Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

(Unruhe)

Frau Reichwaldt, ich möchte Sie unterbrechen. - Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin. - Bitte schön!

Danke. - Aber es geht auch um das Wie. Wir wollen keine Mogelpackung, die neben der Krippenerziehung mit der Möglichkeit der Pflege in anderen angemieteten Räumen mit mehreren schlecht bezahlten Tagesmüttern die Kleinkinderbetreuung umsetzen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Frühkindliche Bildungseinrichtungen haben einen Bildungsauftrag. Entsprechend muss die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher nach skandinavischem Vorbild als Hochschulausbildung gestaltet werden. Frühkindliche Bildungseinrichtungen müssen gebührenfrei und ganztägig zur Verfügung gestellt werden. Sie müssen wohnortnah und ihre Öffnungszeiten müssen den realen Lebensbedingungen der Familien angepasst sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sehen hier noch erheblichen Konkretisierungsbedarf und werden uns dazu im Herbst wieder äußern.

Zum Thema der Finanzierung. Im Antrag der SPD wird die Drittelfinanzierung der Bund-Länder-Vereinbarung nachvollzogen. Wir folgen diesem Antrag, aber wir stellen uns anstelle der Drittelfinanzierung - Bund, Länder, Gemeinden - eigentlich eine komplette Erstattung der Kosten für die Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich vor. Auch hier, denke ich, sind noch einige Debatten notwendig. Ich freue mich auf die Debatten im Herbst.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Heiligenstadt zu Wort gemeldet. Die Restredezeit beträgt 6:08 Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meinem Beitrag komme, gestatten Sie mir zwei kurze Vorbemerkungen. Erstens. Herr McAllister, der Beitrag von Herrn Jüttner muss ja doch sehr getroffen haben, wenn

Sie sich bemüßigt fühlen, hier extra in die Bütt zu steigen, und es Ihrer Kollegin Frau Vockert nicht zutrauen, dass sie antworten kann.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens, Frau Vockert, muss ich ganz ehrlich sagen, ich habe Sie immer so eingeschätzt, dass Sie hier im Parlament immer sehr fair mit allen Fraktionen umgehen und durchaus auch eine gute Sitzungsleitung haben. Was Sie eben in Ihrem Beitrag mit meinem Kollegen, Herrn Brammer, gemacht haben, entspricht nicht dem Niveau in diesem Hause.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das sagen Sie?)

Ich muss ganz ehrlich sagen, Frau Vockert, dass das normalerweise nicht Ihr Niveau ist. Ich würde mich freuen, wenn wir das in Zukunft nicht so weitermachen würden.

Doch nun zum Thema. Herr McAllister, Sie haben hier versucht vorzutragen, was Sie alles an tollen Dingen in den letzten fünf Jahren unter CDU und FDP in Niedersachsen im Bereich der frühkindlichen Bildung gemacht haben. Ich kann dazu nur sagen: Die Studie der Bertelsmann-Stiftung ist nicht von der SPD in Auftrag gegeben worden, und diese Studie besagt, dass Sie Schlusslicht in der Bundesrepublik sind, dass Sie die rote Laterne in der frühkindlichen Bildung haben.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Sie sind Schlusslicht sogar bei der Versorgung der Drei- bis Sechsjährigen, bei denen eigentlich eine Vollversorgung vorhanden sein müsste. Bei den Krippenplätzen sieht es genauso schlecht aus. Und da stellen Sie sich hier hin und tun so, als wenn Sie große Leistungen gebracht hätten. Sie finanzieren noch nicht einmal 35 % von dem, was andere Bundesländer in diesem Bereich pro Kind einsetzen. Da sagen Sie, Sie hätten große Leistungen erbracht? Ich frage mich, ehrlich gesagt, was das für große Leistungen würden, wenn Sie tatsächlich einmal anfangen würden.

