Protokoll der Sitzung vom 15.03.2011

sowie Eltern frei und gleichberechtigt wählbar sind...“

Es lohnte sich, noch mehr aus diesem Memorandum zu zitieren. Bleiben wir aber bei dem gleichberechtigt und frei wählbaren Schulangebot. Wer in diesem Hause möchte ernsthaft behaupten, dass dieser Gesetzentwurf bei dieser frappierenden Benachteiligung Integrierter Gesamtschulen dazu einen Weg weist?

Aber all das wäre noch heilbar. Unser Kompromissangebot liegt Ihnen als Änderungsantrag vor. Führen Sie die Oberschule ein, aber lassen Sie auch Integrierte Gesamtschulen endlich gleichberechtigt zu, vierzügig und im Ausnahmefall dreizügig! Es darf keine Vorhaltsgebote für irgendwelche anderen Schulformen geben. Jedes Kind sollte das Recht auf einen Platz an einer Integrierten Gesamtschule haben. Das Abitur an der Integrierten Gesamtschule und an der Oberschule findet nach 13 Jahren statt.

Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu für eine wirkliche Verbesserung der Schulstruktur in Niedersachsen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Adler das Wort. Die Restredezeit für die Fraktion DIE LINKE beträgt 1:33 Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich auf einen Aspekt beschränken.

In Oldenburg trat die Frage auf, ob sich die vorhandenen Haupt- und Realschulen, die kooperieren, nicht jetzt schon zu Oberschulen definieren wollen. Im Schulausschuss haben wir gesagt: Kein vorauseilender Gehorsam; wir warten erst einmal das Gesetz ab.

Aber die Debatte wird natürlich kommen, wenn das Gesetz beschlossen wird. Das ist gar keine Frage. Dann stellt sich aber für die Schulträger folgendes Problem: Soll diese Oberschule schulzweigspezifisch oder in Jahrgangsgruppen geteilt sein? - Das sind zwei verschiedene Schultypen, die in diesem Schulgesetz unter einem Dach verankert sind.

Wenn Sie das so machen, wenn Sie zwei verschiedene Schultypen unter einer Überschrift zusammenfassen, dann dürfen Sie nicht den Schulträger von der Entscheidung ausschließen.

(Jens Nacke [CDU]: Das war doch im Rechtsausschuss schon falsch, Herr Adler!)

Denn nach § 101 des Schulgesetzes hat der Schulträger einen eigenen Wirkungskreis, und der Schulträger entscheidet über das notwendige Schulangebot. Jetzt müssen Sie aufpassen, jetzt kommen Sie in vermintes Terrain; denn jetzt geht es um Verfassungsrecht.

(Jens Nacke [CDU]: Nehmen Sie den Finger herunter!)

- Den kann ich Ihnen häufiger zeigen.

Die Schulträgerschaft ist Ausdruck des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, und dieses hat Verfassungsrang. Deshalb ist das, was Sie hier machen, ein verfassungswidriges Gesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

Für mich stellt sich nur eine Frage: Wer wird dieses Gesetz eher aufheben, der nächste Landtag oder ein Gericht?

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Probieren Sie es ein- mal!)

Ich erteile Herrn Minister Dr. Althusmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um gleich die letzte Frage kurz zu klären: Der Schulträger entscheidet bekanntlich auch nicht über die innere Differenzierung von Schulen oder Schulformen, er entscheidet auch nicht über Kerncurricula. Insofern ist diese Frage hiermit beantwortet. Es handelt sich mitnichten um eine Verfassungswidrigkeit, Herr Adler.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Oberschule ist eine Regelschule. Sie ist eine Schule des differenzierten Schulsystems. Sie wird und kann alle anderen Schulformen bis auf das Gymnasium ersetzen. Ich will eines deutlich sagen: Aus der Sicht der Landesregierung und aus der Sicht der Koalitionsfrak

tionen, die diese Landesregierung tragen, ist die Oberschule die richtige Antwort zur richtigen Zeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Diskussion um die Neuordnung der Schulstruktur in Niedersachsen finde ich zum Teil unsachlich und der Sache nicht angemessen. Wenn Sie die Vertreter der kommunalen Verbände und auch die Bildungsvertreter fragen, ob die Neuausrichtung der Schulstruktur in Niedersachsen vor dem Hintergrund massivster Herausforderungen der demografischen Entwicklung der grundsätzlich richtige Weg ist, sagen Ihnen alle durch die Bank: Jawohl, der Weg ist richtig.

