Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Lehre. Die Einführung von Lecturers mit einem höheren Lehrdeputat würde dazu führen, dass die Lehre von weniger Leuten geleistet wird. Sie würde also, wenn wir das System nicht ausweiten, die Zahl der unbefristeten Stellen sogar reduzieren. Professoren haben ein Deputat von neun Stunden; Lecturers könnten ein Deputat von zwölf oder fünfzehn Stunden haben. Das erscheint mir nicht sehr zielführend.

Wenn wir jetzt einfach unbefristete Stellen - für wissenschaftliche Assistenten, Oberassistenten oder wie man die Kategorie nennt - schaffen würden, dann hätten junge Leute plötzlich eine Chance, eine Lebenszeitstellung zu bekommen. Aber - Herr Noack hat darauf hingewiesen - danach wäre Schluss. Man kann das System nicht ständig ausweiten. Man kann nicht ständig neue unbefristete Stellen für die folgenden Nachwuchsjahrgänge schaffen. Deswegen ist auch dieser Vorschlag aus meiner Sicht nicht zielführend.

Frau Heinen-Kljajić, Sie nannten die USA als Beispiel für Karrierewege. Sie hätten auch die Schweiz nennen können. Da ist der Anteil unbefristeter Arbeitsverhältnisse im Hochschulbereich viel höher als in Deutschland. Aber wie sehen die Bedingungen dort genau aus? - In den USA und in der Schweiz kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis an einer Hochschule ohne Weiteres gekündigt werden. Es gibt keinen Kündigungsschutz. Wenn jemand 20 Jahre lang Vorlesungen hält und man dann der Meinung ist, Jüngere könnten es besser, dann kann derjenige einfach gehen. Das muss man bei der Bewertung der Zahl der unbefristeten Stellen einbeziehen. Das wollen wir nicht; das ist auch nicht Ihre Intention. Aber das ist die Praxis in den USA, die uns hier als Beispiel vorgehalten wird.

Aus meiner Sicht hat sich die Juniorprofessur sehr bewährt. Ich habe von Anfang an dafür gekämpft. Ich denke, dass wir auch an den Universitäten - das Bewusstsein dafür ist unterschiedlich entwickelt - die Zahl der Juniorprofessuren ausweiten sollten. Da bin ich ganz bei Ihrer Argumentation. Von den 2 000 Juniorprofessuren habe auch ich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung gelesen. Wenn der Bund uns etwas schenkt, habe ich nie etwas dagegen. Aber weil Professoren eigentlich vom Land bezahlt werden, ist dafür das Land verantwortlich. Deswegen überlegen wir, wie wir diesen Bereich stärken und die Zahlen erhöhen können. Das ist wirklich ein sehr vernünftiger und kluger Karriereweg.

Sie können nicht einfach sagen, wir täten nichts für strukturierte Karriereentwicklung. Wir haben jetzt allen Hochschulen eine Perspektive bis zum Jahr 2020 eröffnet; alle zwei Jahre werden strukturierte Promotionsprogramme ausgeschrieben. Die Hochschulen können bis zu 15 Stipendien pro Programm beantragen. Damit ist eine Kalkulierbarkeit verbunden. Ich verwahre mich aber gegen die Ansicht, dass nur noch strukturierte Promotionsprogramme interessant sind. Auch individuelle, ganz traditionelle Promotionen haben ihre Berechtigung.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Perli, ausgebeutet. - Bei dem Urteil in Hessen war für die Richter der nicht vorhandene Abstand zwischen der W-2-Besoldung und der Besoldung eines Studienrates entscheidend. Das heißt nicht, dass die W-2-Besoldung nicht das Überleben sichert. Das kann man wirklich nicht sagen. Dann müssten ja alle Studienräte hungern. Ich glaube nicht, dass das so gesehen wird. Aber Sie, Herr Perli, verwenden hier eine Vokabel wie Ausbeutung. Wie ist es denn da, wo Sie Einfluss hatten? - Sie waren zehn Jahre in Berlin an der Regierung, jetzt Gott sei Dank nicht mehr. Sie haben in dieser Zeit eine W-2-Grundbesoldung - - -

(Victor Perli [LINKE]: Das war die SPD!)

- Ja, klar, die SPD. Das war Herr Flierl!

(Victor Perli [LINKE]: Das war Herr Zöllner!)

- Nein, Herr Flierl. Das kenne ich nun genau.

(Victor Perli [LINKE]: Das war Herr Zöllner!)

- Nein. Die historische Wahrheit in Berlin ist mir bekannt. Das heißt, Sie müssten Ihren Genossen dort wirklich einmal ins Gewissen reden.

