Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben hier bereits in mehreren Debattenrunden versucht, dieses missverständliche Ranking der Bundesländer zur Fördersumme pro Planbett aufzulösen. Bei der letzten Debatte - ich weiß gar nicht mehr, wann das war - haben wir dazu etwas zu Protokoll gegeben. Ich werde die Information auch bei dieser Dringlichen Anfrage gerne zu Protokoll geben.

Es gibt ein Ranking, das die Höhe der Krankenhausförderung pro Bett nach Ländern, aufgeteilt für das Jahr 2010 - das sind die aktuellsten Zahlen -, ausweist. Danach liegt Niedersachsen bei der Gesamtinvestitionssumme auf Platz 6. Diese Gesamtinvestitionssumme kann man in Investitionsförderung und Pauschalförderung aufteilen. Das habe ich vorhin dargestellt.

Bei der Investitionsförderung liegen wir auf Platz 8 und bei der Pauschalförderung auf Platz 3. Damit befinden wir uns, wenn Sie die Gesamtinvestiti

onssumme betrachten, mit Platz 6 auf einem der vordersten Ränge.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie sprechen immer von einem Investitionsstau in Höhe von 1 Milliarde. Wir haben in der umfangreichen Beantwortung der Anfrage der SPD aus dem April aufgelistet, welche Krankenhausinvestitionsprogramme wir auf den Weg gebracht haben und wie es sich mit der Systematik der Prüfung der Krankenhausfinanzierung verhält.

Die Krankenhausträger beziffern in ihren Anträgen, die sie stellen, die Planungssumme. Es wird aber nicht immer die gesamte Planungssumme, die ein Krankenhausträger uns gegenüber beziffert, als förderfähige Kosten anerkannt. Förderfähige Kosten werden nach einer eingehenden Prüfung in unserem Hause und in der Oberfinanzdirektion und nach weiteren Gesprächen ermittelt. Dann wird ein Festbetrag festgelegt. Dieser Festbetrag ist der förderfähige Betrag, den das Land in ein Investitionsprogramm aufnimmt. Das geschieht in einem Planungsausschuss, in dem auch die Krankenhausgesellschaft vertreten ist. Danach sehen die Zahlen ganz anders aus. So gibt es z. B. Dinge, die nicht förderfähig sind. Beispielsweise ambulante Strukturen, die an einem Krankenhaus angesiedelt werden, sind nach den Regelungen unseres Krankenhausgesetzes nicht förderfähig.

Deshalb muss man mit den Zahlen anders hantieren und die förderfähigen Kosten betrachten und kann nicht von einem Stau in Höhe von 1 Milliarde ausgehen.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Gibt es also keinen Investitionsstau?)

Ich verweise auf die umfangreiche Beantwortung der Anfrage der SPD, in der wir die Zahlen aufgeführt haben.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: 900 Millionen!)

Weitere Wünsche nach Zusatzfragen zu Punkt 20 b liegen nicht vor.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 20 c:

Anschläge auf Bundeswehr in Hannover - Neue Qualität der linksextremistischen Gewalt? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 16/4897

Ich erteile dem Kollegen Güntzler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Nacht vom 6. auf den 7. Juni 2012 wurde auf ein Gelände der Bundeswehr in Hannover ein Brandanschlag verübt. Hierbei gingen 13 fabrikneue Fahrzeuge, die erst am Vortag geliefert worden waren, in Flammen auf. Der entstandene Sachschaden wurde auf 600 000 Euro geschätzt.

Nach dem Anschlag wurde über die Existenz und den Inhalt eines Bekennerschreibens zunächst von der in Berlin erscheinenden Tageszeitung Junge Welt berichtet. Aus dem Schreiben ergibt sich laut den Presseberichten eindeutig eine politische Motivation für die Straftat, die von einer nicht näher benannten antimilitaristischen Gruppe verübt worden sein soll.

Laut Bericht der HAZ vom 8. Juni 2012 enthält das Bekennerschreiben Sätze wie:

„Krieg ist zum zentralen Ordnungsinstrument zur Sicherung der kapitalistischen Weltwirtschaft geworden - Krieg wird nur aufgehalten, wo er erdacht, geplant und koordiniert wird, im Herzen der Bestie. Was wir hier sabotieren, kann woanders keinen Schaden mehr anrichten.“

Die HAZ zitiert weiter:

„Antimilitaristen gehören zum linksextremen autonomen Spektrum, das in den 70er-Jahren entstand. Militante Autonome lehnen den Staat ab, die Formulierung ,Herz der Bestie’ im Bekennerschreiben spricht Bände.“

In dem Bekennerschreiben soll auch gefordert worden sein, dass Hannover sich „bedingungslos zur militärfreien Stadt“ erklären solle.

