Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

Wir fragen die Landesregierung:

1. Hält sie die lange Beobachtungsdauer von 14 Jahren vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Schutzes der freien Presse für angemessen?

2. Hat es im Laufe dieser 14 Jahre irgendeine strafrechtliche Verurteilung des Journalisten gegeben?

3. Hat der Verfassungsschutz oder die Polizei neben der oben erwähnten Information weitere Informationen über die journalistische Tätigkeit der Person oder die Teilnahme an legalen Demonstrationen gesammelt? Wenn ja, welche?

Die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde hat nach § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes (NVerfSchG) u. a. die Aufgabe, Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu sammeln und auszuwerten. In Erfüllung dieser gesetzlichen Aufgabe werden auch extremistische Personenzusammenschlüsse in Göttingen beobachtet. Ein Personenzusammenschluss manifestiert sich durch Äußerungen und Handlungen seiner Mitglieder, sodass personen- und sachbezogene Informationen von Mitgliedern dieser Personenzusammenschlüsse, die für die Bewertung des Beobachtungsobjektes relevant sind, durch die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde erhoben und gespeichert werden.

Demonstrationen und deren Teilnehmer unterliegen an sich nicht der Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Erst wenn extremistische Personenzusammenschlüsse diese Demonstrationen anmelden, zur Teilnahme aufrufen und/oder selbst daran teilnehmen, werden sie für die Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes relevant. In diesem Rahmen ist auch die Teilnahme von Personen, die einer extremistischen Bestrebung angehören, eine Information, die für die Arbeit des Verfassungsschutzes im Einzelfall erforderlich sein kann.

Die Befugnis zur Speicherung von personenbezogenen Daten ergibt sich für die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde aus § 8 NVerfSchG. Danach ist eine Speicherung rechtmäßig, wenn anhand von tatsächlichen Anhaltspunkten der Verdacht besteht, dass diese Person an extremistischen Bestrebungen beteiligt ist, und die Daten für die Beobachtung der Bestrebung erforderlich sind,

oder wenn die personenbezogenen Daten für die Erforschung und Bewertung gewalttätiger Bestrebungen erforderlich sind.

Gemäß § 8 Abs. 4 NVerfSchG hat die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde die Speicherungsdauer auf das für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken.

Zusätzlich ist in § 10 Abs. 3 NVerfSchG eine regelmäßige Überprüfung nach bestimmten Fristen vorgesehen. So wird spätestens nach fünf Jahren überprüft, ob gespeicherte personenbezogene Daten für die Aufgabenerfüllung weiterhin erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind die Daten zu löschen. Spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten Speicherung einer Information sind die gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen.

In welchen Fällen personenbezogene Daten zwischen den Polizeibehörden und der Verfassungsschutzbehörde übermittelt werden dürfen, ist ebenfalls im Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz geregelt (vgl. §§ 15, 18 NVerfSchG). Eine Übermittlung von Informationen durch die Polizei an die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde erfolgt gemäß § 15 Abs. 2 NVerfSchG regelmäßig, wenn der Polizeibehörde Informationen vorliegen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie für die Aufgabenerfüllung der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde erforderlich sind.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Beobachtung extremistischer Personenzusammenschlüsse und die Erhebung und Speicherung von personenbezogenen Daten ihrer Mitglieder sind unter Beachtung der in der Vorbemerkung dargestellten rechtlichen Regelungen auch über längere Zeiträume zulässig. Dies ist auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.

In dem nachgefragten Einzelfall wurden die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten bei der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde nach diesen in der Vorbemerkung dargestellten Voraussetzungen und unabhängig von der beruflichen Tätigkeit der betroffenen Person durchgeführt. Der Schutz der freien Presse ist dadurch nicht tangiert.

Zwischenzeitlich hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz auf Bitten des Betroffenen die Speicherung personenbezogener Daten durch die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde in

diesem Einzelfall überprüft. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Verfassungsschutzbehörde dem Betroffenen zwei weitere gespeicherte Sachverhalte mitteilen muss. Abschließend stellt er fest, dass die sonstige Verarbeitung der Daten des Betroffenen durch die Verfassungsschutzbehörde datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden ist. Auch die teilweise Verweigerung der Auskunft und das Nichtmitteilen der Verweigerungsgründe sind datenschutzrechtlich nicht zu rügen.

Zu 2: Eine Beantwortung dieser Frage kommt aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Dies gilt umso mehr, als keinerlei Anhaltspunkte erkennbar sind, die eine öffentliche Erörterung rechtfertigen würden, sodass die Beantwortung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen würde.

Zu 3: Eine Darlegung etwaiger gespeicherter Daten in der Öffentlichkeit kommt nicht in Betracht. Insofern wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

Darüber hinaus steht jeder Person die Möglichkeit offen, gemäß § 16 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes bei der Polizei sowie gemäß § 13 NVerfSchG bei der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu verlangen. Von dieser Möglichkeit wurde im nachgefragten Einzelfall Gebrauch gemacht.

Anlage 4

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 5 des Abg. Dr. Manfred Sohn (LINKE)

Cross-Border-Leasing-Geschäfte der Deutschen Messe AG

Laut einer Pressemitteilung der Deutschen Messe AG vom 8. September 2011 hat die Deutsche Messe AG das Cross-Border-Geschäft für alle Hallen des Messegeländes vorzeitig beendet. Dies werde sich im Ergebnis „mit einem substanziellen positiven Beitrag in den Unternehmenszahlen des Jahres 2011 widerspiegeln“, so die Deutsche Messe AG.

Noch Mitte des Jahres 2010 bezifferten mit der Thematik vertraute Kreise bei der Deutschen Messe AG den Ausstiegspreis mit etwa 100 Millionen Euro. Gleichzeitig haben das Land Niedersachsen und die Landeshauptstadt Hannover 250 Millionen Euro neues Eigenkapital in die Deutsche Messe AG eingebracht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Kosten sind durch die Auflösung der Cross-Border-Leasing-Verträge entstanden?

2. In welcher Höhe sind Kosten für Beratungsfirmen/Anwaltskanzleien entstanden?

3. Sieht die Landesregierung in der Ankündigung der Deutschen Messe AG, den 2001 erzielten Barwertvorteil von 29 Millionen Euro in der Bilanz 2011 auszuweisen, eine Ergebnisverfälschung der tatsächlichen Unternehmenszahlen 2011?

Die Deutsche Messe AG hat auf meine Bitte folgende Stellungnahme abgegeben:

Zu 1: Ich zitiere:

„Kosten von 17,3 Millionen USD aus der Zuzahlung an die amerikanischen Investoren und Beratungs- und Anwaltsgebühren standen Erträge bzw. eingesparte Kosten aus Avalgebühren von 16,7 Millionen USD gegenüber, sodass sich ein Nettoaufwand von 0,6 Millionen USD = 0,4 Millionen Euro ergab.“

Zu 2: Es entstanden, so die Deutsche Messe AG, „4,1 Millionen USD = 2,9 Millionen Euro Transaktionskosten insgesamt“.

Zu 3: Nein. Die Deutsche Messe AG erklärt hierzu:

„Der Barwertvorteil der gesamten Transaktion betrug ursprünglich 29,8 Millionen Euro. Hiervon verbleiben nach Abschluss der Transaktion 25,3 Millionen Euro.

Die Ergebnisauswirkung aus der Transaktion in 2011 sind 18,0 Millionen Euro. Dieser Betrag wird im Reporting deutlich herausgestellt und als a. o. Position ausgewiesen.“

Anlage 5

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 6 der Abg. Heidemarie Mundlos (CDU)

Spätabtreibungen

Nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 22. Oktober 2011 ist die Anzahl der späten Abtreibungen in der Frauenklinik der Diakonischen Dienste Hannover (DHH) von 21 Abbrüchen im Jahr 2009 auf 45 im Jahr 2010 angestiegen. Unter Spätabtreibungen sind Schwangerschaftsabbrüche nach der vollendeten zwölften Schwangerschaftswoche zu verstehen. Sie dürfen durchgeführt wer

den, wenn eine schwere Erkrankung oder eine Behinderung des Kindes vorliegt und Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren besteht oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des seelischen Gesundheitszustandes der Mutter zu befürchten ist.

Eltern, bei deren ungeborenem Kind eine schwere Erkrankung oder Behinderung festgestellt wurde, befinden sich stets in einer schwierigen und sehr belastenden Situation. Aber auch für Ärzte und Krankenschwestern, die bei einer Spätabtreibung zugegen sind, ist dies sehr belastend. Aus diesem Grund bestehen in der Gesellschaft sehr differenzierte Ansichten zu den späten Schwangerschaftsabbrüchen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie erklärt sich die Landesregierung den Anstieg der Zahl von Spätabtreibungen in der Frauenklinik der DHH?

2. Welche Aufklärungs- und Unterstützungsangebote hält das Land für Schwangere, bei denen eine schwere Erkrankung bzw. eine Behinderung des Kindes diagnostiziert wurde, auch mit Blick auf ein Leben mit einem behinderten Kind, bereit?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um die Kenntnis betroffener Frauen über die vorhandenen Hilfsangebote zu optimieren?

Schwangere Frauen und ihre Partner können während der Schwangerschaft in schwierige Konflikte geraten, wenn eine Fehlbildung oder schwere Erkrankung des Ungeborenen festgestellt wird.

Eine diagnostizierte Behinderung des zu erwartenden Kindes allein kann jedoch nach geltender Rechtslage keinen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch gemäß § 218 a Abs. 2 des Strafgesetzbuches begründen. Vielmehr beruht die medizinische Indikation auf der ärztlichen Erkenntnis, dass der Schwangerschaftsabbruch die einzige Möglichkeit zur Abwendung der Gefahr für eine schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren ist. Das gilt auch nach einem auffälligen pränataldiagnostischen Befund unabhängig von der Art des Befundes und der Schwere einer zu erwartenden kindlichen Erkrankung oder Behinderung. Bei der medizinischen Indikation hat die Ärztin oder der Arzt die gegenwärtige Situation der Frau mit einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer medizinischen Indikation bei Fortschreiten der Schwangerschaft immer enger zu ziehen sind, insbesondere dann, wenn die Wahrscheinlichkeit der Lebensfähigkeit des Kindes außerhalb des Mutterleibs besteht.

Die Berichte in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung anlässlich der Zunahme der späten Abtreibungen in der Frauenklinik der Diakonischen Dienste Hannover (DDH) suggerieren eine generelle eklatante Zunahme der Zahl der Spätabbrüche und damit die Zunahme der damit verbundenen Probleme, insbesondere der großen seelischen Belastungen für alle Beteiligten.

Eine Zunahme der Zahl der späten Schwangerschaftsabbrüche kann für Niedersachsen aber nicht bestätigt werden. Im Jahr 2010 sind in Niedersachsen insgesamt 119 Schwangerschaftsabbrüche ab der vollendeten zwölften Schwangerschaftswoche durchgeführt worden, sodass es gegenüber dem Vorjahr mit 138 Schwangerschaftsabbrüchen zu einem Rückgang von 13,8 % gekommen ist. Diese Abbrüche machen einen Anteil von 1,3 % an allen Schwangerschaftsabbrüchen in Niedersachsen in dem genannten Zeitraum aus.