Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Null Ap- plaus von Ihrer Fraktion!)

- Für einen Tatsachenbericht muss es nicht unbedingt Applaus geben, Herr Rösler. Die Innovationslage ist in Niedersachsen leider sehr düster und von daher nicht bejubelnswert.

Unsere Alternative war ein revolvierender Innovationsfonds bei der NBank, den wir schon seit mehreren Jahren anmahnen. Nicht durch verschenktes Geld, sondern angesichts der knappen Haushaltslage kann man durch revolvierende Zuschüsse - umgewandelt in Darlehen, Beteiligungskapital oder andere revolvierende Finanzierungsinstrumente - auf Dauer einen Innovationsförderfonds anlegen, der so schlagkräftig ist, dass er unserem Land etwas bringt und ihm nützt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das aber bleibt so lange Zukunftsmusik, wie Sie regieren. Bis heute arbeiten in Niedersachsen unterdurchschnittlich Arbeitnehmer im Forschungs- und Entwicklungsbereich, Herr Rösler. Es sind 20 % unter dem Schnitt. Hier müssen wir dringend aufholen. Die gestern medial gelobten deutschen Erfinder, Herr Dinkla, kommen vor allem aus Süddeutschland. Das Wenige, das Niedersachsen hier aufzubieten hat, kommt im Wesentlichen aus dem VWKonzern, den Sie in Ihren Redebeiträgen ja eher ein bisschen gescholten als gelobt haben. Der VWKonzern hat die vielen Erfindungen, die in seinem Umfeld getätigt werden, sicherlich nicht der Politik dieser Landesregierung zu verdanken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn wir hier Boden gutmachen wollen, dann müssen wir die kommende EU-Förderperiode dafür nutzen - darin sind wir einig -, um mit der in Niedersachsen starken Landwirtschaft, mit dem Fahrzeugbau und mit unseren Universitäten gemeinsam ein starkes Bündnis zu bilden mit dem Ziel, Innovationen weg vom Öl voranzubringen. In diesem Bereich liegen langfristige Wachstumspotenziale, die gerade in Niedersachsen in hervorragender Weise zusammengeführt werden können. Mit CDU und FDP kommt Niedersachsen so aber nicht auf den richtigen Weg. Ihre bisherigen Ansätze auf diesem Gebiet sind zu halbherzig, zwischen den Ministerien zu zersplittert und mit zu geringen Mitteln ausgestattet, um die großen Chancen zu nutzen, die gerade darin für Niedersachsen liegen würden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt ja Dinge, über die dieser Landtag einig ist und auch einig sein sollte. Wir haben früher den Umbau von der Agrar- zur Industriegesellschaft erlebt, und jetzt erleben wir einen Umbau von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft. In diesem Zusammenhang und unter den Zwängen der Globalisierung spielt eine besondere Rolle, dass wir die Möglichkeiten von Innovation ausschöpfen. Das heißt, wir müssen genau an der Schnittstelle arbeiten - auch darüber besteht zunächst Einigkeit -, an der die Hochschulen ihre Forschungsergebnisse vorlegen und die Industrie diese Forschungsergebnisse umsetzen muss. Unser Problem in Deutschland und auch in Niedersachsen besteht darin, dass weit mehr Forschungsergebnisse vorliegen, als umgesetzt werden. Das ist die Sorge des Kollegen Stratmann genauso wie meine Sorge. Deshalb haben wir als Landesregierung - das war bei dieser Landesregierung neu - ressortübergreifend ein Innovationszentrum geschaffen - die Federführung liegt beim Wirtschaftsministerium -, in dem in enger Abstimmung mit dem MWK, mit dem Umweltministerium und mit dem Landwirtschaftsministerium das Thema kompetenznetze.de auf den Weg gebracht worden ist.

Das ist und kann auch nicht ein alleiniges Thema des Wirtschaftsministeriums sein. Da wir aber für Arbeitsplätze Verantwortung tragen, sind wir natürlich in besonderer Weise daran interessiert, dass diese Ergebnisse auch in der Wirtschaft angebracht werden.

Meine Damen und Herren, in einer Hinsicht sollte man sich nichts vormachen. Auch im Lande Niedersachsen bedarf es einer gewissen Mentalitätsveränderung. Wir haben noch lang anhaltende Nachwirkungen des Agrarbewusstseins zu verzeichnen. Oftmals wird immer noch geglaubt, wir seien ausschließlich Autoland. Wir müssen im Bereich Mobilität - ich nenne ihn zuerst, weil er unser stärkster Trumpf ist - diversifizieren. Ferner müssen wir den Bereich modern fortführen, den der Agrarbereich einmal dargestellt hat, und zwar von der Produktion über die Verarbeitung von Agrarprodukten bis hin zur Verarbeitung von Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung aus dem Bereich Biotechnologie und Life Sciences. Wir müssen diese zwei großen Felder im Land unterstützen und nach vorn bringen.

Ich will hier nicht über die Vergangenheit reden, obwohl mir das leicht fallen würde. Es gibt erst seit rund 20 Jahren Innovationspolitik im Lande Niedersachsen. Wir haben im Laufe der Entwicklung leider gewissermaßen eine Delle zwischen 1990 und 1994 zu verzeichnen gehabt - das wollen die Grünen nicht wahrhaben -, als die SPD es nicht fertig gebracht hat, die grüne Blockade zu verhindern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Teil der Institutionen, die wir aufgebaut hatten, ist damals geschädigt oder kaputt gemacht worden. Die SPD hat 1994 dann - das will ich auch anerkennen - langsam wieder an die frühere Entwicklung angeknüpft. Wir haben dann - das ist in diesem Zusammenhang neu - mit innovation.niedersachsen.de und der Gründung der Standortinitiative im Dezember 2004 einen neuen Schub erreicht. Das ist der Grund, warum wir bei der Zahl der Kompetenznetzwerke hinter Baden-Württemberg jetzt an zweiter Stelle liegen. Wir können in einer anderen Debatte gern über alle möglichen Kennziffern betreffend Niedersachsen reden. Ich will dann auch zu Ausbildungsplätzen, Arbeitsplätzen usw. etwas sagen. Wir wissen, dass die Opposition, wenn sie in einem Bereich etwas an Gutem anerkennen müsste, natürlich den Versuch macht, andere Stichworte in die Debatte zu brin

gen, um abzulenken. Das ist ein legitimes Geschäft. Die fehlenden Aussagen zu diesem speziellen Bereich unterstreichen aber eigentlich, dass hier etwas geleistet worden ist. Es ist wichtig, wenn man nach Baden-Württemberg Platz 2 einnimmt.

Natürlich sind nicht die Zugriffe im Netz das Entscheidende. Wenn aber im System Google unter dem Stichwort „Innovation“ weltweit Niedersachsen auf Platz 5 auftaucht - weit vor allen anderen deutschen Bundesländern -, zeigt das immerhin eines, nämlich dass wir dabei sind - mehr will ich gar nicht sagen -, die Anstrengungen im Lande international mit Resonanz zu vermarkten.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Kompetenznetzwerke tragen im Einzelnen etwas dazu bei. Es sind jetzt sechzehn, zwei weitere befinden sich in der Phase der Anerkennung. Wir sehen damit sehr gut aus. Wenn ich sage, dass wir damit sehr gut aussehen, meine ich damit insbesondere, dass die Qualität in diesem Zusammenhang stimmt. Dies müssten wir vielleicht auch für die Zukunft beherzigen - ich will das hier auch im Landtag sagen -: Nicht das Quantitative, sondern das Qualitative ist entscheidend. Herr Lenz, Sie wissen genau, dass wir z. B. bei VW jetzt die Probleme der 90er-Jahre lösen müssen. Damals sind die Probleme zugedeckt worden. Jetzt kommen die Probleme mit doppelter Gewalt auf uns zu. So ist das bei allen Problemen, die nicht rechtzeitig gelöst werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

So ist es auch im Bereich des Haushalts und der Finanzen. Meine Damen und Herren, auch ich wünschte mir, um das am Ende zu sagen, das doppelte Geld für Innovationen im Lande Niedersachsen. Wir würden damit vernünftig und qualitätvoll umgehen. Das ist gar keine Frage. Wenn Sie vorher aber schon Mehl verbraucht haben, kann man Kuchen nur mit dem backen, was an Mehl noch vorhanden ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Unter diesen Gesichtspunkten wird hervorragender Kuchen in Niedersachsen gebacken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch zwei Minuten Redezeit. Der Abgeordnete Hagenah hat sich gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur damit denjenigen, die von 1990 bis 1994 noch nicht so stark in der Landespolitik engagiert waren, klar ist, was damals passierte, möchte ich Folgendes sagen. Damals hatten dieser Landtag und die Landtagsmehrheit, wie ich meine, ziemlich damit zu tun, die übrig gebliebenen Ruinen der Ära Hirche, die da SICAN und Medical Park hießen, abzuwickeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das waren Defizitbringer, weil sie zur Unzeit mit falschen Konzepten gegründet worden waren und insofern Niedersachsen nicht wirklich voranbrachten.

