Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

Dieses Demonstrationsrecht ist in einer funktionierenden Demokratie ohne Alternative und wird von uns niemals infrage gestellt.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Im Land- tag erleben Sie das dauernd!)

Nur mit Hilfe der Polizei verlief der überwiegende Teil der Proteste friedlich.

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜNEN)

- Vielleicht kommen jetzt die Zwischenrufe von der Seite, die Erfahrung mit unfriedlichen Demonstrationen hat.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist eine Frechheit! Das ist unglaublich!)

Nur mit Hilfe der Polizei verlief der überwiegende Teil der Proteste friedlich, aber - das erfahren wir alle aus den Antworten der Landesregierung - es waren erneut gewaltsame Stör- und Blockadeaktionen bis hin zu schwersten Straftaten durch größere Personengruppen festzustellen.

Meine Damen und Herren, deshalb sage ich für meine Fraktion ganz deutlich: Wenn nach den Castordemonstrationen in der Summe 285 Ermittlungsverfahren eingeleitet werden müssen - vom Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bis hin zum Mordversuch -, dann ist das nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Polizeibeamtinnen und -beamte wurden während des Castoreinsatzes 2010 in diversen Fällen gezielt u. a. mit Steinen und Pyrotechnik beworfen sowie mit Stöcken, Stangen und ähnlichen gefährlichen Gegenständen geschlagen. Insgesamt wur

den dabei 131 Polizisten im Rahmen ihrer Dienstausübung verletzt.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Diese Art der Auseinandersetzung wird von uns niemals gebilligt und auf das Schärfste verurteilt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Handeln der Polizei richtet sich ausschließlich nach Recht und Gesetz. Das gilt in allen Bundesländern und auch für die Bundespolizei. So war es auch beim Castoreinsatz 2010.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Überwie- gend!)

Die hierbei in vielen Einsatzsituationen kollidierenden Rechtsansprüche sowohl auf Durchführung des genehmigten Castortransports als auch auf Schutz dagegen gerichteter Demonstrationen hat die Polizei gewährleistet und die erforderlichen Maßnahmen jeweils nach Maßgabe der gesetzlich zugewiesenen Aufgabenlage angepasst sowie rechtmäßig und verhältnismäßig getroffen.

Gegebenenfalls zu beanstandendes Fehlverhalten Einzelner ändert an dieser Grundaussage ebenso wenig, wie strafbares Verhalten Einzelner dazu führt, den Protest gegen den Castortransport insgesamt als unfriedlich einzustufen.

Deshalb gebührt an dieser Stelle allen Einsatzkräften, d. h. fast 12 000 Polizisten aus den Bundesländern und mehr als 8 000 Bundespolizisten, unser besonderer Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, auch wenn mit der vorliegenden Anfrage teilweise Sachverhalte bzw. Ereignisabläufe im Zusammenhang mit polizeilichen Einsatzmaßnahmen behauptet werden, die noch Gegenstand von Ermittlungsverfahren sind, gebührt dem Innenministerium und der Polizeidirektion Lüneburg schon jetzt unser Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Alle 55 Fragen dieser Großen Anfrage wurden umfassend in der gebotenen Sachlichkeit beantwortet. Unabhängig davon hat die Polizeidirektion über die übliche Einsatznachbereitung hinaus eine Arbeitsgruppe beauftragt, die im Einsatz aufgetretenen Probleme hinsichtlich der Einsatzzeiten sowie der Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten der Einsatzkräfte zu analysieren. Hierbei geht es der Polizeidirektion Lüneburg um Verbesserungsmög

lichkeiten für die Zukunft. Ich meine, das ist ein sehr guter Ansatz und spricht für unsere Polizei.

Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu dem Beitrag von Herrn Götz gibt es einen Antrag auf Kurzintervention, und zwar von Herrn Briese von Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Sie haben anderthalb Minuten!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Götz, ich möchte gerne auf zwei Dinge eingehen. Ich finde es ärgerlich, dass Sie in einer solchen Debatte sagen, nur mit Hilfe der Polizei sei die Friedlichkeit gewährleistet.

