Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 2 der Abg. Renate Geuter (SPD)

Auswirkungen der Schuldenkrise auf niedersächsische Kommunen - Müssen finanzschwache Kommunen künftig mit Beschränkungen bei der Vergabe von Kommunalkrediten rechnen?

Die aktuelle Schuldenkrise hat auch zu einer Verunsicherung der Banken bei der Vergabe von Kommunalkrediten geführt. Bisher galten kommunale Darlehen für die Banken als relativ risikolos, weil im Zweifel Bund und Länder für die Verbindlichkeiten eingetreten sind. Aktuelle verfassungsgerichtliche Urteile (u. a. in NRW) haben deutlich gemacht, dass die Haftungsgemeinschaft zwischen Bund, Ländern und Kommunen ihre Grenzen bei der finanziellen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bundeslandes haben kann.

Die zugespitzte Schuldenlage im öffentlichen Sektor, die Regelungen von Basel III und das im Zusammenhang mit der Schuldenkrise auf europäischer Ebene vereinbarte Maßnahmenpaket zwingen die Banken, mehr Eigenkapital vorzuhalten, mit der Folge, dass sich die Kommunen zukünftig auf Schwierigkeiten bei der Vergabe von Krediten einstellen müssen.

Erst nach massivem Widerstand der Vertreter von Kommunen und Ländern hat die KfW ihre am Jahresanfang geäußerte Planung, die Vergabe von Krediten an der Pro-Kopf-Verschuldung einer Gemeinde auszurichten, fallen gelassen. Dennoch hat sie ihre Absicht beibehalten, sich bei der Vergabe von Kommunalkrediten zukünftig stärker an den Prozessen von Geschäftsbanken zu orientieren, und daher inzwischen Höchstgrenzen für die Kreditvergabe an einzelne Kommunen eingeführt.

Inzwischen hat auch die WL-Bank in Münster, eine Tochter der Volks- und Raiffeisenbanken, öffentlich erklärt, keine Kredite mehr an überschuldete Städte und Gemeinden zu vergeben.

Experten glauben, dass die Entscheidungen von WL-Bank und KfW Signalwirkung haben, der weitere Banken folgen könnten. Auch niedersächsische Kommunen haben die Erfahrung machen müssen, dass bei der Anfrage nach Kommunalkrediten die Anzahl der Angebote von Banken deutlich zurückgegangen ist.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die neue Geschäftspraxis der KfW-Bank, und in welcher Form hat sie sich in den Entscheidungsprozess dieser Bank eingebracht?

2. Erwartet die Landesregierung aus dem Vorgehen der KfW- und der WL-Bank Signalwirkungen auch für Niedersachsen und, wenn ja, welche?

3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es auch in Niedersachsen Banken gibt, die Einschränkungen bei der Vergabe von Kommunalkrediten vornehmen und, wenn ja, welche?

Die niedersächsischen Sparkassen bieten den Kommunen mit der „Kommunalen Verschuldungsdiagnose“ eine Plattform, mit deren Hilfe Kommunen zu Verbesserungen im Kredit- und Zinsmanagement kommen können.

Darüber hinaus halten es die niedersächsischen Sparkassen - so die Stellungnahme des Niedersächsischen Sparkassenverbandes - aktuell für richtig, aufgrund unveränderter Einstandspflichten von Land und Bund generell von einer sehr guten Kreditwürdigkeit aller Kommunen auszugehen und diese im Rahmen ihres internen Ratingverfahrens - in Anlehnung an das Rating der Bundesrepublik Deutschland - in die beste Ratingklasse einzustufen. Eine Änderung dieser Praxis ist nicht vorgesehen. Der nach wie vor intensive Konditionenwettbewerb im Kommunalkreditgeschäft zeigt zudem, dass auch etliche Wettbewerber der Sparkassen derzeit noch von einer durchgängig sehr guten Bonität der Kommunen ausgehen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Frau Geuter im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die KfW hat gegenüber der Landesregierung erklärt, dass sie weiterhin ihrem gesetzlichen Auftrag als verlässlicher Finanzierungspartner von Kommunen, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen nachkommen wird.

