Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Ich bitte darum, jetzt den Gedankenaustausch in den Reihen der Fraktionen zu beenden. Das Wort hat Frau Ministerin Wanka.

(Anhaltende Unruhe)

- Frau Ministerin, solange es hier nicht ruhig wird, brauchen Sie nicht fortzufahren und unterbrechen wir kurz. - Bitte schön!

Die Leuphana hatte das EU-Großprojekt mit einer beträchtlichen Summe über 60 Millionen Euro eingeworben. Damals musste, wie bei jedem EU-Projekt, über die Kofinanzierung entschieden werden. Im Jahre 2000 ist entschieden worden, dass die

notwendige Kofinanzierung in Höhe von 22 Millionen Euro vom Land bereitgestellt wird, und zwar nicht aus dem Hochschulhaushalt, sondern indem das Land ab 2008 jährlich 3,5 Millionen Euro in den Haushalt der Universität Lüneburg und am Ende noch einmal zusätzlich 1 Million Euro einstellt. Es ist erklärt worden, dass, wenn man jetzt den Finanzplan hat, die 14 Millionen Euro EU-Mittel sozusagen die komplette Summe sind - EU plus Komplementärfinanzierung durch das Land -, dass dies also nicht bedeutet, dass Hochschulbaumittel oder Extramittel des Landes eingesetzt werden.

Wenn Sie eine Rechnung aufmachen wollen, wo überall Landesmittel enthalten sind, dann können wir natürlich noch weitergehen. Die 5 Millionen Euro von der Stadt enthalten natürlich auch Mittel des kommunalen Finanzausgleichs. In den Gebäuden, die veräußert werden, um kozufinanzieren - Volgershall und anderes -, sind natürlich Landesmittel drin. Die Kirchen haben zwar viel Kirchensteuer, aber auch da sind Landesmittel dabei. Eine solche Rechnung also bitte nicht!

Was wir gesagt haben und was ich vehement vertrete, war die Aussage: Die Leuphana braucht Flächen für Forschung und Lehre. Die Flächen orientieren sich immer an den Studentenzielzahlen. Das wird berechnet, und das wird finanziert. Das sind 21 Millionen Euro. Wir sind in diesem Punkt nicht höhergegangen. Diese Finanzierung ist im Vergleich mit anderen Hochschulen auch nicht üppig, sondern eher bescheiden. Ich sage das, weil es die Unterstellung gab, in die Leuphana würden Mittel hineingesteckt, um sich einen Prunkbau zu erlauben. Nein, was den Hochschulteil anbetrifft, gibt es genau die Hochschulbaumittel, die notwendig, voll kalkuliert und nachweisbar sind. Da gibt es keine zusätzlichen Mittel. Daran hat sich nichts geändert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die eben beschriebenen Mittel, die Jahr für Jahr im Haushalt der Leuphana stehen, sind unstrittig und würden auch fließen, wenn man gesagt hätte, dass man mit dem Innovations-Inkubator nicht Flächen im Zentralgebäude belegen, sondern irgend etwas anderes ausbauen wollte etc. Das ist also völlig unabhängig von den 21 Millionen Euro Hochschulbaumittel, die sich als notwendige Finanzierung des Landes für Studium und Lehre ergeben.

Die dritte Frage, die Sie zu Anfang gestellt hatten, betraf die Vorsteuererstattung bzw. Overheadmittel und das Risiko des Projekts. Sachlich richtig ist - das muss ich sagen -, dass unsere Vertreter aus

dem Wirtschaftsministerium und dem Wissenschaftsministerium im Februar in Brüssel bei der EU waren, um die Gesamtkonzeption für die Finanzierung vorzustellen. Bei dieser Vorstellung war der Vorschlag, für diesen Bau 1,74 Millionen Euro Overheadmittel einzusetzen. Dem ist nicht widersprochen worden. Erst später, im Juni oder Mai, kam die Mitteilung, dass das an dieser Stelle nicht geht, weil die EU es nicht genehmigt. An der Stelle musste überlegt werden, wo die 1,74 Millionen Euro herkommen können. Sie hätten nicht lange überlegen müssen. Sie hätten das gemacht, was Sie ständig machen: Baustopp, Stopp des ganzen Unternehmens etc.