Im Zusammenhang mit dem alljährlich stattfindenden Sommerbiwak der 1. Panzerdivision hat es bereits in der Vergangenheit immer wieder Anschläge und Störattacken aus der linken Szene heraus gegeben. Angesichts des in der kommenden Woche am 29. Juni 2012 geplanten Sommerbiwaks fordern die Antimilitaristen in ihrem Bekennerschreiben laut Berichterstattung der HAZ: „Sommerbiwak angreifen, Bundeswehr abfackeln!“ Hier wird also mit weiterer Gewaltanwendung und weiteren Straftaten gedroht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse in Bezug auf den Brandanschlag auf die Bundeswehr in Hannover liegen der Landesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits vor?

2. Wie beurteilt die Landesregierung das von der linken Szene ausgehende Gewaltpotenzial insbesondere vor dem Hintergrund der konkreten Drohungen aus dem Bekennerschreiben?

3. Rechnet die Landesregierung, nicht zuletzt mit Blick auf das Sommerbiwak in Hannover, mit weiteren Gewalttaten?

Danke sehr.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Schünemann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Extremismus in jeglicher Form stellt die Gesellschaft, die Sicherheitsbehörden sowie den Staat allgemein vor großen Herausforderungen. Nicht nur vom Islamismus und vom Rechtsextremismus gehen Gefahren aus. Auch der Linksextremismus fordert uns zunehmend heraus.

So hat die linksextremistische Gewalt im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Linksextremistisch motivierte Straftaten stiegen bundesweit um 20,1 % auf 4 502 Delikte, linksextremistisch motivierte Gewalttaten gar um 22,6 % auf 1 157 Delikte.

Die linksextremistische Gewalt hat aber nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zugenommen. Zunehmend wird auch die Gefährdung von Menschen in Kauf genommen. Erinnert sei an den Brandanschlag auf das Haus einer Göttinger Burschenschaft im März 2011, in dem sich zum Tatzeitpunkt neun schlafende Personen befanden. Denken Sie an den Brandanschlag auf ein besetztes Polizeifahrzeug bei den Protesten gegen den letzten Castortransport! Auch an den Angriff auf eine Berliner Polizeiwache vom 23. April 2011 ist an dieser Stelle zu erinnern. Dort warfen vermummte Täter Molotowcocktails in die Eingangsschleuse, in der sich zu dem Zeitpunkt eine Reinigungskraft befand.

Vor allem die Bundeswehr und zuliefernde Unternehmen wie die Deutsche Bahn AG, die Deutsche

Post oder die DHL stehen wieder im Fokus linksextremistischer „Antimilitaristen“. So verübten diese u. a. im Mai und Juni 2011 Brandanschläge auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn AG in Berlin. In Selbstbezichtigungsschreiben begründeten sie ihre Taten damit, dass die Bundeswehr seit zehn Jahren Krieg in Afghanistan führe.

Zudem werden seit Jahren bundesweit und auch in Niedersachsen Brandanschläge u. a. auf Fahrzeuge der Deutschen Post AG und der DHL verübt. Allein im Juni 2009 waren davon zwölf Kraftfahrzeuge der Deutschen Post AG in Lüneburg betroffen. In einem Selbstbezichtigungsschreiben bekannte sich eine Gruppe namens „Autonomer Antimilitaristischer Arbeitsausschuss“ zu dem Anschlag.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Aufgrund der Berichterstattung der Polizeidirektion Hannover stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar: Am Mittwoch, dem 6. Juni 2012, wurden gegen 4.10 Uhr der Polizei von einer namentlich bekannten Person brennende Kraftfahrzeuge auf dem Gelände der Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH in Hannover gemeldet. Insgesamt brannten dreizehn Bundeswehrfahrzeuge - sechs Lkw, vier Pkw und drei Transporter - vollständig aus. An zwei weiteren Fahrzeugen entstanden Sekundärschäden. Der Gesamtschaden beläuft sich auf ca. 600 000 Euro.

Die derzeitigen polizeilichen Ermittlungsergebnisse sprechen für ein vorsätzliches In-Brand-Setzen der Fahrzeuge. Zur Tatausführung verschafften sich der oder die bislang unbekannten Täter offenbar durch Auftrennen eines Maschendrahtzauns Zugang zum Gelände. Die Untersuchungen zur konkreten Brandursache dauern allerdings noch an.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Seit dem 7. Juni 2012 sind bei verschiedenen Medien mehrere, im Wortlaut gleiche und nach einer ersten Einschätzung der Polizei authentische Tatbekennerschreiben eingegangen. Aufmachung und Inhalt weisen auf eine Täterschaft aus dem linksextremistischen Spektrum hin. In dem Schreiben wird eine klare antimilitaristische Haltung zum Ausdruck gebracht und darüber hinaus die konkrete Verbindung zu dem in diesem Jahr stattfindenden 38. Sommerbiwak der 1. Panzerdivision in Hannover hergestellt.

Im Zusammenhang mit dem in den vergangenen Jahren regelmäßig in Hannover durchgeführten Sommerbiwak kam es immer wieder zu verschiedenen Straftaten, u. a. auch zu Brandstiftungen.

Die Polizeidirektion Hannover hat zur Aufklärung dieser Straftat eine Ermittlungsgruppe unter Beteiligung des Landeskriminalamtes Niedersachsen eingesetzt. Konkrete Täterhinweise haben sich im Rahmen der Ermittlungen bislang nicht ergeben. Ergebnisse weiterer kriminaltechnischer Untersuchungen stehen noch aus. Die Prüfung des Verdachts wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung bzw. Bildung einer terroristischen Vereinigung erfolgt durch die Staatsanwaltschaft Hannover.

Zu den Fragen 2 und 3: Zur Mobilisierung von Protestveranstaltungen gegen das jährliche Sommerfest der Bundeswehr formierte sich 2005 das „Bündnis Antimilitaristischer Aktionskreis Region Hannover“, kurz AMAK. Dieses Bündnis besteht spektrenübergreifend sowohl aus demokratischen als auch aus linksextremistischen Gruppierungen.

Seit 2005 kam es im Vorfeld des Sommerbiwaks der Bundeswehr zu zahlreichen linksextremistisch motivierten Straftaten. So zerstörte ein Brandanschlag am 22. Juni 2010 den Rosenpavillon im Stadtpark Hannover vollständig, nachdem er bereits in den Jahren zuvor von Anschlägen getroffen war. Am 14. Juli 2010 wurden die Schaufenster von zwei Commerzbank-Filialen eingeworfen. Am 5. Mai 2010 wurden die Gebäude der Polizeistation Hannover-List und das Büro der SPD Hannover-Linden durch Pflastersteine und Glasflaschen, die mit schwarzer Teerfarbe gefüllt waren, beschädigt.

Am 26. Juni 2011 wurden die Wohnungstür eines Reserveoffiziers in der Hannoverschen Nordstadt mit Farbe beschmiert und das Türschloss verklebt. Bei dem betroffenen Leutnant der Reserve handelt es sich um den Vorsitzenden der „Kameradschaft Studierender Reservisten“ an der Universität Hannover. Durch diese Position geriet er in den Fokus des linksextremistischen Spektrums. In einer Erklärung im Internet wird der Anschlag wie folgt kommentiert:

„Universitäten sollten Orte des Fortschritts sein und nicht die Voraussetzungen zum Kriegführen schaffen. Der Krieg beginnt hier.“

Am 28. Juni 2011 wurden sechs Kriegsgräberdenkmäler in Hannover mit Farbe beschmiert. In

einer im Internet veröffentlichten Erklärung heißt es dazu:

„Während die Bundeswehr in Afghanistan wütet, feiern die Stadt und das Militär gemeinsam im Stadtpark, um die gesellschaftliche Akzeptanz des Militärs zu stärken. Unsere Aktion richtet sich gegen dieses abscheulich zynische Fest, gegen Militarismus und Heldentum.“

Der diesjährige Brandanschlag auf Fahrzeuge der Bundeswehr fügt sich in eine Reihe militanter Aktionen der linksextremistischen Szene im Vorfeld des jeweiligen Sommerbiwaks in Hannover ein. Zwar haben die Proteste gegen das Sommerbiwak im Vergleich zu den Vorjahren an Dynamik verloren. Vor allem die zurückgehenden Zahlen der Teilnehmer an den Aktionstagen der Vorjahre untermauert diese Annahme. Dem linksextremistischen Spektrum ist es nicht gelungen, den angestrebten Widerstand weiterzuentwickeln und eine entsprechende Botschaft in die Öffentlichkeit zu transportieren.

Wie in der gesamten gewaltbereiten linksextremistischen Szene ist aber auch in der antimilitaristischen Szene die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gesunken. Die Straftaten der letzten Jahre verdeutlichen eine zunehmende Militanz linksextremistisch motivierter Proteste gegen die Bundeswehr und ihre Veranstaltungen. Mit weiteren Aktionen ist daher bis zum Sommerbiwak am 29. Juni 2012 zu rechnen. Dafür spricht vor allem das Selbstbezichtigungsschreiben zum jüngsten Anschlag auf die Bundeswehrfahrzeuge in Hannover, in dem es abschließend heißt - ich zitiere -: