Meine Damen und Herren, all diese Sachverhalte werden wir rückhaltlos im Umweltausschuss aufklären. Wir werden deshalb zusätzliche Sitzungen anberaumen. Wir wollen absolute Transparenz. Es gibt aber nach unserer Überzeugung kein Themenfeld, das nicht in einer Sitzung des Umweltausschusses aufgeklärt werden könnte. Deshalb benötigen wir auch keinen Untersuchungsausschuss. Dies hat die SPD-Fraktion ebenfalls erkannt. Sie war auch gut beraten - vielleicht auch aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre -, von der Forderung nach der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Abstand zu nehmen. Im Übrigen - das haben wir vernommen - laufen erneut staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.
Das Umweltministerium hat sofort nach Bekanntwerden der Überschreitung der Freigrenze Herrn Staatssekretär Birkner als Sonderermittler beauf
tragt. Ich finde es schon ziemlich unerhört, Herr Wenzel, in welcher Form Sie die Arbeit von Herrn Birkner hier diskreditiert haben.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Wir haben Busemann zitiert! Wir haben Ihren Mi- nister zitiert!)
In der Sondersitzung am 20. Juni hat der Staatssekretär schon einen sehr detaillierten Sachstandsbericht über die kontaminierten Salzlaugen sowie über die Grenzüberschreitung gegeben. An dieser Stelle danke ich dem Staatssekretär ausdrücklich für seine bisherigen Bemühungen zur Aufklärung.
Mich enttäuscht maßlos - das sage ich ganz klar -, dass Grüne und Linke diese Arbeit offensichtlich nicht gewürdigt wissen wollen.
Herr Wenzel, wenn Sie dem Staatssekretär vorwerfen, wie Sie es am Dienstag getan haben, er habe falsch und unzureichend informiert, dann verdrehen Sie hier schlicht und ergreifend die Tatsachen, was wir außerordentlich bedauern.
Herr Birkner hat mehrfach erklärt, dass er seine Erkenntnisse nur unter dem Vorbehalt des derzeitigen Sachstandes weitergeben kann. Von daher, Herr Wenzel, war Ihre Einlassung schlicht unredlich. Genau deshalb drängt sich für jeden verständigen Beobachter der Eindruck auf, dass es Ihnen nicht nur um Sachaufklärung geht, sondern letztendlich um Klamauk und voreilige Schuldzuweisungen.
Ich kann nur sagen: Die Menschen haben davon die Nase voll. Für sie allein ist entscheidend, dass das Problem der Asse II gelöst wird, und zwar so, dass durch die eingelagerten Abfälle auch künftig weder die Bevölkerung noch die Umwelt gefährdet werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir müssen das Vertrauen der Menschen vor Ort wieder zurückgewinnen. Wir müssen uns um die Ängste und Sorgen der Bevölkerung kümmern.
Deshalb geht es in unserem Antrag nicht nur um die Aufarbeitung der skandalösen Vorkommnisse der Vergangenheit. Wir sehen vor allem in die Zukunft. Mit der gleichen Energie, mit der wir die lückenlose Aufklärung vorantreiben werden, müssen zügig technisch machbare Schließungskonzepte erarbeitet werden. Wichtigstes Ziel dieses Schließungskonzeptes wird es sein, dass Abfälle und Laugen aus dem Salzbergwerk nicht mit der Biosphäre in Verbindung kommen. Ein erster wichtiger Schritt ist insoweit getan, als dass sich das Bundesumweltministerium, das Bundesforschungsministerium und unser Umweltministerium gemeinsam darauf verständigt haben, noch im August einen Statusbericht zur Situation der Asse vorzulegen und ein geeignetes, technisch umsetzbares Schließungskonzept noch bis Ende des Jahres vorzulegen. Ich denke, das ist das richtige Ziel, das wir verfolgen müssen.
Wir fordern dabei aber auch den Bund ganz konkret auf, seiner Verantwortung für die Asse nachzukommen. Neben einem einzurichtenden Informationsbüro vor Ort und einem elektronischen Informationsportal halten wir die Einrichtung einer externen Prüfinstitution für erforderlich, die durch unabhängige Gutachter alle laufenden Arbeiten in der Asse II überwacht. Die Ursachen der Laugenkontaminationen sollen durch externe Experten festgestellt werden.
Insgesamt muss es darum gehen, das Verfahren geordnet und sicher voranzubringen, egal, ob die radioaktiven Stoffe im ehemaligen Bergwerk verbleiben oder nicht, ob das Bergwerk geflutet wird, ob eine trockene Verfüllung mit Beton zum Tragen kommt oder die Rückholbarkeit der Fässer verwirklicht werden kann. Für eines aber, meine Damen und Herren, haben wir definitiv keine Zeit mehr, nämlich für die Frage, ob Berg- oder Atomrecht anzuwenden ist. Die Meinungen der Experten fallen hier ja bekanntlich auseinander. Allein die Tatsache, dass die Standfestigkeit der Asse für nur fünf - manche sagen auch: maximal zehn - Jahre gewährleistet ist, verlangt von uns allen ein zügiges Handeln.
Meine Damen und Herren, dank des Ministeriums ist veranlasst worden, dass entsprechend dem Atomrecht öffentliche und planungsrechtliche Verfahren durchgeführt werden. Trotz der Schließung nach Bergrecht erfolgt deshalb das bergrechtliche
Planfeststellungsverfahren mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung und förmlicher Öffentlichkeitsbeteiligung. Das muss auch so sein. Wir begrüßen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dass die Landesregierung in den letzten Jahren hier transparent vorgegangen ist, im Gegensatz zu früheren Zeiten.
