Wenn wir alle die Elternzeit so loben, dann muss man eines sehen: Wenn die Eltern dieses eine Jahr für ihr Verhältnis zu den Kindern für gut empfinden, warum sollen dann 12 oder 18 Monate mehr schlecht sein?
(Zustimmung bei der CDU - Olaf Lies [SPD]: Für 100 Euro im Monat? Das ist doch Quatsch! - Heinz Rolfes [CDU]: Da steht natürlich nicht, dass Lies beurteilt, was gemacht wird!)
Sorgen wir also für die einen, die Krippenplätze brauchen, und unterstützen wir die anderen gleichermaßen! Denn sollten nicht alle Kinder dem Staat gleich viel wert sein? - Also: Schluss mit der Diskriminierung von Müttern! Erkennen wir lieber ihre Leistungen gerecht an!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind ein freiheitlicher Staat, eine freiheitliche Demokratie. Hören wir bitte damit auf - von Ihrer Seite ganz besonders betrieben -, Eltern gängeln zu wollen! Lassen wir ihnen die Freiheit, selbst zu entscheiden! Sie werden das besser hinkriegen, als Sie ihnen unterstellen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass dieses Thema durchaus eine erhebliche Bedeutung hat. Deshalb macht es wirklich Sinn, wenn beide Positionen die entsprechende Aufmerksamkeit des Hauses haben und das nicht durch eine Reihe von Zwischenrufen gestört wird. Dass der eine oder andere Zwischenruf dazu gehört, ist völlig klar. Aber wir müssen doch die Redner bitte schön ausreden lassen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Auseinandersetzung der Regierungskoalition auf Bundesebene um das sogenannte Betreuungsgeld entwickelt sich mehr und mehr zum absurden Theater.
„Druck auf Schröder steigt - Nach einem Bericht der Bild am Sonntag drohen Unions-Bundestagsabgeordnete der Familienministerin Kristina Schröder (CDU), ihr die Zuständigkeit für das umstrittene Betreuungsgeld zu entziehen.“
Nun ist es sicherlich schwierig, für einen solchen familienpolitischen Irrsinn einen Gesetzentwurf zu schreiben.
Wenn ich das Betreuungsgeld als „Herdprämie“ bezeichne, so wird auf der rechten Seite dieses Hauses wieder Empörung laut werden, obwohl dieser Begriff die Pläne der Bundesregierung für mich präzise beschreibt. Es ist ein milliardenschweres Ausgrenzungsprogramm.
Meine Damen und Herren, absurd finde ich auch die Aussagen der Niedersächsischen Landesregierung zum Stand des Krippenausbaus in Niedersachsen. Vor Kurzem haben wir die Antwort auf eine Kleine Anfrage erhalten. Danach beträgt die Betreuungsquote der unter Dreijährigen in Niedersachsen zurzeit etwa 19 %.
Bis zum Sommer des nächsten Jahres will auch Niedersachsen eine Quote von 35 % erreichen, wie auf dem Krippengipfel verabredet. Laut Ihrer Antwort auf unsere Anfrage fehlen dazu immer noch ca. 62 000 Krippenplätze.
Aber nur zwei Seiten später wird in der Antwort geschrieben, dass das vereinbarte Ziel bis zum nächsten Sommer erreicht wird. - Das, meine Damen und Herren, passt hinten und vorne nicht zusammen. Ich erwähne wieder Bundesministerin Schröder: Laut Frankfurter Rundschau vom 4. Mai geht ihr Krippenausbau in den Ländern zu langsam voran. Woran liegt das? - Die Landesregierung selbst sagt, es seien zusätzliche Bundesmittel nötig. Ja, bitte, dann verabschieden Sie sich doch endlich von diesem unsäglichen Plan des Betreuungsgeldes!
Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, auch wenn Sie den Antrag der SPD zu einer Bundesratsinitiative gerade erst abgelehnt haben. Werden Sie Ihren eigenen Ansprüchen an frühkindliche Bildung gerecht! Verhindern Sie diesen Rückfall in eine Familienpo
litik vergangener Jahrhunderte. Das Betreuungsgeld widerspricht grundsätzlich einer frühkindlichen Bildung, die allen zugänglich ist und auch Kinder sozial benachteiligter Schichten und mit Migrationshintergrund mitnimmt.
