Protokoll der Sitzung vom 17.07.2012

„Eine Pflegekammer würde den Aufbau zusätzlicher bürokratischer Struk

turen bedeuten und das Image der Pflege sich dadurch nicht automatisch verbessern.“

Ich denke, das muss man ernst nehmen und kann man nicht einfach vom Tisch wischen, weil sonst, wenn es am Ende eine Pflegekammer gibt, die Akzeptanz nicht gegeben ist.

Die Landesregierung ist also dabei, die aufgeworfenen Fragen zu klären. Das begleiten wir mit unserem Antrag konstruktiv, sodass es am Ende zu einer Einrichtung einer Pflegekammer kommen kann, aber nicht kommen muss. Vielmehr müssen wir genau hinschauen, auswerten, bewerten und dann handeln.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Das Thema bleibt also auf der Tagesordnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend eines feststellen.

(Unruhe)

Bevor Sie das tun, Frau Kollegin, möchte ich darum bitten, dass die Gespräche eingestellt werden. - In allen Fraktionen gibt es Gesprächsinseln. Das Präsidium könnte die Abgeordneten auch namentlich benennen, wenn großer Wert darauf gelegt wird.

(Zurufe von Johanne Modder [SPD] und Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja! - Olaf Lies [SPD]: Fürs Protokoll)

Bitte!

Bei allen Diskussionen um Finanzen, Strukturen und Qualitätskriterien sollten wir eines nicht aus den Augen verlieren: Dass wir einem Neugeborenen ein Recht auf Fürsorge, auf Liebe und Nächstenliebe zuerkennen, ist unbestritten. Diese Sichtweise muss aber auch für alte Menschen gelten. Das ist unser Anspruch und unser Ziel. Dazu stehen wir, und danach werden wir auch handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt Frau Ministerin Özkan das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Debatte lässt sich leicht zusammenfassen: Die Opposition redet die Pflege schlecht, wir dagegen handeln, gestalten und sind erfolgreich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜ- NE]: Das war aber schon vorher auf- geschrieben!)

Beständigkeit hat hier - ich kann das jedenfalls seit zwei Jahren beurteilen -, dass Sie Schwarzmalerei betreiben und sich nicht an die Fakten halten.

(Zuruf von Detlef Tanke [SPD] - Ge- genruf von Björn Thümler [CDU]: Wer schreit, hat unrecht! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Betrachten wir die Zahlen: 2003 hat das Land insgesamt 123 Millionen Euro in die Pflege investiert. 2012 sind es 157 Millionen Euro. Das ist, wie ich finde, eine beachtliche Steigerung. Von einer Kürzung kann hier nicht gesprochen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das hat man ihr vorher aufgeschrieben! - Zu- ruf von der SPD: Das ist schon von gestern!)

Es gibt also keine Kürzung, auch wenn Sie das immer wieder behaupten. Die Zahlen sprechen für sich.

Dort aber, wo es notwendig war und wo es Fehlentwicklungen gab, haben wir in der Tat die Mittel gezielter eingesetzt und umgesteuert. Das hat uns auch der Landesrechnungshof bestätigt.

Betrachten Sie das Beispiel der Kurzzeitpflege. Herr Schwarz hat es vorhin erwähnt. Die Zahl der Plätze in der solitären Pflege hat sich von 299 auf mittlerweile 699 erhöht. Ich meine, das ist eine tolle Entwicklung. Sie kommt gerade den Menschen zugute, die eine Entlastung brauchen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Norbert Böhlke [CDU]: Hört, hört! - Detlef Tanke [SPD]: Und jetzt zur Be- zahlung!)

Meine Damen und Herren, faire, leistungsgerechte Löhne und Gehälter - sie sind hier Thema gewesen - sind ein wesentlicher Baustein, um einen

Beruf attraktiv zu machen. Das gilt für alle Berufe, insbesondere auch in der Pflege. Ob und mit welchem Inhalt ein Tarifvertrag abgeschlossen wird, ist ausschließlich Sache der Tarifpartner. Frau Helmhold, da gebe ich Ihnen recht. Sie haben gerade Herrn Humke geantwortet und gesagt, das ist Sache der Tarifpartner. In der Tat können wir das lediglich begleiten und versuchen, Rahmenbedingungen zu beeinflussen. Das tun wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Nein, eben nicht!)

Nehmen Sie den Pflegepakt als ein gutes Beispiel dafür. Der Landespflegeausschuss hat sich klar positioniert. Er ist für die Berücksichtigung der tariflichen Gehälter.

(Uwe Schwarz [SPD]: Was sind denn die Ergebnisse? Wo denn? Nennen Sie ein Beispiel!)

- Herr Schwarz, Sie haben eben behauptet, die Anerkennung von Tariflöhnen finde nicht statt. Ich bitte Sie, Ross und Reiter zu nennen. Das haben wir in der Debatte schon einmal getan.

(Uwe Schwarz [SPD]: Wo denn? Sie müssen doch wissen, wo das der Fall ist, wenn Sie das behaupten!)

Ich nehme mich dieser Fälle gern an. Bisher war die Resonanz gleich null. Es gibt diese Fälle nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben eine neue Verhandlungskultur geschaffen. Jeder Einrichtungsträger hat jetzt Sicherheit und kann in Verhandlungen über Pflegesatzerhöhungen eintreten. Wenn es zu Neuabschlüssen und damit zur Erhöhung von Pflegesätzen kommt, sind Steigerungen von über 5 % keine Seltenheit, wie ich den Informationen der Kassen entnehmen kann. Das alles passiert einvernehmlich. In der Schiedsstelle gibt es kaum Streitfälle. Dieser positive Effekt ist auch dem Pflegepakt geschuldet.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Sie sehen, meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in den vergangenen Monaten vieles in der Pflege vorangebracht.

Ich möchte eine Zahl in Erinnerung rufen, weil Sie gerade von fehlenden Fachkräften sprachen. Fachkräfte können wir uns nicht auf Knopfdruck backen. Aber wir können für Ausbildung, für weitere Ausbildungsplätze und höhere Ausbildungszahlen sorgen. Derzeit ist mit 6 240 Auszubildenden in

der Altenpflege ein absoluter Höchststand erreicht, auch im Vergleich zu anderen Bundesländern.

(Beifall bei der CDU)

Die Bundesländer haben nämlich in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt eine Steigerung von 32 % erreicht. Wir haben allein in drei Jahren eine Steigerung von 35 % hier in Niedersachsen verzeichnen können. Das ist auch ein Ausdruck der Leistung, die hier mit allen Akteuren zusammen erreicht wurde.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich gebe Ihnen recht, dass es jetzt darauf ankommt, diese jungen Menschen dauerhaft und so, dass sie zufrieden sind, in ihrem Beruf arbeiten zu lassen. Deswegen ist es, meine ich, wichtig, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Dazu gehört aber, nicht nur schlecht darüber zu reden. Zu entscheiden, ob dazu auch eine Pflegekammer gebraucht wird, liegt nicht nur bei der Niedersächsischen Landesregierung.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Zwei Fragen müssen geklärt werden:

Erstens. Ist eine Pflegekammer rechtssicher möglich, d. h. gibt es verfassungsrechtliche Bedenken?

(Uwe Schwarz [SPD]: Dazu hatten Sie zweieinhalb Jahre Zeit! - Petra Tie- mann [SPD]: Zwei Jahre hatten Sie Zeit, das zu tun!)

Zweitens. Was wollen die in der Pflege Beschäftigten?

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie hat- ten doch zwei Jahre Zeit, das zu klä- ren! - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Zur ersten Frage haben wir in Abstimmung mit dem Pflegerat ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis erwarten wir spätestens für Mitte August.

Bei der zweiten Frage, was die Beschäftigten wollen, kommt es darauf an, wer zu den Beschäftigten und damit zum Kreis für eine Verkammerung gehört. Frau Helmhold, hier muss ich Ihnen sagen: Ja, wir brauchen die Befragung. Auch RheinlandPfalz hat eine solche Befragung vorangetrieben. Leider sind sie dort noch nicht so weit. Der Vertretungsgrad der Pflegefachkräfte in den Berufsverbänden beträgt nur 5 % bis 8 %. Das heißt, die Pflegeverbände sprechen nur für diese Beschäftig