Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Jetzt sind die 90 Sekunden schon wieder vorbei. Frau Kollegin Dr. Heinen-Kljajić, herzlichen Dank. Aber die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch eine Restredezeit von 1:51 Minuten.

Jetzt kommt die Antwort. Die Frau Kollegin Heidemarie Mundlos hat sich zu Wort gemeldet. Ebenfalls anderthalb Minuten!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Heinen-Kljajić, auch wenn Sie hier einen anderen Eindruck zu erwecken versuchen: Von dem, was ich zur Verantwortlichkeit vorgetragen habe, habe ich überhaupt nichts zurückzunehmen bzw. abzustreichen.

(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Aber wenn Ihr Gewerbeaufsichtsamt sagt „Da gibt es keine Genehmigung über den Umgang mit Kernbrennstof- fen“, und die liegt tatsächlich vor?)

Sofern Sie auf das Wohngebiet und auf die Genehmigung für den Betrieb abzielen, der im Übrigen vor dem Wohngebiet da war, so liegen die Verantwortlichkeiten eindeutig weder bei CDU noch bei FDP. Auch das muss man hier einmal gesagt haben.

(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Unglaublich!)

Zweitens. Wenn Sie sich an dem Begriff „Aktivisten“ stören, dann müssen Sie selbst mit diesen Herrschaften reden. Denn das ist ein Begriff bzw. eine Bezeichnung, die sie sich selbst geben und mit der sie sogar Briefe unterschreiben.

(Kurt Herzog [LINKE]: Im Gegensatz zu Ihnen sind die aktiv! - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Bei mir kommen ganz normale Anwohner!)

Drittens. Herr Bachmann, was die Freiwillige Feuerwehr und die Berufsfeuerwehr anbelangt, finde ich es nicht in Ordnung. Ich gebe das, was Sie gesagt haben, gerne an diese Herrschaften weiter. Sie sind regelmäßig im Betrieb, sie sind eingewiesen, die Maßnahmen sind abgestimmt, und es gibt vorbildliche Kontakte.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sie wissen, dass wir schon einen Stra- ßentransportunfall hatten? Das wis- sen Sie, oder?)

Das, was Sie sagen, ist einfach nicht in Ordnung.

Darüber hinaus darf ich feststellen, dass ich im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bachmann, und auch Ihnen, Frau Dr. Heinen-Kljajić, seit fast 30 Jahren vor Ort in unmittelbarer Nähe der Firma wohne und weiß, was da passiert.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Aber als Bürgermeisterin wollte man Sie da nicht mehr! - Dr. Gero Clemens Ho- cker [FDP]: Aber direkt gewählt!)

- Als Bürgermeisterin sage ich Ihnen: Ich habe mehr Stimmen als Ihr SPD-Bezirksbürgermeister und der Stellvertreter von den Grünen zusammen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Aber keine Mehrheit! Jetzt müssen Sie nur noch erklären, warum Sie es trotzdem nicht mehr sind! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Herr Bachmann, können Sie auch re- den, ohne persönlich zu werden? - Gegenruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Es ist doch bezeichnend für die Situation, dass sie ausgerechnet in dem Stadtbezirk die Mehrheit verlo- ren haben! - Gegenruf von Frank Oesterhelweg [CDU]: Wir wissen, dass das nicht stimmt, Herr Kollege!)

Wollen Sie das jetzt noch weiter ausdiskutieren? Soll ich die Sitzung so lange unterbrechen? - Nicht. Danke schön. Dann machen wir weiter.

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Herzog das Wort.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Wo hat- ten Sie persönlich in den letzten Jah- ren mal Mehrheiten in Braunschweig? - Gegenruf von Klaus-Peter Bach- mann [SPD]: In Braunschweig in allen Stadtteilen bei der Kommunalwahl! - Gegenruf von Frank Oesterhelweg [CDU]: Im Wahlkreis? - Gegenruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Warten Sie mal! Die nächste Wahl kommt be- stimmt! - Gegenruf von Frank Oesterhelweg [CDU]: Nein, das wird wohl nichts!)

- Herr Bachmann und Herr Kollege Oesterhelweg, Sie beruhigen sich jetzt! Herr Herzog hat das Wort.

(Heinz Rolfes [CDU]: Kommt, es ist gut! - Frank Oesterhelweg [CDU]: Ich rege mich gar nicht auf! - Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Testosteron liegt in der Luft!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Mundlos, Ihre Sachlichkeit ist eine Scheinwelt und an Schlichtheit nicht zu überbieten.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Und Ihre Arro- ganz ist auch nicht zu überbieten, Herr Kollege - nur um das mal klarzu- stellen!)

Die Fragen und Antworten verdeutlichen,

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Wer ist hier schlicht? Sie sind schlichter! - Gegenruf von Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Sie sind schlicht!)

wie wichtig es ist, Herr Oesterhelweg, dass die Politik sich endlich in Gänze mit dem Thema Radioaktivität befasst, weil Atomkraft nun einmal mehr ist als 17 Atomkraftwerke und ein Endlager.

(Zustimmung von Ursula Weisser- Roelle [LINKE])

Scheuchten vor einer Woche die vielen Tausend Toten des Wismut-Uranabbaus die Öffentlichkeit auf - - -

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das wa- ren ja eure Vorgänger, Herr Kollege! - Gegenruf von Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Ihre Pöbeleien da vorne sind ja unerträglich! Außer pöbeln kann er nichts! - Gegenruf von Heinz Rolfes [CDU]: Sie müssen rausgehen, wenn Sie es nicht ertragen können! - Ge- genruf von Frank Oesterhelweg [CDU]: Ich bin gern bereit, es noch einmal zu wiederholen - zum Mit- schreiben! - Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: In der ersten Reihe sitzen nur Pöbel! Keine sachlichen Aussa- gen)

Herr Herzog, einen kleinen Moment! Es ist gerade wieder ein bisschen unruhig.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Soll ich es noch einmal wiederholen?)

Wiederholen Sie das doch ruhig einmal! Trauen Sie sich doch einmal!

(Frank Oesterhelweg [CDU]: „Das wa- ren ja eure Vorgänger, Herr Kollege“, habe ich gesagt!)

- „Vorgänger“ haben Sie nicht gesagt!

(Heinz Rolfes [CDU]: Doch! - Frank Oesterhelweg [CDU]: „Vorgänger“ ha- be ich gesagt!)

Wir werden das im Protokoll kontrollieren. Herr Herzog, wir diskutieren hier oben jetzt nicht Dinge, die Sie glauben gehört zu haben oder Herr Oesterhelweg meint gesagt zu haben. Das wird das Protokoll klären.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Um- so schlimmer! - Gegenruf von Heinz Rolfes [CDU]: Es war doch so!)

- Frau Kollegin Weisser-Roelle, Ihr Kollege Herr Herzog hat das Wort.

Durch diese Große Anfrage weht der ganz normale Alltagswahnsinn von Atomfabriken, -lagern und -transporten. Abhanden gekommen ist uns da gar nichts, Herr Umweltminister.

Es gibt Genehmigungen wie die von Eckert & Ziegler nahe an Wohngebieten, die einem schlicht die Sprache verschlagen. Kontrollprüfungen und Messverfahren funktionieren nach dem Prinzip: Der Bock ist der beste Gärtner, lasst den Betreiber mal fummeln! - Über allem hängt dann das Tuch der Geheimniskrämerei. Genehmigungen werden ebenso wenig veröffentlicht wie Messwerte. Kontrollen müssen immer angekündigt sein.

Wer so handelt, der verkennt nicht nur die Gefahren, sondern begibt sich auf die Seite derjenigen, die diese Gefahren erzeugen. Auch hier sind es wieder die Initiativen und eben nicht die Aufsichtsbehörden, die Licht ins Dunkel bringen.

Fangen wir mit Eckert & Ziegler in Braunschweig an. Die Begrenzung der Strahlenexposition der Bevölkerung regelt § 46 der Strahlenschutzverordnung. In Absatz 3 heißt es: „liegen keine begründeten Angaben für die Aufenthaltszeiten vor, ist Daueraufenthalt anzunehmen.“ - Ein Passus, der übrigens am Gorlebener Zwischenlager und auch für das Außenlager Leese, das Eckert & Ziegler ebenfalls betreibt, mit „Daueraufenthalt“ ausgelegt wird.

Nicht so im dicht bewohnten Braunschweig. Hier ermöglicht es die willkürliche Festlegung auf 2 000 statt auf 8 760 Jahresstunden, die gemessenen Werte um den Faktor 4,4 herunterzutricksen. So gelingt es, Werte für legal zu erklären, die bis zum 15-Fachen der Werte in Gorleben betragen.

Beispiel: 2005 ergibt sich am Messpunkt 4 - wobei ich die Hintergrundstrahlung schon zusätzlich in Abzug gebracht habe - ein Summenwert für Gamma- und Neutronenstrahlung für die jährliche Ortsdosis von 3,3 mSv. Der Grenzwert ist 3,3-fach überschritten, ähnlich am Messpunkt 9 etc. Dazu heißt es in der Antwort auf Frage 9 lapidar:

„Bei EZN ist an der Grenze des umzäunten Betriebsgeländes eine lückenlose Überwachung gegeben, sodass der Aufenthalt von Personen sofort festgestellt werden kann.“

Das heißt doch im Klartext: Die scheucht man dann weg, damit man weiterhin mit 2 000 Stunden den Wert manipulieren kann.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Mein Gott! Berittene Polizei, oder was?)

Übrigens hat der NLWKN den ungünstigsten Messpunkt noch nie bestimmt und misst selbst auch gar keine Neutronenstrahlung.

Die Belastungen von Boden- und Bewuchsproben werden nicht veröffentlicht.

Wer die Ausführungen zu Störfällen liest, dem wird es ganz heiß: Der völligen Freisetzung von Isotop Jod-131 durch Feuer soll im 200 m-Radius durch Im-Haus-Bleiben und im 500 m-Radius durch Einnahme von Jodtabletten begegnet werden. - Wer weiß denn so etwas? Nicht einmal Sie, Frau Mundlos!

(Zuruf von Heidemarie Mundlos [CDU])

Flugzeugabstürze oder Terrorangriffe - alles Szenarien des Stresstests - werden wie in Gorleben in den Bereich des Restrisikos weggewischt, trotz vielfältiger Flugbewegungen über der Firma.