Wir haben überlegt. Jetzt muss ich kurz ausschweifen. Es gibt eine Wissenschaftsratsempfehlung von vor wenigen Jahren zu der Frage: Brauchen Universitäten in Zukunft Forschungsverfügungsflächen? - Sie brauchen Flächen, auf denen Drittmittelforschung stattfinden kann. Solche Forschungsverfügungsflächen entstehen hier. Wenn nämlich die Laufzeit des Inkubators zu Ende ist, stehen diese Flächen als Forschungsverfügungsflächen für die Universität zur Verfügung. Also hat die Universität gesagt: Da die EU es nicht macht, nehmen wir an der Stelle Geld aus unserer zweckgebundenen Rücklage für Bauinvestitionen, um das zu finanzieren. - Jetzt können Sie heftig aufschreien und sagen, das entziehe Mittel für Forschung und Lehre. - Absoluter Quatsch! Das sind Mittel für die Forschung, wichtige Mittel für die Forschung.

Um Ihnen ein Beispiel zu geben, wie das in Niedersachsen funktioniert, Frau Heinen-Kljajić: Im Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik in Braunschweig, im Projekthaus,

(Hartmut Möllring [CDU]: Das müss- ten die doch alle selber wissen!)

- ja, das müssten sie wissen -, hat der Universitätspräsident Herr Prof. Hesselbach - natürlich mit den entsprechenden Gremienbeschlüssen - Geld für den Bau solcher Forschungsverfügungsflächen aus den Unirücklagen zur Verfügung gestellt. Frau Andretta, ein anderes Beispiel: Beim Kulturwissenschaftlichen Zentrum in Göttingen werden genau wie in Braunschweig mehr als 1 000 m² Forschungsverfügungsflächen geschaffen. Ich glaube, es sind sogar 1 200 m² oder 1 400 m². Die werden vom Land aus Hochschulbaumitteln finanziert. Wenn man an der Leuphana sagt „Wir geben jetzt an dieser Stelle etwas Geld“ ist das also völlig

korrekt und völlig im Kanon dessen, was in Niedersachsen üblich ist.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zum letzten Punkt, der Vorsteuererstattung: Ja, das, was dort entsteht, ist kein reines Universitätsgebäude. Bei einem reinen Universitätsgebäude ginge das nicht. Bei diesem Gebäude, das auch für gewerbliche Zwecke genutzt wird, wurde durch das Haus geprüft, ob man eine Vorsteuererstattung bekommen kann. Das ist immer ungewiss, solange das Finanzamt sein Okay noch nicht gegeben hat. Diese Aussage des Finanzamtes liegt uns mittlerweile schriftlich vor. Das heißt, aufgrund dieser Baukonstellation erhalten wir - - -

(Unruhe)

- Ich fände es ganz gut, wenn die zuhören, die nachher wieder etwas Falsches sagen wollen.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Da ist aber jemand angespannt, mei- ne Güte! - Gegenruf von Björn Thüm- ler [CDU]: Jetzt haben wir Sie aber wieder erwischt! - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich darf kurz unterbrechen. Vielleicht legt sich die Aufregung ja wieder. - Die Rednerin, Frau Ministerin Wanka, kann das Zuhören nicht erzwingen. Es ist immer noch die Entscheidung des einzelnen Abgeordneten. Das muss ich einmal so deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Trotzdem würde ich mich freuen, wenn es hier die entsprechende Aufmerksamkeit gäbe, die notwendig ist, um den Ausführungen der Ministerin zuzuhören. - Bitte!

(Unruhe)

- Jetzt machen wir noch einmal einen Schnitt. - Bitte!

Herr Präsident, Sie haben völlig recht. Ich entschuldige mich dafür. Ich habe einen Wunsch ausgedrückt.

(Heiterkeit bei der CDU)

Zur Vorsteuererstattung: Das Finanzamt hat bestätigt, dass wir bei diesem Gebäude Vorsteuererstattung bekommen können. Nach den Kalkulationen sind das 9,2 Millionen Euro, die baubegleitend ausgezahlt werden. Das heißt, wenn der Bau 2014 fertig ist, sind sie ausgezahlt. Von diesen 9,2 Millionen Euro muss ein Teil an das Finanzamt zurückgezahlt werden, weil ja nicht der gesamte Bau gewerblich genutzt wird. Zurückgezahlt werden müssen ungefähr 6 Millionen Euro.