Dass vielleicht falsche Anreize durch das Betreuungsgeld gesetzt werden könnten, scheint nun bis in die Regierungskoalition in Berlin durchgedrungen zu sein. Um falsche Anreize zu verhindern, soll nun - so sind nun die Planungen - das Betreuungsgeld den Familien mit Hartz-IV-Bezug auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Meine Damen und Herren, das allerdings ist an Zynismus überhaupt nicht mehr zu überbieten. Nicht genug, dass das Betreuungsgeld insgesamt darauf zielt, Kinder von qualifizierter frühkindlicher Bildung in Gemeinschaft mit anderen Kindern fernzuhalten, und oft genug nur kaschiert, dass es vielerorts keine ausreichenden Betreuungsangebote gibt: Nun werden Kinder aus Bedarfsgemeinschaften gegenüber Besserverdienenden auch noch zusätzlich benachteiligt.
Meine Damen und Herren, das Betreuungsgeld ist immer ein falscher Anreiz. Alle Kinder sollten so früh wie möglich gemeinsam aufwachsen und lernen. Kinder brauchen Kinder.
Diese Herdprämie muss vom Tisch. Nach den bisherigen Plänen könnte eine Umverteilung der Gelder für den Krippenausbau auf Länderebene für Niedersachsen zusätzlich 200 Millionen Euro bedeuten. Wofür? - Beim Krippenausbau muss auch auf die Qualität der Bildungseinrichtungen geachtet werden. Die Beschäftigung von mehr Fachkräften sowie eine Erhöhung der Verfügungsstunden für Erzieherinnen und Erzieher wären z. B. sinnvolle Möglichkeiten für die Verwendung. Wenn eine Kinderbetreuung berufstätige Eltern, die in Vollzeit arbeiten, wirklich entlasten soll, muss auch der Anteil der Betreuungsplätze für mehr als fünf Stunden erhöht werden. Auch das geht aus der Antwort, die wir bekommen haben, hervor: Der Anteil von Betreuungszeiten von weniger als fünf Stunden ist immer noch sehr hoch. Es gibt also viele Möglichkeiten, die zusätzlichen Mittel sinnvoll einzusetzen.
Betreuungsgeld ist also lebensfern, unsozial und noch nicht einmal gewollt. Der Gesetzentwurf über das Betreuungsgeld gehört in die Tonne.
Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin muss das spätestens nach den aktuellen Umfrageergebnissen zur Kenntnis nehmen. Sie als Landesregierung sind in der Pflicht, ihre Möglichkeiten z. B. über den Bundesrat auszuschöpfen, um diese geplante Geldverschwendung zu verhindern und so zusätzliche Mittel für die Beendigung des Notstands beim Krippenausbau in Niedersachsen zu erwirken.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag der SPD-Fraktion zu dieser Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich mich gefragt, wo darin die besondere Aktualität liegen soll.
Schließlich haben wir zuletzt am 21. März über dieses Thema gesprochen, und seitdem hat sich nicht viel verändert. Für mich ist das also nicht mehr als ein plumper Versuch der SPD-Landtagsfraktion, davon abzulenken, dass sie keine eigenen landespolitischen Themen hat.
Die SPD versucht, eine bundespolitisch geführte Diskussion auf die Landesebene herunterzubrechen. Ich versichere Ihnen aber, dass in der Frage Betreuungsgeld kein Blatt Papier zwischen die CDU in Niedersachsen und die FDP in Niedersachsen passt.
Inhaltlich verweise ich auf das, was ich am 21. März 2012 in diesem Hause zur Notwendigkeit der Einführung des Betreuungsgelds gesagt habe. Sie können es gerne nachlesen.
z. B. gesagt, die Chancen, einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen, seien geringer, wenn die Kinder in den ersten Jahren zu Hause erzogen werden. Frau Reichwaldt hat gesagt, Kinder bräuchten Kinder und nicht die Eltern. - Na ja. Ich sehe darin jedenfalls die Tendenz, dass es Ihnen nicht um die Frage des Betreuungsgeldes geht, sondern um die Zwangsverkrippung der Kinder und darum, sie ihren Eltern wegzunehmen.
Das aber werden CDU und FDP nicht zulassen. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir in Sachen Betreuungsgeld im Rahmen der Überlegungen der Bundesregierung vermutlich einen sehr ausgewogenen Gesetzentwurf der Familienministerin präsentiert bekommen werden.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung - wie auch bei anderen Gesetzentwürfen - durch die Einflussnahme des Bundesjustizministeriums sicherstellen, dass der Gesetzentwurf verfassungsgemäß sein wird.