(Beifall bei der CDU)

Wir unterhalten uns nur über die Frage der IGS.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Es muss die richtige Neuausrichtung sein!)

Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass es sich hier mehr um einen ideologischen Schlagabtausch handeln soll denn um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Chancen, die die Oberschule für Niedersachsen bietet.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP])

Meine Damen und Herren, auch einzelne Verbände scheinen das Große und Ganze aus dem Blick zu verlieren, wenn nicht bewusst deren Einzelinteressen bedient werden. Die Art und der Stil der Auseinandersetzung mögen die eigenen Interessen bedienen. Das mag auch die eigene Wählerschaft gegebenenfalls mobilisieren. Aber das ist keinesfalls im Interesse der Schülerinnen und Schüler dieses Landes.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Ideologen sind bekanntlich scharfe Denker, die sich durch Tatsachen nicht beirren lassen.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie sollen die FDP nicht so kritisieren!)

Tatsache ist meines Erachtens aber, dass wir uns mit Blick auf die besten Bildungschancen unserer Kinder und auch mit Blick auf die Anforderungen

der Eltern an gute Schule in erster Linie über die Rahmenbedingungen und die Bedingungen für das Gelingen von guter Schule unterhalten müssen und daraus ein Schulstrukturmodell ableiten. Tatsache ist doch: Die Eltern in Niedersachsen wie auch in anderen Bundesländern wollen bewusst kleinere Klassen für ihre Kinder. Genau dem trägt die Oberschule Rechnung.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Tatsache ist, dass eine Vielzahl von Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und deshalb auch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Ganztagsschulen will. Genau darauf gibt die Oberschule eine echte Antwort. Dafür nehmen wir Geld in die Hand.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weil es so schön ist und weil sich darin ein Stück weit der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit manifestiert, will ich auch noch Folgendes anführen. Herr Lies, als Abgeordneter und Landesvorsitzender der SPD haben Sie vorhin im Zusammenhang mit der Frage, ob die Oberschulen die Ganztagsbeschulung bekämen, fragend dazwischengerufen „Alle?“, worauf ich von der Regierungsbank geantwortet habe „Ja!“.

Sie als SPD-Landesvorsitzender sollten sich schon fragen, warum uns am 27., noch bevor die Antragsberatungen im Parlament überhaupt abgeschlossen waren, aus Ihrem Landkreis, dem Landkreis Friesland, von Ihrem Landrat, Herrn Ambrosy von der SPD, den ich durchaus schätze, der Antrag auf Einrichtung einer Oberschule mit gymnasialem Zweig vorgelegt wurde.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lies?

Ja, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Astrid Vockert [CDU]: Ist Herr Ambrosy etwa auch ein Ideologe?)

Herr Minister, meinen Sie, dass dieser Antrag auch dann gestellt worden wäre, wenn das Angebot und die Nachfrage zusammengeführt worden wären und die Chance bestanden hätte, dass im Landkreis Friesland eine weitere IGS eingerichtet wird? Das ist doch das eigentliche Ansinnen. Meinen Sie nicht, dass es in der Verpflichtung eines Landrates liegt, das kleine Bisschen, das man von Ihnen noch bekommt, mitzunehmen, wenn das große Ganze von Ihnen verwehrt wird?

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Das war ganz kleines Karo! - Jens Nacke [CDU]: Tut es nicht weh, sich so zu verbiegen?)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Lies, ich möchte Ihnen mit den Worten eines Ihrer Schulexperten außerhalb des Landtages antworten, des SPDFraktionsvorsitzenden in Hasbergen. Er sagt - vielleicht ist das die Antwort auf Ihre Frage -: „Wir sollten das Thema Oberschule positiv angehen, auch wenn es sich nicht um eine Idee der eigenen Partei handelt.“

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Wo war die Antwort? Das war keine Antwort!)