Das hat zuletzt die Fußball-Weltmeisterschaft eindrucksvoll bewiesen. Gerade wir Niedersachsen haben die ausländischen Mannschaften und Gäste friedlich, fröhlich und offen begrüßt. Ich selbst habe mir an den WM-Quartierstandorten ein Bild machen können. Es war wirklich beeindruckend zu sehen, wie man z. B. die Mannschaften und Gäste aus Angola, aus Trinidad und Tobago oder aus Mexiko empfangen hat und wie man dazu beigetragen hat, dass man hier fröhlich miteinander gefeiert hat, dass man miteinander gejubelt, aber auch miteinander gelitten hat, wenn es tatsächlich einmal zu einer Niederlage gekommen ist. Ich glaube, wir können den Organisatoren, aber auch insgesamt den Niedersachsen danken, dass sie diese Chance ergriffen haben, unser Land als weltoffen und gastfreundlich darzustellen. Herzlichen Dank all denen, die dazu beigetragen haben.
Es sind viele neue Freundschaften entstanden. Gemeinsames Erleben verbindet. Das ist der Schlüssel zum Verständnis anderer Kulturen. Deshalb steht am Anfang jeder Integrationsbemühung die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen.
Meine Damen und Herren, Integration ist eine der wichtigsten innenpolitischen Aufgaben und Herausforderungen unserer Zeit. Das Gelingen der Integration zugewanderter Menschen ist für diese Landesregierung ein ganz zentrales Anliegen und entscheidend für den Zusammenhalt und die Sta
bilität unseres Gemeinwesens. Deshalb hat die Niedersächsische Landesregierung das Jahr 2006 zum „Jahr der Integration“ erklärt.
Bei meinen Besuchen der Integrationsleitstellen habe ich mich in den vergangenen Wochen in vielen niedersächsischen Städten und Landkreisen über praktische Integrationsarbeit informiert. Ich kann Ihnen sagen: Ich bin wirklich beeindruckt davon, was dort vor Ort schon alles geleistet wird. Mit außerordentlichem Engagement wird hier durchaus vieles auf den Weg gebracht. Auch der Einsatz von Ehrenamtlichen in den Kommunen, in den freien Wohlfahrtsverbänden, in den Kirchen und in unzähligen privaten Initiativen ist großartig. Hierfür danke ich wirklich allen Beteiligten - es ist ein großartiges Engagement.
Mein Dank gilt aber auch unseren Schulen und den Kommunen, die oftmals gerade hierbei Außergewöhnliches leisten und als Erste mit schwierigsten Problemen konfrontiert werden. Der Brief der Lehrer der Rütli-Schule hat alle wachgerüttelt, obwohl die Probleme seit Jahren bekannt sind. Was lernen wir daraus? - Erstens. Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Zweitens. Wir dürfen die Schulen mit ihren Problemen nicht alleine lassen.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen leben Zuwanderer aus 195 Nationen. Die überwiegende Mehrheit ist gut integriert. Diese Menschen haben ihren Platz in unserer Gesellschaft gefunden. Sie haben einen Arbeitsplatz oder sind selbstständig. Ihre Kinder machen ihren Weg in Schule und Ausbildung.
Aber es bleiben die, die ihre Integrationsbereitschaft stärker als bisher unter Beweis stellen müssen, und diejenigen, die der Unterstützung bedürfen. Die Niedersächsische Landesregierung hat deshalb im Oktober vergangenen Jahres die Fortschreibung des „Handlungsprogramms Integration“ beschlossen und stellt im Jahr 2006 ein Finanzvolumen von rund 60 Millionen Euro für Integration zur Verfügung. Damit wollen wir mehr als ein Zeichen setzen. Integration und die Schaffung der Voraussetzungen hierfür sind für diese Landesregierung eine Herzensangelegenheit.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen steht für eine pragmatische und zeitgemäße Integrationspolitik. Durch die große Anzahl von zugewanderten Menschen aus anderen Kulturkreisen werden wir heute vor völlig neue Probleme gestellt. Sie unterscheiden sich signifikant von jenen Herausforderungen, vor die uns die Zuwanderung aus den europäischen Ländern in den 60er- und 70erJahren gestellt hat. Drei Aspekte sind in diesem Zusammenhang besonders zu berücksichtigen:
Aktuelle Integrationsansätze müssen die kulturellen und religiösen Unterschiede zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Zuwanderern berücksichtigen.