Zu 2: Wie bereits im Vorspann erwähnt, stehen insbesondere die niedersächsischen Sparkassen und auch die NORD/LB weiterhin zu ihrer Verantwortung, Kommunen mit Krediten zur Seite zu stehen.

Zu 3: Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse, dass es in Niedersachsen zu Einschränkungen bei der Vergabe von Krediten an Kommunen gekommen ist.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 3 des Abg. Roland Riese (FDP)

Ein Jahr Modellprojekt Niedersachsen (MoNi) - Wie sind die ersten Erfahrungen?

Das Projekt Modellprojekt Niedersachsen, getragen von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, dem Land Niedersachsen und einer Reihe gesetzlicher Krankenkassen, zur Entlastung von Hausärzten und zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in dünn besiedelten Regionen Niedersachsens ist am 3. November 2010 in den Modellregionen Vechta und Schneverdingen gestartet. Mit dem Modellversuch soll die Patientenversorgung durch neue Formen der Zusammenarbeit von Ärzten und Medizinischen Fachangestellten verbessert werden. Insbesondere geht es darum, Medizinische Fachangestellte dazu fortzubilden, dass sie vom Arzt delegierbare Tätigkeiten im Wohnumfeld der Patienten selbstständig ausführen können. Der Entwurf des Versorgungsstrukturgesetzes des Bundes sieht vor, die Möglichkeiten zur Delegation ärztlicher Leistungen auszuweiten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse anderer vergleichbarer Modellprojekte wie VERAH, AGneS oder EVA konnten für MoNi übernommen werden?

2. Wie viele Fortbildungen wie vieler Medizinischer Fachangestellter aus wie vielen Arztpraxen sind bisher begonnen und wie viele sind abgeschlossen worden?

3. Hat die Landesregierung Erkenntnisse, wie das Modell von den an dem Projekt teilnehmenden Ärzten, Medizinischen Fachangestellten und vor allem den Patienten angenommen wird?

Die Landesregierung misst der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Niedersachsen eine hohe Bedeutung bei. Die Hausärztinnen bzw. Hausärzte sind bereits heute für viele Menschen bei den verschiedensten medizinischen Fragestellungen erste Anlaufstelle. Sie sind regelmäßig wohnortnah erreichbar, kennen die Patientinnen und Patienten und deren Familien; sie sind vertraut mit der Vorgeschichte einer Erkrankung und zeigen idealerweise den richtigen Diagnosepfad auf. Ihnen kommt damit eine Lotsenfunktion in der ambulanten Gesundheitsversorgung zu. Die Hausärztinnen und Hausärzte tragen dazu bei, dass kostenintensive Doppeluntersuchungen sowie medizinisch nicht notwendige Facharztbesuche und Krankenhausaufenthalte vermieden werden. Über eine Entlastung der Ärztin bzw. des Arztes (z. B.

Konzentration auf Kernkompetenzen und Notwendigkeiten, mögliche Steigerung der Zahl zu betreuender Patientinnen und Patienten) soll der Beruf attraktiver gemacht machen, damit sich künftig wieder mehr Hausärztinnen und -ärzte in ländlichen Regionen niederlassen.

In Niedersachsen haben sich daher die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die AOK Niedersachsen, die Betriebskrankenkassen, die Knappschaft und die Landwirtschaftliche Krankenkasse Niedersachsen-Bremen auf die Durchführung eines Delegationsprojektes unter der Bezeichnung Modell Niedersachen (MoNi) verständigt. Das Modell geht zurück auf eine Initiative der KVN im Rahmen der Arbeit des Rundes Tisches „Stärkung der hausärztlichen Versorgung“.

Der für zwei Jahre angelegte Modellversuch, an dem jeweils vier Hausärzte in den Modellregionen Landkreis Vechta und Gemeinde Schneverdingen teilnehmen, ist am 3. November 2010 gestartet.

