Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Adler gemeldet. Sie haben das Wort.

(Björn Thümler [CDU]: Herr Adler of- fenbart, was „in den Wicken“ ist!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schostok, Sie haben eben gesagt, Sie würden Ihre Aufklärungsstrategie weiter verfolgen, indem Sie Fragen stellen. Aber Sie müssen doch erkennen, dass man mit den Fragen irgendwann am Ende ist, wenn man immer wieder die gleichen Antworten bekommt. Das haben wir doch gestern erlebt.

(Beifall bei der LINKEN - Wilhelm Hogrefe [CDU]: Ihr müsst einfach neue Fragen stellen!)

Dann muss man doch den nächsten Schritt gehen, und der nächste Schritt ist, zu überprüfen, ob die Antworten auf die Fragen richtig sind.

Ich nenne nur ein Beispiel, nämlich den Sonderkredit, den Herr Wulff von der BW-Bank bekommen hat. Da kommen wir in der Sache doch nicht weiter, wenn wir nicht die Angestellten der BWBank, die diesen Kredit gewährt haben, als Zeugen nach den Modalitäten dieses Kredites fragen. Erst dann kommt doch alles ans Tageslicht.

Deshalb frage ich noch einmal: Warum machen Sie dabei nicht mit?

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich sehe, eine Erwiderung ist nicht gewollt. Dann hat jetzt der Kollege Nacke von der Fraktion der CDU das Wort. Bitte!

(Zuruf von der SPD: Der steht doch in den Wicken!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Andere führen Krieg und rotten ganze Völker aus. Deutschland hingegen leistet sich den Luxus, sich über die Harmlosigkeit seines Staatsoberhauptes wochenlang selbst zu lähmen.“

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Das ist ja unglaublich! - Hans-Henning Ad- ler [LINKE]: Warum ist er denn wohl zurückgetreten? - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

„Während draußen in der Welt Millionen um ihr Überleben kämpfen, ihr soziales Gefüge zerbrechen sehen und Seuchen, Wirbelstürme und Schlächtereien zu erdulden haben, ergehen sich die politische Klasse und die Medien in unserem Nachbarland in eitlen Balzritualen und in Empörungsexerzitien in einem Fall, der an Trivialität und Biederkeit fast nicht mehr zu überbieten ist.“

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Was ist denn Ihr Maßstab? Eine Bananenre- publik?)

Mit diesen Worten, meine Damen und Herren, kommentiert Jörg Dedial in der führenden Tageszeitung der Schweiz, der Neuen Zürcher Zeitung, einer renommierten internationalen Zeitung, das Geschehen in Deutschland.

„Eitle Balzrituale und Empörungsexerzitien in einem Fall, der an Trivialität und Biederkeit fast nicht mehr zu überbieten ist“ - Herr Wenzel, besser kann man Ihr Verhalten in den letzten sechs Wochen nicht beschreiben.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vom 13. Dezember 2011 bis zum Beginn dieses Tagungsabschnitts haben die Grünen 98 Pressemitteilungen veröffentlicht, davon 31 zu dem Thema, das uns heute beschäftigt; gestern ist noch eine hinzugekommen. Bei der SPD waren es 73 Pressemitteilungen, davon 28 zu dem Thema. Das sind 60 kleine Beispiele, wie man sich einen kleinen vermeintlichen politischen Vorteil verschaffen möchte und dafür bereit ist, das Amt des Bundespräsidenten, das Ansehen des Bundespräsidenten, die Person des ehemaligen Ministerpräsidenten und seine Familie nachhaltig zu beschädigen. Dafür sollten Sie sich schämen!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das kann doch wohl nicht sein! - Detlef Tanke [SPD]: So redet man sich um Kopf und Kragen! - Stefan Schostok [SPD]: Wo waren Sie in den letzten neun Wochen? - Weitere Zurufe)

Heute meinen Sie, es wäre angemessen, recht spaßig unterwegs zu sein, um zu erläutern, warum Sie heute den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ablehnen. Die Überschrift der Pressemitteilung der SPD vom 15. Februar lautet: „Untersuchungsausschuss würde laufende Aufklärungsarbeit unterbrechen“. Im Text ist die Rede von der „Ultima Ratio“.

Ich möchte Ihnen gerne Folgendes vortragen: Am 5. September 2007 entschied das Oberlandesgericht Celle, das Angebot der Bietergemeinschaft Hochtief zum JadeWeserPort auszuschließen. Neun Tage später, am 14. September, haben SPD und Grüne die Einsetzung des 20. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragt. Damals hieß es, die Regierungsfraktionen würden allein durch den Umstand, dass die normalen parlamentarischen Verfahren eingehalten werden, das Ganze verzögern.

(Stefan Schostok [SPD]: Sprechen Sie jetzt für den PUA?)

Beim 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Unglück beim Transrapid haben Sie die Mitarbeiter im Leitstand der Transrapid-Teststrecke, die sich dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung ausgesetzt sahen, nicht interessiert - ob Ihres politischen Vorteils.