Political Correctness darf nicht dazu führen, dass Probleme verschwiegen werden. Sorge bereiten uns insbesondere eine überproportional hohe Kriminalitätsrate bei männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ein anderes Verständnis der Rollen von Mann und Frau in vielen Kulturkreisen. Integration in Deutschland hat dies wahrzunehmen, aber nicht kritiklos zu akzeptieren. Integration in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat zielt auf die Vermittlung der Gleichberechtigung von Mann und Frau und auf die klare Ächtung von Gewalt und Kriminalität ab.
Kanada, Australien und viele nordische Länder haben Zuwanderung von Anfang an nach völlig anderen Kriterien geregelt und an den eigenen Interessen ausgerichtet. Diese Länder werben in erster Linie hoch qualifizierte Fachkräfte an. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Auch wir müssen in der Zuwanderungs- und Integrationspolitik hier einen Schwerpunkt setzen. Wir brauchen mehr hoch qualifizierte und zugleich integrationswillige Menschen in unserem Land.
In diesem Sinne brauchen wir eine differenzierte und flexible Integrationspolitik. Sie muss neben den Neuzuwanderern auch die bereits seit längerem hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund erreichen und die künftigen Zuwanderer mit in den Blick nehmen. Der Osnabrücker Integrationsforscher Professor Klaus Bade spricht von einer Trias der Integrationspolitik. Er fordert begleitende, nachholende und präventive Interventionen.
Niedersachsen hat sich diesen Aufgaben gestellt. Als erstes Bundesland hat Niedersachsen die flächendeckende Sprachfrühförderung eingeführt. Als einziges Bundesland bieten wir staatlich verantworteten islamischen Religionsunterricht an. Weitere vorbildliche Integrationsmodelle haben wir mit der Einrichtung der kommunalen Leitstellen für Integration, mit einem lokalen Integrationslotsenmodellprojekt und nicht zuletzt mit unserer bundesweit vorbildlichen Kooperativen Migrationsarbeit geschaffen.
Meine Damen und Herren, wir gestalten und optimieren Integrationsprozesse. Damit ist Niedersachsen Vorbild in der Integrationspolitik.
Wir setzen auf ein friedliches Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten und auf die Verhinderung von Parallelgesellschaften. Integrationspolitik ist auch präventive Sozialpolitik und Sicherheitspolitik. Dabei steht für die Niedersächsische Landesregierung fest: Migranten und Spätaussiedler sollen stärker als bisher am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben unseres Landes teilhaben.
Aber Zugewanderte müssen auch selbst einen Beitrag zur Integration leisten und eigene Anstrengungen unternehmen. Sozialer Desintegration und Kriminalität wirken wir präventiv und notfalls auch repressiv entgegen. Denn Integrationsverweigerung kann auf gar keinen Fall hingenommen und akzeptiert werden.