Nun hat die Leuphana aber erst einmal das Geld vom Finanzamt. Diese 6 Millionen Euro können angelegt werden - das darf eine Stiftungshochschule - und müssen ab 2014 in einem Zeitraum von zehn Jahren zurückgezahlt werden. Man kann es ja sofort separat auf ein Konto legen; da muss man gar nichts vermischen. Was in der Zeit an Zinserträgen entsteht, steht der Universität zur freien Verfügung. Es könnte für Forschung und Lehre, aber auch für Bau oder anderes eingesetzt werden.

Das ist der Sachverhalt. Wie Sie daraus ableiten, dass die Vorsteuererstattung eine Katastrophe und das Finanzkonzept nicht in Ordnung sei, verstehe ich nicht.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich gehe davon aus, dass ich meine Bemerkung von gestern im Hinblick auf die einleitenden Bemerkungen und den Einschub „vor dem Hintergrund“ heute nicht wiederholen muss und bitte die Fragestellerinnen und Fragesteller, sich konsequent daran zu halten.

Ich gebe Frau Dr. Andretta nun die Möglichkeit, die erste Zusatzfrage zu stellen.

(Hartmut Möllring [CDU]: Die darf sie aber nicht ablesen!)

Das tue ich auch nicht; keine Sorge. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass ich es als sehr ungewöhnlich empfinde, wie sich ein Gast unseres Hauses hier äußert und benimmt, habe ich die Frage an die Regierung,

(Ingrid Klopp [CDU]: Das ist ja ein Ding! - Clemens Große Macke [CDU]: Wer ist denn Gast?)

wie sie den von der Frau Ministerin hier vorgebrachten Vorwurf, dass die Opposition - - -

(Heinz Rolfes [CDU]: Nur mit Polemik! - Unruhe - Zurufe - Glocke des Präsi- denten)

Wir stellen jetzt bitte Ruhe im Plenarsaal her, und dann stellt Frau Dr. Andretta bitte direkt die Frage.

Offenbar scheint es hier doch eine große Nervosität zu geben, was ich gar nicht verstehen kann.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Zurufe von der CDU: Nein! - Weitere Zurufe von der CDU: Kindergarten! - Einfach schlechtes Benehmen!)

Ich bitte darum, die Zurufe einzustellen. Frau Dr. Andretta stellt jetzt die Frage.

Die Frage: Frau Ministerin Wanka hat hier der Opposition unterstellt, dass sie mit Vorverurteilungen, Diskreditierungen und Unterstellungen arbeitet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diejenigen, die jetzt applaudieren, werden sich genauso wie wir freuen, wenn Frau Ministerin Wanka diese Behauptungen hier jetzt belegen kann. Die Frage ist also, auf was sie diese Behauptungen stützt. Ich finde sie jedenfalls ungeheuerlich in diesem Hause.

(Beifall bei der SPD - Hartmut Möllring [CDU]: Das ist doch keine Frage! - Weitere Zurufe von der CDU)

Bevor Frau Ministerin Wanka antwortet, stellen wir erst einmal Ruhe im Plenarsaal her. - Bitte!

Sie hätten es wohl gern, dass ich die Pressemitteilung diffamierender Art und mit Unterstellungen -

ich wiederhole es hier - mit noch größerer Wirkung jetzt noch einmal vorlese. Das tue ich nicht. Mein Pressesprecher sitzt dort. Ich habe alle Pressemitteilungen mit. Sie können es sich gerne ansehen. Was in diesen Pressemitteilungen - nicht von allen aus der Opposition - geäußert wurde, ist mir noch nicht passiert. Ich habe von Teilen der Opposition gesprochen, Frau Dr. Andretta. Ich habe nicht Sie persönlich angesprochen. Das ist belegbar. Da gibt es überhaupt keine Diskussion. Ich finde, die Begriffe und Vokabeln, die dort verwendet wurden, kleben. Sie kleben an Menschen und an Personen, und man kriegt sie nicht weg. Vielleicht war das die Absicht.