Protokoll der Sitzung vom 01.07.2011

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wo wollen Sie eigentlich hin? Können Sie uns das einmal erzählen?)

Ähnlich dramatisch war der Schaden, der durch die Reform der Körperschaftsteuer entstanden ist. Mit der Steuerreform im Jahr 2000 wurde nicht nur der Steuersatz gesenkt; es wurde auch die Möglichkeit geschaffen, in der Vergangenheit zum alten bzw. höheren Steuersatz gezahlte Steuern mit der anstehenden Steuer zu verrechnen. Die rot-grüne Bundesregierung hat mit ihrer Jahrhundertsteuerreform das Finanzdesaster in den Kommunen erst richtig komplettiert und hielt lange die Ohren zu,

wenn die Menschen, die Opfer, gegen ihre Steuerpolitik klagten.

Aber auch im Rahmen der Großen Koalition haben Sie mit Ihrer Unternehmensteuerreform nachhaltigen Schaden bewirkt. Noch in 2000 kassierte der Staat 23,6 Milliarden Euro Körperschaftsteuer von Kapitalgesellschaften. Im Jahr darauf - man höre und staune! - brachen die Einnahmen nach Inkrafttreten des Reformwerks völlig weg. Im Gegenteil! Es kam noch etwas darauf. Die Finanzämter mussten nach der Regelung sogar eine halbe Milliarde Euro an Firmen zurückzahlen. Und das erwartete Wirtschaftswachstum mit vielen neuen Arbeitsplätzen blieb aus.

Herr Lies, es ist wirklich eigenartig, dass Sie das nicht erwähnen, wenn Sie sich hier als Rächer der vernachlässigten Kommunen darstellen möchten.

Meine Damen und Herren, durch die kommunale Finanznot ist die im Grundgesetz verankerte kommunale Selbstverwaltung gefährdet - und damit ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie.

Die Linke tritt für eine materiell abgesicherte, funktionierende kommunale Selbstverwaltung ein, die es Bürgerinnen und Bürgern gestattet, aktiv den Ort, an dem sie leben, mitzugestalten und die öffentliche Daseinsvorsorge und Daseinsfürsorge zu erhalten und auszubauen.

Zu unseren konkreten Forderungen spricht nachher noch mein Kollege Adler.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Zimmermann. - Da ich aber noch keine Wortmeldung von Herrn Kollegen Adler vorliegen habe, spricht nun zunächst Herr Kollege Güntzler für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 11. September 2011 sind Kommunalwahlen in Niedersachsen. Es war zu erwarten, dass wir uns in der letzten Plenarwoche vor der Kommunalwahl auch mit der Lage unserer Kommunen in Niedersachsen beschäftigen werden.

(Johanne Modder [SPD]: Warum ha- ben Sie von CDU und FDP nicht sel- ber einen Antrag gestellt?)

Wir begrüßen das sehr, weil es doch die Möglichkeit gibt, Frau Modder, noch einmal darzustellen, was wir für die Kommunen seit 2003 geleistet haben.

(Zuruf von der SPD: Das geht schnell!)

Meine Damen und Herren, wir können feststellen: Die von CDU und FDP geführte Landesregierung ist ein verlässlicher Partner der Kommunen. Viel konnte erreicht werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Olaf Lies [SPD]: Nein!)

Die Rede des Kollegen Lies, die anscheinend mehr eine Bewerbungsrede für das Ministerpräsidentenamt war,

(Unruhe)

die wenig Inhalt enthielt und mit der er viele Nebelkerzen geworfen hat,

(Anhaltende Unruhe)

macht deutlich, dass hier wieder einmal ein Zerrbild über die Kommunen gezeigt und dass wenig an den Fakten gearbeitet wurde.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte nur einige Beispiele für die kommunalfreundliche Politik dieser Landesregierung sowie der CDU und der FDP darstellen.

Erstens. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir 2006 das Konnexitätsprinzip eingeführt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD] lacht - Johan- ne Modder [SPD]: Das ist gut!)

Seitdem gilt in Niedersachsen: Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch. - Die Kommunen sind jetzt davor geschützt, dass ihnen vom Land Aufgaben übertragen werden, ohne dass sie einen entsprechenden Finanzausgleich bekommen. Wir haben bewiesen, dass wir Wort halten. Ich nenne das Beispiel des beitragsfreien Kindergartenjahres.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

Zweitens. Wir können darauf hinweisen, dass im Jahre 2004 die Gewerbesteuerumlage von 28 % auf 20 % gesenkt wurde. Dies entlastet die Kommunen in Niedersachsen jährlich um 300 Millionen Euro.

