Protokoll der Sitzung vom 06.12.2011

Gerade Sie, Herr Meyer, schrecken ja auch nicht davor zurück, 95 % der Bäuerinnen und Bauern in

Niedersachsen, nämlich die konventionell wirtschaftenden Betriebe, zu kriminalisieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE] lacht)

Sie treiben ganz bewusst einen Keil zwischen die aus Ihrer Sicht gute - ökologische - und die böse - konventionelle - Landwirtschaft.

(Clemens Große Macke [CDU]: Richtig!)

Eine Diskussion auf dem Niveau, wie wir sie gerade geführt haben - man hat das an den Zwischenrufen gemerkt -, bringt die wichtige Sache des Tierschutzes auf jeden Fall nicht weiter.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Aufgabe, vor der wir alle gemeinsam stehen, ist nämlich, allen unseren wirtschaftenden Betrieben Sicherheit zu geben, dass sie im europäischen Umfeld nicht benachteiligt werden, und gleichzeitig den steigenden Anforderungen an den Tierschutz gerecht zu werden.

Wie kann also eine Umsetzung aussehen? - Ganz sicher nicht so, wie in Ihren Anträgen vorgeschlagen, nämlich erst in Niedersachsen strengere Auflagen einzuführen und damit die Bedingungen für unsere Bäuerinnen und Bauern zu erschweren - - -

(Christian Meyer [GRÜNE]: Der Minis- ter wartet auch nicht auf die EU!)

- Herr Meyer, nun hören Sie doch einfach einmal zu! Sie können wirklich noch viel von mir lernen.

(Zustimmung bei der CDU)

Man sollte also nicht zuerst in Niedersachsen strengere Auflagen einführen, sondern auf europäischer Ebene dafür kämpfen, dass unsere Ideen des Tierschutzplans tatsächlich umgesetzt werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir müssen uns vor dem realistischen Zeithorizont des Tierschutzplans dafür einsetzen, dass unsere innovativen Ideen in Europa wirklich umgesetzt werden. Dabei sollten wir uns der Fachleute in Niedersachsen bedienen - wir tun das -, z. B. der Tierärztlichen Hochschule und insbesondere des Versuchsguts in Ruthe, die in der Tierhaltung beispielgebend sind und ihren Schwerpunkt schon lange auf das Thema Animal Welfare in der modernen Nutztierhaltung gelegt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ihre Anträge produzieren nur Verlierer. Der erste Verlierer sind die Tiere; denn sie werden dann nicht mehr bei uns gehalten, sondern woanders.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN)

Dann haben wir überhaupt keinen Einfluss mehr auf die Bedingungen. Im Übrigen würde dies die von Ihnen so bekämpften Schlachtbetriebe auch nicht verhindern. Das würde nur zu längeren Tiertransporten führen.

Der zweite Verlierer sind die Verbraucherinnen und Verbraucher; denn das Angebot an regionalen Produkten würde drastisch sinken. Der Einfluss, den die Menschen in Niedersachsen auf die europäische Agrarpolitik ausüben, ist durchaus überschaubar.

Der dritte Verlierer wären die Landwirte, die unter ungleichen Bedingungen nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Die Auswirkungen auf den ländlichen Raum und die wirtschaftliche Prosperität in Niedersachsen möchte ich mir lieber gar nicht ausmalen.

Unser Ziel muss es sein, in Niedersachsen weiterhin Vorreiter der nachhaltigen Landwirtschaft zu bleiben. Landwirtschaft hat hier nur Zukunft, wenn weiterhin das Gleichgewicht zwischen Ökonomie, Tierschutz und Ökologie sowie den sozialen Bedürfnissen der Bäuerinnen und Bauern Maßstab unseres politischen Handelns bleibt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wei- terhin Vorreiter? Wo sind wir denn Vorreiter?)

Diesen Maßstab müssen wir gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern noch deutlicher als bisher vermitteln. Wir haben einen enormen Nachholbedarf dabei - das sieht man auch hier -, moderne Landwirtschaft zu kommunizieren. Das führt leider auch dazu, dass die Berufsdemonstranten gegen jeden Stallbau so viel Gehör bekommen. Es ist nun einmal so, dass immer weniger Menschen direkten Zugang zur Landwirtschaft haben. Wir als Politik, die wirtschaftenden Betriebe und der Berufsstand müssen noch besser darin werden, ein realistisches Bild der Landwirtschaft zu transportieren. Dabei sollten die unterschiedlichen Produktionsformen gleichberechtigt nebeneinander stehen.

