Der zweite Aspekt dieses Antrags zielt auf die Unterstützung des Versorgungsgesetzes zum 1. Januar 2012 ab. Ein richtiger Punkt dabei ist die Möglichkeit der Einwirkung eines Bundeslandes auf die Bedarfsplanung. Das ist so weit in Ordnung, da jedes Bundesland anders strukturiert ist - aber bitte nicht nur mit dem demografischen Faktor, sondern auch mit einem Flächenfaktor! Gerade für Niedersachsen ist ein Flächenfaktor unbedingt nötig. Niedersachsen ist ein riesiges Flächenland, sodass man nicht den demografischen Faktor als einzigen Faktor einberechnen kann; denn der Ärztemangel herrscht nicht nur in Ballungszentren, sondern vor allen Dingen auf dem Land. Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen eine ärztliche Versorgung für alle Menschen auf dem Land sichern.
In diesem Gesetzentwurf fehlen einige wichtige Forderungen: Keine Niederlassungen in überversorgten Gebieten! Wir haben in erster Linie keinen Ärztemangel, sondern eine falsche Verteilung. Ich wiederhole mich: Wir haben im letzten Jahr einen guten gemeinsamen Entschließungsantrag verabschiedet. In dieser Entschließung sind Aufträge an die Landesregierung enthalten. Die Landesregierung hat im April dieses Jahres berichtet. Dazu möchte ich auf zwei Punkte eingehen.
Erstens zum Ausbau der Lehrstühle für Allgemeinmedizin an Hochschulen. In dem Bericht der Landesregierung steht - ich zitiere -:
„Eine Entwicklung zu immer weniger Ärzten in allgemeinmedizinischen Praxen - insbesondere im ländlichen
Nein, ich möchte zu Ende ausführen. - Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich weiß nicht, was Sie unter Parlamentarismus verstehen. Wir verstehen darunter: Wir schreiben einen Antrag, suchen Mehrheiten, beschließen ihn, und dann sollte er unserer Ansicht nach auch umgesetzt werden.
Aber selbst die KVN nennt in ihrer Agenda 2011 vom 11. Mai 2011 die Forderung nach dem Ausbau der Lehrstühle. Frau Özkan, wenn Sie in den Referentenentwurf Ihres Bundesgesundheitsministers geschaut hätten, hätten Sie es dort auch noch einmal lesen können.
Ein weiterer Punkt in dem Bericht der Landesregierung betrifft die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ich zitiere aus dem Bericht:
„Als Gestalter der örtlichen Infrastruktur sind die Kommunen auch besonders geeignet, entsprechende Niederlassungsanreize zu erproben.“
Von zweien habe ich eingangs berichtet. Ich frage: Wie soll das denn aussehen? Kostenfreie Kinderbetreuung? - Wir sind sofort dabei - nur damit wir uns richtig verstehen -, aber dann für alle Kinder, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Eines spricht an dieser Stelle auch dagegen, das an dieser Stelle so global auszudrücken: Die Kommunen, in denen Praxen leer stehen, haben in der Regel auch leere Kassen.
Wir wissen aus der Befragung von Studentinnen, dass auch die sogenannten weichen Faktoren eine sehr große Rolle spielen, z. B. Infrastruktur, Schule, Kultur, Kinderbetreuung.
Hausärzte stehen im Vergleich der Ärzte in der Einkommensskala auf unterem Niveau. Sie haben 2008 um 2 % aufgeholt, aber damit stehen sie immer noch auf dem unteren Niveau. Nun hat Herr Bahr in seinem Versorgungsgesetz auch diesen Faktor eingebracht und beziffert den finanziellen Aufwand dafür mit 300 Millionen Euro.
Daraus ergeben sich für mich zwei Fragen. Erstens. Wer soll das bezahlen - Tor 1: die Krankenkasse oder Tor 2: Umverteilung von anderen fachärztlichen Bereichen? - Wenn Tor 1 - die Krankenkasse -, wer zahlt dann? Oder erklärt man so, meine Damen und Herren, eine weitere Zusatzzahlung für die Krankenkassen? - Dann rechnen Sie doch bitte einmal aus, wie viel Geld tatsächlich bei jedem Hausarzt hängenbleibt. 80 Euro pro Monat und Hausarzt! Wenn diese Förderung, dann bitte nicht per Gießkanne!
Ich komme noch einmal zu dem Antrag zurück. Erstens. Wir haben einen Antrag verabschiedet, der weitreichend ist und abgearbeitet werden muss. Zweitens. Der Entwurf zum Versorgungsgesetz in Berlin hat noch an einigen Stellen Verbesserungsbedarf. Drittens. Arbeitsnachweise für CDU und FDP sind mit uns nicht zu haben. Wir werden uns enthalten.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine verehrten Damen und Herren! Frau Tiemann hat hier noch einmal ganz besonders mehr Studienplätze für Allgemeinmediziner eingefordert. Sie hat dabei offenbar vergessen, dass wir uns mit dieser Frage schon vor Monaten aufgrund eines älteren Entschließungsantrages im Ausschuss sehr sorgfältig, umfassend und intensiv beschäftigt haben. Hätten Sie es nicht vergessen, Frau Tiemann, dann würden Sie sich daran erinnern, dass wir nicht unter einem Mangel an Ärztinnen und Ärztinnen leiden. Vielmehr geht es darum, dass wir die jungen Mediziner wieder motivieren müssen, in diese Praxen hineinzugehen und nicht ins Ausland abzuwandern, sondern bei uns tätig zu werden. Das heißt, an den Arbeitsbedingungen müssen wir arbeiten.
