Protokoll der Sitzung vom 27.05.2011

Zweites Beispiel: In einer Pressemitteilung des Kollegen Klare aus der vergangenen Woche stand die Behauptung: Niedersachsen hat deutschlandweit den ersten Platz beim Zuwachs von Krippenplätzen belegt.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ja! Stimmt das nicht?)

Meine Damen und Herren, wer im Keller startet, der muss sich auch sehr viel mehr anstrengen.

(Beifall bei der SPD)

Sie liegen jetzt bei 3,7 % im Bereich der Tagespflege und bei 12,1 % beim Krippenausbau, mithin ein Betreuungsangebot von 15,8 % für unter Dreijährige. Das bedeutet, Niedersachsen liegt um ca. 8 % unter dem Bundesdurchschnitt. Damit nimmt es bundesweit den vorletzten Platz ein. Diese Landesregierung ist für dieses miserable Ergebnis verantwortlich. Herr Kollege Klare, hören Sie endlich auf, die Zahlen schön zu reden!

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wer war denn im Keller?)

Den wirklichen Zustand und eine seriöse Bewertung können wir der in der letzten Woche veröffentlichten Zwischenevaluierung zum Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2008 bis 2013 entnehmen. So ein Pech, meine Damen und Herren von CDU und FDP, da schreibt Ihnen Ihre Bundesregierung ins Stammbuch:

„Für Gesamtdeutschland muss die bisherige Ausbaugeschwindigkeit gesteigert werden, um das bundesweite Ziel zu erreichen.“

Der Bericht mahnt auch an, dass die Länder ihr Engagement bei den Investitionskosten erheblich steigern müssen. Der Bericht unterscheidet auch

zwischen den Ländern, die das Ausbauziel schon oder nahezu erreicht haben, denen, die das Ausbauziel erreichen können, und denen, die es schwerlich erreichen können. Meine Damen und Herren, Niedersachsen wird laut dieser Zwischenevaluierung das Ausbauziel von Betreuungsplätzen für 35 % der unter Dreijährigen bis zum Jahr 2013 nicht erreichen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN - Widerspruch von Björn Försterling [FDP])

Das meiste davon sind Bundesmittel!

(Beifall bei der SPD)

Es wird allerhöchste Zeit, dass hier nachgebessert wird, meine Damen und Herren von der rechten Seite des Hauses. Finanzieren Sie endlich!

Nebenbei: Das gleiche Spiel läuft auch bei den Betriebskosten. Statt mit den geplanten 615 Millionen Euro bis 2013 ist das Land mit lediglich 456 Millionen Euro dabei. Das ist eine Differenz von 159 Millionen Euro. Dafür wurden die Eltern mit 25 % Elternbeitrag gleich mitverhaftet, um die zu verteilenden Kosten zu drücken. Auch hier gilt: Bessern Sie nach!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Minister Althusmann, es geht um 332 Millionen Euro, die Sie in Berlin über das Kinderförderungsgesetz mit unterschrieben haben. Dann müssen Sie sie auch finanzieren. Das, was man unterschreibt, muss man auch finanzieren! Das läuft bei der Inklusion übrigens genauso. Da machen Sie auf der Bundesratsebene mit, und hinterher kommt hier nichts.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend möchte ich an unsere Forderungen erinnern:

Erstens. Gesetzliche Grundlage für die dritte Krippenkraft.

Zweitens. Verringerung der Kindergartengruppengröße auf 20 Kinder. Frau Korter hat das vorhin gesagt: Die 25 Kinder sollten ursprünglich nach § 24 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes eine Übergangsregelung darstellen. Das ist aber nie verändert worden.

Drittens. Erhöhung der Zahl der Verfügungsstunden in den Kindertagesstätten von 7,5 auf 12 Wochenstunden.

Viertens eine vernünftige tarifliche Bezahlung der Fachkräfte in den Einrichtungen. - Über alles das haben wir hier schon diskutiert!

Fünftens die verbindliche Einführung des Orientierungsplans - aber wirklich verbindlich, Herr Minister! Da darf man sich nicht darauf berufen, dass die freien Wohlfahrtsverbände das miterarbeitet hätten, deshalb sei das verbindlich. Das muss ein Minister verbindlich regeln!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sechstens eine verbesserte Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher.

Siebtens mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher.

Achtens. Der Anteil männlicher Fachkräfte ist nach wie vor viel zu niedrig.

Herr Minister Althusmann, wir können Sie nur auffordern: Machen Sie sich endlich auf den Weg! Es reicht, wenn Sie die bis 2013 vorgesehenen vereinbarten - die haben Sie vereinbart! - 332 Millionen Euro nachfinanzieren. Um die Folgefinanzierung, die 77 Millionen Euro, die dann jedes Jahr aufzubringen sind, kümmern wir uns, wenn wir ab 2013 wieder an der Regierung sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Vockert das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang hat Herr Brammer einen Satz gesagt, den ich ausdrücklich unterstützen möchte. Er hat gesagt: Wir müssen das hier nun einmal ertragen. - Ich gebe zu, dass es mir schwerfällt, das hier zu ertragen. Ich gebe zu, dass es mir schwerfällt, zu sehen, wie immer mit zweierlei Maß gemessen wird.

Frau Korter sprach in ihrem Redebeitrag das Jahr 1992 an. Als hier eine Zwischenfrage gestellt wurde, auf Anfang der 90er-Jahre bezogen, rennt Herr Limburg völlig verzweifelt - weil man ja in die Geschichte zurückgeht - hinaus.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der musste einmal!)

Hier wird also mit zweierlei Maß gemessen. Das macht mich manchmal betroffen. Mich macht auch betroffen, dass man heute mit dieser Großen Anfrage und der Besprechung eigentlich alles das zusammenfasst, was man in den letzten Monaten und Jahren seitens der Opposition gewohnt ist: Forderungen stellen, immer wieder das Gleiche sagen! Wir haben hier - ich habe es schon in drei Reden gesagt; „Und täglich grüßt das Murmeltier“, so habe ich schon einmal angefangen - immer the same procedure as every year. Es ist immer das Gleiche, und Sie haben nichts Neues!

Wenn Sie dem Kultusminister zugehört hätten und Ihnen deutlich wäre, dass wir darüber schon lange hinweg sind - ich mache das gleich noch einmal an Zahlen deutlich -, und wir uns gedanklich schon weiter nach vorn bewegen und überlegen, was wir noch machen können - - -

Herr Brammer hat übrigens noch in einem zweiten Punkt recht gehabt; das hatte ich vergessen zu erwähnen. Er hat gesagt: Damals - damals, also zu Zeiten der SPD-geführten Landesregierung, einmal war es auch Rot-Grün; danke schön, Frau Kollegin Pieper; das muss man sich ja merken - hatte dieser frühkindliche Bildungsbereich einen anderen Stellenwert. - Das ist exakt richtig. Ich erinnere daran, dass ich in der Opposition hier vorne gestanden habe und völlig verzweifelt versucht habe, Karl-Heinz Mühe das deutlich zu machen - den sollten Sie noch einmal fragen; ich war wirklich verzweifelt, weil es mir immer um die frühkindliche Bildung und um die Kinder ging -, und Sie das abgelehnt haben. Sie haben gesagt, ich wollte die Kinder verkopfen, verschulen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Jetzt ha- ben Sie ja acht Jahre lang Zeit ge- habt!)

Das war damals für mich nicht leicht. Das bestätigt genau die Aussage, Frau Kollegin Pieper, die wir eben gehört haben: Das hatte damals einen anderen Stellenwert.

Man sieht im Prinzip, wie Sie immer wieder versuchen, deutlich zu machen: Ihre Sichtweise ist gerade in dem Bereich nach gestern gewandt. Das kann einen nur schmerzen, wenn man das zur Kenntnis nehmen muss. Das ist immer rückwärts gewandt. Auf der anderen Seite wollen Sie einfach nicht wahrhaben, nicht wahrnehmen, was diese Landesregierung umgesetzt hat. Ich kann das verstehen, auch ich war in der Opposition, 13 Jahre lang. Aber dass bei Ihnen das Glas Wasser immer nur halb leer ist und dass Sie immer nur auf vorgestern hinweisen, macht mich manches Mal betroffen. Durch die Anfrage wird das sehr deutlich. Frau Korter, schon im ersten Satz der Anfrage heißt es:

„Kultusminister Althusmann hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, die frühkindliche Bildung zu stärken.“

Das zeigt, welch ideologische Brille Sie nach wie vor aufgesetzt haben und leider auch immer behalten. Da sollten Sie sich einmal beraten lassen. Sie müssen nämlich zur Kenntnis nehmen, dass er sich nicht nur wiederholt dafür ausgesprochen hat, sondern dass er sich wiederholt erfolgreich für diesen Bereich eingesetzt und die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Zahlen sind genannt worden: in nur vier Jahren von 163,7 Millionen auf 392,3 Millionen Euro. Es ist auch schon auf die Mipla hingewiesen worden: 2013, wenn der Rechtsanspruch in Kraft tritt, werden wir fast eine halbe Milliarde Euro einsetzen. Wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dann kann ich das nicht ändern. Wir können das von Monat zu Monat hier gerne wieder diskutieren. Aber wir, die rechte Seite des Hauses, sind schon dabei, uns Gedanken darüber zu machen, wie es eigentlich weitergeht. Da spielt das nifbe eine Rolle. Wir stellen dafür 5,5 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Es geht auch um Hirnforschung.

(Ina Korter [GRÜNE] lacht)

- Frau Korter, dass Sie da lachen! Das muss uns alle betroffen machen.

(Ina Korter [GRÜNE]: Ich lache dar- über, dass das nicht finanziert ist!)

Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass von Null an, noch vor der Geburt des Kindes im Mutterleib, beispielsweise musikalische Bildung ein wichtiger Punkt ist. Hirnforscher, Entwicklungspsychologen! - Wo stehen Sie eigentlich? Sind Sie im letzten Jahrhundert stehen geblieben? Sie wollen uns in vielen Bereich dahin führen. Das werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir plädieren für einen gemeinsamen Kraftakt, Frau Korter. Wir würden uns viel stärker Ihre Unterstützung dafür wünschen. Wir haben das dritte beitragsfreie Kita-Jahr eingeführt. Für die Finanzierung der Betriebskosten stellen wir 462 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Auch das ist gesagt worden. Es ist eine Mammutaufgabe, der wir uns stellen und immer gestellt haben.