Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn wenn man, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen und Monaten einmal mit offenen Augen durch das Land gefahren ist, dann hat man festgestellt, dass Photovoltaikmodule auf einmal sogar in die Himmelsrichtungen, für die ich es früher nie für möglich gehalten hätte, gebaut worden sind. In meiner relativen Nachbarschaft gibt es einen Landwirt, der in Rich

tung Süden, Osten, Westen und sogar Norden Module auf seine Dächer geschraubt hat, weil er sich davon Ertrag erhofft. Das würde er, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht tun, wenn sich das Modell für ihn nicht rechnen würde.

Ich gebe zu - genauso wie mein Kollege Dr. Hocker -, dass das, was Ende Februar/Anfang März verkündet worden ist, in der Tat ein wenig abrupt war, und dass die Unternehmen bei der ersten Nennung der Daten in der Tat wenig Vorlaufzeit hatten.

(Rolf Meyer [SPD]: Sie haben das verpfuscht! Das habe ich ja gesagt!)

Aber im Wege des Vertrauensschutzes ist erreicht worden, dass an den entscheidenden Stellen nachgebessert worden ist. Ich denke - auch Sie, Herr Meyer, sollten mit dabei sein -, dass wir alle darin einig sein können, dass es längst an der Zeit war, weg von diesen abrupten Änderungen zu kommen. Man hätte - im Nachhinein betrachtet - schon viel früher eine monatliche Degression einführen müssen,

(Rolf Meyer [SPD]: Dann braucht ihr doch nur unserem Antrag zustimmen!)

sodass man einen ganz langsamen Übergang bekommt und es keine abrupten Änderungen gibt, damit jeder die Chance hat, sich darauf einzustellen. Das ist jetzt eingeführt worden. Ich halte das, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch für richtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rolf Meyer [SPD]: Dann stimmt doch einfach zu!)

Denn wenn man sich die Entwicklung anschaut, die im Bereich der Photovoltaik eingetreten ist - ich will das an einigen wenigen Zahlen belegen -, dann kann man sagen: Im Jahr 2000 sind ca. 50 Cent pro Kilowattstunde gezahlt worden, die produziert worden ist. Im Jahr 2011 waren es dann noch 28,7 Cent. Die Modulpreise haben vor einigen Jahren bei über 4 000 Euro gelegen. Heute - aktuelle Daten des Magazins Photon aus dem Internet - Spotmarktpreis für Module 720 Euro, Spotmarktpreis für einen Wechselrichter ca. 300 Euro, macht zusammen ca. 1 000 Euro. Wir können also feststellen: Die Vergütung ist halbiert worden, aber der Preis für diese Module hat sich mehr als geviertelt. Dazu kommt noch, dass die Effizienz dieser Module in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen ist.

Wenn man vor diesem Hintergrund, meine sehr geehrten Damen und Herren auf der linken Seite, nicht auf die Idee kommen kann, dass man die Vergütung anpassen muss,

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das wird nicht bestritten!)

dann weiß ich, ehrlich gesagt, nicht, für wen Sie Politik betreiben, jedenfalls nicht für die Menschen, die diesen Strom in Deutschland bezahlen müssen. Sie sind, Herr Wenzel, Lobbyist der Solarindustrie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als ich gestern Abend nach einem wirklich sehr interessanten Windthorst-Abend noch in mein Büro gekommen bin, habe ich mir überlegt: Gehe noch einmal ins Internet, und bereite dich auf den heutigen Tag vor. - Sie alle haben mitbekommen, dass Ludwig Windthorst jemand war, der besonders die kleinen Menschen im Auge hatte, die Minderheiten, und der sich nachhaltig für die eingesetzt hat. Ich glaube, dass sich Ludwig Windthorst auch für die Menschen eingesetzt hätte, die von übertrieben hohen Strompreisen bedroht sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann uns nicht kalt lassen. Wenn der Bundesverband für Solarwirtschaft gestern in einer Pressemitteilung mitteilt, dass sich auf der einen Seite nach seiner Auffassung in den kommenden vier Jahren die Strommenge aus Solarenergie um 70 % erhöhen wird und auf der anderen Seite der Preis nur um 1,9 % für den Stromkunden steigen wird, dann mag das ja wenig sein. Wir reden aber nicht von 1,9 %, sondern wir reden davon, dass sich nach Meinung der Solarindustrie der Preis von 24,5 Cent pro Kilowattstunde auf 28,2 Cent pro Kilowattstunde erhöhen wird - Preise, die wir vor Jahren noch nicht für möglich gehalten hätten und die dazu führen werden, dass ein normaler Haushalt mit einem Verbrauch von 4 000 Kilowattstunden pro Jahr zukünftig pro Jahr 160 Euro mehr bezahlen müsste.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Meyer, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Haben Sie eigentlich die vielen kleinen Leute, die ihren Strompreis ehrlich bezahlen müssen, denen niemand etwas dazugibt, vergessen? Machen Sie sich zum Büttel der Großen, die das bezahlen können? - Ich kann das nicht verstehen. Sie müssen auch die im Auge haben, die Strom bezahlen müssen, und der Strom muss bezahlbar bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Bäumer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Herzog?

