Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Erst einmal Ordensverleihung.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist übrigens ein verbindender Fluss und nicht das Haar in der Suppe!)

Zu dem Beitrag von Herrn Dr. Siemer hat sich Herr Wulf zu einer Kurzintervention gemeldet. Er erteile ihm das Wort. Bitte schön, Herr Wulf!

Danke, Herr Präsident. - Herr Dr. Siemer, auch ich habe von Herrn Hahn schon so einen Anstecker bekommen.

(Jens Nacke [CDU]: Vor der Zustim- mung nicht anstecken!)

Zu Ihren Bemerkungen hinsichtlich der Märchen und Sagen: Märchen und Sagen sind auf der einen Seite auch Kulturgüter. Das sollte man berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Auf der anderen Seite muss ich, wenn Sie mir vorwerfen, ich hätte hier Konflikte konstruiert, Ihnen vorwerfen, in der Anhörung nicht genau zugehört zu haben.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Denn da wurden an dem Entwurf des Gesetzes vonseiten der Vertreter der Universität und der Kliniken sehr viele Punkte kritisiert. Ich habe die Punkte, die kritisiert worden sind, exakt benannt.

Wir haben uns - auch das muss ich sagen - in den wesentlichen Punkten geeinigt. Das ist auch unsere Aufgabe, und wir haben ein gemeinsames Interesse an dieser Medizinischen Fakultät. In einem Punkt kamen wir aber letzten Endes nicht zusammen. Deswegen haben wir uns der Stimme enthalten. Aber entscheidend ist - Herr Siemer, das sollte man auch bedenken -, dass wir in den wesentli

chen Punkten zwischen den großen Fraktionen und der FDP eine Einigung erzielt haben.

(Victor Perli [LINKE]: Indem Sie voll- ständig nachgegeben haben!)

Ich gehe davon aus, dass auch die Grünen zustimmen werden. Entscheidend ist, dass wir gemeinsam für diese Medizinische Fakultät eintreten. Wenn wir das tun, haben wir einiges erreicht.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Siemer möchte antworten. Bitte sehr! Auch Sie haben 90 Sekunden.

(Unruhe)

- Warten Sie bitte einen kleinen Moment ab! - Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit. - Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wulf, ich hatte heute Vormittag eine Schülergruppe von der St.-Johannes-Schule in Bakum. Die haben uns Abgeordnete gefragt, warum man sich in der Politik immer streiten müsse. Das ist ein Punkt, den man hier deutlich machen sollte. Bei jedem Gesetzesvorhaben - gerade bei einer Anhörung mit so vielen Gruppen - gibt es unterschiedliche Interessen, gibt es unterschiedliche Anmerkungen und Hinweise. Es ist dann Aufgabe der Politik, diese zusammenzuführen.

Ich halte fest, dass Sie beabsichtigen, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Bei den Punkten, die wir eingebracht haben, haben wir einen vernünftigen Kompromiss gefunden. Insofern haben wir einen Ausgleich gefunden. Ich glaube, es dient der European Medical School in der Region nicht, wenn in der Politik weiterhin irgendwelche Nickeligkeiten ausgetragen werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Für die Grünen-Fraktion hat jetzt Frau Dr. HeinenKljajić das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir betreten mit dem heutigen Gesetz hochschulpolitisches Neuland. Es ist aus unserer Sicht sehr erfreulich, dass wir das mit einer sehr breiten Mehrheit machen, weil ich glaube, das ist für den Erfolg dieses Projektes sehr wichtig.

Ein grenzüberschreitender Studiengang zwischen der Universität Oldenburg und der niederländischen Universität Groningen ist an sich schon ein sehr ambitioniertes Projekt. Diesen Schritt aber ausgerechnet in einem Medizinstudiengang zu versuchen, obwohl die Medizinerausbildung bisher eher durch ausgeprägte Reformresistenz aufgefallen ist und obwohl auf Oldenburger Seite ohne universitätseigenes Klinikum gestartet und stattdessen die Kooperation mit bereits vorhandenen Krankenhäusern gesucht wird - da steckt schon Pioniergeist drin. Das muss man anerkennen. Deshalb stimmen wir diesem Gesetz auch zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Ärgerlich ist aus Sicht der Grünen, dass die Niedersächsische Ärztekammer, die Approbationskeule schwingend,

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Ja!)

und immer dann, wenn es um Bologna geht, ihren berufsständischen Elitestatus wieder einmal verteidigt hat.