Integration ist ein Schlüsselwort unserer Zeit. Integration bedeutet sinngemäß Eingliederung in ein größeres Ganzes. Wir wissen alle: Integration von zugewanderten Menschen ist keine einfache Aufgabe und keine schnelle Angelegenheit. Die Integration von Zugewanderten ist vielmehr ein langfristiger, vielschichtiger und auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Prozess. Beide Seiten sind gefordert: die einheimische Mehrheit und die zugewanderte Minderheit. Alle Beteiligten müssen in diesem Prozess aktiv mitarbeiten. Vorrangig aber hat jeder einzelne Migrant bzw. Spätaussiedler seinen Beitrag zum Gelingen der Integration zu leisten. Deshalb steht die niedersächsische Integrationspolitik unter der Prämisse „fordern und fördern“. Es darf keinen Zweifel daran geben, dass dies auf der Basis un
Meine Damen und Herren, Sport bietet hervorragende Möglichkeiten, das Zusammentreffen von Menschen verschiedener Nationalitäten positiv zu gestalten. Die Fußballweltmeisterschaft hat dies gezeigt. Über 9 400 im Landessportbund Niedersachsen organisierte Sportvereine leisten wichtige Beiträge zur Gewaltprävention und zur Gesundheitsvorsorge im Land. Sie erfüllen in einem großen Umfang soziale Aufgaben. Gerade Sportvereine sind erfolgreich beim Brückenschlag zwischen unterschiedlichen Gruppen unserer Bevölkerung. Das Motto „Sport verbindet“ hat in der heutigen Zeit nichts, aber auch gar nichts von seiner Gültigkeit verloren. Sport kann für Migranten zum Türöffner für andere gesellschaftliche Bereiche werden.
Ich appelliere daher an Migranten und Spätaussiedler, in noch größerer Zahl als bisher unseren Sportvereinen beizutreten und dort den Kontakt nicht nur untereinander zu suchen. Es ist nicht der richtige Weg, Fußballmannschaften zu bilden, in denen nur türkische Personen spielen. Das hat nichts mit Integration zu tun.
Der Sport hat ansonsten Hervorragendes geleistet. Der Landessportbund unterstützt mit seinem Programm „Integration durch Sport“ an erster Stelle die Integrationsarbeit seiner Sportvereine. Der LSB und seine Sportjugend haben jedoch auch eigene Projekte mit Erfolg durchgeführt, die darauf ausgerichtet waren, gerade junge Frauen und Mädchen muslimischen Glaubens an den Sport heranzuführen und darüber hinaus die Akzeptanz für Mädchensport in den Elternhäusern zu steigern.
Der Christliche Verein Junger Menschen in Wolfsburg ist ein besonders gutes Beispiel für gelungene Integrationsarbeit. Unter dem Motto „PausenKick statt Pausen-Kippe“ werden an drei Schulen mit hohem Migrantenanteil Turniere veranstaltet, ohne den laufenden Schulbetrieb zu beeinträchtigen. Ganz wichtig ist, dass in der Pausen-Liga auch solche Schüler Erfolgserlebnisse finden, die im Unterricht weniger erfolgreich sind. Dies steht beispielhaft für das Engagement vieler anderer Vereine, Institutionen und kirchlicher Gruppen.
ker nutzen sollten. Die vielen positiven Beispiele für einen Beitrag des Sports zur Integration der Kinder und Jugendlichen müssen wir transparent machen, damit Sportvereine von erfolgreichen Integrationsprojekten noch mehr lernen können. Ich werde daher mit dem Landessportbund über die Einrichtung einer Datenbank mit allen erfolgreichen Integrationsprojekten im Sport sprechen. Auf eine derartige Datenbank sollten dann alle Sportvereine und sonstigen Interessierten über das Internet zugreifen können. Ich werde auch alle Sportvereine anschreiben, ihnen für das bisher Geleistete danken und sie bitten, ihre Integrationsbeispiele zu nennen. Ich werde sie auch bitten, darüber nachzudenken, ob sie vielleicht noch das eine oder andere mehr tun müssen und können.
Wir müssen darüber nachdenken, ob wir bei der Aus- und Fortbildung der Übungsleiterinnen und Übungsleitern auf den Bereich der Integration noch mehr Einfluss nehmen sollten.
Der Sport kann sicherlich nicht alle Probleme in unserer Gesellschaft lösen. Er leistet aber einen bedeutenden Beitrag. Insofern möchte ich allen ganz herzlich danken, die ehrenamtlich im Sport sehr viel für die Integration der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger tun.