Es sollte für alle Beteiligten selbstverständlich sein, dass die Bevölkerung dabei umfassend einbezogen wird. Deshalb ist es entscheidend, dass alle im Landtag vertretenen Fraktionen, wir alle, jetzt an einem Strang ziehen. Ansonsten laufen wir wirklich Gefahr, mit der Asse nicht mehr fertig zu werden. In diesem Sinne fordere ich die Oppositionsfraktionen auf, sich unserem Antrag anzuschließen. Dazu können wir die Inhalte Ihrer Anträge, die weitestgehend zukunftsgerichtet sind, noch integrieren. Dieses Angebot machen wir Ihnen. Ihre Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses lehnen wir ab.
Nächster Redner zu diesem Punkt ist Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Langspecht, wie wütend alle hier im Landtag über dieses Thema sind, sieht man daran, wie viele anwesend sind. Von Ihrer Seite sind offensichtlich alle draußen und kühlen da irgendwo ihr Mütchen. Vielen Dank dafür.
Meine Damen und Herren, in den 34 Jahren, in denen ich gegen die menschenverachtende Atomenergie kämpfe, habe ich vieles gelernt. Ich habe gelernt, dass es um Geld geht, um viel Geld. Ich habe gelernt, dass die Wissenschaftler, die dort mitarbeiten, meistens nicht unabhängig sind. Ich habe gelernt, dass die Politik immer schlecht beraten ist. Ich habe gelernt, dass die Politik immer erst reagiert, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, und dann auch noch hektisch und oft mit wenig Sachverstand.
Ich habe gelernt, dass das Problem Atomenergie immer in Einzelstücke zerlegt wird, damit das eine nicht so schlimm ist. Ich habe gelernt, dass die Mahner - die wissenschaftlichen, aber auch die Bürgerinnen und Bürger - immer recht behielten. Ich habe gelernt, dass gerade sie immer Verantwortung übernommen haben, im Gegensatz zu den zuständigen Ministern, den Behörden und den Betreibern.
Ich habe gelernt, dass dort, wo Betroffenheit vorliegt - wie in der Asse, in Gorleben und anderen Orten -, die Menschen sich kundig machen, dass sie mit ihren Bürgerinitiativen grundlegend zur Demokratie beigetragen haben - ganz anders als Herr Hirche es immer sagt, wenn er von Gewalttätern redet - und dass es ihnen zu verdanken ist, dass viel aufgedeckt wurde.
Meine Damen und Herren, die kriminellen Vorfälle in der Asse müssen Konsequenzen haben. Es reicht nicht, zu sagen: Das machen wir demnächst einfach besser. - Wir brauchen wirklich keine Bauernopfer. Wir brauchen keine geschlachteten Referatsleiter. Nein, der Fisch stinkt vom Kopf her!
Wenn der Staatsanwalt jetzt ermittelt, dann ist das gut. Aber ich kann nur sagen: Bitte fangt oben an!
Die Asse sollte der Vorläufer für die Endlagerung auch hochradioaktiven Atommülls sein und, wenn es nach der Ansicht des rechten Lagers auch dieses Landtags geht, eben auch für Gorleben. „Ganz anders!“ höre ich jetzt schon die Dürrs und die Försterlings zumindest denken, wenn nicht sogar rufen. Ganz anders ist es aber eben nicht. Denn in Gorleben gibt es die gleichen Mahnungen von Anfang an, auch wenn der Salzstock etwas anders aussieht. Es fehlt ein intaktes Deckgebirge. Das Salz hat Kontakt zum Grundwasser, also zur Biosphäre. Das bitte ich Sie endlich zur Kenntnis zu nehmen. Auch dort gibt es Carnallititeinlagerungen nicht geklärter Zusammensetzung. Auch dort neigt das Carnallitit zur Auflösung. Beim Abteufen sind Laugennester gefunden worden.
Beim Vergleich von 41 Salzformationen durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 1995 wäre Gorleben nach den angewendeten Negativkriterien von vornherein ausgeschieden und durchgefallen.
Erst ein Labor - das war in der Asse auch so. Dann wird ein bisschen geforscht, und letztendlich ist es ein faktisches Endlager. Was hat Herr Gabriel im letzten Dezember in Lüchow öffentlich auf die Frage: „Warum brauchen wir da noch ein Labor? - Sie haben doch gesagt, es ist alles ausgeforscht; wir brauchen nicht mehr forschen.“, gesagt?
(Christian Dürr [FDP]: Es hat keiner gesagt, dass ausgeforscht ist! Wer hat das gesagt? Zitieren Sie das einmal!)
Gabriel hat wörtlich gesagt: Ich musste den Jungs von der CDU doch etwas anbieten. - So wird hier Atompolitik gemacht. Das hat mit Sachlichkeit und Fachlichkeit nichts zu tun.
(Beifall bei der LINKEN - Christian Dürr [FDP]: Sie haben mit Sachlich- keit und Fachlichkeit nichts zu tun, Herr Herzog!)
Meine Damen und Herren, die Asse muss Auswirkungen auf die gesamte Endlagersuche haben. Das Lagermedium Salz ist out. Das gilt auch für Gorleben. Was die Festlegung der Sicherheitskriterien angeht, brauchen wir zukünftig bei Endlagern ein Mehrbarrierensystem. Dazu gibt es überhaupt keine Alternative. Die Asse muss auch beim Endlagersymposium, das Ende Oktober in Berlin stattfindet, eine Rolle spielen. Außerdem brauchen wir die Beibehaltung des Moratoriums für Gorleben, um nachzudenken und um nicht - Herr Försterling, Sie sind einer der Jungen - in 20 Jahren hier wieder zu sitzen und dann sagen zu müssen: Auch in Gorleben hat man uns von vorne bis hinten belogen.