Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

Abschließende Beratung: Krebserfassung in Niedersachsen: Meldepflicht einführen - Versorgungsforschung verbessern - Bundesvorgaben nutzen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2768 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - Drs. 16/3511

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wortmeldungen für die Beratung liegen mir nicht vor.

Dann gehe ich davon aus, dass wir jetzt zur Abstimmung kommen können. - Das ist so.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2768 in geänderter Fassung annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das war einstimmig.

Ich rufe dann die Tagesordnungspunkte 13 und 14 auf:

Abschließende Beratung: Verfassungsgerichtliches Verfahren - Verfassungsbeschwerde der Frau Ayse Acar-Merrika, Siegburger Straße 171, 50679 Köln unmittelbar gegen a) das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 -, b) das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. April 2008 - 5 Sa 1836/07 -, c) das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juni 2007 - 12 Ca 175/07 -, mittelbar gegen § 57 Abs. 4, § 58 Satz 2, 1. Fall des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (GV.NW S. 102) - 1 BvR 471/10 - dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit Schreiben des Präsidenten vom 24. Februar 2011 gemäß § 60 GO LT zur Beratung und Berichterstattung überwiesen - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/3534

Abschließende Beratung: Verfassungsgerichtliches Verfahren - Verfassungsbeschwerde der Frau Aynur Aykan-Bor, Beckeradsdelle 27, 45897 Gelsenkirchen unmittelbar gegen a) das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 -, b) das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Oktober 2008 - 5 Sa 572/08 -, c) das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Oktober 2008 - 5 Sa 280/08 -, d) das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21. Februar 2008 - 6 CA 649/07 , e) das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 7. März 2007 - 4 Ca 3415/06 -, mittelbar gegen § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (GV.NW S. 102) - 1 BvR 1181/10 - dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit Schreiben des Präsidenten vom 24. Februar 2011 gemäß § 60 GO LT zur Beratung und Berichterstattung überwiesen - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/3535

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen in beiden Fällen, von einer Äußerung gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzusehen.

Die Fraktionen waren sich im Ältestenrat einig, dass über diese Punkte ohne Besprechung abgestimmt wird. - Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drs. 16/3534 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drs. 16/3535 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 15:

Erste Beratung: Sprachencharta in Niedersachsen endlich umsetzen - 14 Antworten statt 140 Fragen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3524

Bevor ich das Wort erteile, möchte ich den Parlamentarischen Geschäftsführern mitteilen, dass es jetzt 17.08 Uhr ist und wir noch zwei Tagesordnungspunkte haben. Wenn Sie von morgen noch etwas vorziehen könnten, wollten, sollten, dann müssten Sie das vereinbaren.

(Beifall bei der CDU)

Zur Einbringung des Antrages erteile ich für die SPD-Fraktion der Frau Kollegin Behrens das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein tschechisches Sprichwort lautet: Du hast so viele Leben, wie du Sprachen sprichst. - Ich finde, dieser kurze Satz macht recht schnell die Bedeutung der Sprache als wichtigste Grundlage des menschlichen Zusammenlebens und unserer Gesellschaft deutlich. Verliert man eine Sprache, verliert man ein wichtiges verbindendes Element unserer Gesellschaft.

Nach Einschätzung der UNESCO ist die Hälfte der rund 6 000 heute weltweit gesprochenen Sprachen

vom Verschwinden bedroht. In Deutschland sind nach diesen Angaben ein Dutzend Regional- und Minderheitensprachen gefährdet. Dies hat jedenfalls die UNESCO-Kommission im Februar dieses Jahres festgestellt.

Zu den akut gefährdeten Sprachen zählen laut UNESCO Nord- und Saterfriesisch sowie die niedersächsische Sprache bzw., wie man bei uns sagt, die plattdeutsche Sprache. In der aktuellen Ausgabe des Atlas der bedrohten Sprachen ist nachzulesen, dass es in Deutschland noch 3 Millionen und in den Niederlanden noch 1,8 Millionen Menschen gibt, die die plattdeutsche Sprache beherrschen bzw. Sprachkenntnisse vorweisen können. Die Bandbreite der Perfektion im Plattdeutschen ist durchaus unterschiedlich.

(Jens Nacke [CDU]: Kannst je Platt praten?)

Nimmt man die Daten des Niedersächsischen Heimatbundes hinzu, dann sprechen knapp 4 % der Menschen in Niedersachsen gut oder sehr gut Plattdeutsch. Ich gehöre zu denjenigen, die nicht so gut sprechen. Saterfriesisch können laut dem UNESCO-Atlas nur noch 1 000 Menschen in Deutschland.

Es gibt also Handlungsbedarf zum Schutz der bedrohten Sprachen, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen Jahren ein erheblicher Rückgang der aktiven Sprachkompetenz in Niedersachsen zu verzeichnen ist. Die Untersuchungen des Instituts für Niederdeutsche Sprache, kurz INS, in allen norddeutschen Ländern machen das Drama des Sprachensterbens auch in Niedersachsen deutlich.