Herr Herzog kann ja auch eine Kurzintervention machen. - Nein, tue ich nicht.

Letzter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn man denn nun glaubt, dass das Totenglöcklein für die gesamte Solarindustrie geläutet würde, dann fühle ich mich an das erinnert,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

was man jedes Mal gesagt hat - das war auch ein Glöcklein -, wenn die Preise geändert worden sind. Jedes Mal ist prophezeit worden: Jetzt ist es zu Ende. - Es ist danach immer weitergegangen.

Nach den neuesten Vergütungen kann sich jeder, der möchte, weiterhin eine Anlage aufs Dach schrauben. Er wird damit immer noch Ertrag erzielen, weil er den Strom, den er selber verbraucht, höher vergütet bekommt, als er ihn normalerweise vergütet bekäme, wenn er ihn einspeisen würde. Insofern glaube ich, dass wir jetzt schon, Herr Herzog, den Punkt haben, bei dem es für alle, die kaufmännisch rechnen können, Sinn macht, eine Photovoltaikanlage aufs Dach zu packen, aber nicht, indem man hofft, dass der Nachbar die Mehrerlöse bezahlt, und man selber günstig Strom bezieht, sondern ehrlich und reell: Jeder macht es selber, jeder spart damit selber Stromkosten, und jeder kann es für sich tun.

Die negativen Aussichten, die hier gegeben worden sind, kann ich nicht bestätigen. Ich glaube, es geht weiter. Aber die Änderung war nötig. Wir hatten einen Punkt erreicht, bei dem nur noch die profitiert haben, die das Geld haben, und nicht mehr die, Herr Meyer, die zu den kleinen Leuten zählen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Meyer von der SPD-Fraktion das Wort für eineinhalb Minuten.

Herr Bäumer, es kann ja sein, dass es Ihnen im Zuge meines Vortrags entgangen ist. Ich habe auf den Antrag der Bundestagsfraktion hingewiesen. In dem steht ausdrücklich und ganz präzise, wie

sich die Bundestagsfraktion meiner Partei diese Degression vorstellt. Da ist von Dreimonatsschritten die Rede. Wenn Sie das nicht ernst nehmen, dann ist das natürlich Ihr Problem. Sie können Politik auch weiterhin immer auf einer idealistischen oder - man könnte auch sagen - ignoranten Ebene betreiben. Sie können Politik aber auch im Konkreten machen. Im Konkreten heißt das eben, dass man eine Entscheidung treffen muss, und dazu ist es notwendig, dass morgen durch den Bundesrat gebremst wird, damit man auf einen Nenner kommen kann.

Ich habe bei Ihnen, Herr Bäumer - ich höre Ihnen immer genau zu -, gemerkt, in der Sache selbst, was die Degression angeht, ist man ja gar nicht so weit auseinander. Aber das, was da jetzt durch die FDP gesteuert passiert, hat eben eine andere Qualität. Man könnte das ja hinkriegen, wenn man denn wollte. Aber mein Eindruck ist, ein Teil der Bundesregierung will es eben nicht. Dafür können Sie nichts, Herr Bäumer - ich mache Sie dafür auch nicht verantwortlich -, aber im Konkreten heißt das eben: Bei dem Betrieb, von dem ich vorhin gesprochen habe - die haben rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter -, werden in überschaubarer Zeit 15 Leute keine Arbeit mehr haben. Das ist im Nordkreis Celle. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Argumentation, wie Sie das dann wieder rundbügeln wollen mit irgendwelchen hehren Zielen und dieser Anmerkung, die SPD hätte ein Problem, die Kosten zu vertreten. Also dass sich die Partei der Besserverdienenden jetzt für die kleinen Leute einsetzt, das wollen Sie niemandem wirklich erzählen, nicht?

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von den GRÜNEN: Das ist ja ganz neu! - Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das hilft aber, Herr Meyer, wenn nichts mehr geht!)

Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Birkner das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Ausbau der Photovoltaik hat sich gezeigt, dass bundesweit in den letzten beiden Jahren rund 15 Gigawatt neu installiert wurden. Allein im Dezember 2011 waren es 3 Gigawatt. Hintergrund dieses massiven Zubaus am Jahresende war neben dem rasanten Preisver

fall bei Modulen auch die um 15 % verringerte Vergütung ab 1. Januar 2012. Im Ergebnis wurde damit nicht nur der gesetzlich vorgesehene Zubaukorridor deutlich überschritten, sondern es wurden auch die Stromnetze aufgrund der unsteten Einspeisung an die Grenze der Belastbarkeit gebracht.

