Protokoll der Sitzung vom 07.12.2011

- Offensichtlich habe ich bei Ihnen mal wieder die richtige Stelle getroffen. Kümmern Sie sich doch einmal um den Haushalt und sehen Sie zu, dass da ein bisschen Geld reinkommt, anstatt es immer nur rauszuziehen!

Zur Frauenpolitik, meine Damen und Herren, ist ebenfalls nicht viel zu sagen. Faktisch findet sie in diesem Land nicht mehr statt.

(Beifall bei der SPD - Petra Tiemann [SPD]: So ist es! So ist es!)

Frau von der Leyen schaffte die hauptamtlichen Frauenbeauftragten weitgehend ab, reduzierte das Gleichstellungsgesetz auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und beglückte fortan mit ihrer wöchentlichen Lebensberatung in der Bild-Zeitung, bevor sie nach Berlin entrückte. Sie, Frau Özkan, bekämpfen als Frauenministerin Mindestlöhne, obwohl der Anteil von Frauen im Teilzeit- und Niedriglohnsektor überdurchschnittlich hoch ist. Altersarmut wird durch diese Politik für ganze Frauengenerationen vorprogrammiert.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, keinerlei Aktivitäten sind für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit von Frauen und Männern zu erkennen. Noch heute verdienen Frauen in Niedersachsen rund 25 % weniger als Männer - ein völlig inakzeptabler Zustand.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Es gibt keinerlei Unterstützung bei der Forderung der Bundesarbeitsministerin nach einem Anteil von mindestens 30 % Frauen in Führungsämtern. Alle Anträge der Opposition wurden hier abgelehnt. Dafür gibt es aber Unterstützung bei der geplanten Einführung des Betreuungsgeldes durch die Bundesregierung. Gerade vielen Kindern im bildungsfernen Bereich wird dadurch jede Chancengerech

tigkeit genommen. Der Rückfall von CDU/CSU in das Frauen- und Familienbild der 50er-Jahre kann auch nicht durch lediglich zwei Ministerinnen im Landeskabinett wettgemacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die größte Herausforderung und das gleichzeitig größte sozialpolitische Desaster von Frau Özkan erleben wir allerdings in der Pflege. Unter dieser Landesregierung ist Niedersachsen nun seit Jahren bundesweites Schlusslicht in der Altenpflege. An allen Ecken brennt es lichterloh. Auszubildende müssen Schulgeld mitbringen. Eine Umlagefinanzierung lehnt diese Landesregierung aus ideologischen Gründen ab. Tarifflucht und ruinöser Preiskampf auf dem Rücken der Mitarbeiter - Sie hingegen bekämpfen die Einführung von Mindestlöhnen in der Pflege. Bei der Anpassung der niedersächsischen Pflegevergütungen an das Durchschnittsniveau der anderen Bundesländer erklären Sie sich, wie so häufig, für unzuständig.

Und wo, bitte schön, bleibt die von Ihnen zugesicherte Fachkräftequote? - Auf Drängen der SPD bequemten Sie sich zu Verhandlungen mit den Pflegepartnern. Nach sieben Monaten wurde ein sogenanntes Pflegepaket vorgelegt, das kein einziges Problem löst. Stattdessen erteilen Sie sich selbst Prüfaufträge, und ansonsten sind immer die anderen zuständig.

Meine Damen und Herren, schon heute fehlen in Niedersachsen 3 000 Pflegekräfte. Ende des Jahrzehnts werden es 30 000 sein. Diese Regierung heizt den Pflegenotstand in unserem Land mit dieser Politik auch noch an. Das ist absolut verantwortungslos und meiner Meinung nach zugleich skandalös, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Schlimmer noch: Seit Beginn Ihrer Regierungszeit wird immer rücksichtsloser bei den Pflegebedürftigen gekürzt. 2005: komplette Streichung der Landesmittel für die stationäre Pflege - 12 000 Menschen rutschten in die Sozialhilfe. 2009: 20 % Kürzung in der ambulanten Pflege. 2011: Mit fadenscheinigen Argumenten wird die Kurzzeit- und Verhinderungspflege um 6 Millionen Euro gekürzt. Bestraft werden Menschen, die aufopferungsvoll ihre Angehörigen zu Hause pflegen und selber mal eine Auszeit bräuchten. Dank Frau Özkan müssen sie zukünftig je nach Pflegestufe einen Eigenanteil zwischen 1 300 und 2 200 Euro für die Kurzzeitpflege aufbringen. Meine Damen und Herren, die

CDU sollte sich einmal fragen, was dieses Verhalten mit dem „C“ in ihrem Namen noch zu tun hat. Mit christlicher Nächstenliebe hat diese Abzocke jedenfalls nichts zu tun, und zwar gar nichts!

