Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Herr Nacke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Limburg?

Nein, ich möchte gerne im Zusammenhang vortragen.

Diese junge Welt bezeichnet sich selbst als „linke, marxistisch orientierte“ Tageszeitung. In ihr kommen RAF-Terroristen zur Sprache, und in ihr werden die menschenverachtenden Verbrechen der Stasi glorifiziert.

Ich nenne nur ein ganz aktuelles Beispiel: Am 10. September 2011 erschien auf Seite 3 ein Artikel von dem Autor Wiglaf Droste. Er beschäftigt sich mit dem 11. September 2001 unter der Überschrift „Ein anderer Elfter September ist möglich“. Ich zitiere wörtlich aus diesem Artikel. Herr Droste schreibt dort:

„Ein paar Boeings aus dem Architekturbüro bin Laden und Partner hätten Deutschland gutgetan, ästhetisch wie politisch.“

(Pfui! bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Unerhört!)

„Aber ich hatte 2001 die Musik nicht bestellt und konnte deshalb auch nichts fordern.“

(Björn Thümler [CDU]: Mein Gott!)

An anderer Stelle schreibt Droste:

„Auch solche Rechthabereien unter Landsleuten lassen mich wehmütig davon träumen, die Flugreisen am 11. September 2001 hätten Deutschland zum Ziel gehabt.“

(Pfui! bei der CDU)

Abschließend heißt es in diesem Artikel:

„Für mich wird der 11. September 2001 bleiben als die Geburtsstunde der bemannten fliegenden Architekturkritik. Das Ingenieurbüro bin Laden & Erben könnte weiterhin viel zur Verschönerung der Welt beitragen. Gegen blindundtaube Hirne / hilft recht gut die Abrissbirne. Um es präsidial zu sagen: auch und gerade in Deutschland.“

(Björn Thümler [CDU]: Unglaublich! Menschenverachtend ohne Ende! - Weitere Zurufe von der CDU: Nicht zu fassen! - Unfassbar! - Ulf Thiele [CDU]: Herr Sohn, das gehört Ihnen mit!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer das zulässt - Sowjetunion, DDR, Kuba, RAF, Al Kaida -,

(Zuruf von der CDU: Nordkorea!)

wer es zulässt, dass in seinen eigenen Reihen fortlaufend Unrecht, Unterdrückung, Tod und Gewalt relativiert und gerechtfertigt werden, der steht nicht auf dem Boden unserer Verfassung.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wer gleichzeitig zulässt, dass dem Oberhaupt der katholischen Kirche, dem deutschen Papst, der im Bundestag eine Rede hält, nicht einmal zugehört werden soll, unterliegt einem Missverhältnis.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Es gibt kei- ne Pflicht, dem Papst zuzuhören! Wo kommen wir denn da hin? - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zu meinen Grundrechten gehört, dass ich da nicht mitmachen muss! - Gegenruf von Editha Lorberg [CDU]: So ein Quatsch!)

Ohne Zweifel hat diese Partei ein zweifelhaftes Verhältnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zu den Grundrechten und zum Rechtsstaat.

Deswegen richte ich jetzt noch das Wort an SPD und Grüne. Warum dieser Antrag? - Ich will das abwandeln, was Gretchen in Goethes berühmtem Werk zu Faust sagt: Nun sag, wie hast du’s mit der Linkspartei?

(Kreszentia Flauger [LINKE] lacht)

Wollen Sie sich von diesen Leuten abgrenzen? Sind Sie Seite an Seite mit uns, wenn wir sagen, die gehören nicht in ein deutsches Parlament, die dürfen in Deutschland keine Verantwortung übernehmen?

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Das entscheiden die Wähler und nicht Sie!)

Oder halten Sie es eher mit Faust, der sagt, für die Macht bin ich bereit, die Seele an den Teufel zu verkaufen?

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Nacke, Sie müssen gleich zum Schluss kommen!

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin. - Ich kenne die Meinung des einen oder anderen Kollegen insbesondere aus der SPD-Fraktion. Das ist eine Gewissensfrage. Deswegen, meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, beantrage ich namens der Fraktionen von CDU und FDP sofortige namentliche Abstimmung über diesen Antrag.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker, lang anhalternder Beifall bei der CDU und bei der FDP - Einige Abgeordnete der SPD-Fraktion spre- chen miteinander - Reinhold Hilbers [CDU]: Brauchen Sie eine Sitzungsun- terbrechung?)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Bartling das Wort.

(Björn Thümler [CDU]: Gretchen oder Faust, das ist hier die Frage! - Weitere Zurufe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hörte eben „literarische Höhenflüge“. Ich habe mich heute Abend auf dem Weg nach Weimar zu machen.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Aber ich werde nicht versuchen, mich hier mit Goethe und Schiller zu beschäftigen. Ich will mich lieber mit dem beschäftigen, was wir schon vor dieser Debatte erlebt haben.

Herr Nacke hat vorhin in Richtung von Gabi Andretta gesagt: Bei bestimmten Verhaltensweisen müssen Sie sich nicht wundern, wenn Sie als Parlamentarier nicht mehr ernst genommen werden. - Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wer solche Anträge einbringt, der muss sich nicht wundern, wenn er nicht ernst genommen wird.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich bin jederzeit gerne bereit,

(Björn Thümler [CDU]: Faust oder Gretchen?)

mich mit der Linken auseinanderzusetzen,

(Björn Thümler [CDU]: Faust oder Gretchen?)

und zwar politisch, in Sachfragen.

(Ulf Thiele [CDU]: Dann machen Sie es doch!)

- Ich sage Ihnen ein Beispiel. Bleiben Sie mal ganz ruhig! Sie kriegen von mir Beispiele genannt. - Wenn ich z. B. erlebe, dass Linke auf dem Sommerbiwak der Bundeswehr rufen „Soldaten sind Mörder“, dann setze ich mich mit solchen Aussagen auseinander. Aber ich stelle keinen Antrag im Landtag, um eine Gruppe zu diskreditieren und zu diffamieren. Meine Damen und Herren, das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der LINKEN)

Ihre verlogene Verhaltensweise kommt in einem ganz aktuellen Beispiel zum Ausdruck. Gestern hat uns Herr Schünemann erklärt, wie schwierig es doch ist, die Hells Angels zu verbieten, weil man jede Straftat, die ein Mitglied begeht, auch der Organisation zuordnen muss. Sie machen hier in Ihrem Antrag genau das Gegenteil: Sie nehmen Einzelbeispiele und diskreditieren eine ganze Gruppierung. Meine Damen und Herren, das ist das Entscheidende bei diesem Antrag.

Nehmen Sie uns deshalb bitte ab: Wir werden uns mit so einem Krempel nicht ernsthaft auseinandersetzen. Wir lehnen das ab.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]: Da haben Sie sich einen schönen schlanken Fuß gemacht! - Gegenruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist doch angemessen! - Ulf Thiele [CDU]: Ganz schwach!)

Danke schön, Herr Kollege Bartling. - Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Professor Dr. Zielke

von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben für anderthalb Minuten das Wort!