Jetzt noch einmal zu den Innovationsnetzwerken, zu denen der Minister gerade ausgeführt hat, Niedersachsen würde dort auf Platz 2 liegen. Ich habe hier - mit Datum von gestern - eine Liste der Innovationsnetzwerke aller Bundesländer, die vom Bundesministerium zusammengestellt wurde. Nach der Auszählung ergibt sich, dass Niedersachsen unter Berücksichtigung seiner Größe auf einem mäßigen dritten Platz liegt, etwa gleichauf mit Bayern, Berlin und Brandenburg, und NRW und Baden-Württemberg liegen davor. Auf Nachfrage von uns bei denen, die Netzwerke unter kompetenznetze.de betreiben, was mit der erwähnten Aussage ausgedrückt wird, ergab sich, dass es sich nicht um eine qualitative, sondern schlicht um eine nummerische Wertung handelt. Ich muss Ihnen sagen, wenn Sie jetzt schon über Google-Klicks und über eine nummerische Anzahl von so genannten Netzwerken Innovation in Niedersachsen vortäuschen müssen, steht es schlimm um Sie. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2: 36. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 15/2955 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2970 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2971

Die Behandlung der in der Drucksache 15/2955 unter Abschnitt T - Petitionsausschuss - unter den Nrn. 4 bis 6 und 16 aufgeführten Eingaben 2677 und 2935 entfällt, da die Eingaben von den Petenten zurückgezogen wurden. Die Fraktionen sind übereingekommen, die unter Nr. 1 aufgeführte Eingabe 1921 von der Abstimmung auszunehmen und zunächst erneut im Petitionsausschuss zu behandeln.

Dir Fraktionen haben im Ältestenrat vereinbart, die Eingaben, zu denen Änderungsanträge vorliegen, erst am Freitag, dem 23. Juni 2006, zu beraten.

Ich gehe davon aus, dass das Haus damit einverstanden ist, dass wir heute nur über die Eingaben beraten, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.

Ich rufe dann zunächst die Eingaben aus der 36. Eingabenübersicht in der Drucksache 15/2955 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.

Ich eröffne die Beratung. - Da keine Wortmeldungen vorliegen, schließe ich die Beratung.

Ich komme zur Abstimmung.

Wer den Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu den Eingaben, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, zustimmen will, den bitte ich jetzt, die Hand zu heben. - Ich stelle Zustimmung fest.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 3: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Verminderung des Erhebungs- und Vollstreckungsaufwandes bei Kosten für die Zulassung von Fahrzeugen - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/2800 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/2951

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Annahme mit Änderungen.

Der schriftliche Bericht über die Ausschussberatung liegt Ihnen in der Drucksache 15/2972 vor. Eine mündliche Berichterstattung ist daher nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile dem Abgeordneten Bley von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr gerne unterstütze ich den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Verminderung des Erhebungsund Vollstreckungsaufwandes bei Kosten für die Zulassung von Fahrzeugen. Bürgerinnen und Bürger, die ihre Fahrzeuge ordnungsgemäß an- oder abmelden und im technisch sicheren und vorschriftsmäßigen Zustand halten, ihre Steuern und Haftpflichtversicherungsbeiträge zahlen, werden von diesem Gesetz nicht betroffen sein, eventuell aber positive Auswirkungen erfahren.

Leider gibt es aber immer wieder schwarze Schafe unter den vielen Fahrzeughaltern im Land; auf diese wird dieses Gesetz Anwendung finden. Wer sein Fahrzeug anmelden möchte, um am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen, braucht einen entsprechenden Versicherungsschutz, der durch die Versicherungskarte einer Haftpflichtversicherung dokumentiert wird. Der Fahrzeughalter bestätigt durch eine Einzugsermächtigung gegenüber dem Finanzamt, dass die erforderliche Kfz-Steuer entrichtet werden wird. Durch Nachweis eines Gutachtens von TÜV, Dekra oder anderen wird die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges dokumentiert. Erforderlich sind auch eine AU-Bescheinigung, die das verlangte Abgasverhalten bestätigt, und weitere Belege für Lkws und verschiedene andere Fahrzeuge. Bis das Fahrzeug wieder abgemeldet wird, müssen Steuern entrichtet werden, der technische Zustand muss verkehrssicher sein, und der Versicherungsschutz muss durch die Zahlung der Ver

sicherungsprämie gewährleistet sein. Der Fahrzeughalter hat bei der Anmeldung die Zulassungsgebühren und bei der Abmeldung die Abmeldegebühren zu entrichten. - Ich habe hier den Normalfall geschildert.

Leider gibt es immer wieder Fahrzeughalter, die diese Vorschriften umgehen bzw. missachten.

Die Landkreise und die kreisfreien Städte, aber auch einige Kommunen sind mit der Zulassung von Fahrzeugen vom Gesetzgeber beauftragt worden und haben als untere Verkehrsbehörden kostendeckende Gebührensätze beschlossen. Durch erforderliche Zwangsabmeldungen sind zusätzliche, uneingeplante Kosten von im Schnitt zwischen 100 000 und 200 000 Euro im Jahr pro Zulassungsstelle vorprogrammiert. In meinem Heimatlandkreis Cloppenburg z. B. sind zurzeit rund 2 500 Fälle mit einer Summe von 190 000 Euro in der Vollstreckung.