(Zuruf von der SPD: Als Spitze der Reaktion!)

Da wird das Staatsexamen als Garant für einen hohen Qualitätsstandard in der Ausbildung verkauft, obwohl viele Länder - so übrigens auch unser Partner, nämlich die Niederlande - ihre Medizinausbildungen erfolgreich in den Strukturen von Bachelor und Master durchführen und deshalb keinesfalls die schlechteren Ärzte haben.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: So ist es!)

Wie absurd die Position der Ärztekammer ist, wird deutlich, wenn sie in der schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung selbst beschreibt, dass, wer in Oldenburg das Studium beginnt, dann aber in Groningen seinen Master macht, bei einer Remigration nach Deutschland - O-Ton Ärztekammer! - die deutsche Approbation erhalten kann. Ich finde, das muss man nicht weiter kommentieren.

(Zuruf von der SPD: Das spricht für sich!)

Ich hoffe, die Erfahrungen mit der European Medical School werden dazu beitragen, den Starrsinn der Ärztekammer endlich zu brechen.

Zu hoffen ist auch, dass die Medizinische Fakultät in Oldenburg möglichst bald auf den Bereich Gesundheitswissenschaften ausgedehnt wird. Bei der interdisziplinären Befassung mit Gesundheit, die auch Bereiche wie Pflege oder Gerontologie oder Ernährung einbezieht, hat Deutschland einen großen Nachholbedarf. Es wäre unverzeihlich, wenn man den einmal gewonnen Reformschwung in Oldenburg nicht auch dazu nutzte, zeitig auf diesen Reformzug aufzuspringen.

Offen ist aus unserer Sicht auch noch - das hat der Kollege Wulf angesprochen; da haben wir eine andere Position als die SPD -, ob man nicht doch zu einem späteren Zeitpunkt überlegen muss, die Finanzströme zwischen der Universitätsmedizin und den restlichen Fakultäten zu trennen.

(Victor Perli [LINKE]: Warum nicht jetzt? Wenn es zu spät ist, ist es egal!)

Dazu warten wir aber die Erfahrungswerte ab, guter Herr Perli.

Es ist schade, liebe Kollegen von CDU und FDP, dass wir uns beim Punkt Besetzung des Beirates, der den Senat in der Zeit beraten soll, in der er den Fakultätsrat ersetzt, nur in Teilen haben einigen können. Alle Oldenburger Akteure, von den Kliniken bis zum Senat und Präsidium, haben sich der Forderung der AG Fakultätsentwicklung angeschlossen und zu eigen gemacht, die Zusammensetzung des Beirates sollte die in den Hochschulen üblichen Mitwirkungsrechte widerspiegeln. Jetzt sind zwar alle Mitglieder vertreten - immerhin -, aber die klassische Parität ist nicht gegeben, weil - das hat der Kollege Wulf eben ausgeführt - wir dem Beirat drei externe Professuren hinzufügen, was aus unserer Sicht fachlich nicht zu diskreditieren ist, ohne dass jedoch die anderen Gruppen entsprechend aufgestockt werden.

Liebe Kollegen von CDU und FDP, das hätte nicht sein müssen. Nichts schadet einem Reformprojekt mehr als interner Zwist. Sie hätten sich nichts vergeben, hier einzulenken. Aber sei es drum. Die European Medical School ist ein spannendes Projekt. Deshalb will ich gar nicht weiter Wasser in den Wein gießen, sondern wünsche der EMS viel Erfolg.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau von Below-Neufeldt das Wort. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich freut sehr, dass die Oppositionsparteien so befürwortend hinter dem Projekt EMS stehen.

(Victor Perli [LINKE]: Na, na, na!)

Das Neue zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass es keine Vorbilder gibt. Neues braucht auch immer Mut, aber auch die Menschen, die es ermöglichen.

(Zuruf von der SPD)

Deswegen mein herzlicher Dank an Ministerin Frau Professorin Dr. Wanka und ihr Haus!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In der Tat: Niedersachsen schreibt mit der EMS wirklich Medizingeschichte in Europa. Die neue Medizinische Fakultät wird mit 40 Studienplätzen beginnen. Die ersten Studierenden werden schon im kommenden Wintersemester 2012/2013 starten können. Darüber entscheiden wir hier und heute. Das kann uns alle richtig mit Stolz erfüllen: