Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

Liebe Kollegin Frau Stief-Kreihe, mit Ihrer Haltung bin ich überhaupt nicht zufrieden.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das kann ich mir denken!)

Oder haben Sie sich nur falsch ausgedrückt? Sind Sie hier, auf Niedersachsen-Ebene, nur auf Krawall gebürstet, oder sind Sie auf Berliner Ebene ein zuverlässiger Koalitionspartner?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie dieser Beschlussempfehlung nicht zustimmen, dann frage ich mich, wie Sie auf Berliner Ebene bestehen wollen.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Da brauche ich nicht zu bestehen!)

Was Sie hier machen, kann ich überhaupt nicht verstehen. Das kann doch nicht angehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie nur in die Schlagzeilen wollen und nur irgendwie dagegen sein müssen, weil Sie hier in der Opposition sind, dann sind Sie auf dem falschen Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das Verbraucherinformationsgesetz hat eine ganz klare und eindeutige Aussage, nämlich die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken, um sie in die Rolle eines gleichwertigen Partners am Marktgeschehen zu versetzen. Es listet die wichtigen Prinzipien auf, die bei der Gestaltung der notwendigen Rechtsetzung zu berücksichtigen sind. Es legt fest, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene nach Kräften für eine Verbesserung der Marktposition der Verbraucherinnen und Verbraucher einsetzen soll. Wenn Sie von der Opposition es mit Ihren öffentlichen Bekundungen für eine Stärkung der Bürgerrechte auf Information wirklich ernst meinen, dann haben Sie hier und jetzt die Gelegenheit, dieses auch unter Beweis zu stellen.

Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie der vorliegenden Beschlussempfehlung zu, und dokumentieren Sie damit, Frau Stief-Kreihe, dass Sie auch hier im Landtag den Wunsch hegen, dem Wunsch unserer Bürger nach mehr Verbraucherinformation auch über dieses Gesetz nachzukommen.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Darum stimme ich ja dagegen!)

Nach längerer Diskussion über die bekannten Maximalisierungsforderungen der Verbraucherverbände und die Minimalisierungsforderungen der Wirtschaft und der Verbände fördern wir hier sonst noch die Politikverdrossenheit der Bürger.

Meine Damen und Herren, wir wollen die Möglichkeiten zur Verbraucherinformation möglichst schnell umsetzen. Wir wollen - das klang ja bei fast

allen Rednern an - die schwarzen Schafe in der Öffentlichkeit bekannt machen und den Verbrauchern den Einfluss verschaffen, dass solche Unternehmen keine Marktchancen haben, sondern gezwungen werden, sich den Gepflogenheiten aller redlichen Unternehmer anzuschließen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mit diesem neuen Gesetz wollen wir gezielt die schwarzen Schafe treffen. Es verpflichtet die Behörden zu einer sorgsamen Prüfung des Geschehens, bevor eine Information an die Öffentlichkeit gelangt.

Informationen der Behörden - das ist nun einmal so - werden von der Bevölkerung sehr ernst genommen und haben deshalb fast immer den Charakter einer Warnung vor bestimmten Produkten. Deshalb haben solche Warnungen dann auch gravierende wirtschaftliche Auswirkungen. Behörden können diesen Zusammenhang nicht einfach ignorieren. Ich erinnere hier an das damalige Geschehen, als ein Kind nach dem Genuss einer Torte eines niedersächsischen Unternehmens verstorben ist. In diesem Fall hat damals mein Vorgänger, Herr Bartels, so richtig in die Brennnessel gegriffen und diesen Betrieb stigmatisiert. Außer hohen Umsatzrückgängen ist aber nichts dabei heraus gekommen. Das müssen wir im Hinterkopf behalten. Dieser Firma war nichts Schlimmes nachzuweisen. Ich weiß nicht, warum man hier nun wieder versucht, diese Regelung so locker zu gestalten, dass man praktisch jedem Betrieb mit einer Meldung, die nicht stichhaltig ist, den Garaus machen kann.

(Clemens Große Macke [CDU]: Es gibt ja noch weitere Beispiele!)

Meine Damen und Herren, wir sind verpflichtet, uns die Zeit für eine sachgemäße Klärung der Vorfälle zu nehmen und letztendlich erst dann das Produkt und auch das Unternehmen zu nennen, wenn wir es auch verantworten können. Mein Haus, das für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zuständig ist, wird diesen öffentlichen Druck aushalten müssen, wenn eine Entscheidung nach dem Verbraucherinformationsgesetz ansteht. Dafür stehe ich als Minister gerade, und ich bin auch bereit, diese Verantwortung auf mich zu nehmen, wenn es nötig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben als Opposition Ihre Haltung im bisherigen Beratungsverfahren kundgetan. Ich fordere Sie noch einmal auf: Geben Sie sich jetzt endlich einen Ruck! Unterstützen Sie die Landesregierung im Interesse der Bürger dieses Landes, und stimmen Sie der Beschlussempfehlung zu!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde gefolgt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 30: Zweite Beratung: a) Rechtsextremismus entschlossen begegnen - NPD-Verbot nicht aus den Augen verlieren! - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/1681 neu b) Bildungspolitische Initiativen gegen Rechtsextremismus ausbauen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2847 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/2961

Die Beschlussempfehlung lautet zu a) auf Annahme in geänderter Fassung und zu b) auf Ablehnung.