Dies ist umso erstaunlicher, als sich das Land Niedersachsen mit seiner Unterschrift unter die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen verpflichtet hat, diese Sprachen durch aktives Handeln zu bewahren. Doch genau dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, passiert in Niedersachsen nicht. Die Landesregierung kümmert sich nicht um die Stärkung von Plattdeutsch und Saterfriesisch.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch!)

Vor allem der Niedersächsische Heimatbund klagt seit Jahren über die Arbeitsverweigerung dieser Landesregierung, nennt sie traurig und enttäuschend. Dort wünscht man sich sogar ein Gesetz zur Förderung und zum Erhalt der niederdeutschen Sprache. Ich will, Kollege Thümler, einmal aus der jüngsten Roten Mappe, also der von 2010, des

Niedersächsischen Heimatbundes zitieren. Dort heißt es:

„So hat das Land Niedersachsen seit gut zehn Jahren kein Aufsichtsorgan im Sinne des Artikels 8 der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen eingerichtet. Genauso lange fehlt es auch an Ausführungsbestimmungen zur Charta in diesem Land.“

Diese schallende Ohrfeige holt sich die Landesregierung seit Jahren jedes Jahr ab.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Björn Thümler [CDU])

In jeder Roten Mappe des Niedersächsischen Heimatbundes gibt es diese Ohrfeige, Kollege Thümler. Sie sind mitverantwortlich; denn Sie tragen als CDU und FDP diese Landesregierung.

Vorschläge zur Umsetzung der Sprachencharta gibt es in Niedersachsen genug. Wir haben hier, um das deutlich zu sagen, kein Erkenntnisproblem. Ich erinnere daran, dass dieser Landtag z. B. bereits 2005 unter dem Titel „Die Regional- und Minderheitensprachen Niederdeutsch und Saterfriesisch in der Schule“ Maßnahmen im Bildungsbereich beschlossen hat. Daraus ist bis heute wenig geworden. Auch verweise ich hier auf die Antworten auf zahlreiche Anfragen der Kollegen meiner Fraktion wie „Niederdeutsch und Saterfriesisch in der Schule“ vom Dezember 2008 der Kollegen Modder und Siebels oder „Lehrstuhl für Niederdeutsch - was tut der Minister?“ von 2007 u. a. des Kollegen Poppe.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hogrefe?

Ja, natürlich.

Herr Hogrefe, bitte!

Lewe Frau Behrens, wi hebbt dat nich so richtig verstaan. Snackt ji denn nun sülber Platt or nich?

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Was hat das damit zu tun? - Weitere Zurufe)

Frau Behrens, Sie können jetzt antworten. Bitte!

Herr Hogrefe, ich danke Ihnen für diese Frage, weil sie deutlich macht, wie Sie mit dem Thema „Plattdeutsch und Saterfriesisch“ umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Für Sie ist das ein Kalauerthema, mit dem man mal einen netten Abend verbringen kann. Aber die Aufgaben, die es in diesem Land seit Jahren zur Stärkung dieser Regional- und Minderheitssprachen zu bewältigen gibt, gehen Sie und Ihre Landesregierung nicht an.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hogrefe, Sie sollten Ihren Minister auf Trab bringen; denn in der Großen Anfrage zur plattdeutschen Sprache gibt es nun zahlreiche Einzelfragen dazu. Wir sind schon sehr erstaunt. Sie bieten uns 140 Fragen. Doch brauchen wir eigentlich eine Fleißarbeit aus den Ministerien? - Nein, ich glaube, die brauchen wir nicht, sondern wir brauchen endlich die Umsetzung der übernommenen Verpflichtungen nach Artikel 8 der Europäischen Sprachencharta.

(Johanne Modder [SPD]: Genau! Kommen Sie mal in die Puschen!)

Wir brauchen konkrete Maßnahmen im Bildungssektor. Wir brauchen einen Einsatz als Amtssprache des Staates, in den Medien und im Bereich der Kulturpflege. Diese Verantwortung hat die Landesregierung zu übernehmen. Sie darf sie nicht auf andere abschieben. Eine Große Anfrage in plattdeutscher Sprache hilft da auch nicht wirklich weiter, Herr Hogrefe.

(Beifall bei der SPD)

Da Sie nur 140 Fragen haben, haben wir die Antworten für Sie. Dann brauchen Sie nicht so lange zu warten. Wir haben Ihnen in unserem Antrag „14 Antworten statt 140 Fragen“ genau aufgezeigt, was man unternehmen muss, um Niederdeutsch und Saterfriesisch in Niedersachsen zu stärken und auszubauen; denn wir haben, Kollege Nacke, kein Erkenntnisproblem, sondern ein Handlungsproblem, das hier links und rechts von mir auf der Regierungsbank sitzt.