(Victor Perli [LINKE]: Das mache ich immer!)

Dass etwas, was hier Ausbeutung ist, dort bei mehr als 100 Euro weniger keine Ausbeutung ist, kann ich nicht verstehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn ich vorhin sagte, dass die sich in Qualifizierung Befindlichen laut HIS-Studie zu 90 % zufrieden waren, dann gilt das nicht für die Drittmittelbeschäftigten. Dort gibt es eine große Unzufriedenheit. Die angesprochenen Einjahresverträge sind

nicht in Ordnung. Man kann nicht immer automatisch sagen, es gibt Projekte, die über zehn Jahre laufen, also Befristungszeit gleich Projektlaufzeit. Aber gegen ein Jahr oder Befristungszeiträume, die nicht sachgemäß und so kurz sind - darüber haben wir auch in Auswertung dieser Studie mit den Hochschulen gesprochen -, muss man eintreten. Das kann man auch.

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Sie angesprochen hatten, wurde 2002 eingeführt. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, war damals Rot-Grün an der Regierung. Es hatte gute Gründe. Es hat viel zur Rechtssicherheit beigetragen, und es hat geholfen, dort stabilere Verhältnisse zu bekommen und akademische Karrieren in solchen Drittmittelprojekten über viel längere Zeiträumen, als es vorher möglich war, zu ermöglichen. Gegen die Veränderungen - weil Sie immer das Jahr 2007 ansprachen -, die von einer anderen Bundesregierung gemacht wurden, können Sie doch wirklich nichts haben. Ich denke, wir sind uns einig, dass die Kinderzeiten angerechnet werden und dazu führen, dass man ohne Sachgrund zwei Jahre länger befristet tätig sein kann. Aber man kann es nicht zwingend machen, Frau Heinen-Kljajić; denn es muss immer auch ein wissenschaftlicher Grund dafür vorhanden sein, um zu verlängern, und man kann nicht einfach sagen, wegen einer Kinderzeit erfolgt eine automatische Verlängerung.

Nach dem, was ich von unseren Hochschulen weiß, wird es so gehandhabt, dass diese Möglichkeit in der Regel ausgenutzt wird. Ich meine, mit diesem Gesetz haben Sie schon mal eine gute Tat getan, und Sie sollte jetzt dazu stehen und es nicht verwerfen. Das ist in Ordnung.

Ich denke, was die Problematik insgesamt betrifft, ist es nicht so, dass wir das Problem oder die Probleme nicht sehen. Aber Sie haben keine Lösungsvorschläge, die man annehmen kann. Ich denke, dass wir deswegen Schritt für Schritt dafür sorgen müssen, dass die Situation für den wissenschaftlichen Nachwuchs attraktiv ist. Wir haben erste Schritte unternommen und gehen auf dem Weg auch noch weiter.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin Wanka. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zu Tagesordnungspunkt 19 a, dem Antrag der SPD-Fraktion.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusse zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/3521 ablehnen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag der SPDFraktion abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung zu 19 b, zum Antrag der Fraktion DIE LINKE.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4219 ablehnen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit stelle ich fest, dass auch der Antrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt worden ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Abschließende Beratung: Darstellende Kunst und Nachwuchskünstler in Niedersachsen stärken: Kleinkunstpreis als Staatspreis des Landes ausloben - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3917 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 16/4469

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht vorgesehen, sodass wir zur Beratung kommen. Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Behrens zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um dem Ansatz dieses Antrags gerecht zu werden, müsste ich ihn eigentlich vortanzen, vorsprechen oder vorsingen.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: O ja, ich mache mit! - Heinz Rolfes [CDU]: Herr Thümler macht mit!)

Aber da ich meine Talente kenne, den Landtag nicht strapazieren möchte und vor allen Dingen die Kleinkünstler nicht beleidigen will, werde ich mich auf einen herkömmlichen Vortrag beziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Niedersachsen gibt es eine Vielzahl von Kleinkunstbühnen, die dem Publikum ein umfangreiches Angebot in der darstellenden Kunst unterbreiten. Inzwischen haben sich viele Kleinkünstler in den Regionen Niedersachsens und darüber hinaus etabliert. Sie bieten den Besuchern eine besondere Nähe zur Kultur und verfolgen darüber hinaus einen hohen künstlerischen Anspruch. Ich finde, wir sollten diese positive Entwicklung einer herausragenden Kunstsparte mit einem Staatspreis unterstützen, und bitte dafür um die Unterstützung aller Kolleginnen und Kollegen.

