Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Zur Sache!)

Nein, meine Damen und Herren, sie haben etwas ganz anderes im Sinn.

(Christian Dürr [FDP]: Wo kommt das Zitat her, Herr Wenzel?)

Schaut man sich die Preisentwicklung der letzten zehn Jahre an, sieht man, dass der Großteil der Preissteigerung, die man als Haushalt hinterher auf der Rechnung hat, gerade nicht der EEG-Umlage zugerechnet werden kann. Hinzu kommt, dass der Strompreis am Spotmarkt, an der Strombörse in Leipzig, sogar gesunken ist. Und trotzdem steigen die Preise für die Haushalte! Das ist schon interessant.

Und jetzt kommen Sie mit dem Quotenvorschlag für große Stromversorger. Die Umsetzung dieses Vorschlags würde dazu führen, dass der Markt wieder anders verteilt, der Wettbewerb eingeschränkt und eine hoffnungsvolle Entwicklung abbrechen würde.

Ich will auch noch auf eine andere Entwicklung aufmerksam machen. Der Amerikaner wundert sich, dass bei ihm der Spritpreis mittlerweile bei fast einem Dollar pro Liter liegt. Das aber ist angesichts der zu erwartenden Rückläufigkeit bei den Rohölfördermengen und der steigenden Kosten für die fossilen Energiequellen kein Wunder. Dieser große Megatrend trifft uns alle weltweit. Einen Gegentrend erleben wir an der Strombörse in Leipzig. Der ist nur mit dem Effekt der erneuerbaren Energien zu erklären. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Preise an die Verbraucher weitergegeben werden.

Was wir hier erleben, wäre übrigens ein klassischer Fall für ein Kartellamt. Für Kartellfragen sind z. B. Herr Bode oder Herr Rösler zuständig. Auch auf europäischer Ebene gäbe es insofern Möglichkeiten. Aber wir müssen erleben, dass, egal auf welcher politischen Verantwortungsebene wir uns bewegen, die Kartellämter in dieser Frage zahnlos gelassen werden. Herr Rösler schafft eher irgendwelche neuen bürokratischen Monstren, als dass er die marktbeherrschende Situation an den Märkten infrage stellt.

Das ist auch ein Zeichen dafür, dass die FDP selbst beim marktwirtschaftlichen Ordnungsrecht auf den Hund gekommen ist. Um das zu verstehen, braucht man nur einmal die letzte Presseerklärung von Herrn Grascha zu diesem Thema zu lesen. Da fehlt sogar die elementare Kenntnis über das Geschehen an den Märkten bzw. an der Strombörse.

(Clemens Große Macke [CDU]: Das können Sie nicht beurteilen!)

- Wenn man diese Presseerklärung liest, Herr Große Macke, fällt einem wirklich gar nichts mehr ein.

Von daher glaube ich, dass es wichtig ist, Vertrauen und Verlässlichkeit hineinzubringen.

Es war immer unumstritten, dass die Einspeisevergütung sinken muss. Das haben auch wir nie infrage gestellt. Wir haben immer gesagt: Das ist ein Grundprinzip, das muss so sein, um die erneuerbaren Energien Schritt für Schritt an die Marktpreise heranzuführen.

Das wird auch geschehen. In absehbaren Zeiträumen wird man keine spezielle Förderung mehr brauchen. Aber jetzt brauchen wir sie noch, um sicherzustellen, dass wir die Industrie, die Produktion, Forschung und Entwicklung und vor allem Know-how hier bei uns im Land halten. Das ist aus meiner Sicht elementar; denn das sind die Arbeitsplätze von morgen. Das ist eine Infrastruktur, das ist eine Technik, die nicht nur in Europa, sondern weltweit nachgefragt wird. Deshalb werbe ich ganz energisch auch bei den Kollegen zur Rechten dafür, dass wir für Verlässlichkeit bei den Förderbedingungen sorgen.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön. - Nun hat Herr Bäumer für die CDUFraktion das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass die FDP heute Morgen diese Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gebracht hat, weil mir das Gelegenheit gibt, einige Dinge explizit auszuführen und einige Dinge, die von meinen drei Vorrednern von der SPD, von den

Grünen und von den Linken gesagt worden sind, klarzustellen.