Drittens. Wir haben im Rahmen der „Initiative Niedersachsen“ 78 % der Mittel aus dem Konjunkturprogramm den Kommunen zur Verfügung gestellt. Das sind 8 % mehr als die vom Bund geforderten 70 %. Also nichts mit den klebrigen Händen, von denen Sie hier sprachen, Herr Lies!

Das waren insgesamt 964 Millionen Euro. Alleine 600 Millionen Euro konnten die Kommunen über die Investitionspauschale in eigener Zuständigkeit vor Ort einsetzen. Das zeigt, dass wir den Kommunen das nötige Vertrauen schenken und dass nicht alles vom Land geregelt werden muss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viertens. Wir beteiligten die Kommunen an der Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 4,5 %. Dadurch fließen den Kommunen 33 Millionen Euro zusätzliche Mittel zu.

Fünftens. Wir haben den Flächenmaßstab und den Demografiefaktor bei der Berechnung des kommunalen Finanzausgleichs eingeführt, was zu einer gerechteren Verteilung führt und die Kommunen bei der Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels stärkt.

Meine Damen und Herren, allein an diesen Beispielen können Sie sehen, dass die Kommunen in dieser Landesregierung einen starken Partner haben. Darum sind die hier vorliegenden Anträge von SPD und Linken eigentlich überflüssig. Meine Damen und Herren, Sie schreiben Anträge; wir handeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei genauerer Betrachtung dieser Anträge stellt man zudem recht schnell fest, dass die Forderungen doch zumeist sehr allgemein und wenig konkret sind. Man findet viele Worthülsen, wie eben auch schon in der Rede von Herrn Lies.

Sie fordern wieder einmal - schon reflexartig - die schrittweise Erhöhung der Verbundquote im kommunalen Finanzausgleich auf 16,09 %.

(Johanne Modder [SPD]: Sehr gut! - Beifall bei der SPD)

Aber Sie wissen genau oder sollten jedenfalls genau wissen, dass nach unserer Verfassung das Land den Kommunen nur im Rahmen seiner eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit Mittel zur Verfügung stellen kann. Die derzeitige Verbundquote erfüllt dieses Kriterium der sogenannten Verteilungssymmetrie. Dies hat - das müssten auch Sie

zur Kenntnis genommen haben - der Staatsgerichtshof bestätigt.

(Zustimmung bei der CDU)

In den Zwischenrufen ist schon darauf hingewiesen worden, dass Sie vor dem Staatsgerichtshof schon zweimal eine kräftige Bauchlandung hingelegt haben, als jeweils festgestellt worden ist, dass Sie einen unzulässigen, einen verfassungswidrigen Finanzausgleich gemacht haben. Da ist es nicht sehr glaubwürdig, Herr Lies, wenn Sie hier Erhöhungen fordern. Man darf das nicht mit dem Hinweis abtun, man dürfe nicht in die Vergangenheit schauen. Wir wissen, wie Sie damals mit den Kommunen umgegangen sind. Was Sie damals veranstaltet haben, war der größte Raubzug in der Geschichte des Landes Niedersachsen durch die Kassen der Kommunen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ferner sollten Sie sich nicht nur die Verbundquote, sondern auch die tatsächlichen Zahlungen anschauen. In den Jahren 2007 bis 2009 hatten wir die höchsten Zuweisungen in der Geschichte des Landes Niedersachsen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Lediglich im Jahre 2010 war aufgrund der Finanzmarktkrise ein Rückgang zu beklagen. Aber die 2,5 Milliarden Euro, die doch noch ausgeschüttet worden sind, stellten eine immer noch genauso hohe oder gar höhere Finanzausgleichsmasse dar als die, die Sie zur Verfügung gestellt haben, als Sie hier Verantwortung getragen haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sehen natürlich auch, dass es einzelnen Kommunen

(Johanne Modder [SPD]: Nicht einzel- nen!)

in Niedersachsen sehr schlecht geht. Am Ende des Jahres 2010 haben 272 Kommunen Kassenkredite in Anspruch genommen. Das sind 59 % aller Verwaltungseinheiten. Dabei muss man sehen, dass allein 40 % aller Kassenkredite von zehn Kommunen aufgenommen worden sind. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, dass dort im Wesentlichen Sozialdemokraten die Verantwortung tragen. Sie können nun einmal nicht mit Geld umgehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit! Das wissen Sie auch! Ich sage nur: Cuxhaven!)

Die Landesregierung hat reagiert. Wir haben ein erfolgreiches Entschuldungsprogramm vorgelegt. Mehr als 100 Kommunen sind derzeit mit dem Innenministerium in Gesprächen. Der Landkreis Uelzen hat bereits 60 Millionen Euro in Anspruch genommen.