Herr Althusmann, Sie sind nicht nur mit Ihrem Schulmodell der Oberschule grandios gescheitert, sondern Sie haben auch bei Ihrem selbst formulierten Anspruch eines Schulkonsenses völlig versagt! Mit Ausnahme der zufriedengestellten Philologen haben Sie jetzt fast alle gegen sich: die Schüler, die Eltern und die Schulträger.
Der Vorsitzende Arne Fillies favorisiert ein zweigliedriges Schulsystem mit Gymnasien und Oberschulen in Form von Gesamtschulen.“
Der Landeselternratsvorsitzende Pascal Zimmer sagte dem NDR - Zitat -, dass ihn die Änderung „fassungslos mache“. Sie sei „ein Fehdehandschuh, den die Eltern vor die Füße geworfen bekommen hätten.“
Für die Schulträger wird Rainer Timmermann, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, am 9. März im Hamburger Abendblatt zitiert, er sei „von den Socken“ gewesen, als er vergangene Woche im Landtag über die Rolle rückwärts der Landesregierung informiert worden sei. „Damit haben wir nicht gerechnet, und darauf beruhte nicht unsere Zustimmung.“
Gestern kam die endgültige Ohrfeige vom Präsidenten des Niedersächsischen Städtetages, von Ihrem Parteifreund Frank Klingebiel, der das Scheitern eines Schulkonsenses auf die Koalitionsfraktionen zurückführt.
Meine Damen und Herren, der Kommentar im rundblick vom 28. Februar, nachdem die schwarzgelben Schulideologen am Freitag zuvor im Fachausschuss kurzerhand die Oberstufe für die Oberschulen gestrichen hatten, macht es deutlich:
„Der schale Beigeschmack, den dieser ,schwarze Freitag’ für die Oberschule hat, liegt auch in der Sorge, dass künftige Politik nur noch von Lobbyisten gemacht werden kann, jetzt auch in der Bildungspolitik.“
Meine Damen und Herren, das ist nicht nur ein schaler Beigeschmack. Diese Landesregierung muss sich inzwischen ernsthaft fragen lassen, ob sie ihrem Verfassungsauftrag noch gerecht wird und alle Niedersachsen vertritt oder ob sie nur noch Klientelpolitik betreibt.
(Beifall bei den GRÜNEN - Jens Na- cke [CDU]: Haben Sie es eine Num- mer kleiner? Das ist ja peinlich!)
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Herr Althusmann, Sie haben sich verheddert in Ihrem Versuch, den Gesamtschulinitiativen das Wasser abzugraben und zugleich der konservativen Gymnasiallobby der Philologen zu Willen zu sein. Sie haben sich verstrickt in verfassungsrechtlich bedenklichen Vorgaben in Ihrem Schulgesetz, der
Ungleichbehandlung von Oberschulen und Gesamtschulen. Diese Ungleichbehandlung ist in keiner Weise pädagogisch begründet. Ohne Sachgrund ist das schlicht und einfach Willkür - Willkür, mit der Sie die Wünsche der Eltern übergehen.
Über die verfassungsrechtlichen Bedenken der Landtagsjuristen setzen Sie sich mit der Arroganz der Macht einfach hinweg. Das wird vor Gericht kaum Bestand haben.
Aber, Herr Althusmann: Ihr neues Schulgesetz wird nicht erst vor Gericht scheitern. Es wird schon die nächste Landtagswahl nicht überstehen.
- Ich komme zum Schluss. - Sie haben mit diesem Schulgesetz keine Verbesserung für unsere Schullandschaft erreicht, sondern eine Zementierung der gegliederten Struktur. Sie haben keinen Kompromiss ausgehandelt, sondern die reine CDU-Lehre durchgezogen. Sie haben keinen Schulfrieden erreicht, sondern Aufruhr gestiftet. Dem können wir nicht zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Monaten viel über einen Schulkonsens geredet. Das Ergebnis liegt heute als Gesetzentwurf zur Abstimmung vor. Nur: Ein Kompromiss ist diese neue Oberschule nicht.