(Detlef Tanke [SPD]: Zu bestätigen!)

Herr Tanke, von Ihnen habe ich nichts anderes erwartet. Sie sind seit Jahren dafür bekannt, dass Sie hier lustige Karnevalsreden halten. Im Kern, an Fakten habe ich von Ihnen nichts Neues gehört.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Fraunho- fer ist Karneval?)

Wenn Herr Herzog von den Linken zugesteht, dass das EEG einen Webfehler hat, dann erwarte ich von ihm, dass er einen Antrag stellt und uns erklärt, wie man den Webfehler beheben kann. Aber nein, Herr Herzog, Sie schauen zwar auf diesen Webfehler, aber etwas Neues habe ich von Ihnen heute Morgen nicht vernommen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Richtig!)

Und zur Rede von Herrn Wenzel: Das Einzige, was mir daraus in Erinnerung bleiben wird, sind die Themen „lachende Hühner“ und „Hunde“. Herr Wenzel, ich habe eine ganze Menge Hühner, aber ich habe die noch nie lachen sehen.

(Detlef Tanke [SPD]: „Ich habe einen Verdacht“!)

Vielleicht sollten wir einmal ein Forschungsprojekt starten, warum es in Göttingen Hühner gibt, die lachen, und in Glandorf nicht.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Weil die bei Ihnen nichts zu lachen haben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist ein Erfolgsmodell. Es hat dazu geführt, dass wir heute eine ganze Menge erneuerbare Energien haben, die wir ohne das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht hätten. Deshalb ist es auch oft kopiert worden.

Der Vorläufer des EEG war das Stromeinspeisegesetz. Wer hat es damals, 1990, gemacht? - Das waren CDU, CSU und FDP! Das heißt, die Vorfahren des EEG sind eher die christlich-konservativen Bürgerlichen und weniger die auf der linken Seite, die immer behaupten, sie seien die Väter und Mütter.

(Rolf Meyer [SPD]: Ihr habt im Bun- destag dagegen gestimmt! Erzähl doch nicht immer was Falsches!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne diesen massiven Ausbau von Windkraft, Photovoltaik und Biogas wäre der Ausstieg aus der Atom

energie nicht möglich gewesen. Ohne diesen grandiosen Erfolg der erneuerbaren Energien hätte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem Jahr nicht vor die Kamera stellen und sagen können, „wir steigen aus der Atomenergie aus“. Insofern ist das EEG ein Erfolgsmodell.

Wir erleben, dass der Umbau der Energieversorgung in vollem Gange ist. Man kann spüren, dass sich einige fragen, ob das wirklich der richtige Weg ist. Diese Skepsis kann ich nachvollziehen. Deshalb will ich für die CDU Folgendes ganz deutlich sagen: Was wir beim Erneuerbare-EnergienGesetz brauchen, ist Verlässlichkeit, und zwar auf beiden Seiten. Wir brauchen Verlässlichkeit für die Investoren, die Anlagen für erneuerbare Energien errichten wollen, wir brauchen aber auch Verlässlichkeit für die Investoren, um die alten fossile Kraftwerke ersetzen zu können. Ich habe nicht die Hoffnung, dass wir in kurzer Zeit dazu übergehen können, uns komplett aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Wir brauchen fossile Kraftwerke, und die brauchen Verlässlichkeit. Es darf uns nicht passieren, dass wegen mangelnder Verlässlichkeit weder erneuerbare Energien noch fossile Kraftwerke ausgebaut werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Es darf aber auch nicht passieren, dass wir mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz Strom vergüten, der entweder sofort vernichtet wird oder erst gar nicht produziert worden ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Energiewende gelingt nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen haben, dass das, was passiert, vernünftig ist. Momentan ist es noch viel zu oft so, dass, wenn erneuerbare Energien ins Netz drängen wollen, das Netz überhaupt nicht da ist, weil Grüne und Rote vor Ort den Netzausbau verhindern,

(Clemens Große Macke [CDU]: So ist das!)

und dass wir die Einspeisung von Strom vergüten, der keine Chance hat, sich preisdämpfend auszuwirken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das EEG auf Dauer nicht hilfreich sein kann, vermag man zu erahnen, wenn man sich einmal anschaut, wie es früher bei der Landwirtschaft war. Auch dort gab es verlässliche Preise, und auch dort gab es verlässliche Abnahmemengen. Aber wohin hat das am Ende geführt? - Zu Milchseen und Butterbergen!