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Einjährigen von Frau Özkan schrieben die Zeitungen - ich zitiere -: Der exotische Glanz ist verblasst. - Anstatt sich endlich um die großen Probleme der niedersächsischen Sozialpolitik zu kümmern, fetzt sie sich nunmehr seit Monaten unermüdlich mit ihrem ehemaligen Fahrer vor dem Arbeitsgericht. Der arme Kerl wurde kurzerhand versetzt, weil er bei 330 Arbeitsstunden im Monat die Überstunden bezahlt haben wollte.

(Norbert Böhlke [CDU]: Was hat das denn mit dem Haushalt zu tun?)

- Das hat etwas mit dem Verhalten dieser Ministerin zu tun, die sich um ihre Aufgaben kümmern soll, meine Damen und Herren!

(Starker Beifall bei der SPD)

Da wird als Begründung vorgetragen: Vertrauensverhältnis kaputt, Schlichtung abgelehnt. - Nachdem Sie nun vor dem Arbeitsgericht verloren haben, erwägen Sie, auch noch in die Berufung zu gehen. Ich frage mich allen Ernstes: Haben Sie als Ministerin nicht wirklich eine andere Aufgabe, als auf einem der kleinsten Räder in der Ministerialbürokratie rumzuhacken? - Ich finde in der Tat: Für eine Sozialministerin ist das meiner Meinung nach unwürdig, unerträglich und an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten, meine Damen und Herren!

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nachhaltige Sozialpolitik als Garant des sozialen Friedens ist das, was die Menschen in Niedersachsen dringend brauchen. Wir werden dafür arbeiten, dass dieses nach der Landtagswahl am 20. Januar 2013 Wirklichkeit wird. Es ist dringend notwendig.

(Zurufe von der CDU)

- Sie haben das gar nicht mehr nötig. Sie sitzen da noch ein Jahr, und dann ist es gut. Dann kann ich sagen: Gott sei Dank, dass hier dann wieder vernünftige Politik gemacht wird, meine Damen und Herren!

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Böhlke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der zur Beratung aufgerufene Einzelplan 05 ist bekanntlich der zweitgrößte Einzeletat unseres Haushaltsplans. Mein Vorredner, der bekanntlich als Schattenminister im Kabinett Lies vorgesehen war, ist hier sehr deutlich geworden und hat sehr klar aufgezeigt, dass er aus dem Schatten eines solchen Kabinetts keinesfalls heraustreten wird; denn er ist nicht in der Lage gewesen, einen konkreten Änderungsantrag zu diesem umfassenden Einzeletat, der sicherlich viele Möglichkeiten bietet, vorzulegen. Ich bin aber ganz gespannt. In einem Jahr werden wir mitten im Landtagswahlkampf sein.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Dann ist Schluss mit lustig!)

Dann werden wir ja sehen, ob sich im Wahlprogramm der SPD auch die Positionen des Landesrechnungshofes beispielsweise zur Krankenhauspolitik wiederfinden. Dann wird die ärztliche Versorgung vor Ort in Northeim, in Bad Gandersheim und im gesamten Landkreis Osterode nicht mehr über die Krankenhäuser gewährleistet sein. Machen Sie sich einmal entsprechende Aussagen zu eigen, die vom Landesrechnungshof getroffen worden sind! Diese einseitige Position kann man hier in einer parlamentarischen Auseinandersetzung nicht auf diese Art und Weise aufrechterhalten. Ich freue mich aber darauf, wenn wir dann im Land im Einzelnen über die Zukunft unserer Krankenhäuser öffentlich diskutieren werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie in allen Haushaltsjahren zuvor gilt auch für die vor uns liegende Planungsphase, dass 98 % dieses Haushalts Rechtsverpflichtungen sind, d. h. fest gebundene Titel. Die freiwilligen Leistungen stellen 2 % der Gesamtausgaben dar. Damit sind aus unserer Sicht trotzdem ausreichende Haushaltsmittel gegeben, um Investitionen, die wir im Vorfeld auf den Weg gebracht haben, weiter zu finanzieren und auch neue Initiativen zu starten.

Unsere Schwerpunkte sind Investitionen im Bereich der Sozialleistungen, in Kinderschutz, in Jugendschutz, in Frauenhäuser, in die Gewaltberatung, in die Täterarbeit, in die Schuldnerberatung, in die Jugendsozialarbeit, in die Seniorenarbeit

und selbstverständlich auch in das Gesundheitswesen. Die Haushaltsansätze zeigen auf, dass wir diese Positionen intensiv gewichtet haben. Aber auch dieser Doppelhaushalt steht selbstverständlich unter dem Konsolidierungszwang, dem das Land im Sinne seiner Finanzsituation Rechnung tragen muss.

