Protokoll der Sitzung vom 17.07.2012

Insgesamt gehen wir - anscheinend im Gegensatz zu Ihnen - von einem mündigen Staatsbürger aus und nicht von einem von der Obrigkeit des Verbietens und des Kassierens gelenkten.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das sagt ein Grüner! Das sagt ausge- rechnet Christian Meyer!)

Verbieten und Steuern einführen und erhöhen - das tun CDU und FDP. Wir Grüne wollen die Strandsteuer und die Kindergartenmaut abschaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir Grüne stehen damit auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger, der Kindergärtnerinnen und Kindergärtner und der Kommunen beim Recht auf Naturzugang. Wir stärken die Bürgerrechte gegen die totale Kommerzialisierung und Einschränkung der Freizeit.

Dazu wollen wir auch die Mentalität im Agrarministerium verändern, damit man nicht überlegt - wie man in der Antwort auf eine Anfrage von uns sehen kann -, wo man sonst noch, etwa bei Binnenstränden, neue Einnahmen erzielen kann, sondern überlegt, wie der Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zur Natur vernünftig gestaltet und erleichtert werden kann.

Nachdem die Landesforsten ihren Gewinn gerade auf 24 Millionen Euro fast verdoppelt haben, können die 250 Euro jährlich für 55 Waldkindergärten kaum weh tun.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jens Na- cke [CDU]: Linkes Gequatsche bei den Grünen!)

Auch sorgt die jährliche Strandsteuer, die Sie von CDU und FDP beibehalten wollen, von insgesamt 70 000 Euro für viel Bürokratie und unnötigen Ärger mit den Kommunen. Auch deshalb sollten wir auf diese Steuer verzichten und an die Kommunen appellieren, ebenfalls den freien Zugang zum Strand zu erleichtern.

Mit unserem Gesetz greifen wir nicht in die Selbstverwaltung der Kommunen ein. Tourismusabgaben bleiben weiter zulässig. Vom Vorschlag der Linken, die Kurtaxe ohne Gegenfinanzierung pauschal abzuschaffen, halten wir nichts. Wir wollen aber - so wie es auch in Schleswig-Holstein vorgesehen ist -, dass die Kommunen, wenn sie eine kommer

zielle Sondernutzung einräumen möchten, ein angemessenes Verhältnis zwischen abgabepflichtigem und abgabefreiem Strand zu gewährleisten haben. Es muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kommerzstränden und frei zugänglichen Stränden geben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben mit dem Gesetz für einen besseren Zugang zur Natur einen guten Weg aufgezeigt, der in anderen Ländern - nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in Mecklenburg-Vorpommern - schon gang und gäbe ist, der zur Förderung des Tourismus durch Befreiung von der Strandabgabe führt und der zur Förderung der Naturbildung durch Befreiung der Waldkindergärten von den Gebühren führt.

Wir freuen uns daher sehr auf die Debatte im Ausschuss. Vielleicht kriegen wir es noch vor der Landtagswahl hin, einen gemeinsamen Kompromiss zu finden, der das Recht auf Erholung und Naturzugang umsetzt nach dem Motto: Freier Wald und freier Strand für freie Bürger!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Meyer. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Adler das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die niedersächsische Nordseeküste ist in weiten Teilen eingezäunt.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das sind Deiche, Herr Kollege, und keine Zäune!)

An vielen Stränden an der niedersächsischen Küste ist sie nur noch gegen Entgelt zu genießen. Besucher z. B. in Hooksiel, Horumersiel oder Schillig ärgern sich seit Jahren darüber, dass sie von April bis Oktober nicht mehr an den Strand können, ohne zu bezahlen.

Der Gemeingebrauch wird gegenwärtig nur in § 23 des Niedersächsischen Waldgesetzes - allerdings sehr unzureichend - geregelt. Im Übrigen ist der Gemeingebrauch der freien Landschaft in § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes geregelt, dort aber nur als allgemeiner Grundsatz. Eine umfassende Regelung ist deshalb nötig.

(Beifall bei der LINKEN)

Man kann sich bei einer umfassenden Regelung an den bestehenden Gesetzen in SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern orientieren, so wie es auch die Grünen mit ihrem Gesetzentwurf gemacht haben. Das geht schon in die richtige Richtung. Auch wir bereiten gegenwärtig einen Gesetzentwurf vor, der Ihnen zwar noch nicht vorliegt, den ich Ihnen jetzt aber schon ankündige und der ähnliche Formulierungen enthalten wird.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an eine andere Rechtsquelle, die ich ganz interessant finde, nämlich Artikel 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung. Dort sind der

„Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte“

- also z. B. das Sammeln von Pilzen -

„in ortsüblichem Umfang … jedermann gestattet.“

Weiter heißt es dort:

„Dabei ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. Staat und Gemeinden sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen und Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten“.

Das ist der Grundsatz der Bayerischen Landesverfassung, den man sehr gut auf die Nordseeküste übertragen kann.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Kreszentia Flauger [LIN- KE]: Gutes aus Bayern!)

(Glocke der Präsidentin)

Nun zu der Kritik am Gesetzentwurf der Grünen. Wenn man einen Gesetzentwurf schreibt, dann muss man natürlich auch dafür sorgen, dass man die Rechtsordnung insgesamt im Blick behält. Wenn man also den freien Zugang - gerade zum Meer - regelt, dann muss man natürlich auch sehen, was gegenwärtig im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz geregelt ist. Dort gibt es

die sogenannten Kurbeiträge, im Volksmund auch „Kurtaxe“ genannt.

Diese Kurbeiträge knüpfen an verschiedene Tatbestände an: Erstens knüpfen sie an den Tatbestand an, dass eine Unterkunft genommen wird. Dann wird die Kurtaxe fällig. Das würden wir nicht ändern wollen. Zweitens knüpft sie an den Tatbestand an, dass jemand Einrichtungen in Anspruch nimmt. Dann ist auch das kurtaxepflichtig. Auch das soll so bleiben. Aber im Kommunalabgabengesetz ist drittens auch der Fall geregelt, dass man allein schon durch den Aufenthalt am Meer kurtaxepflichtig werden kann. Das halten wir nicht für richtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann muss man in sich so ehrlich sein - das sage ich an die Adresse der Grünen - und muss sich auch in die Niederungen des Steuerrechts begeben, wenn man dieses Problem umfassend regeln will. Wir werden das tun. Bei unserem Gesetzentwurf werden wir auch dafür sorgen - da sind wir uns wieder mit den Grünen einig -, dass die sogenannte Strandnutzungsgebühr wegfallen sollte, die gegenwärtig 70 000 Euro für das Land ausmacht.

(Glocke der Präsidentin)

Wenn man einen Gesetzentwurf schreibt, liebe Grüne, dann muss man nach der Geschäftsordnung unseres Landtages auch darstellen, welche finanziellen Auswirkungen das für Land und Kommunen hätte. Dann muss man auch diese 70 000 Euro erwähnen.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Klein- kariert, Herr Adler!)

Weitere Details Ihrer Regelungen will ich jetzt wegen der kurzen Redezeit nicht mehr ansprechen. Wenn Sie kleinkariert sind und „das Mitführen von Hunden … auf Strandabschnitten mit regem Badebetrieb“ verbieten wollen - - -

Jetzt muss ich Sie doch darauf hinweisen, dass Sie nur noch einen letzten Satz sprechen können, weil Sie doch noch ausweiten.

- - - ohne zu präzisieren, was „reger Badebetrieb“ ist, dann müssen wir uns im Detail über Ihren Gesetzentwurf noch sehr ausführlich unterhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Adler. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Siebels das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz kurz zum Auslöser dieser Debatte: Das war die Absicht des Landwirtschaftsministeriums, die Strandnutzungsgebühr auf den Ostfriesischen Inseln - ich glaube, das ist wörtlich so zu zitieren - anzugleichen. Da bestand, wohl auch nicht ganz zu unrecht, die Befürchtung, dass eine Angleichung in diesem Fall durchaus eine Erhöhung bedeuten könnte. Das ist vor Ort natürlich auf wenig Gegenliebe gestoßen. Deshalb haben örtliche CDU-Abgeordnete diese Absicht relativ zügig wieder eingesammelt und darauf verwiesen, dass man eine solche Regelung nur im Einvernehmen treffen könne. Wir gehen davon aus, dass in dieser Hinsicht vor der Wahl nichts mehr zu erwarten ist.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Das wurde für 2014 angekündigt!)

Jetzt zum Gesetzentwurf der Grünen: Die Grundausrichtung dieses Gesetzentwurfes beurteilen wir sehr positiv. Dass man einen freien Zugang erhalten will und dort, wo er noch nicht vorhanden ist, schaffen will, beurteilen wir sehr positiv. Aus unserer Sicht macht es auch Sinn, das außerhalb des Waldgesetzes zu regeln, weil ein Strand in der Tat kein Wald ist. Vielmehr macht es Sinn, das oberhalb des Waldgesetzes für die Natur im Ganzen zu regeln. Dieser Absicht stehen wir, wie gesagt, sehr positiv gegenüber.

Allerdings gibt es aus unserer Sicht sehr wohl noch einige Probleme im Detail, beispielsweise die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verpflichtungen für die Gebietskörperschaften, die aus unserer Sicht - so liest es sich jedenfalls auf den ersten Blick - etwas weitreichend formuliert sind, sodass man fast die Sorge haben könnte, dass das in den Bereich der Konnexität hineinfallen könnte. Wenn das Land den Gebietskörperschaften vorschreibt, was dort vor Ort alles zu tun ist, dann liegt es nicht ganz fern, dass das Land am Ende auch für die dort entstehenden Kosten aufkommen muss.

Jetzt zur Strandnutzung, meine Damen und Herren. Aufhänger für das Thema und Auslöser sind offensichtlich die Piraten - allerdings nicht die, die auf dem Meer unterwegs sind, sondern die, die auf dem Festland fischen gehen -,

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Und die Angst vor Fernsehkameras ha- ben!)