Aus diesen Erfahrungen müssen wir lernen. Die Landwirte haben daraus gelernt und sind daher heute in der Lage, sich am Markt zu behaupten.

(Clemens Große Macke [CDU]: Nur, weil wir regieren!)

Obwohl wir das EEG heute noch brauchen und obwohl ich heute ganz deutlich sage, dass die CDU zum EEG steht, werden wir langfristig aber doch zu neuen Modellen kommen müssen, die dafür sorgen, dass der Strom nicht einfach nur produziert und vergütet wird, sondern auch vernünftig verbraucht werden kann. Es wird einen Punkt geben, an dem das EEG diesen Beitrag nicht mehr leisten kann. Deswegen bin ich Christian Dürr von der FDP sehr dankbar dafür, dass er diese Debatte angestoßen hat.

Am Ende sage ich ganz deutlich: Das EEG ist ein Erfolgsmodell. Investoren brauchen Verlässlichkeit, und Verbraucher brauchen Bezahlbarkeit. Denkverbote, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Seite, darf es an dieser Stelle nicht geben. Das Bessere ist des Guten Feind. Wenn wir in der Lage sein wollen, neue bessere Modelle zu finden, dann müssen wir uns heute auf die Suche machen. Eine verfrühte Diskussion hat in diesem Bereich noch niemandem geschadet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Birkner. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, weil Herr Tanke hier immer wieder einen etwas irreführenden Eindruck erweckt, zunächst einmal klarstellen, dass aus keinem anderen Bundesland so viele nach dem EEG vergütete erneuerbare Energiemengen kommen wie aus Niedersachsen. Wir haben hier eine führende Stellung, und wir werden diese auch noch weiter ausbauen, um so unseren Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist schon gesagt worden: Das EEG ist sicherlich eines der erfolgreichsten Gesetze überhaupt; denn es hat den Zweck, den man mit ihm verfolgt hat, in besonderem Maße erreicht. Es hat zu einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien beigetragen, was gerade vor dem Hintergrund der Ener

giewende - Herr Bäumer sprach es an - eine positive und zu begrüßende Entwicklung ist.

Gleichwohl müssen wir uns aber auch die Frage stellen, wie es weitergehen soll. Da unser Strom bis 2020 zu 35 % und bis 2050 zu 80 % aus erneuerbaren Energien kommen soll, müssen wir uns die Frage stellen, ob die Instrumente, mit denen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen wollen, die richtigen sind. Diese Frage müssen wir uns auch schon heute stellen. Dabei geht es nicht um irgendwelche radikalen Veränderungen - auch wenn dieser Eindruck immer wieder erweckt wird -, sondern um die Überführung eines bestehenden erfolgreichen Systems in ein System, das diese Aufgaben auch tatsächlich bewältigen kann. Diese Diskussion muss geführt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel, Sie machen den Fehler, dass Sie, sobald dieses Thema angesprochen wird, in alte Muster zurückfallen: Wer gegen das EEG ist, der will letztlich wieder die vier großen Atomindustriebetreiber voranbringen, Sie verbinden das dann auch noch so. Ich halte das für einen grundlegenden Fehler. Wenn Sie und auch die SPD sich nicht der Diskussion über die Zukunftsfähigkeit des EEG stellen, wenn Sie also starr an diesem Instrument festhalten und sich nicht auch der Herausforderungen annehmen, die sich aus den durch das EEG verursachten Kostenentwicklungen ergeben - auch wenn es, keine Frage, auch andere Entwicklungen gibt -, dann werden Sie erleben, dass die Akzeptanz der Energiewende verloren geht.