Neue Gesamtschulen werden nur dort gegründet werden können, wo es - bis in den Kindergarten hinein abgefragt - mindestens 135 Kinder pro
Jahrgang gibt. Das gegliederte System muss auf Biegen und Brechen erhalten bleiben, weil man einfach nicht zur Kenntnis nehmen will - oder vielleicht auch nicht kann -, dass die demografischen Rahmenbedingungen und der freie Elternwille längst eine andere Schulform notwendig machen.
Wenn Sie schon nicht auf die Änderungsvorschläge meiner Fraktion oder der anderen Oppositionsfraktionen eingehen wollen, dann hören Sie doch wenigstens auf die kommunalen Spitzenverbände, die gefordert haben, dass der Schulträger bei der Mindestzügigkeit von Gesamtschulen einen viel größeren Spielraum haben muss.
Das ist doch ganz einfach: Vielen Schulzentren, die zurzeit aus Haupt- und Realschule bestehen, droht die Schließung, weil die Hauptschule so gut wie gar nicht mehr angewählt wird und die Realschule häufig zu wenig Kinder hat. In diesen Schulzentren ließen sich auf schnelle und unbürokratische Weise Gesamtschulen gründen, die, um einen gymnasialen Zweig erweitert, für ausreichend Schüler sorgen könnten und die gut in den vorhandenen Gebäuden vierzügig untergebracht werden könnten.
Die vorgesehene Fünfzügigkeit ermöglicht es dagegen kaum, solch eine schnelle Lösung umzusetzen. Anbauten werden notwendig, und andere Schulen fallen leer - und all dies in Zeiten knapper kommunaler Mittel und zurückgehender Schülerzahlen. Wenn Sie Gesamtschulen also schon nicht aus bildungspolitischen Gründen ermöglichen wollen, dann beziehen Sie doch wenigstens die ökonomischen Argumente in die Bewertung mit ein!
Insgesamt ist festzustellen, dass unter diesen Bedingungen die Gründung von Gesamtschulen im ländlichen Raum nahezu unmöglich sein dürfte. Für die SPD bestätigt sich immer mehr, dass alle Beschwichtigungsversuche von Herrn Wulff und anderen vor der Landtagswahl nur ein groß angelegtes Täuschungsmanöver waren.
Ich frage Sie, Frau Körtner: Was sind Sie eigentlich für eine Bildungspolitikerin, wenn Sie anrufenden
Eltern antworten - ich zitiere das, was mir die Eltern berichtet haben -, dass es Ihrer Meinung nach höchstwahrscheinlich zu Nachbesserungen in weiteren Schulgesetznovellen nach Verabschiedung dieser heute zu beratenden Novelle kommen werde, dass der gegenwärtige Stand nur ein Kompromiss sei und dass Sie froh seien, diesen Kompromiss überhaupt erreicht zu haben?
So auch Ihre Kollegin Frau Meyer zu Strohen. Nach diesen Berichten sagten Sie auch, es sei gegenwärtig nicht durchzusetzen, KGSen, die ja dreigliedrig seien, als ersetzende Schulform zuzulassen. Frau Klopp aus Gifhorn hält die obligatorische Mindestfünfzügigkeit für kontraproduktiv. Herr Heineking aus Schaumburg will sich für die Vierzügigkeit als Mindestzügigkeit einsetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, stehen Sie zu den Aussagen, die Sie vor Ort oder in Gesprächen mit Betroffenen treffen! Lehnen Sie die Fünfzügigkeit ab!
So weit zum Thema Gesamtschulen. Dieses Gesetz hat aber noch weitere gravierende Auswirkungen auf die niedersächsische Bildungslandschaft. Das System der beruflichen Bildung in Niedersachsen war bisher immer von einer hohen Durchlässigkeit geprägt. Mit den nun vorliegenden Änderungen im Berufsschulbereich kappen die Regierungsfraktionen jedoch diesen hochdurchlässigen Bildungsweg gerade für Haupt- und Realschüler nahezu vollständig.
So müssen Hauptschüler ohne Schulabschluss im Zweifel zwei weitere Jahre im BVJ und BEK zubringen, bevor sie überhaupt einen Hauptschulabschluss erlangen. Glauben Sie im Ernst, dass diese Schülerinnen und Schüler bei einer solchen Perspektive überhaupt noch motiviert sind? Außerdem fügen Sie der Berufsfachschule und der Berufseinstiegsklasse weitere Abschulungsmöglichkeiten gegen den Willen des einzelnen Schülers zu, die dazu führen, dass die schulische Aus
Sie erlauben einzelnen Schulen sogar, das Ende der Schulpflicht eines Schülers festzustellen, und schieben damit Jugendliche, für die eigentlich Sie die Verantwortung tragen und die im allgemeinbildenden System ihren Abschluss bekommen müssten, vor die Türen der Arbeitsagenturen.
Sie erschweren Tausenden von Realschülern die Möglichkeit, den erweiterten Realschulabschluss innerhalb eines Jahres zu machen. Jetzt müssen sie im Zweifel zwei Jahre zur Nachfolgeinstitution der höheren Handelsschule gehen, um den Abschluss nachzuholen.
Meine Damen und Herren, Auslese ist bei Ihnen nicht nur ein Mechanismus der Bildungspolitik, sondern Auslese ist bei Ihnen Programm.
Nun zum früheren Einschulungsalter. Im Ausschuss haben Sie unseren Vorschlägen, die flexible Eingangsstufe möglichst flächendeckend in Niedersachsen einzuführen, inhaltlich ja durchaus zugestimmt. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Ihren mündlichen Versprechungen, dass Sie die flexible Eingangsstufe im Auge behalten wollen, schenken wir aber keinen Glauben mehr. Wir wollen es schwarz auf weiß sehen, dass Sie die flexible Eingangsstufe flächendeckend einführen werden. Von Ihren falschen Versprechungen haben wir schon lange genug.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf betreiben Sie Bildungspolitik weiter wie in den letzten Jahren: altmodisch und chaotisch.
Deshalb sind die Niedersachsen, die Eltern, die Schülerinnen und Schüler und die Schulträger, enttäuscht. Sie sind aber um eine Erfahrung reicher,
nämlich die, dass sie von der CDU und von der FDP für die Schule nichts Positives mehr zu erwarten haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden heute natürlich das Schulgesetz verabschieden, und zwar das, welches wir eingebracht haben. Es wird drei zentrale Veränderungen geben. Erstens wird die Neueinrichtung von Gesamtschulen als Ergänzung des gegliederten Schulsystems wieder möglich sein. Sodann wird es eine Nachfolgeregelung für das ab 1. August 2009 auslaufende BGJ - Berufsgrundbildungsjahr - geben, übrigens mit einem sehr differenzierten Angebot für Leute, die keinen Hauptschulabschluss haben. Dieses differenzierte Angebot ist individuell auf diesen Personenkreis ausgerichtet und wird ihn eigene Wege gehen lassen. Was Sie ansonsten dazu gesagt haben, war sachlich falsch. Ich kann das jetzt in dieser Rede im Detail nicht ausführen.
Drittens werden wir schließlich auch das Einschulungsalter schrittweise senken. Auch das ist, glaube ich, ein Gebot der Stunde, wenn man sich vergegenwärtigt, dass um uns herum die Einschulung überall früher erfolgt als bei uns mit 6,7 Jahren im Durchschnitt.
Genau das, was in diesem Gesetz steht, bedeutet die Umsetzung unseres Wahlversprechens, das wir vor der Wahl abgegeben haben.
Es bedeutet genau die Umsetzung dessen, was unser Ministerpräsident im Oktober 2007 öffentlich erklärt hat, haargenau das.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen im Grundsatz sagen, dass wir Wert darauf legen, dass Niedersachsen das Land des gegliederten, vielfach differenzierten Schulsystems bleibt, ausgerichtet auf die besondere Förderung jedes Einzelnen. Wir werden die Vielfalt von Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Haupt- und Realschulen, Kooperativen Gesamtschulen, Integrierten Gesamtschulen, Schulen in freier Trägerschaft und zehn verschiedenen Sonderschulformen aufrechterhalten. Das war im Übrigen die Linie, die wir in den letzten 55 Jahren im Lande Niedersachsen alle gemeinsam vertreten haben. Das möchte ich an Ihre Adresse hier noch einmal sagen. Sie weichen jetzt massiv von dem ab, was über die Jahre in Niedersachsen mit Erfolg gelaufen ist.
Mit dem neuen Gesetz können zu den bestehenden 60 Gesamtschulen weitere Integrierte und Kooperative Gesamtschulen hinzukommen. Wir wissen heute mit Sicherheit, dass einige Neugründungen dazukommen werden: in Schaumburg drei, in Lüneburg eine, in Friesland eine, in Hannover zwei und in Braunschweig zwei.
- Möglicherweise. Darüber reden wir gleich. - Deshalb ist die Aussage, die Sie gemacht haben, dieses Gesetz sei ein Gesamtschulverhinderungsgesetz,