Bevor wir in die Beratung eintreten, möchte ich Sie auf Folgendes aufmerksam machen: Ursprünglich war in Aussicht genommen, zu dem Antrag der SPD-Fraktion auch eine Mitberatung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vorzusehen. Mit Blick auf die intensive Beratung im federführenden Ausschuss für Inneres und Sport unter Einschluss einer ausführlichen Unterrichtung durch das Ministerium in vertraulicher Sitzung einerseits und den von allen vier Fraktionen geäußerten Willen andererseits, das Thema Rechtsextremismus möglichst bereits

heute zu beraten, soll auf diese Mitberatung verzichtet werden. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann halte ist das Haus damit einverstanden.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Leuschner. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Text der Beschlussempfehlung ist ein Kompromiss der Fraktionen von SPD, CDU und FDP mit dem Ziel, als Parlament in Niedersachsen gemeinsam alles zu unternehmen, dass die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem gefährlichen Gedankengut der extremen Rechten von allen demokratischen Parteien verstärkt und offensiv geführt wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass diesem gemeinsamen Antrag ein Entschließungsantrag der SPD-Fraktion von Februar 2005 zugrunde liegt, dessen Ziel schon vor eineinhalb Jahren war, diese Initiative im Parlament zu starten. Heute ist dieses Ziel aktueller denn je, und wir müssen alles daran setzen, um rechtsextremem und ausländerfeindlichem Gedankengut in Niedersachsen keinen Raum zu geben.

Im Mittelpunkt unseres Antrages stand als zweiter Punkt, hervorgerufen durch das provokative Verhalten der NPD-Abgeordneten im Sächsischen Landtag, erneut zu prüfen, ob ein NPD-Verbot notwendig und durchsetzbar ist. Das ist der wichtigste Grund für unseren Antrag, den wir auch hier aufrechterhalten. Aus unserer Sicht sind schon heute genug Erkenntnisse vorhanden; sie liegen dem niedersächsischen Innenministerium bereits seit dem Jahr 2001 vor.

Im Jahr 2004 hat es neue Erkenntnisse gegeben. So hat beispielsweise der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei gesagt, dass dem Bundesvorstand der NPD zwei einschlägig bekannte Neonazis angehören. Außerdem hat es zahlreiche Äußerungen von NPD-Vertretern gegeben, in denen die verfassungsfeindliche Haltung dieser Partei zum Ausdruck gebracht worden ist.

Allerdings, meine Damen und Herren, sind bei dieser erneuten Prüfung auch alle Risiken eines

möglichen Scheiterns abzuwägen. Ein erneutes Scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht können wir uns nicht leisten. Das muss sachgerecht geprüft werden. Aber wir sehen darin trotzdem eine gute Chance. Es ist uns ein Anliegen, dass das alle hier im Parlament vertretenen Fraktionen unterstützen.

Meine Damen und Herren, im Laufe des Verfahrens haben sich die Vertreter der CDU, FDP und wir darauf geeinigt. Das ist unser Hauptanliegen. Der niedersächsische Innenminister scheint ja geprüft zu haben und zu einer anderen Erkenntnis gelangt zu sein. Das scheint nicht die Meinung der Koalitionsfraktionen zu sein.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Quatsch!)

Meine Damen und Herren, leider - das ist der Grund, weshalb wir hier keine parlamentarische Übereinstimmung hinbekommen haben - war es nicht möglich, sich gemeinsam mit den Grünen über die erneute Prüfung des NPD-Verbots zu verständigen. Die Grünen haben hier eine andere Position; das hat ihr Vertreter immer zum Ausdruck gebracht. Sie halten die Prüfung eines erneuten Verbotsverfahrens sogar für kontraproduktiv. Das schreiben sie in Punkt 4 ihres Antrags.

Meine Damen und Herren, in diesem Punkt besteht ein Dissens. Während der Verhandlungen ist ein so genanntes Junktim erzeugt worden. Die Grünen haben einen eigenen Antrag auf den Tisch gelegt, der in vielen Punkten sehr gut ist und in den auch Forderungen, die in unserem Ursprungsantrag enthalten sind, mit aufgenommen worden sind. Aber sie lehnen eine erneute Prüfung ab. Wegen dieser Verkopplung können wir ihrem Antrag leider nicht zustimmen. In diesem Punkt waren sie starr. Wir hätten uns gefreut, wenn auch die Grünen der gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung - ich sage ausdrücklich, sie ist ein Kompromiss - hätten zustimmen können.

Die gemeinsam getragene Beschlussempfehlung enthält aber auch noch andere Punkte. Wir begrüßen natürlich die Aktion der Landesregierung „Rechtsextremismus entgegentreten“. Aber man muss dazu auch sagen, dass das Maßnahmen in den Ministerien sind, die bereits zu unserer Regierungszeit in Kraft gesetzt worden sind und die wir mit finanziellen Mitteln unterlegt haben.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wel- che denn? Nennen Sie doch mal welche!)

- Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben beispielsweise die Landeszentrale für politische Bildung, die in erheblichem Umfang Aktionen und Seminare gegen Rechtsextremismus veranstaltet hat und die in unserem Land sehr wichtig war, aufgelöst.

Deswegen meine ich, dass die Landesregierung hier in einer besonderen Verantwortung ist, alles in Gang zu setzen, dass rechtsextremes Gedankengut hier in Niedersachsen keinen Raum hat. Wir müssen alles daransetzen, die Bevölkerung aufzuklären. Wir müssen gerade auf junge Menschen einwirken, dass sie ein demokratisches Verhalten an den Tag legen und jeglichem Ansatz von Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus die Grenzen aufzeigen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass es uns auch noch wichtig ist, alles zu unternehmen, dass beispielsweise rechten Wohngemeinschaften kein Raum gegeben wird. Deswegen sprechen wir auch noch einmal den Fall des Heisenhofs im Landkreis Verden an.