Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

worden. Ich könnte dazu jede Menge Beispiele aus Ihrer Regierungszeit nennen. Bei den Notwendigkeiten für den dienstlichen Alltag, zu denen eine ordnungsgemäße Ausrüstung gehört, ist es allerdings unerlässlich, sicherzustellen, dass Polizeifahrzeuge jederzeit betankt und einsatzbereit sind. Bei Ihnen wurden Polizeifahrzeuge stillgelegt, als das Geld für Benzin ausgegeben war. So viel zur Motivation!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Sagen Sie es einmal konkret! Wann ist je welches Auto stillgelegt worden? Das erzählen Sie mal!)

Herr Kollege Bartling, ein zweites Beispiel, das es ebenfalls nie wieder gegeben hat: Beamtinnen und Beamte mussten am Wochenende auf den Schrottplatz gehen, um sich Ersatzteile für Computer zu besorgen.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Auch dies hat mit Motivation zu tun, Herr Kollege Bartling!

Natürlich gehört zum Dienstbetrieb einer so großen Landesbehörde auch der sparsame Umgang mit Ressourcen: nicht mehr Papier verbrauchen, als unbedingt notwendig ist,

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

nicht mehr heizen, als gesundheitlich förderlich ist, und auch das Papier von beiden Seiten benutzen, wobei der Innenminister aber nicht verlangt hat, dass man auch das Toilettenpapier von beiden Seiten benutzen müsse.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei der SPD - Glocke des Präsidenten)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sobald es etwas ruhiger geworden ist, werden wir in der Tagesordnung fortfahren können.

Zum Tagesordnungspunkt 2 b) gibt es keine weiteren Wortmeldungen mehr. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf

c) Günstige Strompreise für Niedersachsens Bürger sichern: Strompreisaufsicht beibehalten! - Antrag der Fraktion der FDP Drs. 15/3156

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Dürr. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes hängt entscheidend davon ab, ob es eine sichere und zugleich wirtschaftliche Versorgung mit Energie gibt. Dies wissen wir alle. Zugleich sehen wir uns zu Beginn des Herbstes 2006 einer Situation gegenüber, in der steigende Strompreise nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft belasten, sondern ebenso den privaten Haushalten in einer für viele Menschen wirtschaftlich schwierigen Zeit jede Luft zum Atmen genommen haben.

(Beifall bei der FDP)

Viele Mieter sehen zum Ende des Jahres erheblichen Nachzahlungen für die Nebenkosten entgegen. Da jeder Euro, wie wir wissen, nur einmal ausgegeben werden kann, drückt dies erneut auf die schwache Binnenkonjunktur in der Bundesrepublik Deutschland.

Deswegen lohnt es sich, meine Damen und Herren, einen Blick auf die Ursachen der hohen Strompreise zu werfen. Zum einen sind es die steigenden Rohstoffpreise. Wir wissen, dass der Energiebedarf in Asien auch künftig weiter steigen wird. Dies ist mehr als verständlich; diese Staaten nehmen ebenfalls wirtschaftlichen Fortschritt für sich in Anspruch. Gerade deshalb haben FDP und CDU in diesem Hause deutlich gemacht, dass wir, um in Deutschland wettbewerbsfähig zu bleiben, einen technologieoffenen Energiemix brauchen. Allerdings dürfen wir uns nichts vormachen: Die Stromerzeugung macht nur 23 % der gesamten Stromkosten aus.

In Wirklichkeit - dies müssen wir den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland ehrlich sagen - schlägt der Staat mit mittlerweile über 40 % bei den Strompreisen zu.

(Beifall bei der FDP - Unruhe)

Herr Dürr, einen Augenblick! - Ich habe den Eindruck, dass wir mit dieser Debatte einige Mitglieder des Hauses stören. - Jetzt haben Sie wieder das Wort.