Das alles ist in dem heute zu beschließenden Antrag abgebildet. Sie jedoch wollen sich enthalten. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass die menschliche Zuwendung zu den Ärzten an dieser Stelle nicht Ihre Zustimmung finden soll.
Danke schön, Herr Präsident. - „Menschliche Zuwendung“ - wie schön, das gerade aus Ihrem Mund zu hören, Herr Riese!
Im Übrigen habe ich nicht über Studienplätze gesprochen. Wenn Sie mir genau zugehört hätten, hätten Sie gemerkt, dass ich über Lehrstühle gesprochen habe. Ich habe schon im Ausschuss eine Unterrichtung dazu beantragt. Auch Sie selbst haben Bezug darauf genommen. Da müssen Sie sich also leider verhört haben. Vielleicht doch ein bisschen besser zuhören!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema zieht sich ja durch die gesamte Wahlperiode. Der heute vorliegende Antrag, der übrigens in Rekordzeit verabschiedet werden soll - so etwas kennen wir im Ausschuss normalerweise gar nicht -, wiederholt wirklich sehr vieles von dem, was wir schon im Oktober 2010 in einer gemeinsamen Entschließung zum Ausdruck gebracht haben. Er ist sozusagen ein reiner Jubelantrag. Warum einiges und, sagen wir einmal, sogar vieles von dem mit reinen Unterrichtungen im Ausschuss zu erledigen gewesen wäre, hat meine Kollegin Tiemann gerade ausgeführt. Dazu werde ich nichts mehr sagen.
Entschließung haben die Länder immerhin einen stärkeren Einfluss bei der Bedarfsplanung erhalten, ein Beanstandungsrecht bei Selektivverträgen bekommen. Auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung, dessen Beratungen im Bundesrat ja gerade angelaufen sind, enthält sicherlich auch sinnvolle Elemente. Insgesamt ist er aber mit erheblichen Untiefen behaftet. Herr Riese hat hier eben in seinem Redebeitrag und auch bei der öffentlichen Einbringung dieses Antrags im Ausschuss den Punkt hervorgehoben, dass man die Honorarverteilung bei den Hausärzten attraktiver gestalten müsse, insbesondere bei den Fachärzten.
Was hat nun aber Herr Bahr in seinem Entwurf aus diesem Punkt gemacht? - Es gibt erhebliche Verbesserungen für Ärztinnen und Ärzte in strukturschwachen Gebieten. Das wird zu einer Steigerung der Ausgaben in Höhe von etwa 2,4 Milliarden Euro für die Versicherten führen. Das fände ich sehr in Ordnung, wenn auf der anderen Seite in überversorgten Gebieten auch Abschläge vorgenommen werden könnten; denn wir haben - Frau Tiemann hat es ausgeführt - ein Verteilungsproblem. Auf der einen Seite Überversorgung, auf der anderen Seite Unterversorgung. Aber genau diesen Schritt haben weder Herr Rösler noch Herr Bahr gewagt. Stattdessen sollen jetzt die Kassenärztlichen Vereinigungen zu Marktpreisen Praxissitze aufkaufen. Warum sie das machen sollen und von wessen Geld, bleibt schleierhaft. Das alles ist für mich reine Klientelpolitik.
Es kommt nach den Berliner Vorgaben aber noch schlimmer: Jegliche Vorgaben für die Gestaltung von Vergütungen durch die Bundesebene werden zurückgenommen, die Krankenkassen als bisherige Mitentscheider ausgebootet, die Honorarentscheidungen wieder ausschließlich an die Kassenärztlichen Vereinigungen delegiert. Damit werden die aus der Vergangenheit bekannten wirklich elenden Verteilungskämpfe zwischen den einzelnen Arztgruppen wieder in den Vordergrund treten. Die haben am Ende immer nur zu einem geführt, nämlich dazu, dass insgesamt mehr Geld in den Topf gegeben werden musste, damit Ruhe ist. Das alles geht voll zu Lasten der Versicherten. Mehr Brutto vom Netto jedenfalls sieht anders aus. Für die Arbeitnehmer gilt dies in diesem Falle nicht.
Wenn Sie in Ihren Stellungnahmen immer wieder die Bedeutung kommunalen Handelns für die Anwerbung von Hausärzten betonen - z. B. bei der Gestaltung der Infrastruktur, der Kinderbetreuung usw. -, dann müssen Sie die Kommunen erstens an den zu bildenden Gremien der Bedarfsplanung beteiligen, und zweitens müssen Sie sie mit den entsprechenden Finanzmitteln ausstatten.
Dafür ist diese Landesregierung aber nicht gerade berühmt. Ansonsten bleibt das vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der Entwicklung der Morbidität nur wohlfeiles ablenkendes Gerede. Dazu werden Sie unsere Zustimmung nicht erhalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Redebeiträge von Herrn Böhlke und Herrn Riese waren richtig bemerkenswert. Zunächst musste richtig motiviert werden, damit überhaupt einmal eine Person applaudiert, und außerdem hat Herr Riese zweifelhaft zu begründen versucht, warum ein Antrag vorgelegt wird, dessen Sinn offensichtlich darin besteht, etwas zu wiederholen, was hier schon im Oktober letzten Jahres fast im Wortlaut auf der Tagesordnung stand. Das fand ich sehr bemerkenswert; denn meine Fraktion und ich hatten in der Vergangenheit immer das Ziel, mit Anträgen etwas Neues konkret aufzugreifen und etwas zu verändern.