Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Die Budgets aller öffentlichen Haushalte sind begrenzt, sie werden wegen der wachsenden Konkurrenz mit anderen Bereichen zunehmend hinterfragt. Das bedeutet: Wenn wir das prognostizierte Verkehrswachstum über unsere Verkehrswege bringen wollen, dann müssen wir die vorhandenen Strukturen noch besser ausschöpfen. Das geht halt nur, wenn wir moderne Technologien einsetzen. Deshalb muss das für uns ein Ansporn sein.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sind bei der Mobilität vier Facetten zu sehen, die ich hier erwähnen möchte: verlässliche Informatio- nen, Forschung und Innovation, verkehrsträ- gerübergreifendes Denken und natürlich auch grenzüberschreitendes Denken. Nur zu einigen kleinen Punkten, zunächst einmal zu der Frage der Informationen: Die bisherigen Auswertungen zum Stauaufkommen im Straßen- netz basieren auf den Verkehrsstörungsmeldun- gen des Verkehrswarndienstes bei den Polizeidi- rektionen und der Landesmeldestelle. Sie werden dann über den Radiodienst RDS-TMC an den Au- tofahrer oder an den Hörer übermittelt. Die TMC- Meldungen enthalten bereits heute neben Anga- ben zur Örtlichkeit auch Angaben zur Staulänge und zu Stauursachen. Es könnten natürlich noch weitere Informationen zu den Ereignissen, wie z. B. zum Unfall, übermittelt werden. Dabei haben wir allerdings das Problem, dass die Übertra- gungskapazitäten und die Technik heute lediglich ca. zehn Meldungen pro Minute zulassen. Wird eine Verfeinerung, eine Differenzierung dieser Meldungen, so nicht möglich sein. Das bedeutet: Eigentlich wäre die Ausweitung der automatischen Stauerfassung auf das Gesamtnetz erforderlich. Ein umfangreiches Messstellennetz zur Datener- fassung wäre erforderlich. - Das aber wäre sehr teuer und ist deshalb auch unrealistisch. Wir brauchen also, um diesen Schritt gehen zu können, eine Datenverdichtung, eine neue An- satzposition, beispielsweise über eine Ortung von Handy- und Smartphones auf den Straßen, oder eine Satellitenortung. Wir müssen so etwas in Mo- dellversuchen erarbeiten, damit wir darauf mit Prognosen reagieren können. (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Warum wollen Sie den orten? Wozu soll das denn gut sein?)

- Sie müssen die Fahrzeuge doch kennen, um zu wissen, wie viele Fahrzeuge auf der Straße sind, damit sie wissen, wie voll es ist, wie sie den Verkehr steuern können etc. Von daher ist es doch zwingend erforderlich, die Fahrzeuge, die man messen und erkennen kann, in die mathematischen Modelle mit einzubeziehen.

(Vizepräsident Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Das ist auch ganz unproblematisch, weil die Daten natürlich anonym und unabhängig gesammelt werden und keine Bewegungsbilder o. Ä. gemeldet werden können. Sie können sicher sein: Bei einem liberalen Verkehrsminister wird so etwas nicht passieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen noch mehr Forschung und Innovation. Auch hier ist Niedersachsen vorn mit dabei. Denken Sie an die aktuellen Initiativen im Bereich Braunschweig, z. B. an die Initiative von ITS Niedersachsen. Hier haben wir europaweit wirkende Forschungsprojekte, beispielsweise beim Notrufsystem eCall, das dazu dient, Unfälle schneller und mit Daten zu melden, damit die Einsatzkräfte schneller vor Ort sein können und damit andere Verkehrsteilnehmer automatisch gewarnt werden können.

Wir sind gemeinsam mit dem Bund an der Einführung des Systems HeEro beteiligt. Wir testen es

bis 2013. Wir entwickeln in Braunschweig aber auch noch andere Dinge wie beispielsweise die Anwendungsplattform Intelligente Mobilität AIM beim DLR in Braunschweig, wo wir quasi ein Testfeld bzw. ein Labor für Verkehrs- und Mobilitätsforschung in der Dimension eines ganzen städtischen Gebietes schaffen.

Wir sind bei der Verknüpfung von Infrastrukturkomponenten ganz weit vorn in diesen Forschungsprojekten. Wir haben mit der Einführung vom Digitalradio die Chance, die Informationen, die übertragen werden, noch weiter zu verfeinern und noch tiefer zu gehen. Das heißt, wir gehen genau den richtigen Weg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber wir tun dies verkehrsträgerübergreifend. Wir müssen die Verkehrsträger miteinander verknüpfen, damit die Optimierung der Infrastruktur wirklich gelingen kann.

