Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Für die SPD-Fraktion hat Herr Meyer das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Rode! Ich beginne ausdrücklich deshalb mit dieser Begrüßung, weil Frau Rode aus dem Landkreis Celle die Chefin eines Betriebes ist, den ich letztes Mal schon genannt habe. Sie hat einen offenen Brief an Herrn Minister Bode, weil er ja aus dem Landkreis Celle kommt, mit folgendem Wortlaut geschrieben. Ich zitiere die wesentlichen Sätze:

„Sehr geehrter Herr Minister Bode, wir haben Ihnen vor einiger Zeit zum Thema Streichung der Solarförderung geschrieben, und Sie haben geantwortet. Sie haben geantwortet, dass Sie als Mitglied des Bundesrates, als niedersächsischer Wirtschaftsminister und Celler Landtagsabgeordneter der Streichung der Solarförderung zustimmen wollen. Und das veranlasst uns, Ihnen erneut zu schreiben, diesmal offen, gleichermaßen öffentlich.

Wir, das sind die Inhaber und Beschäftigten der P.S. Rode GmbH aus Habighorst. Wir sind nur ein kleiner Betrieb. In diesem Jahr wollen wir unser 20-jähriges Jubiläum begehen. Und wir wollen noch weitere Jahre arbeiten für erneuerbare Energien, aber vor allem, um unseren Mitarbeitern einen guten und sicheren Arbeitsplatz zu gewährleisten. Das wird uns aber kaum möglich sein, wenn wir Ihren Brief als Grundlage nehmen. Mit Ih

rem Abstimmungsverhalten im Bundesrat versetzen Sie nicht nur unserem Betrieb, sondern einer gesamten Branche einen fatalen Hieb.

Die Solarbranche hat sich in den letzten Jahren zu einer erfolgreichen Teilbranche im Bereich der erneuerbaren Energien entwickelt. So wird die gesellschaftlich nötige Energiewende auch wirtschaftlich positiv begleitet.

Doch für wirtschaftliche Tätigkeit benötigen wir Planungssicherheit. Die jedoch ist nicht gegeben. Die Folgen werden direkt zu spüren sein. Allein im Landkreis Celle werden Dutzende Arbeitsplätze entfallen, nicht nur in unserem Unternehmen, sondern in einigen anderen in der Region ebenso. Es ist aber nicht zu spät, sich überzeugen zu lassen.“

Tatjana Rode“

(Ralf Borngräber [SPD]: Recht hat sie!)

- Das finde ich auch.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Rode, für diesen Brief! - Die Landesregierung sollte sich an dieser Stelle eben genau das einmal überlegen, was sie da eigentlich tut. Wir haben ja nachher noch eine Debatte - oder ist dieser Punkt abgesetzt? -

(Jens Nacke [CDU]: Ja!)

mit der Überschrift „Wirtschaftsmotor Mittelstand“. Und da heißt es dann so schön, und da bringen Sie immer Ihre - - -

(Jens Nacke [CDU]: Herr Kollege, das ist schon vor zwei Tagen abgesetzt worden! Haben Sie eigentlich eine Jacke mit, Herr Kollege?)

- Mal abgesehen davon, dass Sie das überhaupt nichts angeht, ob ich eine Jacke habe oder nicht, könnten Sie vielleicht einmal mit Ihren unflätigen Zwischenrufen aufhören.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Das ist unparlamentarisch! - Weiterer Zu- ruf)

In diesem Antrag - den habe ich nämlich gelesen - kommen Ihre Textbausteine „Mittelstand“, „Trieb

feder der wirtschaftlichen Entwicklung“ und „Beschäftigungsmotor“ vor. Aber wenn es in der Praxis darauf ankommt, machen Sie genau das Gegenteil. Dann ist Ihnen der Mittelstand vollkommen schniep egal.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Am 19. März dieses Jahres gab es eine öffentliche Anhörung im Bundestag, in der die Politik der Herren Rösler und Röttgen vernichtend bewertet wurde. Anders kann man das nicht sagen. Die Liste der Kritiker ist so lang, dass man sie hier gar nicht alle aufzählen kann. Ich nehme nur die heraus, die der Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft gebracht hat, und Frau Hildegard Müller ist unverdächtigt sozialdemokratische Speerspitze zu sein. Der BDEW hat Folgendes geschrieben:

„Es wird das angestrebte Ziel der Markt- und/oder Systemintegration des Stroms aus solarerer Strahlungsenergie durch das Photovoltaikmarktintegrationsmodell in seiner vorliegenden Ausgestaltung jedoch nicht erreicht. Bedauerlicherweise wird weder die gewünschte Markt- noch eine Systemintegration erreicht.“

Auf Deutsch heißt das: Gut gemeint, aber schlecht gemacht.

Sie haben es wieder einmal völlig verstolpert. Es ist völlig unverständlich, warum die Kanzlerin dieses Hickhack zwischen Rösler und Röttgen nicht endlich beendet. Herr Röttgen hat im Moment zwar etwas anderes zu tun; das wissen wir ja. Aber an dieser Stelle könnte sie ja auch einmal eingreifen und eine Entscheidung treffen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Und wenn Sie uns schon nicht glauben, dann sollten Sie doch wenigstens die Ministerpräsidenten Lieberknecht und Haseloff unterstützen. Bei Herrn Tillich weiß man noch nicht so genau, wie er sich morgen entscheiden wird. Aber die vertreten die Interessen ihrer Bundesländer Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Ich finde, das Mindeste, was man von einer Niedersächsischen Landesregierung erwarten könnte, ist doch, dass sie sich für die niedersächsischen Unternehmen und für die niedersächsischen Arbeitnehmer einsetzt,

(Beifall bei der SPD)

und zwar genau in dem Sinne, in dem es Frau Rode in dem von mir zitierten Brief geschrieben hat. Hören Sie auf, immer diese Sonntagsreden zu halten! Machen Sie es in der Praxis!

