Damit wird ein klares und praktisches Zeichen gegen das tödliche EU-Grenzregime gesetzt. Dieses Zeichen wird von uns ausdrücklich unterstützt.
Letzter Satz: Ich werbe im Sinne des Flüchtlingsschutzes nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lehnen wir daher ab.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Polat zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Polat!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bei der Einbringung - auch im Ausschuss - deutlich gemacht, dass wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE ausdrücklich unterstützen.
Wir selber haben in der Vergangenheit einen Antrag zur Aufnahme von irakischen Flüchtlingen eingebracht und haben in dem Zusammenhang die Forderung erhoben, dass Niedersachsen bzw.
Es wird von CDU-Kollegen fälschlicherweise immer wieder gesagt, man müsste sozusagen auf eine Entscheidung der Europäischen Union warten. Das ist leider inkorrekt. Das wurde auch durch das Innenministerium noch einmal bestätigt. Die EU hat ein Resettlement-Programm aufgelegt, an dem sich verschiedene Mitgliedstaaten beteiligen. Ich habe schon mehrfach die Zahlen und die Länder genannt: Belgien, Finnland, die Niederlande, Portugal, Schweden und darüber hinaus - außerhalb der EU - Argentinien, Australien und die Vereinigten Staaten von Amerika beteiligen sich an einem Resettlement.
Für diejenigen, die nicht im flüchtlingspolitischen Bereich tätig sind, möchte ich darauf hinweisen: Resettlement ist ein ganz wichtiger Beitrag zum Flüchtlingsschutz.
Sie alle wissen, dass die Flüchtlinge zum größten Teil in den Nachbarländern landen. Ich möchte einmal einige Zahlen nennen. Vier von fünf Flüchtlingen weltweit leben in Entwicklungsländern. Sie betonen immer wieder, dass Deutschland in der Vergangenheit einen großen Beitrag geleistet habe. Tatsache ist jedoch, dass vier von fünf Flüchtlingen weltweit in Entwicklungsländern leben. Nur 2 % der afrikanischen Flüchtlinge erreichen überhaupt den europäischen Kontinent.
Der UNHCR, auf den ich mich hier beziehe, hat die folgenden Zahlen herausgegeben: Die größten Flüchtlingsbevölkerungen der Welt lebten im letzten Jahr in Pakistan, nämlich 1,9 Millionen Flüchtlinge. Im Iran waren es 1,1 Millionen und in Syrien 1 Million Flüchtlinge.
Dies macht deutlich, dass Deutschland und auch die Europäische Union bisher nur einen sehr geringen Teil zur Hilfe bei den internationalen Flüchtlingsbewegungen beitragen. Durch die vielen Krisen weltweit, insbesondere in Afrika, sind 43,7 Millionen Menschen auf der Flucht.
Das Problem ist, dass diese Menschen - das sind meist nur die stärkeren Flüchtlinge - oft auf dem Weg nach Europa umkommen. Im letzten Jahr sind 1 500 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Ich hatte das bei der letzten Debatte bereits betont.
Die NATO schaut hier zu. Die italienische Regierung schaut hier zu. Teilweise sind die Flüchtlingsboote - das wissen Sie - wieder zurückgeschickt worden. Erst dann sind sie manövrierunfähig ge
Wir haben hier auch vor dem Hintergrund, dass wir - an erster Stelle auch Deutschland - die Menschenrechte in der Europäischen Union hochhalten, eine Verantwortung. Wir fordern deshalb ein Resettlement auch für Deutschland.
Die Landesregierung hat zwar betont, sie werde sich auf Bundesebene nicht dafür einsetzen. Auch die Bundesregierung hat noch einmal betont, sich nicht an einem Neuansiedlungsprogramm, diesem Resettlement-Programm, zu beteiligen. Das halten wir für sehr fragwürdig.
Wir werden nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch im Bundestag und in den Landtagen in Deutschland weiterhin für ein ResettlementProgramm kämpfen.
Es gibt auch noch einen Antrag unserer Fraktion zur gesteuerten Zuwanderung, der einen Punkt zur Flüchtlingspolitik enthält. Ich hoffe, dass Sie sich wenigstens bis zur Entscheidung über diesen Antrag noch ein paar Gedanken machen und dieser Forderung dann vielleicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklungen in Nordafrika in den letzten zwölf Monaten sind bemerkenswert.
Die Revolution in Tunesien, die am 17. Dezember 2010 begann, ermunterte auch viele Ägypter zu demonstrieren. Im Februar 2011 kam es zu landesweiten Aufständen in Libyen. Gegen Ende dieses Monats verlor Muammar Gaddafi die Kontrolle über seine Diktatur. Heute wird er polizeilich gesucht und verfolgt.
Meine Damen und Herren, Tunesien, Ägypten, Libyen sind der Ausdruck dafür, dass sich Menschen, egal, wo auf dieser Welt, nicht dauerhaft einsperren und über sich bestimmen lassen. Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit sind Grundbedürfnisse der Menschen.
Schon im Vorfeld der gewalttätigen Auseinandersetzungen sind Menschen, insbesondere aus Tunesien, geflüchtet und haben sich auf den Weg in benachbarte Länder gemacht oder sogar den Versuch gestartet, über das Mittelmeer die Europäische Union zu erreichen.
Durch den Ausbruch der Bürgerkriege wurde diese Entwicklung zusätzlich verstärkt. Wir alle kennen die schrecklichen Bilder, die uns von den auf Malta und Lampedusa ankommenden Booten oder von den Flüchtlingslagern in Afrika übermittelt wurden.
Die Situation der Flüchtlinge hat sich auf der europäischen Seite - so will ich sie einmal nennen - vor allem deshalb so dramatisch verschärft, weil es sich um eine sehr kleine italienische Mittelmeerinsel handelt, die mit dieser großen Anzahl von Flüchtlingen überfordert ist.
Ich glaube allerdings nicht, dass ein so großes Land wie Italien insgesamt mit den Flüchtlingen überfordert ist. Aber statt dass Italien zunächst selber die Situation entschärft, indem die Flüchtlinge auf das Festland gebracht werden, stellt die Regierung in Rom den Asylsuchenden sogenannte Schengen-Visa aus. Die meisten Flüchtlinge machten sich auf den Weg nach Frankreich.
Es muss doch niemanden verwundern, dass der Bundesinnenminister auf dieses Vorgehen Italiens mit deutlicher Ablehnung dieser Visa reagiert. Ohne das deutliche Eingreifen Frankreichs und Deutschlands hätten wir heute in Europa eine völlig undurchsichtige Situation. Wir brauchen also eine europäische Lösung und keine Freifahrtscheine in die Zentren Europas.
Leider gibt es bis heute - das bedauern wir - keine verbindliche europäische Regelung. Auch das Resettlement-Programm ist eine freiwillige Angelegenheit. Deutschland macht bei diesem Programm nicht mit. Darauf komme ich aber gleich noch einmal zu sprechen.
Der UNHCR erstellt zurzeit Dossiers über jeden einzelnen Flüchtling. Denn es ist schon ein Unterschied, ob ein Mensch aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt wird und sein Leben bedroht ist oder ob er Flüchtling ist und in die EU will, um sich ein besseres wirtschaftliches Leben aufzu
bauen. Wir müssen es also schaffen, die voneinander zu trennen. Vor allem müssen wir vor Ort helfen, die demokratischen Prozesse unterstützen, Infrastruktur in Afrika aufbauen und Lebensmittel zur Verfügung stellen, um die dortige Nahrungsmittelknappheit zu überbrücken.
Deutschland und Niedersachsen sind ihrer Verantwortung bislang sehr gewissenhaft nachgekommen. Bereits im letzten Jahr wurden 102 Flüchtlinge aus Malta aufgenommen. Neun von ihnen wurden auf Niedersachsen verteilt. Auch die nächste Aufnahmeaktion ist bereits in vollem Gang. Weitere 150 Flüchtlinge kommen aus Malta. 14 Personen von ihnen werden nach Niedersachsen kommen. Das haben wir nicht selbst entschieden, sondern die Verteilung wurde nach dem sogenannten Königssteiner Schlüssel vorgenommen.
Im Übrigen ist dies nicht ein Teil des ResettlementProgramms der EU, sondern ein freiwilliges Engagement der Bundesrepublik Deutschland aus humanitären Gründen heraus.
Auf Malta sind schnell und umfassend die entsprechenden Strukturen geschaffen worden, um zu sagen: Das Leben dieser Flüchtlinge ist in deren Heimat bedroht. Die fliehen vor einem Bürgerkrieg. Die werden wir in der EU, in Deutschland und auch in Niedersachsen aufnehmen.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wenn es darauf ankommt, dann nimmt Niedersachsen seine Verantwortung in der Flüchtlingspolitik wahr. Wir halten den Antrag der Linken zu diesem Zeitpunkt allerdings für Symbolpolitik, die keinem Flüchtling helfen wird.
Wir hatten Ihnen angeboten, die weitere Entwicklung abzuwarten und auf die Entscheidungen der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten zu warten, um dann ein Signal zu setzen. Sie aber wollten unbedingt schon heute abstimmen. Diesem Wunsch kommen wir nach. Wir müssen Ihnen daher sagen, dass wir Ihren Antrag zu diesem Zeitpunkt ablehnen.
Zu dem Beitrag von Herrn Focke gibt es zwei Wortmeldungen zu Kurzintervention, nämlich von Frau Polat und Herrn Adler. Zunächst Frau Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte noch einmal eines klarstellen: Wir haben die verschiedenen Möglichkeiten Deutschlands und Niedersachsens im Ausschuss ganz klar getrennt diskutiert. Wir haben das Burden sharing. Das wird im Fall Malta gemacht, wie Sie gerade erwähnt haben. Die EU-Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, einen anderen EU-Mitgliedstaat direkt zu entlasten. Das haben Sie mit 14 Personen für dieses Jahr getan, wobei das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Im letzten Jahr wurden 9 Personen aufgenommen. Ich möchte das jetzt aber nicht werten, weil das, was Niedersachsen angeht, ja schon immerhin etwas ist.
Ferner haben wir darüber diskutiert, dass wir auch eine Verpflichtung haben, die Flüchtlingslager in Ägypten und Tunesien an der Grenze zu Libyen und die dortigen Regierungen direkt zu entlasten. Sie können noch so viel von außenpolitischer Solidarität mit Ägypten und Tunesien sprechen - Sie müssen diesen Ländern auch dabei helfen, mit den großen Flüchtlingsströmen umzugehen. Allein Ägypten hat 300 000 Flüchtlinge aus Libyen aufgenommen. Tunesien hat eine halbe Million Flüchtlinge aufgenommen. Dann können Sie uns doch nicht erzählen, dass es eine tolle Aktion ist, neun Flüchtlinge aus Malta aufzunehmen!