(Stefan Schostok [SPD]: Wenn Sie den PUA wollen, stimmen Sie doch mit den Linken!)

Der Prokurist der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft, der sich strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt sah, hat Sie nicht interessiert, das war Ihnen völlig egal. Das Schwert konnte gar nicht scharf genug sein; denn es musste ja durch das ganze Dickicht hindurch, um irgendwie die Landesregierung zu treffen.

Und heute sollen wir Ihnen abkaufen, dass Sie noch nicht die Ultima Ratio wählen, weil Sie vorher noch Aufklärungsbedarf haben? - Nein. Ihr Bundesvorsitzender will es nicht. Ihr Landesvorsitzender will es nicht. Und warum nicht? - Weil dann, wenn wir über die politischen Kontakte der einzelnen Unternehmer sprechen würden, deutlich würde, wie Landtagswahlkämpfe und Kommunalwahlkämpfe hier finanziert werden. Davor haben Sie Angst. Alles andere ist doch leeres Gerede.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Genau so ist es! - Johanne Modder [SPD]: Stimmen Sie doch mit den Linken! - Zurufe von der SPD: Macht doch den PUA!)

Ich habe Ihnen an diesem Pult bereits vor vier Wochen prophezeit, dass es zu diesem PUA nicht kommen wird, und genau so ist es auch gekommen. Zu dem PUA, den Sie jetzt großspurig ankündigen, Herr Kollege Wenzel, wird es natürlich auch nicht kommen.

Ihre Strategie, lieber Herr Kollege Schostok, ist hier gerade deutlich geworden: Wenn man panische Angst hat, dann soll man sich das Gegenüber nackt vorstellen. Das machen Sie hier.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD)

Sie haben doch längst jedes Maß verloren. Ihnen geht es nicht um die Klärung der berechtigten Fragen. Das ist in diesem Zinnober hier gestern deutlich geworden.

Dann sagen Sie „Oh, wir gehen jetzt erst einmal vor den Staatsgerichtshof. Ach, wir müssen die Klageerhebung ganz in Ruhe vorbereiten.“ Und dann - oh Wunder! - lassen Sie ausgerechnet an dem Tag, an dem der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen eine Nominierungsveranstaltung hat, die Akten medienwirksam ins Gericht hineintragen.

Es kauft Ihnen doch kein Mensch ab, dass Sie ernsthaften Aufklärungswillen haben, wenn Sie

dann auch noch Herrn Bartling schicken, der nichts mehr zu verlieren hat.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese Klage ist ohne Aussicht auf Erfolg; das ist allgemein deutlich geworden.

Ich komme zu den Grünen, die inzwischen in einer Champagnerlaune unterwegs sind,

(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Haben Sie ein neues Wort gelernt?)

dass es die Kommunalpolitiker vor Ort abstößt. Wenn man sich mit denen unterhält, erfährt man, dass sie sich große Sorgen machen, weil Sie überhaupt nicht mehr sachpolitisch unterwegs sind. Herr Kollege Wenzel, Sie sehen den Bundespräsidenten als abschreckendes Beispiel in den Geschichtsbüchern und sich als den großen Wulff-Jäger dort gleich mit. Dabei werden Sie wie Frau Harms irgendwann vergessen sein - wenn Sie die Wahl verloren haben.

Kommen Sie zurück zur Sachpolitik! Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Die SPD spielt sich hier auf, sie würde Parlamentsrechte verteidigen. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? - Das Königsrecht des Parlaments ist das Haushaltsrecht. Aber von der SPD gab es keinen einzigen Vorschlag zum Haushalt des Landes Niedersachsen für 2012 und 2013.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Schönecke [CDU]: Arbeitsverweigerung!)

Wir versuchen, die Zukunft des Landes Niedersachsen nachhaltig auf gesunde Füße zu stellen, indem wir eine Schuldenbremse in der Landesverfassung verankern. Anfang Dezember haben Sie uns einen eigenen Vorschlag angekündigt, um sich irgendwie einzubringen. Wir warten seit zweieinhalb Monaten auf Ihren Vorschlag, weil Sie sich nur noch mit Nebensächlichkeiten auseinandersetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei den Grünen genau das Gleiche! Wenn man sich deren letzte hundert Pressemitteilungen anguckt, stellt man fest: Nichts zur Schuldenbremse, nichts zur Ombudsstelle für sexuelle Belästigung,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das war doch unser Antrag!)

nichts zum Rettungsdienstgesetz. Sie sind die Dagegen-Partei, das ist hier gestern deutlich geworden. - Lesen Sie Ihre eigenen Pressemitteilungen und nicht nur die Artikel, in denen Herr Wenzel abgedruckt ist!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nichts zum Brandschutzgesetz.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Gibt es einen Antrag von uns zur Om- budsstelle oder nicht? - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

- Herr Kollege Meyer, Heinz Erhardt hat einmal gesagt: Manche Leute wollen ständig glänzen, obwohl sie keinen Schimmer haben. - Das fällt mir bei Ihnen regelmäßig ein.