(Björn Thümler [CDU]: Aber nur, wenn wir dann tanzen!)

Die Palette der Kleinkunst ist breit. Kabarett, Chanson, Comedy und Sprechkunst locken alljährlich viele Menschen auf die niedersächsischen Bühnen. An vielen Spielstätten - Sie alle haben das sicherlich schon erlebt - in Hannover, Göttingen, Peine, Hildesheim, Braunschweig, Oldenburg oder Wilhelmshaven gibt es ein breites Angebot an Kleinkunst. Vor allem junge Künstlerinnen und Künstler nutzen die Kleinkunstbühnen als Sprungbrett für die weitere künstlerische Entwicklung.

Kleinkunst spricht im Vergleich zu anderen Kunst- und Kultursparten vor allem ein junges Publikum an. Kleinkunst bietet darüber hinaus einen sehr niedrigschwelligen Zugang zur Kultur. Ein Kleinkunststaatspreis, wie er z. B. in Baden-Württemberg vergeben wird oder wie er auch in Österreich und in der Schweiz zum festen Bestandteil der Kulturförderung gehört, würde die bisherigen niedersächsischen Staatspreise im Bereich Kultur, nämlich den Nicolas-Born-Preis für Literatur, den Praetorius-Musikpreis oder auch den Staatspreis für Architektur, vervollständigen. Der Kleinkunststaatspreis würde das starke kulturelle Engagement stärken, und er würde auch die Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Kleinkünstlerinnen und Kleinkünstler ausdrücken.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Debatte im Ausschuss war zunächst gut. Wir haben uns einen Überblick über die Verleihung von Auszeichnungen bzw. Staatspreisen im Bereich Kleinkunst in Deutschland geben lassen. Wir haben uns auch

über die Kleinkunstbühnen in Niedersachsen informieren lassen. So konnte eine der Intentionen des Antrags, nämlich sich mit diesem Thema zu beschäftigen, realisiert werden.

Leider, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ist daraus nicht mehr geworden. Ich bedaure das sehr; denn der Landtag vergibt heute eine große Chance, eine besondere Kunstsparte und ihre dynamische Entwicklung wertzuschätzen und zu stärken.

Die Kritik im Ausschuss entzündete sich zum einen an der Frage der Definition der Kleinkunst und zum anderen an der Frage, ob denn ein Staatspreis die richtige Antwort sei oder ob man nicht lieber z. B. die Kleinkunstveranstaltungsorte fördern sollte.

Beide Kritikpunkte, geehrte Kolleginnen und Kollegen, halten einer Prüfung aber nicht wirklich stand. Die Frage der Definition ist keine. So beschreibt u. a. die Fachliteratur die Kleinkunst sehr klar und hat sie auch definiert. Die Frage, ob es ein Staatspreis oder etwas anderes sein sollte, ist auch keine; denn das eine schließt das andere ja nicht aus.

Unser Vorschlag ist nur ein Vorschlag. Der Antrag sieht im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor, dass der Kleinkunstpreis in enger Abstimmung mit den in Niedersachsen aktiven Kleinkünstlern entwickelt werden soll, dass er sich an den bisherigen Kulturpreisen des Landes orientiert und dass wir die regionalen Spielstätten in Niedersachsen stärken wollen. Ich finde, das sind drei gute Ziele, um Kleinkunst in Niedersachsen zu stärken und zu fördern.

Darüber hinaus würde ich mich über weitere Vorschläge zur Stärkung der Kleinkunst in Niedersachsen freuen. Der Vorschlag der SPD-Fraktion liegt jedenfalls auf dem Tisch; auf die anderen warten wir noch.

Sie sehen also, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Kritikpunkte an diesem Antrag überzeugen nicht wirklich, vor allen Dingen auch deswegen nicht, weil der Antrag zur Entwicklung des Staatspreises viel Spielraum einräumt und die Kleinkunst in Niedersachsen daran beteiligen will. Auch der finanzielle Aufwand - das ist ebenfalls eine Frage, die wir uns in diesen Zeiten stellen müssen - ist überschaubar. Es gibt also keine nachvollziehbaren Gründe, diesen Antrag abzulehnen.

Der Landtag, geehrte Damen und Herren, hat heute also die Chance, eine besondere Kunstsparte zu stärken und sich bundesweit an die Spitze einer innovativen Kulturförderung mit einer besonderen

Sparte zu setzen. Diese Chance sollten wir nicht verpassen. Also, geehrte Damen und Herren, stimmen Sie dem Antrag zu, auch wenn ich ihn heute nicht vortanzen konnte!

Vielen Dank.