Ministerpräsident McAllister und Kultusminister Althusmann haben immer wieder erklärt, dass sie offen und kompromissbereit sind und keine Partikularinteressen vertreten. Sie wollten Politik für alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen machen. Ja, da waren Hinweise, die anfangs hoffen ließen. Kultusminister Althusmann hat sich beispielsweise offen für die Senkung der Zügigkeit an
Integrierten Gesamtschulen geäußert. Dann aber ist er von den bildungspolitischen Hardlinern in den eigenen Fraktionen - vor allem in der FDP-Fraktion - zurückgepfiffen worden.
Erstens. Die Schaffung der Oberschule ist pädagogisch überflüssig. Die Oberschule ist als Schule neben dem Gymnasium mit einer starken Ausrichtung auf die berufsbildenden Schulen konzipiert. Die Durchlässigkeit zum Gymnasium wird nicht gefördert. Die unterschiedlichen Schulkonzepte von Haupt- und Realschule sollten spätestens in den höheren Klassen klar zur Geltung kommen.
Der gymnasiale Zweig ist mehr schmückendes Beiwerk als ernst gemeint. Nach den bisherigen Interessenbekundungen sieht sich nur jede siebte Oberschule in der Lage, einen gymnasialen Zweig anzubieten. Gemeinsames Lernen aller Kinder: nicht vorgesehen. Durchlässigkeit gibt es nicht. Die Abituroption gibt es nur bei gleichzeitiger Schließung einer Gesamtschule.
Zweitens. Die Oberschule ist sozial ungerecht. Ein Blick in die soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler zeigt: Die soziale Schere geht zwischen dem Gymnasium auf der einen Seite und den anderen weiterführenden Schulen auf der anderen Seite auf. So beträgt die Zahl der Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger an Gymnasien gerade einmal 4 %. Schaut man sich den Mikrozensus an, sieht man: 4 % der Eltern von Gymnasiasten haben selbst kein Abitur. Bei Hauptschülern ist dieser Anteil sechsmal größer.
Als Erklärung für solche Zahlen bieten sich zwei Möglichkeiten an: Entweder ist schulischer Misserfolg erblich, oder er wird durch Bildungsbarrieren
im System verstärkt. Da ich nicht an die Vererbungstheorie glaube, bleibt nur die letzte Möglichkeit.
Unser Bildungssystem zementiert soziale Milieus und macht den Aufstieg durch Bildung zur Ausnahme und nicht zum Regelfall.
Die Oberschule hat keine Antwort darauf. Sie ist so konzipiert, dass sie neben dem Gymnasium besteht und alle aufnimmt, die das Gymnasium nicht besuchen. Sie ist also eine Restschule. Die soziale Spaltung im Bildungssystem bleibt somit unverändert bestehen.
IGSen könnten dagegen die soziale Schere verkleinern. Durch das gemeinsame Lernen, möglichst im verpflichtenden Ganztag, können unterschiedliche Hintergründe aufgefangen werden. Doch Sie scheinen kein Interesse daran zu haben, soziale Barrieren in der Schule zu überwinden.
Drittens. Dieser Gesetzentwurf ist rechtswidrig. Die Benachteiligung der Gesamtschulen ist nicht nur aus pädagogischen Gründen falsch, sondern auch aus rechtlichen Gründen. Wir haben die Bedenken des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes in den Ausschussberatungen ausgiebig diskutiert. Herr Adler wird dazu noch einiges sagen.
Aber auch das scheint CDU und FDP egal zu sein, solange es gegen die Integrierten Gesamtschulen geht.
Noch ein paar Worte zu der im Gesetz enthaltenen Bußgeldandrohung für Eltern, die ihre Kinder nicht an der verbindlichen Sprachförderung teilnehmen lassen. Ich bezweifele grundsätzlich, dass man Eltern mit Druck eher dazu bringt, Kinder sprachlich fördern zu lassen. Auch bestehen für mich Zweifel, ob eine solche partielle Ausdehnung der Schulpflicht wirklich rechtlich haltbar ist.
„Unsere Gesellschaft braucht Bildung für alle, ohne sozial-ökonomische Ausgrenzung. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind: Schulen, die wohnortnah zur Verfügung stehen und von Schülerinnen und Schülern