Meine Damen und Herren, Integration ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Erfolgreiche Integrationsarbeit setzt Integrationsstrukturen voraus. Mit der interministeriellen Arbeitsgruppe Integration und dem Forum Integration, dem bedeutende Organisationen, Institutionen, Verbände und Vertreter der Wissenschaft angehören, hat die Niedersächsische Landesregierung wichtige Strukturen geschaffen, in denen das Zusammenwirken aller am Integrationsprozess Beteiligten gelingt. Die anspruchsvolle und mitunter aufreibende Aufgabe wird auf Landesebene von der Ausländerbeauftragten des Landes Niedersachsen wahrgenommen. Mit großem Engagement verfolgt Gabriele Erpenbeck seit vielen Jahren das Ziel, die Integration der in Niedersachsen lebenden Migranten und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.
Die Ausländerbeauftragte übt eine Mittlerfunktion zwischen der deutschen und ausländischen Bevölkerung aus. Sie koordiniert die Arbeit der vielen Mitstreiter sowohl in den Verbänden, Organisationen und Kirchen als auch in den Verwaltungen und Parlamenten, von der kommunalen bis zur Landesseite. Sie leistet Informationsarbeit zu integrationsrelevanten Themen und Fragestellungen und trägt durch Publikationen, Veranstaltungen und Projekte auch zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit bei. Für ihr erfolgreiches, großartiges Engagement möchte ich Frau Erpenbeck an dieser Stelle ganz herzlich danken.
Meine Damen und Herren, Integrationsarbeit kann nur erfolgreich sein, wenn die Angebote und Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind und eine systematische Verzahnung gewährleistet ist. Das erspart Reibungsverluste und bringt Synergieeffekte. Niedersachsen hat deshalb das System der Kooperativen Migrationsarbeit Niedersachsen entwickelt, das Integrationsaktivitäten bündelt und systematisiert und sie dadurch effektiver gestaltet. Dieses Netzwerk ist bundesweit einmalig. Ich bin sehr froh darüber, dass wir als Koordinierungsstelle die Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg gewinnen konnten.
Meine Damen und Herren, Integration ohne eigenes Engagement der Zugewanderten kann nicht gelingen. Dieser Ansatz beschreibt das Grundprinzip des Landesprogramms „Integrationsberatung“. Die Beratung richtet sich auch an bereits länger hier lebende Migranten. In Einzelfallberatungen machen die Integrationsberater Rat suchenden Migranten deutlich, dass Integration ohne eigene Anstrengungen nicht gelingen kann.
Ein weiterer Teil des Programms ist die Rückkehrund Weiterwanderungsberatung für Menschen, die die Bundesrepublik wieder verlassen müssen. Wir müssen gerade den nicht bleibeberechtigten Ausländern Hilfestellung für eine freiwillige Ausreise geben und die Rückkehrmöglichkeiten in das jeweilige Heimatland verbessern. In diesem Zusammenhang ist es nicht hinnehmbar, dass der Bund beabsichtigt, für 2006 und 2007 seine Mittel zur Förderung der freiwilligen Rückkehr auf ca. die Hälfte der bisher verabredeten Mittel zu kürzen. Darüber werden wir sicherlich noch reden.
richtung die Migrationserstberatung finanziert und die Zusammenarbeit aller Beratungsstellen vor Ort unabhängig von deren Finanzierung unterstützt. Hierfür stehen 38 Stellen zur Verfügung. Die Länder übernehmen die Kosten für Maßnahmen der so genannten nachholenden Integration. Wir in Niedersachsen setzen auf eine qualifizierte Beratung. Derzeit werden 27,5 Stellen für 47 Personen finanziert. Dieses flächendeckende Netzwerk der Integrationsberatung hat sich bewährt und soll auch in Zukunft weitergeführt werden.