Protocol of the Session on February 23, 2012

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Das ist insbesondere deshalb sehr ideologisch, weil Sie natürlich auch die Eltern der Schülerinnen und Schüler dieser neuen Integrierten Gesamtschulen hinter die Fichte führen.

Die Integrierten Gesamtschulen z. B. in Bovenden oder auch in Friesland haben natürlich Vorbilder, wie etwa die IGS in Wilhelmshaven oder die IGS Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule in Göttingen. Alle 40 Integrierten Gesamtschulen in Niedersachsen sind vollständig ausgestattete Ganztagsschulen alten Typs. Sie jedoch lassen es zu, dass die neuen Integrierten Gesamtschulen nicht so, wie Eltern und Schülerinnen und Schüler es sich wünschen, als gebundene Ganztagsschulen arbeiten können, sondern nur als offene Ganztagsschulen. Das ist einfach nicht rechtmäßig und dem pädagogischen Konzept, das die Integrierten Gesamtschulen haben, einfach nicht würdig.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen haben Sie bisher nicht einen einzigen Grund vorgetragen, warum gerade Oberschulen diese Besserstellung bekommen, die Sie den Integrierten Gesamtschulen vorenthalten. Deshalb möchten wir diese Petitionen der Landesregierung zur Berücksichtigung überweisen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Försterling das Wort, ebenfalls zu dem Themenkomplex Eingabe 02545 u. a.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass wir hier solche Petitionen behandeln.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich glaube, es ist auch nicht das letzte Mal!)

Ich muss ganz deutlich sagen: Dass wir Ganztagsschulen in Niedersachsen schlecht ausstatten, kann man nun wirklich nicht sagen. Wir haben 2003 bei 100 Ganztagsschulen angefangen, und wir werden zum 1. August 2012 rund 1 500 Ganztagsschulen in Niedersachsen haben.

(Beifall bei der FDP)

Das unterstützen wir jedes Jahr mit 88 Millionen Euro allein für die Nachmittagsausgestaltung an den Ganztagsschulen. Das ist deutlich mehr, als Sie in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung auf den Weg gebracht haben. Sie haben in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung insbesondere die von Frau Heiligenstadt eben genannten Integrierten Gesamtschulen aus Ihrer Ideologie heraus zu

Leuchttürmen entwickelt, diese besonders gut ausgestattet und alle anderen Schulen hinten runterfallen lassen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist doch nachvollziehbar, dass wir das nicht machen. Es kann doch nicht von einer Schlechterbehandlung der neu gegründeten Integrierten Gesamtschulen gesprochen werden, wenn wir die neu gegründeten Integrierten Gesamtschulen genauso behandeln wie die Hauptschulen, die Realschulen und die Gymnasien in diesem Land.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Es wird nicht richtiger, wenn Sie so brüllen!)

Sie stört doch nur, dass wir mittlerweile deutlich mehr neue Oberschulen im Land haben als Integrierte Gesamtschulen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Was hat Frau Heiligenstadt in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2012/2013 gesagt?

„Das ist sogar noch höher als der Ansatz, den Sie modellhaft selbst für die Änderung im Haushaltsbegleitgesetz als zusätzliche Finanzierung der freien Schulen errechnet hatten. Dort haben Sie ca. 100 000 Euro an zusätzlichen Kosten für die Oberschule im Verhältnis zu einer Haupt- und Realschule errechnet. Mittel nur für eine Schulform? -... Das ist wahrlich eine teure Ideologie.“

Heute Morgen lesen wir in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung:

„Alle IGS angemessen als Ganztagsschulen auszustatten, koste das Land 15 Millionen Euro, sagt Heiligenstadt.“

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das ist im Ausschuss gesagt worden!)

100 000 Euro pro neue Oberschule ist also eine teure Ideologie. Aber die neu gegründeten rund 40 Integrierten Gesamtschulen mit insgesamt 15 Millionen Euro mehr auszustatten - das sind 375 000 Euro pro neu gegründeter Integrierter Gesamtschule -, das ist keine teure Ideologie, Frau Heiligenstadt? Das müssen Sie den Menschen einmal erklären.

Lassen Sie uns vernünftig über Schulpolitik reden. Aber dann erwarte ich auch, dass Sie Ihre ideologischen Schützengräben endlich einmal verlassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt der Kollegin König von der Fraktion DIE LINKE zur Eingabe 02415/11/15 das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Eingabe geht es zunächst um einen Umzug nach Kassel, den der Petent sich gewünscht hatte. Das hat sich erledigt. Der Petent wohnt in der Zwischenzeit in einer eigenen Wohnung und nicht mehr in den bedrängten Wohnverhältnissen.

Aber es geht weiterhin darum, dass der Petent einen Sprachkurs für seine Behandlung braucht, weil er psychisch erkrankt ist. Hier zeigt sich wieder einmal ganz deutlich, dass diese Familie nicht die nötige Unterstützung bekommt. Sie kann nicht gesunden. Dafür sollten die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden, und der Familie sollte dringend ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

An diesem Fall zeigt sich einmal mehr, wie dringend notwendig eine neue Bleiberechtsregelung ist, die weniger restriktiv als die letzte ist. Deshalb empfehlen wir hier „Erwägung“. Diese Familie, diesen Mann, der hier lebt, müssen wir unterstützen. Er benötigt dringend ärztliche Behandlung. Dafür ist dieser Sprachkurs erforderlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Janssen-Kucz ebenfalls zur Petition 02415/11/15 das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um die Familie aus Aserbaidschan, die vor physischer und psychischer Gewalt, vor politischen Repressalien und Verfolgung geflohen ist, und es geht um die Situation in niedersächsischen Sammelstellen.

In diesem Fall geht es um die Sammelstelle Goslar. Es geht um eine Familie, die in der Sammelstelle in Goslar vom Regen in die Traufe kam, eine Familie, die vor psychischer und physischer Gewalt geflohen ist.

Ein Familienvater, der durch die Vorkommnisse im Heimatland physisch und psychisch erkrankt ist, kommt nach Goslar in eine Sammelstelle und begegnet dort wieder Bedrohung und gewalttätiger Auseinandersetzung. In dieser Sammelstelle kommt es zu Übergriffen, zu Überfällen auf die Kinder und die Eltern - Übergriffe, die trotz Meldung an den Betreiber der Unterkunft nicht verfolgt und nicht geahndet werden. Der Betreiber spricht sogar davon, dass es „Auseinandersetzungen im üblichen Rahmen“ waren.

Heißt das, dass in niedersächsischen Sammelstellen Auseinandersetzungen und Gewaltanwendung zur Tagesordnung gehören, dass sie „im üblichen Rahmen“ geduldet werden? Heißt das, dass auf die Meldungen und Beschwerden Asylsuchender nicht reagiert wird? Werden Menschen in Notsituationen nicht ernst genommen?

Wer kontrolliert die fachliche Qualifikation der Betreiber der Wohnunterkünfte? Wo bleibt die Fachaufsicht des Innenministeriums? Weshalb gibt es nicht, wie bei den JVAen, eine klare Dienstanweisung aus dem Innenministerium, nach der alle Behauptungen, alle Hinweise und alle Vorfälle, die möglicherweise strafbare Handlungen zum Inhalt haben, unverzüglich zur strafrechtlichen Überprüfung anzuzeigen sind?

Aus diesem Grunde gehört diese Eingabe der Landesregierung als Material überwiesen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Tonne von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Auch ich spreche zu der Petition von Herrn Khalilli. Auch die SPD-Fraktion beantragt hierfür „Material“. Dazu veranlasst uns weniger die konkrete Forderung des Petenten, sondern veranlassen uns vielmehr die bekannt gewordenen Begleitumstände im Rahmen der Bearbeitung dieser Petition. Die Kollegin Janssen-Kucz hat es gerade dargestellt: Der Petent bewohnte mit seiner Familie die Gemeinschaftsunterkunft. Die körperliche und psychische Situation des Petenten wie auch seiner gesamten Familie kann man nur als dramatisch schlecht bezeichnen.

In dieser Gemeinschaftsunterkunft kam es - völlig unstrittig - zu körperlichen Auseinandersetzungen, die dann auch mit dazu beigetragen haben, dass es bei dem Petenten zu einer Retraumatisierung gekommen ist. Uns hat sehr nachdenklich gestimmt, dass sich die Behörden dieser Sache nur extrem zögerlich angenommen haben und dem Petenten seine Ausführungen lange Zeit nicht geglaubt haben - warum auch immer; denn Ansätze für eine Unglaubwürdigkeit des Petenten lagen nun wirklich nicht vor.

Für uns ist daher diese Petition beispielhaft für viele ähnliche Fälle. Es bedarf einer sehr genauen Überprüfung, wie in Zukunft damit umgegangen werden soll und wie man den Umgang mit den Betroffenen in ihrem Sinne verbessern kann. Für die SPD ist klar: Die Gemeinschaftsunterkünfte müssen insgesamt auf den Prüfstand; denn wie im konkreten Fall mit dem Petenten und mit seiner Familie umgegangen wurde, ist schlicht würdelos und darf sich nicht wiederholen.

Da sich das konkrete Anliegen in seinem Sinne erledigt hat, die Situationen in den Gemeinschaftsunterkünften aber nach wie vor vorliegen, beantragen wir, die Petition der Landesregierung insgesamt als Material zu überweisen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Lorberg von der CDUFraktion ebenfalls zu dieser Petition das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fall Khalilli liegt schon einige Jahre zurück. Frau Janssen-Kucz, das, was an dieser Stelle sehr wichtig ist, können Sie vielleicht nicht wissen, weil Sie im Ausschuss nicht dabei gewesen sind. Wir haben zu dem Sachverhalt auch eine Unterrichtung bekommen. Wir sind informiert worden, wie sich die Situation im Aufnahmelager mittlerweile darstellt. Fehler sind von damals eingeräumt worden, sie sind aber längst korrigiert. Mittlerweile gibt es in der Landesaufnahmebehörde hervorragendes Personal, das sehr wohl in der Lage ist, Erkrankungen wie Traumatisierungen zu erkennen.

Von daher sagen wir „Sach- und Rechtslage“, weil alles das, was erforderlich ist, passiert ist und dort in ausreichendem Maße praktiziert wird. Wir set

zen großes Vertrauen in das dortige Personal, und wir wissen, dass es hervorragende Arbeit leistet. Ich wäre glücklich, wenn auch Sie dies einmal anerkennen würden und nicht ständig auf den wirklich gut qualifizierten Mitarbeitern in diesen Landesbehörden herumhauen würden.