Der Bundestag hat auch vor diesem Hintergrund am 29. März dieses Jahres eine Vergütungsanpassung für Solarstrom im EEG beschlossen, um die Marktintegration der erneuerbaren Energien voranzubringen. Damit soll eben auch der weitere Zubau von Photovoltaikanlagen zielgerichteter verlaufen, als das zuletzt der Fall war.

Die Niedersächsische Landesregierung unterstützt dieses gesetzgeberische Vorhaben.

(Rolf Meyer [SPD]: Warum eigent- lich?)

- Hören Sie zu! Dann werden Sie es erfahren.

Der Preisverfall bei den Modulen muss nach unserer Überzeugung an den Stromverbraucher weitergegeben werden. Es ist dringend erforderlich, den weiteren Zubau von erneuerbaren Energien stärker mit dem Netzausbau in Einklang zu bringen.

Meine Damen und Herren, natürlich wird diese anstehende Gesetzesänderung Auswirkungen auf die Unternehmen der Branche haben. Aber lassen Sie mich deutlich sagen, weil das auch in diesem Antrag sehr deutlich und ausdrücklich dargelegt wird: Die deutschen Photovoltaikunternehmen stehen bereits aufgrund des weltweiten Überangebots an Modulen und dem damit verbundenen rasanten Preisverfall unter einem Veränderungsdruck.

Wenn in dem Antrag der Eindruck erweckt wird, dass sozusagen das, was wir in der Photovoltaikindustrie in Deutschland erleben - etwa in Frankfurt/Oder -, im Zusammenhang mit der Änderung des EEG steht, dann ist dies eine Irreführung. Dieser Druck ist aufgrund des Überangebots und des aus dem asiatischen Raum kommenden Preisverfalls und der Dumpingpreise bedingt und hat nichts mit der EEG-Novelle zu tun.

(Rolf Meyer [SPD]: Aber Sie müssen ihr doch nicht den Rest geben!)

Es ist nicht das Ziel der Niedersächsischen Landesregierung, Dauersubventionierung und Kostenumverteilung von Stromverbrauchern zu Anlagenbesitzern mittels überhöhter Strompreise zu gewährleisten.

Damit die Energiewende bezahlbar bleibt, müssen der Ausbau der erneuerbaren Energien und ihre Förderung mehr als bislang an Kosten- und Effizienzkriterien ausgerichtet werden. Da zeigt sich eben auch, dass es mit diesem Modell des EEG immer schwieriger wird, am Ende die Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen, weil immer gesetzgeberische Maßnahmen nötig sind, um anzupassen - mit all den Problemen wie Stichtagsregelungen, Endzeitrallye, die immer damit zu tun haben. Das alles sind Effekte, die wir eigentlich vermeiden müssen. Wir müssen eher zu einem wettbewerblichen System kommen, in dem Energieeffizienz und Kosteneffizienz am Ende zum Tragen kommen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf die sogenannte Local-Content-Regelung eingehen, die sich in dem Antrag wiederfindet. Dahinter steht die Überlegung, eine Vergütungszahlung an eine Wertschöpfung in der EU zu knüpfen. Unabhängig davon, dass eine solche Regelung natürlich mit den Regelungen der WTO vereinbar sein müsste, sollten wir dabei immer bedenken, dass Deutschland auch eine Exportnation ist. Auch niedersächsische Unternehmen sind im Bereich der erneuerbaren Energien auf einen freien Welthandel angewiesen und verfügen bereits über eine hohe Exportquote. Vor diesem Hintergrund ist eine Local-Content-Regelung unseres Erachtens ein völlig falsches Signal.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass es im Prozess der Diskussion über dieses Gesetz zu einer Verschiebung des Inkrafttretens gekommen ist und dass die Neufassung des EEG nunmehr zum 1. April 2012 in Kraft treten soll. Sie begrüßt auch, dass Übergangsregelungen insbesondere für große Dachanlagen sowie Freiflächenanlagen enthalten sein werden. Hierauf ist bereits hingewiesen worden. Es war notwendig, die Ungleichgewichte, die im Gesetzentwurf enthalten waren, auszubügeln. Das ist gelungen.

Noch eines ist wichtig, meine Damen und Herren: Hier ist versucht worden, den Eindruck zu vermitteln, dass dies das Ende der Photovoltaik sei. Das ist mitnichten der Fall. Es ist eine Anpassung der Vergütungssätze, ein Abbau einer Überförderung und eine Berücksichtigung des Preisverfalls, der

eingetreten ist. Es ist, denke ich, auch unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz nötig, dass die Preisentwicklung in den Vergütungen abgebildet wird.