(Beifall bei der SPD)

Dann zum Thema Familienbild. Ich finde das schon putzig. Ich muss sagen, Frau von der Leyen macht das durchaus sehr geschickt, dass Sie das KiFöG und das KiTaG entsprechend ausstattet. Damit sind wir durchaus in der Lage, das eine oder andere zu verbessern. Es gibt da auch eine Große Koalition auf der Bundesebene. Aber ich kann

mich noch sehr gut an die Debatten in der Enquetekommission zum Thema Familienbild erinnern. Da waren es die Vertreterinnen und Vertreter der CDU-Fraktion aus diesem Hause, die davon gesprochen haben, dass es besser sei, wenn die Kinder länger bei den Müttern sein und nicht in Krippen gehen könnten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das waren nämlich Ihre Vertreter. Das ist gerade einmal eineinhalb Jahre her, dass Sie gegen einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz gestimmt haben. Erst eineinhalb Jahre ist das her! Sie haben das damals abgelehnt.

Das sollten Sie auch nicht vergessen: Es war die SPD, die von 1990 bis 2003 60 000 zusätzliche Kindergartenplätze geschaffen hat; Herr Jüttner hat schon darauf hingewiesen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich dachte, das seien die Kommunen gewesen!)

- Mit den Kommunen, natürlich, und auch mit großen Opfern, Herr Klare. Die Gruppengrößen wurden erhöht, gar keine Frage. Das hat nicht jedem gefallen.

Aber jetzt, denke ich, muss man doch deutlich machen: Der Bund stellt Mittel zur Verfügung. Es wird von einer Drittelfinanzierung gesprochen, und Niedersachsen macht sich hier einen schlanken Fuß und gibt gerade einmal 5 % dazu. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Auf den Redebeitrag von Frau Heiligenstadt hat sich Frau Körtner zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich erteile ihr das Wort für eineinhalb Minuten.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Heiligenstadt, Frau Vockert hat erstens das getan, was hier parlamentsüblich ist. Sie hat das, was falsch vorgetragen worden ist, richtiggestellt.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie hat Ihnen sozusagen das übermittelt, was Fakt ist, was Realität ist. Sie sollten dafür sehr dankbar sein; denn es gibt bei Ihnen ganz offensichtlich unglaubliche Defizite und Lücken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Nun ausgerechnet ein Mitglied der SPDFraktion über zu wenige Krippenplätze reden zu hören, nachdem man Ihnen ins Stammbuch geschrieben hat, dass Sie nach 13 Jahren sozusagen ein Minuswachstum im Hinblick auf Krippenplätze in diesem Bereich hervorgerufen haben, ist wirklich befremdlich. Wir haben auf dieses Minuswachstum aufgesattelt, Frau Heiligenstadt. Das müssen wir nun ausgerechnet von Ihnen hören, die Sie in diesem Bereich ein Desaster hinterlassen haben!

(Beifall bei der CDU)

Zu den 100 %, Herr Jüttner, und dazu, wir hätten die Wahl verloren. Sie haben 100 % im Hinblick auf die Finanzierung der Kindertagesstätten versprochen, und 20 % sind unter dem Strich dann von Ihnen gebracht worden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Vorher gab es nichts!)

Versprochen, gebrochen - wie immer. Das ist in diesem Bereich auch heute noch Ihr Ding.

(Beifall bei der CDU)

Frau Heiligenstadt hat sich zur Erwiderung gemeldet. Ich erteile Ihnen eineinhalb Minuten Redezeit.

(David McAllister [CDU]: Sie sind recht ehrgeizig!)

Das kann manchmal nicht schaden, Herr McAllister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Vockert, ich wollte nur darauf hinweisen, dass manchmal der Ton die Musik macht. Darum ging es mir.

(Lachen bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)

Dass der Ausbau der Krippenplätze in Niedersachsen vorangeht, ist sicherlich unser gemeinsames Ziel.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir haben ja gelernt!)

Aber geben Sie es doch zu: Ihr Programm zum Ausbau der Tagespflege ist ein Ladenhüter. Das ist das Abdrängen des Anspruchs, den die Eltern in der Zukunft eigentlich auf eine vernünftige Krip

peninfrastruktur haben müssen - und nicht auf eine Tagespflege, die höchstens als Ergänzung in diesem Bereich und nicht als vollwertiger Ersatz genutzt werden kann.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Warum immer auf die Tagesmütter? Was soll das? - Astrid Vockert [CDU] meldet sich)