Natürlich kann auch ich mir vorstellen, der besonderen Situation der Schule Rechnung zu tragen. Aber hier muss genau abgewogen werden.
Wir sind in Niedersachsen stark durch die Vielfalt unserer Schulen. Nur so kann man vergleichen. Nur so können wir von unterschiedlichen Konzepten lernen. Ihre Strukturdebatten im Zusammenhang mit dem Schulpreis bringen uns hier nicht weiter.
Danke schön, Herr Dr. von Danwitz. - Nun hat von der SPD-Fraktion Frau Kollegin Heiligenstadt das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die IGS Göttingen-Geismar hat in eindrucksvoller Weise bewiesen, dass Gesamtschulen vor allen Dingen dann, wenn sie ein möglichst langes gemeinsames Lernen verwirklichen können, große Leistungen vollbringen können. Wir gratulieren der IGS in Göttingen und allen, die zu diesem tollen Erfolg beigetragen haben, von ganzem Herzen zum Gewinn des Deutschen Schulpreises!
Allen ist Dank auszusprechen. Wir freuen uns ausdrücklich mit dieser Schule und sind sehr, sehr stolz auf dieses niedersächsische Erfolgsmodell.
Sehr geehrter Herr Dr. Althusmann, da wäre es auch einmal angebracht gewesen, dass Sie nicht nur mit zusammengebissenen Zähnen die Gratulation aussprechen.
Von der peinlichen Vorstellung des Staatssekretärs bei der Preisverleihung in Berlin will ich einmal gar nicht reden.
Meine Damen und Herren, wir sind aber auch mindestens genauso stolz auf eine 40-jährige erfolgreiche Gesamtschulentwicklung in ganz Niedersachsen.
Niedersächsische Gesamtschulen haben eindrucksvoll bewiesen, dass sie zu den besten Schulen des Landes, ja zu den besten Schulen in ganz Deutschland gehören. Wir sind stolz auf diese starken Gesamtschulen.
Diese Leistungen sind umso höher zu bewerten, je größer die Hindernisse sind, die Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, diesen Schulen in den Weg legen.
Das beste Beispiel für ein solches Hindernis ist die in fast keinem anderen Bundesland vorhandene Pflicht, an Integrierten Gesamtschulen das Abitur nach acht Jahren ablegen zu müssen. Nur in Niedersachsen und wohl noch in MecklenburgVorpommern ist das der Fall. Diese Maßnahme zerstört in bisher nie da gewesener Weise die pädagogische Konzeption des langen gemeinsamen Lernens, des Lernens voneinander und des Lernens von hohen sozialen Kompetenzen.
Im Grunde genommen kann niemand in dieser Republik verstehen, warum Sie der besten Schule Deutschlands diesen wichtigen Bestandteil ihrer Konzeption klauen wollen, meine Damen und Herren.
Auch in Ihren Reihen ist ja wenig Verständnis für diese nur noch ideologisch begründbare Verweigerungshaltung vorhanden. An dieser Stelle danke ich auch ausdrücklich insbesondere dem Kollegen
Koch, der sich neben den anderen örtlichen Abgeordneten wie Frau Dr. Andretta und Herrn Wenzel sehr nachhaltig vor Ort für diese Schule einsetzt.
In der CDU-Fraktion gibt es aber auch noch die Ewiggestrigen, die diese Haltung von Herrn Koch leider nicht teilen.
Er sagt vor Ort: Ganz toll! - In der Fraktion sagt er: Bloß nicht machen! - Und heute ist in der taz zu lesen - ich zitiere -:
„Ein Ansatz, den selbst der CDU-Bildungspolitiker Karl-Heinz Klare ,wunderbar‘ findet. Die Haltung des zuständigen CDU-Ministers teilt er nicht:“
„,Vom Grundsatz her ist es gerade im Schulbereich immer positiv, von Ausnahmen Gebrauch zu machen‘, sagt Klare.“
Herr Klare, bitte erklären Sie dann doch heute hier, dass Sie sich dafür einsetzen wollen, dass diese Schule die Ausnahmegenehmigung bekommt, und hindern Sie nicht andere Leute daran, sich dafür einzusetzen!