Mit MoNi sind folgende Ziele verbunden:

- Konzentration der ärztlichen Tätigkeit auf die Kernkompetenzen und Notwendigkeiten,

- Stärkung der Stellung der Medizinischen Fachangestellten im Versorgungsgeschehen unter Supervision der Ärztin bzw. des Arztes,

- Rechtssicherheit bei arztseitiger Delegation von vertragsärztlichen Leistungen,

- Steigerung der Zahl der zu betreuenden Patientinnen und Patienten je Hausarzt,

- Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung auch in unterversorgten bzw. ländlichen Gebieten.

Das Land Niedersachsen unterstützt die Evaluation, die vom Zentralinstitut der Kassenärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) durchgeführt wird. Der Abschlussbericht soll Ende März 2013 vorliegen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Mit MoNi geht die KVN einen „niedersächsischen Weg“. Hierbei werden, wie auch beim Modell VERAH, die Delegationsleistungen durch in der Praxis angestellte medizinische Fachkräfte erbracht. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Modell der „Gemeindeschwester“ AGneS, die nicht in einem Anstellungsverhältnis zur Arztpraxis steht.

Das Modell VERAH setzt ein sehr umfangreiches Fortbildungsprogramm im Vorfeld der Aufnahme der Tätigkeit voraus, da es nur für unterversorgte Regionen vorgesehen ist. In Niedersachsen bestehen nach der aktuellen Bedarfsplanung jedoch keine unterversorgten Planungsbereiche. Da die KVN dennoch vor dem Hintergrund der von ihr erwarteten Entwicklung der Arztzahlen den Bedarf für ein Delegationsmodell sieht, kommt MoNi bereits in schwächer versorgten Regionen zum Einsatz.

Zu den verschiedenen Delegationsmodellen wird ergänzend auf die LT-Drs. 16/2132, Stellungnahme zu 1. IV, verwiesen.

Zu 2: Als Voraussetzung, Delegationsleistungen bei MoNi zu erbringen, haben sich die Vertragspartner auf das Qualifikationsniveau und die Erfahrungen der Medizinischen Fachangestellten verständigt. An dem Modellversuch nehmen nur Vertragsarztpraxen teil, die Fachpersonal mit der entsprechenden geforderten Qualifikation und Erfahrung einsetzen. Fortbildungen speziell für MoNi müssen daher nicht zusätzlich erbracht werden. Dies würde entsprechend dem mit den Krankenkassen geschlossenen Vertrag lediglich für nich tärztliche Fachkräfte in Betracht kommen.

Zu 3: Belastbare Erkenntnisse der KVN liegen derzeit noch nicht vor. Allerdings signalisieren die beteiligten Ärzte große Zufriedenheit mit dem Projekt. Bezüglich der systematischen Projektauswertung bleibt der Abschlussbericht abzuwarten, der Ende März 2013 vorliegen soll.

Anlage 3

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 4 der Abg. Helge Limburg und Stefan Wenzel (GRÜNE)

Rechtswidrige Beobachtung eines Journalisten durch den Verfassungsschutz?

Durch eine Anfrage seines Rechtsanwalts beim niedersächsischen Verfassungsschutz Anfang Oktober 2011 wurde bekannt, dass der niedersächsische Verfassungsschutz seit 14 Jahren einen Göttinger Journalisten, der u. a. Mitarbeiter des Stadtradios Göttingen ist, beobachtet. Die offenbar auch mit Unterstützung der Polizei Göttingen gesammelten und gespeicherten Informationen wurden nur teilweise zugänglich gemacht. Demnach speicherte die Behörde u. a. die Anwesenheit des Journalisten auf friedlichen Antiatomkraftdemonstrationen, über die er im Rahmen seiner journalistischen Tätig

keit berichtete. Insbesondere diese nachrichtendienstliche Beobachtung der journalistischen Arbeit rief massive Kritik hervor; z. B. bezeichneten Beobachterinnen und Beobachter diese Aktivitäten als „Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit“.

Wir fragen die Landesregierung: