu kümmern, weil es die Möglichkeit von Abschulung gibt. So etwas wäre
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das erzähle ich Ihnen gleich, damit Sie wissen, was in Finnland wirklich los ist!)
Bei den Finnen stehen das Wohlbefinden des Kindes und sein Recht auf Bildung und Förderung im Mittelpunkt. Wenn es Schwierigkeiten hat, bekommt es in Finnland sofort fachkundige Förderung, bei uns schlechte Noten. Um gut lernen zu können, muss ein Kind gesund und richtig ernährt sein. Dafür wird in Finnland gesorgt. Bei uns kommen viele Kinder hungrig und ohne Frühstück in die Schule und bleiben den ganzen Tag hungrig.
Die finnische Schulpolitik ist geprägt von dem Leitgedanken: Wir können auf kein Kind verzichten. Das muss endlich auch für uns gelten.
Eine demokratische Schule muss der Idee der Einbeziehung folgen statt der Ideologie der Ausgrenzung, muss Verantwortung für jedes einzelne Kind übernehmen, ohne Kinder abschieben zu können.
Meine Damen und Herren, das neue Schulgesetz, welches Sie hier vorlegen und gleich beschließen wollen, setzt weiter auf soziale Ausgrenzung statt auf Integration, lässt Potenziale vieler Kinder ungenutzt und ist untauglich, die Probleme im Bildungsbereich zu lösen. Wir werden ihm deshalb keinesfalls zustimmen. - Danke schön.
Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Hans-Werner Schwarz von der FDP-Fraktion zu Wort gehmeldet. Herr Schwarz, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Jüttner und auch Frau Korter ausgesprochen dankbar dafür, dass sie noch einmal den Sachstand der niedersächsischen Bildungsmisere beschrieben haben. Wer war denn dafür verantwortlich? - Sie und kein anderer!
Das, was in den letzten 13 Jahren hier abgelaufen ist, war Ihre Politik. Wir haben am 2. Februar einen Auftrag erhalten, das Bildungssystem insgesamt zu verbessern. Dazu liegt nun ein, wie ich finde, guter Gesetzentwurf vor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute einen konsequenten Kurswechsel in der Bildungspolitik unseres Landes. Ich stelle für die FDP-Fraktion mit großer Freude fest, dass wir mit der vorliegenden Fassung des Schulgesetzes hoch zufrieden sind.
Ich will Ihnen auch sagen, warum das so ist. Wir haben vor der Wahl - und nicht etwa im HauRuck-Verfahren, verehrte Frau Korter - nach intensiver Diskussion und Arbeit unserer Landesfachausschüsse und unserer Gremien der Öffentlichkeit ein Konzept zur Bildungspolitik vorgestellt. Heute liegt ein Ergebnis vor, das sich zum überwiegenden Teil mit dem deckt, was wir der Öffentlichkeit gesagt und versprochen haben. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes glaubwürdige Politik, und genau darauf kommt es uns an. Deshalb sind wir auch so zufrieden.
Wir freuen uns vor allen Dingen, obwohl das hier zum Teil bestritten wird, über die außerordentlich starke Rückendeckung nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern insbesondere auch aus den Reihen der Verbände. Zum Teil gab es Kritik, das ist völlig richtig, insbesondere vom Landesschülerrat, der heute Morgen mit ein paar hundert Schülern hier demonstrierte. An der Stelle, Herr Jüttner, muss ich sagen, dass ich das überhaupt nicht nach
vollziehen kann. Bei dem ganzen Theater der letzten zehn Jahre hat sich der Landesschülerrat überhaupt nicht gerührt, er hat nicht gegen die schlechten Bedingungen protestiert, all das hat ihn nicht interessiert, aber heute tritt man bei einer Verbesserung dieses Schulgesetzes für den Elternwillen ein. Ich kenne Schüler komplett anders. Schüler, die 17, 18 oder 19 Jahre alt sind, setzen sich für ihren eigenen Willen ein und nicht dafür, dass der Elternwille erhalten wird. Das wundert mich.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Um El- ternwillen geht es doch gar nicht!)
Ich halte viel von selbstbewussten Schülern, und die bilden in der Diskussion um das Schulgesetz den Schwerpunkt. Die heutige Veranstaltung kommt mir ein wenig merkwürdig vor.
Dafür, dass jetzt ein wirklich gutes Schulgesetz auf dem Tisch liegt, gebührt insbesondere auch unserem Koalitionspartner Dank.
- Bleiben Sie ruhig. - Das hindert mich überhaupt nicht daran, auch Ihnen, Herr Jüttner und Frau Korter, zu sagen: Ich finde, dass Sie insgesamt wirklich konstruktiv mitgearbeitet haben. Ich als Neuling fand das absolut in Ordnung. Es war eine gute Arbeit, die mir zeigt, dass Sie an einer Verbesserung insgesamt durchaus interessiert gewesen sind. Ich möchte Ihnen das an dieser Stelle sagen.
danke ich insbesondere den Vertretern der Union, die im Arbeitskreis mitgearbeitet haben. Wir haben eine ganze Reihe von Stichpunkten eingebracht; das können Sie nicht wissen. Ich meine, es gab eine große Kompromissbereitschaft.
Oktober 2002 eingebracht hat, durchaus ein anständiges Gerüst war. Aber der heutige Entwurf sieht in der Tat etwas anders aus, hat ein anderes Gesicht. Ich stelle einfach einmal die Positionen Dialog, Erziehungspartnerschaft, Durchlässigkeit und Stärkung von Schulleitungen in den Raum. Das sind wesentliche Dinge, die wir eingebracht haben, und ich bin dankbar dafür, dass sie berücksichtigt worden sind. Ich will in diesem Zusammenhang auch die Verbände nicht vergessen, die sich in die Arbeit eingebracht haben.