Selbstverständlich haben wir uns als verantwortungsbewusste Sozialpolitiker damit auseinandergesetzt und dafür Sorge getragen, dass nicht nur in der gegenwärtigen Situation, sondern auch für die kommende Generationen unserer Kinder und Enkel ein finanzieller Spielraum vorhanden ist, um soziale Leistungen des Staates gewährleisten zu können. Wenn diese Prämisse Bedeutung hat, dann gilt für diese Haushaltsansätze unangefochten als Grundsatz, dass dort, wo es notwendig ist, in dem erforderlichen Umfang finanzielle Mittel durch das Land zur Verfügung gestellt werden, damit die staatliche Unterstützung dort, wo sie gebraucht wird, auch tatsächlich ankommt.

Wenn wir uns die wenig bzw. gar nicht zu beeinflussenden Haushaltspositionen anschauen, die sich aus Rechtsverpflichtungen ergeben, so wird deutlich, dass wir im Jahre 2012 mit 3,3 Milliarden Euro und 2013 mit 3,6 Milliarden Euro entsprechende Schwerpunkte haben. Wir sind dabei insbesondere auf die Ausgaben für die Sozialhilfe nach dem SGB XII aufmerksam geworden. Hierfür haben wir im Jahr 2011 1,78 Milliarden Euro im Haushalt zur Verfügung gestellt. 2012 wird der Etat mit 2,07 Milliarden Euro deutlich mehr ausweisen, und 2013 wird noch einmal eine deutliche Steigerung zu verbuchen sein.

Selbstverständlich steigen auch die Ausgaben für das Gesundheitswesen in diesem Haushalt. Im Jahr 2012 sind es insgesamt 269 Millionen Euro, und im darauffolgenden Jahr werden es 283 Millionen Euro sein.

Für den Bereich des niedersächsischen Wohn- und Siedlungswesens werden pro Jahr jeweils 179 Millionen Euro ausgewiesen.

Für die sonstigen Sozialleistungen, wie beispielsweise das Landesblindengeld oder auch die Zuschüsse für die Schuldnerberatungsstellen, haben die Haushaltspositionen Höhen von 231 Millionen Euro bzw. 238 Millionen Euro erreicht.

Diese Haushaltspositionen machen deutlich, dass das, was hier als grundsätzliche Kritik von Herrn Schwarz vorgetragen worden ist, in dem Umfang nicht gerechtfertigt ist. Natürlich geht es immer

darum, die Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Wünschenswerterweise könnte es immer mehr sein. Aber es muss eben auch vertretbar sein. Das Vertretbare findet sich im Haushalt wieder.

Der Familienbereich wird mit 89 Millionen Euro hervorgehoben. Für die Stadtsanierung - wir haben es heute mehrfach gehört - stehen 75 Millionen Euro zur Verfügung, und die Jugendarbeit findet sich im Haushalt mit 32 Millionen Euro wieder.

Wenn hier gesagt wird, es gebe keine frauenpolitischen Ansätze, so ist das nicht richtig. Denn in diesem Haushalt werden 20 Millionen Euro für den frauenpolitischen Bereich zur Verfügung gestellt.

Deshalb - das kann ich mit Stolz sagen - kann sich dieser Haushalt sehen lassen; nicht zuletzt auch aufgrund der sonstigen Ausgaben, die für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen im Haushalt ausgewiesen sind.

Unsere politische Arbeit ist insbesondere auch mit dem Thema der Pflegesituation konfrontiert. Ich möchte in diesem Zusammenhang an das Pflegepaket Niedersachsen erinnern, das bereits im Jahre 2009 ausgerufen wurde und das bekanntlich die Attraktivität der Pflegeberufe und die Ausbildungsbereitschaft gestärkt hat. Wir werden in den folgenden Haushaltsjahren die entsprechenden Ansätze fortführen.

In diesem Zusammenhang muss natürlich auch auf den Abschluss des Pflegepaktes zwischen unserer Sozialministerin und den beteiligten Parteien hingewiesen werden. Hier werden deutliche positive Akzente gesetzt.

Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen des Landtages setzen in der Pflegepolitik ein deutliches Zeichen. Mit dem Haushalt, der zur Abstimmung steht, ist sichergestellt, dass Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe langfristig gesichert werden. Beispielsweise wird in diesem Rahmen die Schulgeldförderung auf 160 Euro monatlich erhöht. Damit werden vier Fünftel der Pflegeschüler faktisch von der Schulgeldzahlung befreit. Wir arbeiten daran, dass der verbleibende Rest in den Genuss kommen wird, der für die anderen schon sichergestellt ist.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das wäre schön! Die Ministerin hat das gerade verneint!)

- Wir arbeiten daran, Herr Kollege. Das ist doch eine klare Aussage.

Besonders wichtig ist uns die Absicherung der Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie werden mit zusätzlich 82,6 Millionen Euro für 2012 und 86 Millionen Euro für das Jahr 2013 abgesichert. Für 2012 werden Kostenerhöhungen durch höhere Sachkosten und höhere Personalkosten in der teilstationären und stationären Eingliederungshilfe mit etwa 3 % berücksichtigt. Das führt in der Tat - Gespräche mit den Beteiligten haben wir geführt - zu einer deutlichen Entspannung der Situation und findet positive Resonanz.