Der Antrag der Grünen setzt auf die Möglichkeit, über den Bundesrat auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen und diesen unsinnigen Entwurf zu stoppen. Im Interesse der Menschen in Niedersachsen sollten wir die Bundesregierung daran hindern, die Photovoltaik in Deutschland zu zerschlagen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat am 28. März einen Antrag eingebracht, in dem inhaltlich anerkannt wird, dass es natürlich richtig ist, wenn die Förderung im Bereich der Erneuerbaren nicht beliebig hoch und auch nicht beliebig lange durchgeführt werden soll.

Natürlich ist es ein Instrument der Markteinführung und nicht etwas, was man auf Dauer betreiben kann. Genau deshalb fordert die SPD - und sie hat das in ihrem Antrag inhaltlich ausgeführt; ich brauche das hier nicht zu wiederholen; ich setze darauf, dass die Fachleute das gelesen haben -, dass eine Degression der Förderung stattfinden soll, und zwar daran orientiert, dass durch diese Degressionsschritte ein Anreiz zur Kostensenkung erfolgt. Auf diese Weise kann man nämlich die ungerechtfertigten Renditen im Hinblick auf die Kosten für die Stromverbraucher vermeiden, und zwar ohne, dass man die Solarindustrie gleichzeitig zerschlägt. Das, denke ich, ist eine nachvollziehbare und gute Begründung.

Wenn die Grünen über den Antrag sofort abstimmen lassen wollen, was angesichts des Zeitplans in Berlin ja vernünftig ist, kann ich nur sagen: Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu. Ich fordere Sie auf, das auch zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Dr. Hocker das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann darüber diskutieren, ob diese Kürzung der Photovoltaikförderung etwas abrupt gekommen ist. Ich hätte mir gewünscht, wenn dieser Termin schon früher bekannt gegeben

worden wäre. Das hätte wahrscheinlich dazu geführt, dass die Kürzungen im Bereich der Photovoltaik auf eine größere Akzeptanz getroffen wären.

Aber in der Sache, meine Damen und Herren, gibt es an dieser Entscheidung überhaupt nichts zu kritisieren. Ich denke, dass die Kürzung im Bereich der Photovoltaik überfällig gewesen ist: aus wirtschaftspolitischer Sicht

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie haben doch erst zwei Monate vorher ge- kürzt!)

genauso wie aus energiepolitischer, gesellschaftspolitischer und letzten Endes auch aus sozialpolitischer Sicht.

(Beifall bei der FDP)

Die Modulpreise für die Photovoltaik - Herr Kollege Meyer hat auf die Angebote aus China vorhin hingewiesen - haben sich in den vergangenen Jahren geviertelt. Dann ist es nur normal, dass auch die Förderung angepasst wird.

Gleichzeitig ist die Photovoltaik gegenwärtig aber nur in der Lage, 3 % unseres eigenen Strombedarfs zu decken. Auf die Photovoltaik entfallen aber 50 % der Ökostromumlage. Genau das Geld, was wir in eine Technologie investieren, die in der Lage ist, nur 3 % unseres Strombedarfs zu decken, fehlt uns an anderer Stelle, Herr Kollege Meyer.

(Rolf Meyer [SPD]: Sie kürzen auf der einen Seite und wollen 75 Millionen in neue Forschung stecken! Das ist gaga!)

Wir haben gestern oder vorgestern darüber diskutiert, dass es einen Investitionsstau im Bereich Offshore gibt. Wir haben darüber gesprochen, dass wir bis zu 30 Milliarden Euro in die Hand nehmen müssen, Herr Kollege Meyer, um beim Netzausbau voranzukommen. Dann können wir es uns nicht leisten, in eine Technologie zu investieren, die nur 3 % unseres eigenen Strombedarfes decken kann. Das ist ineffizient, und deswegen steuern wir dagegen.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, wir alle sind uns einig - auch der Kollegen Meyer -, dass wir eine Energiewende gestalten wollen, die zum Ausstieg aus der Kernenergie führt, aber doch nicht dazu, dass wir die größte Kapitalumschichtung seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland beobachten müssen. Denn die Situation ist ja die: Es sind diejenigen, die es sich leisten

können, auch die nächste Photovoltaikanlage auf das eigene Dach zu schrauben, oder die am Sonntagnachmittag durch die Lande fahren, bei den Landwirten klingeln und fragen, ob sie ihnen nicht das Dach einer Stallanlage verpachten würden, um dort eine Photovoltaikanlage anzubringen.

(Rolf Meyer [SPD]: Sie reden von der Weltpolitik! Wir reden von den Hand- werkern!)

Das spart Steuern. Aber die Zeche zahlen all diejenigen Leistungsträger in unserer Gesellschaft, die am unteren Ende der Einkommensskala angesiedelt sind, also diejenigen, die sich genau das nicht leisten können.