Daher bestehen natürlich zunächst einmal Informationserfordernisse zur Vernetzung der aufeinander abgestimmten Verkehrsträger. Intermodalität mit innovativen telematischen Entwicklungen ist eine Schwerpunktaufgabe in diesem Bereich. Das umfasst auch Fahrplanauskunftssysteme für alle Beteiligten, auch für den Teil, den man meinetwegen auch zu Fuß oder mit dem E-Bike zurücklegen muss. Das ist die große Herausforderung, damit jeder die für sich optimale Route wird wählen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es macht Sinn, dass man sich abstimmt und dass nicht jeder alles für sich entwickelt und parallel geforscht wird. Deshalb gibt es, Frau König, natürlich eine enge Abstimmung auch mit den Hessen über das, was sie machen. Wir wollen in der Tat auch voneinander lernen.

Das heißt, dass wir auch bereit sind, Dinge, die in Hessen gut funktionieren und die dort zu einer Entlastung auf der Straße und zu weniger Staus geführt haben, im Hinblick auf ein angenehmeres und damit auch unfallfreieres bzw. mit weniger Unfallrisiken verbundenes Fahren für den Autofahrer hier in Niedersachsen zu übernehmen, so wie die Hessen etwas, was bei uns gut entwickelt wird, natürlich auch bei sich nutzen wollen.

Wir haben hier eine große Aufgabe für die Zukunft vor uns, bei der wir alle am Ball bleiben sollten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/4575 unverändert annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung gefolgt wurde.

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 38 auf:

Abschließende Beratung: Betrug und Abzocke mit fehlerhaften Medizinprodukten unterbinden - Sicherheit, Wirksamkeit und gesundheitlichen Nutzen besser gewährleisten - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4588 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - Drs. 16/4847

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird den Antrag Frau Kollegin Helmhold einbringen. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, der Skandal um gefährliche Billigbrustimplantate ist uns allen sicherlich noch präsent. In Niedersachsen betraf dies mindestens 298 Frauen. Ihnen wurden minderwertige Produkte implantiert. Diese müssen jetzt vorsichtshalber alle wieder herausoperiert werden.

Dieser Skandal verdeutlichte gravierende Mängel bei der Überwachung, bei der Patienteninformation, bei der Qualitätskontrolle, bei der Nutzenbewertung von implantierbaren Medizinprodukten und bei der Patientensicherheit. Meine Fraktion hat Ihnen hierzu im März dieses Jahres einen umfassenden Antrag vorgelegt mit dem Ziel, die Sicherheit in diesem Zusammenhang besser zu gewährleisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach einer intensiven Beratung im Ausschuss ist es erfreulicherweise gelungen, dieses Thema gemeinsam so zu bearbeiten, dass am Ende ein gemeinsamer Antrag von vier Fraktionen steht. Wir sind uns einig darüber, dass unsere Bevölkerung eine maximale Sicherheit bei der Verwendung von Medizinprodukten erwarten kann. Wir stellen gemeinsam fest, dass die vorhandene CE-Kennzeichnung von Medizinprodukten zwar die physikalische Sicherheit, den Ausschluss von Infektionsrisiken und die zugesagten Produkteigenschaften gewährleistet, nicht aber den gesundheitlichen Nutzen des Produktes garantiert. Wir sind uns einig, dass bei der Markteinführung mitunter zu wenige Daten zu einer möglichen Gefährdung vorliegen und dass klinische Prüfungen mitunter nicht ausreichend sind, weil sie nur sehr kurze Zeiträume und oft auch nur sehr wenige Patienten umfassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind uns außerdem einig darüber, dass Stichproben der Güte der Produkte nur unzureichend stattfinden. Darauf habe ich schon bei der Einbringung des Antrags hingewiesen.

Wir sind uns jetzt einig geworden, dass die Überwachung der Medizinprodukte gestärkt werden soll. Niedersachsen selbst soll dazu ein Konzept erstellen und besser mit den anderen Ländern zusammenarbeiten. Die Ärztekammer Niedersachsen sowie die Landesvereinigung für Gesundheit und die Akademie für Sozialmedizin werden gebeten, für eine regelmäßige Fortbildung und Erfahrungsaustausche unter den Beteiligten zu sorgen.