(Zuruf von Christian Meyer [GRÜNE])

- Hören Sie einmal zu, Herr Meyer!

Die Kommunikation der modernen Landwirtschaft würde uns insgesamt natürlich leichter fallen, wenn wir uns wenigstens hier im Parlament darauf einigen könnten, von zynischen Pauschalverurteilungen der niedersächsischen Landwirte abzusehen.

Ich lade Sie, meine Damen und Herren der Opposition, ein, sich konstruktiv in unseren innovativen Prozess für eine weiterhin verantwortungsvolle Nutztierhaltung in Niedersachsen einzubringen: zum Wohle unserer Verbraucherinnen und Verbraucher, zum Wohle unserer Tiere in Niedersachsen, zum Wohle unserer Landwirtschaft, und zwar völlig egal, ob sie ökologisch oder konventionell wirtschaften. Wenn Sie das machen, dann ist von unserer Seite aus versprochen, dass wir nicht ständig sagen werden, dass wir das erfunden haben. Da haben wir Größe. Das ersparen wir Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu dem Beitrag von Frau Weyberg gibt es eine Anfrage auf Kurzintervention von Frau Helmhold für Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile Ihnen das Wort für 90 Sekunden, Frau Helmhold.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Weyberg, ich konnte das kaum aushalten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Clemens Große Macke [CDU]: Wir können uns gut vorstellen, dass Sie das nicht aushalten konnten!)

Deswegen habe ich mich jetzt gemeldet.

Ich will einmal zusammenfassen, was Sie hier eben wortreich und lange gemacht haben: In Niedersachsen müssen auf unabsehbare Zeit Ferkel weiter bei lebendigem Leibe kastriert werden.

(Clemens Große Macke [CDU]: Falsch!)

In Niedersachsen müssen auf unabsehbare Zeit Hühner und Puten weiter bei lebendigem Leibe die Schnäbel abgeschnitten werden. Hühner und Puten müssen weiter in Qualhaltung gehalten werden.

(Clemens Große Macke [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Und all das geschieht wegen der Wirtschaftlichkeit.

(Clemens Große Macke [CDU]: Sie wissen, dass das nicht richtig ist!)

Ich frage Sie: Für wie blöd halten Sie eigentlich die Verbraucherinnen und Verbraucher?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nur noch 5 % aller Menschen kaufen noch Käfigeier. Die anderen 95 % sind bereit, mehr zu bezahlen, wenn es eine vernünftige Tierhaltung gibt. Das wären sie z. B. auch bei Fleisch, wenn darauf stünde „ohne Qualhaltung“; da bin ich mir ganz sicher. Ich bin mir auch ganz sicher, dass es noch schöner wäre, wenn darauf „mit Antibiotika“ oder „ohne Antibiotika“ zu lesen wäre und, falls „mit Antibiotika“ dort stünde, zu lesen wäre, wie viel und wie lange das Tier innerhalb seines kurzen Lebens Antibiotika bekommen hat. Dann würde der Verbraucher nämlich lieber zu Fleisch aus vernünftiger Tierhaltung greifen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Weyberg möchte die Gelegenheit nutzen zu antworten. Ich erteile ihr das Wort, bitte aber um Aufmerksamkeit für Frau Weyberg. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Genau die Einlassung, Frau Helmhold, die Sie hier eben gemacht haben, ist absolut problematisch. Sie behaupten etwas, aber haben keine einzigen Daten dafür. Sie haben keine wissenschaftlich basierten Daten an der Hand, sondern stellen sich hier hin und behaupten etwas.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist bei Ihnen einfach so typisch: Sie klagen an, Sie kriminalisieren die Bäuerinnen und Bauern. Ich habe nicht einen einzigen Vorschlag von Ihnen gehört, der umsetzbar ist, der im Dialog mit der niedersächsischen Landwirtschaft zum Wohle der Tiere umgesetzt werden kann, sondern das Einzige, was Sie können, ist anzugreifen.

Ich finde es gut, dass wir einen Minister haben, der einen Plan hat, der ihn umsetzt und der sowohl mit den Produzenten als auch mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern in einen Dialog tritt. Das, was wir uns einfach nur wünschen, ist, dass auch Sie sich einmal mit wissenschaftlichen Daten auseinandersetzen, dass Sie schauen, wie sich die Sache wirklich darstellt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das steht alles in unserem Antrag!)

- Fragen Sie doch einmal bei der Tierärztlichen Hochschule nach!

(Glocke des Präsidenten)