Deswegen war im Jahre 1998 der Schritt des damaligen Bundeswirtschaftsministers Günter Rexrodt völlig richtig, den Strommarkt zu liberalisieren. Dies setzte er gegen die Widerstände von vielen Seiten durch. Diese Liberalisierung - auch dies muss in diesem Hause wiederholt werden - hat zu mehr Wettbewerb und vor allen Dingen zu sinkenden Strompreisen geführt. Ich zeige Ihnen dies anhand einer Tabelle, die ich mir aus einem großen deutschen Nachrichtenmagazin in der letzten Woche herauskopiert habe: 1998, zum Zeitpunkt der Liberalisierung, hatte der Strompreis für einen Durchschnittshaushalt bei knapp über 17 Cent pro Kilowattstunde gelegen, bis zum Jahr 2000 sank er auf etwas unter 14 Cent, und danach, als die rotgrüne Ökosteuer, die rot-grüne EEG-Abgabe und die Abgabe im Rahmen der Kraft-Wärme-Kopplung eingeführt worden und Jahr für Jahr gestiegen sind, ist er auf fast 20 Cent pro Kilowattstunde angestiegen. Auch dies müssen wir den Menschen ehrlich sagen.

(Beifall bei der FDP)

Ohne diese zusätzlichen Belastungen lägen die Strompreise noch heute unter dem Niveau von vor der Liberalisierung. Die Liberalisierung war ein wichtiger und richtiger Schritt. Rot-Grün hat danach, meine Damen und Herren, nichts, aber auch gar nichts mehr für den Wettbewerb im Strommarkt getan. Im Gegenteil: Die rot-grüne Bundesregierung hat für weitere Monopole im Energiemarkt gesorgt, indem sie die Fusion von E.ON und Ruhrgas zugelassen hat. Dies war ein Kardinalfehler der Wettbewerbspolitik.

(Beifall bei der FDP)

Wie ich vorhin gesagt habe, haben Sie gleichzeitig weiterhin kräftig an der Steuerschraube gedreht. Das hat vor allem die privaten Haushalte getroffen. Wer jetzt wie ein Schlosshund über die hohen Strompreise in Deutschland klagt, der muss sich fragen lassen, ob er wirklich verantwortlich gehandelt hat, wenn er früher auf Bundesparteitagen und Bundesdelegiertenkonferenzen mehr Ökosteuer, mehr EEG und Ähnliches beschlossen hat. Meine

Damen und Herren, das ist einfach nur noch unseriös.

(Beifall bei der FDP)

Erst die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes gemeinsam mit den Bundesländern im Jahre 2005 und die Einrichtung der Bundesnetzagentur haben ein erstes Signal in Richtung mehr Wettbewerb gesetzt. Die oligopolen Strukturen bei den Netzen und die Kontrolle der Netznutzungsentgelte sollen dem letztlich entgegenwirken. 36 % des Strompreises entfallen auf die Netznutzungsentgelte. Das ist entscheidend, meine Damen und Herren: Der diskriminierungsfreie Zugang zu den Netzen wird zu mehr Wettbewerb führen.

Aber wir dürfen den Leuten nichts vormachen. Die Entgelte sind zwar entscheidend. Sie sind in unterschiedlichen Netzen teilweise um das Fünffache höher. Aber dafür werden wir einige Zeit benötigen. Das müssen wir den Menschen sagen. Deswegen war der Vorstoß unseres Umweltministers in Niedersachsen, die Strompreisaufsicht, die im Übrigen in Niedersachsen sehr erfolgreich ist, auch über den 1. Januar 2007 hinaus bei den Ländern zu belassen, richtig. Dieser Vorstoß war deshalb richtig, weil wir in Niedersachsen mithilfe der bisherigen Strompreisaufsicht bei den Strompreisen um durchschnittlich 10 % preiswerter sind als andere Bundesländer.

Meine Damen und Herren, insbesondere für Liberale gilt, dass es dort, wo es noch keinen echten Markt gibt, die Aufgabe des Staates ist, für mehr Wettbewerb in der Zukunft zu sorgen. Das gilt insbesondere für die Netze, wie ich vorhin gesagt habe. Aber bis es so weit ist, muss der Staat dafür sorgen, dass die Marktakteure ihre beherrschende Stellung nicht zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher ausnutzen. Meine Damen und Herren, Wettbewerb ist für uns Liberale kein Selbstzweck. Er fördert Innovation, und er sorgt letztlich für faire Preise.

(Beifall bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Nie etwas Neues!)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dehde das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir jetzt gerne ein paar Stichworte gemacht, um die Position der FDP aufzuschreiben. Mein Blatt sieht so aus.

(Der Abgeordnete hält ein leeres Blatt Papier hoch - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Wenn man nicht schreiben kann, ist das schwierig!)

Denn das, was Sie, Herr Dürr, uns hier vorgetragen haben, ist kaum noch zu unterbieten. Es ist typisch: Hier werden Ablenkungsmanöver organisiert, so wie Sie es auch in anderen Bereichen machen.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Dann werden Sie doch einmal konkret!)

Allein die Überschrift Ihres heutigen Antrages „Günstige Strompreise für Niedersachsens Bürger sichern: Strompreisaufsicht beibehalten!“ - ist schon die Vorspiegelung falscher Tatsachen;

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

denn, meine Damen und Herren, eines ist doch ohne Frage klar: Sie haben Punkte angesprochen, an denen Sie die Preisentwicklung dargestellt haben. Wir registrieren natürlich ohne Frage in Deutschland eine Entwicklung der Strompreise, die nicht nur für die Verbraucher, sondern übrigens auch für die Industrie besorgniserregend ist. Wenn wir uns die Industrie ansehen, dann sehen wir, dass sämtliche Ihrer Thesen hinten und vorne nicht stimmen. Trotz allem klagen die Vertreter der Industrie über das, was die großen EVUs mit ihnen machen, Herr Dürr. Vielleicht nehmen Sie das einmal zur Kenntnis.

Die Verbraucherpreise in Deutschland sind von 2002 bis 2005 um 8 % gestiegen, die Strompreise um 24 %. Bei den Preiserhöhungen liegt Niedersachsen in Bezug auf die beantragten Werte übrigens ganz weit vorn. Wir können insofern keineswegs von einem Erfolgsmodell sprechen, so wie Sie es tun.

(Zuruf: Quatsch!)

- Herr Minister Sander, Sie können vielleicht in Ihrem Kreistag, vor Ort, „Quatsch“ sagen.

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD]: Das hat er gar nicht gesagt!)

Ach so, das geht ja gar nicht mehr, Herr Sander. Aber ich meine, dass Sie sich solche Zwischenrufe von der Regierungsbank hier schenken können. Wenn Sie zutreffende Zurufe machen, dann gehe ich darauf ein. Damit habe ich keine Last.

Meine Damen und Herren, wie sehen die strengen Prüfungen dieses Ministers denn aus? - Dieser Minister empfiehlt den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Niedersachsen das Versenden einer Postkarte, mit der Sie sich am wirkungsvollsten dagegen wehren könnten, dass die Strompreise immerzu stiegen. Herr Minister, an dieser Stelle fällt Ihr Zwischenruf auf Sie zurück. Das Wort „Quatsch“ haben Sie benutzt, nicht ich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die tatsächlichen Prüfungen, die vorgenommen worden sind, sind von diesem Minister regelmäßig durchgewunken worden. Wir haben auch die Äußerung bekommen: Da können wir nichts machen! Lass‘ uns doch bitte einmal schauen! Dann müssen wir sehen, wie wir das Ganze hinkriegen.

(Widerspruch von Anneliese Zachow [CDU])

Meine Damen und Herren, ich habe von dem, was passiert ist, einen ganz anderen Eindruck. Mit diesem Minister, der für die Strompreisaufsicht verantwortlich ist, die in Teilen ein stumpfes Schwert ist, weil man nicht an die Produzenten herankommt und weil die Netzentgelte in den Händen der vier großen Produzenten liegen, haben Sie keinen Sachwalter von Verbraucherinteressen, sondern jemanden, der insoweit ganz andere Linien führt. Das ist bekannt. Dies wissen Sie so gut wie ich. Insofern ist das wenig hilfreich. Als die anderen Bundesländer gesagt haben, dass es so nicht mehr weitergeht, springen Sie auf diese Züge auf. Sie versuchen es zumindest. Wahrscheinlich laufen Sie den Zügen hinterher.

Herr Dürr, in Ihrer Rede haben Sie wieder vom bösen Staat gesprochen. Wahrscheinlich kommt demnächst auch ein Angriff auf die bösen Stadtwerke. Dazu verweise ich auf das, was Sie beim Abwasser und beim Abfall beabsichtigen. Dieser Absicht halte ich Folgendes entgegen, meine Damen und Herren: Der Präsident des Bundeskartell

amtes, Herr Böge, hat gesagt: Liebe Kommunen, liebe Stadtwerke, geht mehr in die Produktion von Strom hinein. Das wird den Wettbewerb bringen. Diese Landesregierung hat völlig darin versagt, hierfür Unterstützung zu liefern. - Vielen Dank.