Herr Dr. Althusmann, die Gesamtschulen in Niedersachsen haben bewiesen, dass sie die besten Schulen Deutschlands sein können. Die Gesamtschulen haben bewiesen, dass sie die niedrigste Schulabbrecherquote aller Schulformen haben. Die Gesamtschulen haben bewiesen, dass sie die besten Abiturienten hervorbringen können. Die Gesamtschulen haben bewiesen, dass sie eine flexible Gestaltungsmöglichkeit für die Schulträger vor Ort sein können.
Sie reden immer von „unseren starken Gymnasien“. Es ist gar keine Frage, das sind starke Schulen. Herr Dr. Althusmann, geben Sie sich aber einen Ruck und reden Sie endlich auch einmal von unseren starken Gesamtschulen und erkennen Sie diese Leistungen an!
Hören Sie bitte auf, die Gesamtschulen ständig zu torpedieren! Geben Sie sich einen Ruck und der IGS in Göttingen die Chance - wie im Übrigen allen anderen Gesamtschulen im Lande auch -, ihre Leistung noch zu verbessern! Und lassen Sie das Abitur nach neun Jahren an den Gesamtschulen zu! Vor allen Dingen: Lassen Sie es an der besten Schule Deutschlands zu!
Danke schön, Frau Kollegin Heiligenstadt. - Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Försterling das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Persönlich konnte ich dem stellvertretenden Schulleiter schon die Glückwünsche zum Schulpreis 2011 aussprechen. Ich mache das von dieser Stelle aus aber noch einmal für die ganze Schule. Ich glaube in der Tat, dass an der IGS Göttingen-Geismar seit Jahrzehnten gute Arbeit geleistet wird.
Man muss sich das auch einmal vorstellen - das ist jetzt für jeden einzelnen Kommunalpolitiker interessant -: Da wurde erst über das pädagogische Konzept der Schule nachgedacht, und dann wurde das Schulgebäude gebaut. Auch das ist in Göttingen sicherlich sehr wegweisend gewesen. Daran können sich viele Kommunalpolitiker in der Tat ein Beispiel nehmen.
Meines Erachtens zeigt das aber auch schon, dass es eben nicht ganz so einfach ist, dieses Modell flächendeckend auf ganz Niedersachsen zu übertragen.
Die spannende Frage ist ja folgende: Neben den ideologischen Debatten, die hier eben um die Frage geführt worden sind, ob es richtig ist, das Abitur nach zwölf Jahren an Integrierten Gesamtschulen einzuführen, ja oder nein, geht es in der Aktuellen Stunde eigentlich um das Problem und die Fragestellung: Kann an der IGS Göttingen-Geismar das pädagogische Konzept fortgesetzt werden oder nicht? - Das ist die Kernfrage.
Dann muss man sich einfach einmal die Erlasslage ansehen, die wir in Niedersachsen haben. Wenn man das macht, stellt man fest, dass gemäß Nr. 5.3.1.1 des Erlasses „Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 der Integrierten Gesamtschule (IGS) “ in den Jahrgängen 7 und 8 auf die äußere Fachleistungsdifferenzierung verzichtet werden kann. Dieser Passus ist übrigens speziell auf die IGS Göttingen-Geismar gemünzt, weil sie die einzige Integrierte Gesamtschule in Niedersachsen ist, die in der KMK-Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Bildungsabschlüssen diese Sonderstellung hat, dass sie als Schule mit mehreren Bildungsgängen in den Jahrgängen 7 und 8 auf eine äußere Fachleistungsdifferenzierung verzichten kann.
(Axel Brammer [SPD]: Was schließen Sie daraus? - Gegenruf von Karl- Heinz Klare [CDU]: Dass es geht!)