(Reinhold Coenen [CDU]: Ja, das stimmt!)

- Das ist doch schlicht und ergreifend falsch! Das sagt sogar der Polizeipräsident, der Gesamteinsatzleiter Niehörster: 99 % der Demonstrierenden sind friedlich. Die brauchen keine Polizisten. Das müssen Sie doch erst einmal voranstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Die brauchen keine Polizei. Die Polizei macht einen sehr schwierigen Job; das stellt niemand infrage. Aber tun Sie nicht so, als ob jeder Demonstrant einen Polizisten an seiner Seite braucht, um friedlich zu sein. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Damit diskreditieren Sie die gesamten friedlich Versammelten. Das müssen Sie auch einmal lernen. Differenzieren Sie bitte in Ihren Redebeiträgen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das Zweite, was ich zu dem Problem Endlagersuche sagen will: Sie haben mit ein paar guten Argumenten und ein paar guten Sätzen angefangen, Herr Götz. Ganz genau, wir müssen dieses Projekt wieder auf Neustart stellen.

Herr Schünemann, könnten Sie einmal etwas zu Ihren schönen Max-Weber-Studien sagen? Sie reden in diesem Hause ja so gerne über Verantwortungsethik. Verantwortungsethik ist Ihnen ja ganz besonders wichtig. Ich kann Ihnen sagen, wer Verantwortungsethik in der Bundesrepublik betreibt: Das ist tatsächlich der Ministerpräsident

von Baden-Württemberg. Der sagt: Ja, ich stelle mich diesem Problem. Auch mein Bundesland muss gucken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und wissen Sie, wer Gesinnungsethik betreibt? - Das ist nach wie vor die bayerische Landesregierung. Der Umweltminister Söder sagt: Ja, wir wollen aussteigen, aber mein Bundesland wird sich definitiv nicht an der Endlagersuche beteiligen. - Dort sollten Sie einmal vorstellig werden! Das ist der Unterschied zwischen Verantwortungsethik und Gesinnungsethik.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Herr Götz möchte darauf antworten. Sie bekommen ebenfalls anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es nett, dass Herr Briese hier nach vorn geht und sich zunächst darauf bezieht, dass 99 % der Demonstranten friedlich sind.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Das ist ein Zi- tat von Herrn Niehörster!)

Herr Briese, dann versuchen Sie doch in Zukunft einmal, sich im Vorfeld mit den Demonstranten zu unterhalten! Versuchen sie einmal, die Unfriedlichen zu identifizieren! Führen Sie mit denen Gespräche und sorgen Sie dafür, dass 100 % friedlich sind!

(Beifall bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Meine Güte, Herr Götz! )

Dann brauchen wir Polizeibeamte nur noch zur Verkehrsregelung, vielleicht 500. Dann läuft alles friedlich ab, und dann sind wir alle zufrieden. Dann können wir wahrscheinlich 30 Millionen Euro für einen solchen Einsatz sparen.

(Beifall bei der CDU)

Die Polizei bemüht sich sehr, diese Dinge im Vorfeld so zu besprechen und mit den Demonstranten so Kontakt aufzunehmen, dass es möglichst friedlich wird. Aber es gibt genügend, die unfriedlich sind. Deshalb kommt es eben zu diesen teuren Einsätzen.

Wenn man die Geschichte der Demonstrationen in Gorleben erlebt und sie nachvollziehen kann, dann kann man daraus bestimmte Rückschlüsse ziehen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Wir waren doch da und nicht Sie!)

Dann finde ich es doch etwas seltsam, dass Sie sich hier in dieser Form äußern.

Ihr großer Hoffnungsträger scheint ja der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Herr Kretschmann, zu sein. Warten wir erst einmal ab, was der gute Mann dort leistet! Ich kenne ihn persönlich von Veranstaltungen, habe ihn selbst kennengelernt und schätze ihn privat. Aber jetzt müssen wir einmal abwarten, wie er das bei sich hinbekommt. Vielleicht ist er derjenige, der in Zukunft dafür sorgen kann, dass auch bei uns zu 100 % friedlich demonstriert wird.