Das Land Niedersachsen wird sich, wie in der jüngsten Vergangenheit schon geschehen, auch weiterhin in die Überarbeitung der geltenden EUMedizinprodukterichtlinie intensiv einmischen und dabei insbesondere prüfen und anregen, dass das bestehende Zertifizierungsverfahren für implantierbare Medizinprodukte so geändert wird, dass es dem Verfahren für die Marktzulassung und Überwachung von Arzneimitteln gleicht; denn es ist etwas Ähnliches. Dass das bislang dermaßen anders gehandhabt wird als bei Arzneimitteln, ist nicht nachzuvollziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen, dass die Studien in einem Register erfasst und öffentlich gemacht werden. Wir wollen die Meldepflichten verbessern, und wir wollen - das ist für die betroffenen Menschen sehr wichtig - eine Produkthaftpflichtversicherung oder etwas Ver

gleichbares für die Hersteller einführen, damit die Betroffenen nicht am Ende in die Röhre gucken, wie es jetzt beispielsweise den Frauen passieren kann, die sich die Brustimplantate wieder herausnehmen lassen. Wir wollen, dass die Angaben zu den implantierten Produkten auf der elektronischen Gesundheitskarte dokumentiert werden, und wir wollen, dass es eine gesetzliche Pflicht zur Aufklärung und somit Transparenz gibt.

Ich bin sehr froh über die konstruktive Zusammenarbeit, die wir bei diesem Thema hatten. Es war uns gemeinsam wichtig, dass wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gehen konnten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich danke allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen und auch dem Ministerium für die gute Zusammenarbeit und glaube, dass das ein wichtiger Schritt für mehr Patientensicherheit in unserem Land ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Helmhold. - Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Schwarz zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Helmhold hat es bereits ausgeführt: Aufhänger für den vorherigen Antrag seitens der Grünen war der Skandal um schadhafte Brustimplantate aus Frankreich.

Man muss sich nur vergegenwärtigen, es handelte sich hier um ein Überwachungsproblem, kein Zulassungsproblem. Daher ist es richtig, dass die Landesregierung mit Datum vom 12. Juni 2012 beschlossen hat, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abkommens über die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik - ZLS - und zur Änderung des Abkommens über die ZLG in den Landtag einzubringen. Er wird uns bei der nächsten Landtagsberatung vorliegen bzw. am 28. Juni im Sozialausschuss zur Beratung vorgelegt werden. Es ist also schon eine Verbesserung bei der Überwachung eingeleitet worden.

Wir haben mit diesem gemeinsamen Antrag die Dinge aufgenommen, die auf Landesebene angeschoben bzw. geregelt werden können. Was auf Bundesebene regelungsfähig bzw. regelungsbe

dürftig ist, wird die kommende öffentliche Anhörung am 27. Juni im Gesundheitsausschuss in Berlin erbringen.

Diese gut strukturierte und handlungsebenenorientierte Vorgehensweise, die das sensible Thema „Medizinprodukte“ erfordert, ist meines Erachtens sinnvoll. Wir sind auch sehr zuversichtlich, dass die Landesregierung mit dem Konzept zur risikoabgestuften und systematischen Medizinprodukteüberwachung auf einem guten Weg ist.

In dem Antrag geht es aber auch darum, die Kompetenzen auf fachlicher Ebene zu bündeln, die Kammern und Vereinigungen in die Fortbildung einzubinden und die Patienteninformation zu verbessern. Der Abgleich von Erfordernissen der Produktsicherheit auf EU-Ebene, Bundes- und Landesebene ist wichtig.

Bei den Prüfaufträgen sind die außerhalb Niedersachsens liegenden Belange, die von uns nicht im Alleingang bewerkstelligt werden können - z. B. die Klärung der Produkthaftpflicht - genauso wichtig. Man muss sich dabei vergegenwärtigen, Medizinprodukte der Risikoklassen II b und III mit einem hohen bzw. sehr hohen Risiko bedürfen einer besonderen Sorgfalt.

Die Stärkung bei der Zulassungs- und Überwachungsfunktion ist unser besonderes gemeinsames Anliegen.

Klar muss aber auch sein, dass das Vertrauen von Patienten in bestimmte Produkte, die sie schon in sich tragen und die sich bewährt haben, nicht ungerechtfertigt erschüttert werden darf. Hier geht es um den Erhalt der Lebensqualität, teilweise um den Erhalt des Leben an sich. Deswegen ist es gut und richtig, wenn wir dem gerecht werden.

Deswegen ist es gut und richtig, dass wir diesen Antrag gemeinsam unterstützen. Deswegen freuen wir uns auf die breite Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)